Dynamische Psychiatrie nach Ammon
Die Dynamische Psychiatrie nach Ammon ( Humanstrukturelle Psychoanalyse ) ist eine umstrittene psychotherapeutische Methode des deutschen Psychiaters Günther Ammon (1918-1995), die ab 1968 entstand und sich als ein Bindeglied zwischen Psychoanalyse und Psychiatrie versteht. Sie ist eine Methode außerhalb der etablierten Psychoanalyse und wissenschaftlich nicht anerkannt.
Dynamische Psychiatrie findet ihre Ausbildung und Anwendung in zwei Lehr- und Forschungseinrichtungen der Deutschen Akademie für Psychoanalyse (DAP) in München und Berlin. Der Gründer Günther Ammon war Präsident der DAP seit der Gründung 1969 bis zum 06.05.1985 und vom 07.03.1986 bis zu seinem Tod 1995. Aktuell existieren nur noch die beiden ältesten Institute in Berlin und München. Heute führt die Witwe von Günther Ammon, Maria Ammon die Geschäfte der DAP.
Im süditalienischen Paestum (Provinz Salerno) existierte eine Casa Ammon, das Ferienhaus Ammons und Kongresszentrum der DAP [1]
Beziehungen bestehen zu Organisationen, Firmen und Vereinen wie
- Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin (DGPM) e. V. in München
- World Association für Dynamic Psychiatry (WADP) in Bern
- Deutsche Gruppenpsychotherapeutische Gesellschaft (DGG) e. V. in München
- Dynamisch-Psychiatrische Klinik Menterschwaige GmbH in München
- Pinel-Verlag für humanistische Psychiatrie und Philosophie GmbH
Methodik
Zentral für die Dynamische Psychiatrie sind therapeutische verbale und nonverbale Gruppenerfahrungen und eine eigene Aggressionslehre. Für die dynamische Psychiatrie entstehen psychische Krankheiten vorwiegend aus psychosozialen Bezügen, d. h. aus den Beziehungsdynamiken der die Patienten in frühester Kindheit umgebenden Gruppen, besonders der Familie. Gruppen können Menschen krank machen, in der Gruppe kann der Mensch wieder genesen.
Dies bedeutet u.a. , dass der Herkunftsfamilie die moralische Verantwortung für die Erkrankung auferlegt wird und die Patienten sich zum Gelingen der Therapie auch von ihrer Familie zu trennen hatten. Durch diese zum Teil aggressiv vorgenommene Trennung von der Herkunftsfamilie wurde die Therapiegemeinschaft zum neuen sozialen Bezugssystem.
Ammon sprach von der „Borderline-Gesellschaft“ innerlich leerer und verlassener Menschen, die lediglich eine äußere Fassade aufrecht erhalten. Die DAP sah er als rettende Insel in der psychisch gestörten Gesellschaft.
Nicht nur leichtere psychische Erkrankungen, sondern auch Psychosen, wie schwere Depressionen können aus DAP-Sicht auch gruppen-psychotherapeutisch behandelt werden.
Die Rollen von DAP-Therapeuten und Patienten konnten - für die Betroffenen oftmals nicht nachvollziehbar - auch wechseln: Patienten konnten Vorträge halten und Therapeuten auf Anordnung Ammons den Patientenstatus erhalten, gemäß des DAB-Grundsatzes, dass sich alle Therapeuten und Patienten in einem gemeinsamen Therapieprozess befänden und sich währenddessen „im Kern erreichen zu lassen“ und seine seelischen Störungen zur Behandlung der Gruppe zur Verfügung zu stellen.
Eine weitere Verfahrensweise war das „Konfrontieren“, die öffentlich in der Gruppe stattfindende Deutung der Probleme des Patienten, was nicht selten in demütigender Weise geschah.
Kritik
Der DAP und Günther Ammon wurden von Kritikern und ehemaligen Patienten totalitätre, sektenähnliche Strukturen vorgeworfen. Patienten berichteten von Willkür, unwürdigen Behandlungen, Verletzungen des ärztlichen Schweigegebots, Zusammenbrüchen und hilfloser Abhängigkeit von der DAP-Gemeinschaft. Durch die Trennung von der Familie und die jahrelange Dauer der Therapien wurde eine psychische Abhängigkeit des Patienten von DAB erzeugt.
Patientenarbeitseinsätze
Eine Vielzahl von Patienten berichte davon Arbeitseinsätze für die DAP gemacht zu haben ohne - wie sie meinen - entsprechend entlohnt worden zu sein. So wurden Patienten in der Buchhaltung der DAP oder zu Bauarbeiten an DAB-eigenen oder privaten Gebäuden Ammons eingesetzt[1]. Auch gibt es Berichte darüber, dass Patienten mit Sammelbüchsen zu Geldspenden ausgeschickt wurden.
Literatur
- Colin Goldner: Die Psycho-Szene. Alibri-Verlag, Aschaffenburg 2000. ISBN 3-932710-25-8.
Weblinks
Quellennachweise
- ↑ Artikel in DER SPIEGEL 48/1974