MMS2
MMS2 (Miracle Mineral Supplement two bzw Miracle Mineral Solution 2) ist der Name eines Calciumhypochlorit-haltigen Produkts, das im Internet zu pseudomedizinischen Zwecken vielerorts angeboten wird. Erfinder der erweiterten Vision MMS2 ist der Amerikaner Jim Humble, der bereits zuvor mit einem analogen Scharlatanerieprodukt namens Miracle Mineral Supplement (MMS bzw E 926) in Erscheinung trat, das inzwischen teilweise als MMS1 bezeichnet wird. Um den MMS-Absatz nicht zu gefährden, soll laut MMS-Vertreibern MMS2 lediglich genauso gut und komplementär zu MMS sein. Auch gebe es eine Art synergistischen Effekt, wenn beide Mittel gemeinsam angewandt würden, also Chlordioxid und Calciumchlorit sowie Zitronensäure.
Im Versandhandel für Produkte dieser Art wird es in kleinen Mengen zu hohen Preisen angeboten. So bietet eine Firma 0,6 Gramm MMS2 für 28 Euro an. In Baumärkten sind jedoch preiswerte Grosspackungen für private Schwimmbadbesitzer für wenige Euro erhältlich.
Anbieter versenden das Produkt aus dem Ausland mit eindeutigen Hinweisen auf Erfinder Jim Humble und zur innerlichen Einnahme. In Deutschland wird MMS2 auch als "Chemikalie" zur "Desinfektion von Schwimmbädern" angeboten, ebenfalls unter Verweisung auf Jim Humble.
Zu Miracle Mineral Supplement 2 ist keine wissenschaftliche Studie oder seriös zitierbare Literatur bekannt, die zeigen würde, dass es als innerlich eingenommenes Mittel zur Behandlung von Krankheiten irgendeiner Art geeignet sei.
Völlig unkritisch beworben wurde MMS2 im NEXUS Magazin.[1]
Calciumhypochlorit
Calciumhypochlorit ist das Calciumsalz der Hypochlorigen Säure (Ca(OCl)2). Die ätzend wirkende und umweltschädliche Substanz ist auch als Losantin oder Perchloron bekannt und wurde vor über einhundert Jahren zur Hautdesinfektion verwandt. Im Neunzehnten Jahrhundert wurde es von Ignaz Semmelweis, einem österreichischen Gynäkologen bekannt, der es wegen seiner desinfizierenden Wirkung äusserlich einsetzte. Wegen seiner schlechten Verträglichkeit auf der Haut ist es seit langem durch besser verträgliche und effektivere Mittel verdrängt worden. Eine innerliche Einnahme von Calciumhypochlorit ist in der Medizin nicht dokumentiert.
Das stechend nach Chlor riechende Calciumhypochlorit wurde als Bleichmittel in der Papierindustrie eingesetzt, aus Umweltschutzgründen verwendet man heute jedoch zunehmend andere Substanzen. Eine aktuelle Anwendung von Calciumhypochlorit findet sich bei der Schwimmbaddesinfektion.
Gesetzliche Lage
MMS2 ist kein zugelassenes Arzneimittel oder Nahrungsergänzungsmittel.
Offenbar um gesetzlichen Hindernissen aus dem Wege zu gehen wird MMS2 von einigen Anbietern zur vermeintlichen "Wasserdesinfektion" für Tiere angeboten. Andere Anbieter aus dem Ausland, etwa ein Gerd Lönnig von den kanarischen Inseln[3] kommen jedoch schnell zur Sache und empfehlen das Produkt zur innerlichen Einnahme, da es laut Werbung Keime, Viren und Bakterien töte. Dazu werden dann auch stets positive Anekdoten über erfolgreiche Heilungen kolportiert, die insbesondere bei gleichzeitiger Einnahme von MMS und MMS2 eintreten würden. Allerdings ist zumindest für das analoge Produkt MMS in Spanien der Internet-Verkauf zwischenzeitlich verboten worden.
Die Firma Vitapack[4], die MMS2 als "Chemikalie" für 52,43 € / 100 g mit beigefügtem Sicherheitsdatenblatt (gemäß 1907/2006/EG, Artikel 31) im Versandhandel über Yatego vertreibt, macht in der Produktwerbung erstaunliche Angaben. So wird dem Kunden erklärt, dass Calciumhypochlorit "zur chemischen Wasserreinigung in Schwimmbädern" eingesetzt werde, und als bakterizides Entkeimungsmittel und starkes Oxidant Mikroben, Parasiten, Bakterien und Viren abtöte. Zitat: ACHTUNG - MMS2 ist nur zur Wasserdesinfektion zugelassen. baua Reg.-Nr: N-38484...Der Amerikaner Jim Humble, der niederländische Biologe Ferry Staal und andere bestätigen MMS2 diesen Anwendungszweck ist weiter zu lesen, ohne dass eine Quelle für diese Information genannt wird. Der Verweis auf Jim Humble, der MMS2 zur innerlichen Einnahme empfilet (quasi zur "innerlichen Desinfektion"), steht dazu im klaren Widerspruch. Vitapack weist zudem darauf hin: da für dieses Produkt keine Rechtssicherheit besteht, sind die Aussagen nach erfolgter Qualitätsprüfung der im freien Handel erhältlichen Angebote bedenklich. Die Abgabe erfolgt erst nach Rücksendung einer unterschriebenen Mitteilung, dass der Käufer älter als 18 Jahre ist und schriftlicher Bestätigung, dass "keine unerlaubte Weiterveräußerung oder Verwendung" besteht.
siehe auch
Weblinks
Quellennachweise
- ↑ Jim Humble: MMS2: Ein neues Mittel und eine erweiterte Vision, NEXUS Magazin 25, Oktober-November 2009
- ↑ Luxusline LTD., Schützenwiese 25, D-31137 Hildesheim. www.mineral-mms.de
- ↑ Gerd Lönnig, Camino Rodrigo 45, 38760 Los Llanos de Ar., Isla de la Palma
- ↑ Vitapak HERRLAN-PSM e.K., Dinslakener Str. 177, D-46562 Voerde