Organisches Germanium
Organisches Germanium (syn. Ge 132, "Organic Germanium Complex", CEGS, auch vereinfacht ungenau als Germaniumsesquioxid bezeichnet) und chemisch gesehen Bis(2-carboxyethylgermanium(IV)sesquioxid ist eine toxische Organogermaniumverbindung, der in alternativmedizinischen Kreisen unbewiesene Wunderwirkungen nachgesagt werden, und die in Form von Nahrungsergänzungsmitteln kommerziell in Tablettenform vermarktet wird. Diese Verbindung spielt in der wissenschaftlichen Medizin keine Rolle als Arzneimittel. Die Bezeichnung Ge 132 ist irreführend, da angenommen werden könnte, 132 wäre die Ordnungszahl eines Germaniumisotops. Aber die Ordnungszahlen 129-133 gehören zum Xenon.
Es wird insbesondere als Wundermittel gegen Krebserkrankungen beworben, so beispielsweise völlig unkritisch von der Firma Gesellschaft für Ernährungsheilkunde (Zentrum der Gesundheit).[1]
Die Nichtverwendung des organischen Germaniums wird von seinen Befürwortern damit erklärt, dass ein Fehler in einer wissenschaftlichen Arbeit von 1987 in der Folge (trotz Korrektur ein Jahr später) nicht erkannt worden sei.[2]
In Japan wurde in der Vergangenheit das organische Germanium durch den 1908 geborenen japanischen Biochemiker Kazuhiko Azai populär gemacht und war auch eine Zeit lang in Deutschland als Nahrungsergänzungsmittel getarnt erhältlich. In Japan wird organisches Germanium von einem Asai Research Institute mit angeschlossener Klinik (Germanium-Klinik) in Tokyo propagiert.
In Deutschland ist organisches Germanium nicht als Fertigarzneimittel erhältlich und es gibt keinen einzigen Arzneistoff, der Germanium enthält. Alle Germaniumverbindungen gelten als bedenkliche Rezepturarzneimittel einschließlich der homöopathischen Verdünnungen bis D 4.[3]
Unterstellter Wirkmechanismus
Die an das Germanium gebundenen Sauerstoffatome sollen zu einer intensiveren Zellatmung führen und freie Radikale binden können. Schwermetalle würden durch Ge 132 einfach "ausgeleitet". Des Weiteren stärke Germanium das Immunsystem und schütze vor schädlicher Strahlung. Da angeblich Tumorzellen an ihrer Oberfläche positiv geladen seien, entferne Germanium mit "seiner hohen negativen Ladung" positiv geladene Ionen von der "Krebswand" und destabilisiere die Geschwulst bioelektrisch, bis sie zerfalle. Werde Germanium oral verabreicht oder injiziert, so entziehe es angeblich den Krebszellen Elektronen und reduziere auf diese Weise ihr "elektrisches Potential", heißt es pseudowissenschaftlich in der Werbung für Ge 132.
Germanium und Physiologie des Menschen
Germanium ist ein Metall, dass in der Natur in sehr geringen Konzentrationen weit verbreitet ist. Über Pflanzen und tierische Produkte nimmt der Mensch täglich rund 1,5 mg auf. Germanium gehört nicht zu den lebenswichtigen Spurenelementen. Mangelerscheinungen, die auf eine Unterversorgung mit Germanium zurückzuführen wären, sind nicht bekannt. Germanium kann schon bei geringen täglichen Aufnahmemengen Lunge, Leber, Nerven und insbesondere die Niere schädigen. Hierbei kommt es über entzündliche Prozesse zum Nierenversagen. In Japan werden Germanium-Präparate auch als Elixier angeboten. In mehreren Fällen kam es nach längerer, regelmäßiger Zufuhr von Germanium im Milligrammbereich (49-588 mg/Tag) zu schweren Gesundheitsschäden und in mindestens 5 Fällen zum Tod. Die Patienten berichteten von Appetitlosigkeit, Durchfall, Übelkeit und Erbrechen über Muskelschwäche und Muskelschmerzen bis hin zur verminderten Harnproduktion in Folge der Nierenschädigung und Abmagerung. Auch Taubheitsgefühl in den Gliedern und Hautbrennen wurden beschrieben.
Eine andere umstrittene Anwendung von Germanium in Nahrungsergänzungsmitteln sind Germaniumzitrat und Germaniumdioxid.
Germanium in Nahrungsergänzungsmitteln
Gemäß der europäischen Richtlinie 2202/46/EG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Nahrungsergänzungsmittel darf Germanium nicht in Nahrungsergänzungsmitteln verwendet werden.[4] In vielen Ländern der EU, so auch in Deutschland und Österreich, ist die Verwendung von Germanium in Nahrungsergänzungsmitteln nicht erlaubt.
Spirogermanium
Spirogermanium ist eine Germanium-haltige Substanz, die in der Vergangenheit auf ihre mögliche Eignung als Mittel gegen Krebs getestet wurde. Eine Wirksamkeit konnte dabei nicht nachgewiesen werden. Auch gibt es keine zugelassenen Arzneimittel mit Spirogermanium.
Rechtliche Lage
Das deutsche Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz warnte ausdrücklich vor der Einnahme von Ge 132-Tabletten der österreichischen Firma Ökopharm GmbH (vertrieben durch eine Cosmoterra Handelsgesellschaft), da schwere Gesundheitsschäden und Todesfälle nicht auszuschließen seien und Todesfälle bereits bekannt seien.[6] Auch im Ursprungsland Österreich wurde davor gewarnt. Die US-amerikanische FDA verbot den Import von Ge 132.[7] Die Herstellung und die Abgabe von Germanium-haltigen Mitteln mit Ausnahme hochverdünnter Homöopathika ist verboten.[8] Einige Händler versuchen dies zu umgehen, indem sie Ge 132-Tabletten und Pulver als "Pflanzendünger" deklarieren.
Literatur und Weblinks
Quellennachweise
- ↑ http://www.zentrum-der-gesundheit.de/organisches-germanium-ia.html
- ↑ Kaplan BJ, Andrus GM, Parish WW: Facts About Germanium Sesquioxide: II. Scientific Error and Misrepresentation, Journal of Alternative and Complementary Medicine, Apr 2004, Vol. 10, No. 2: 345-348
- ↑ Pharm. Ztg. Nr. 43 vom 28.10.1999, Seite 9
- ↑ Richtlinie 2002/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Juni 2002
- ↑ Heinz Sevenich, Postfach 1303, D-34363 Hofgeismar, Tel.: 05671 / 20 24 558, info@germanium-deutschland.de
- ↑ BgVV warnt vor dem Verzehr von ‚Germanium-132-Kapseln‘ der österreichischen Firma Ökopharm. Pressemitteilung vom 08.09.2000 (das BgVV wurde 2002 aufgelöst und seine Aufgaben wurden u.a. vom Bundesinstitut für Risikobewertung und Veterinärmedizin BfR übernommen, das die Warnung weiterhin vertritt)
- ↑ Import Alert 54-07: "Germanium Products". FDA, 2. Oktober 2009
- ↑ Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände: Bedenkliche Rezepturarzneimittel