Galilei-Vergleich

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Als Galilei-Vergleich (Galileo gambit, Galileo fallacy, Galileo Defense Fallacy, Galilei persecution fallacy, Galileo Syndrome) können rhetorische Argumentationsstrategien verstanden werden, eigene unzulänglich untermauerte oder gar lächerliche Ansichten dadurch aufzuwerten, dass ein Vergleich zwischen der eigenen Person und dem 1642 verstorbenen italienischen Wissenschaftler Galileo Galileo aufgestellt wird. Anwender des Galilei-Vergleichs erhoffen sich durch dieses rhetorische Stilmittel eine vorgetäuschte Plausibilität der eigenen Ansichten. Es soll letztendlich auf schlagfertige Weise Gegenansichten (insbesondere Expertenansichten und Expertenkonsense) abwerten und eigene Ansichten gegen Kritik abschirmen, quasi immunisieren. Da Galilei selbst zu seinen Lebzeiten bei Vorstellung seiner (inzwischen allgemein akzeptierten) Theorie einer um die Sonne rotierenden Erde verlacht worden sei, sei Ablehnung und Heiterkeit im Zusammenhang mit eigenen Ansichten als eine tatsächliche Bestätigung zu werten. Galilei-Vergleicher weisen sich in diesen Fällen eine scheinunangreifbare Opferrolle des Andersdenkenden zu. Ziel der Taktik des Galilei-Vergleichs sind logische Fehlschlüsse (fallacies) aus einem unzulässigen Vergleich.

Michael Hohner (ratioblog) schrieb im August 2011 zum Thema (Zitat)

Man kennt das: Eine abenteuerliche Behauptung wurde aufgestellt. Gute Belege fehlen. Die Behauptung wird widerlegt. Der ursprüngliche Behaupter ist uneinsichtig und verheddert sich in der Diskussion in Fehlschlüssen. Bleibt als letzter Ausweg das Galileo-Gambit: "Über Galileo haben sie früher auch gelacht, und ihr wisst ja, wie das ausging." Hier wird impliziert, dass eine Ansicht, der heftig widersprochen wird, am Ende doch richtig ist. Das ist ein Non Sequitur. Tatsächlich ist es wahrscheinlicher, dass eine Tatsachenbehauptung, die weitgehend Widerspruch aus der Fachwelt erntet, letztlich falsch ist. Unabhängig von solchen Wahrscheinlichkeitsüberlegungen muss aber das Argument auf seinen eigenen Beinen stehen können. Ein Nachweis von Richtigkeit muss über interne Konsistenz und Belege erfolgen, nicht über Rezeption. Galileo hatte diese Belege, und der Widerstand gegen ihn erwuchs nicht aus der Ansicht, seine Erkenntnisse wären falsch...Wenn also bald wieder ein Galileo-Gambit gespielt wird, dann hätte ich da eine passende Antwort: "Ja, und über Bozo den Clown hat man auch gelacht."[1]

Eine Gruppierung aus dem Kreis der Anhänger der Klimalüge nennt sich in Berufung auf Galileo Galilei und ihrer wissenschaftlichen Außenseiterstellung "The Galileo Movement".

Galileo Galilei

Galileo Galilei war ein italienischer Philosoph, Mathematiker, Physiker und Astronom. Bekannt ist, dass Galilei selbst ein tiefgläubiger Katholik war und sich dennoch in bestimmten Fragen auf Konfrontationskurs mit Dogmen der damaligen katholischen Kirche befand. Mehr als drei Jahrhunderte benötigte die katholische Kirche, um ihr damaliges Fehlurteil zu revidieren: Am 1. November 1992 wurde der Naturforscher offiziell vom Vatikan rehabilitiert.

Semmelweis-Vergleich

Mitunter kann auch ein Bezug zum ungarischen Arzt Ignaz Philipp Semmelweis (1818 - 1865) beobachtet werden. Semmelweis hatte das Kindbettfieber auf mangelnde Hygiene bei Ärzten und Krankenhauspersonal zurückgeführt. Im Rahmen einer Untersuchung mit Einsatz von desinfizierender Chlorlösung gelang es ihm, die Sterblichkeitsrate bei seinen Patientinnen von 12,3 auf zwei bis drei Prozent zu senken. Seine Hygieneempfehlung wurde von Kollegen seiner Zeit jedoch abgelehnt. Nur wenige Ärzte unterstützten ihn. Heute ist die Hygiene ein wichtiges präventives Element in der evidenzbasierten Medizin. Protagonisten abwegiger und mit anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen inkompatibler Hypothesen berufen sich gelegentlich selektiv auf Semmelweis und die damalige Ablehnung seiner später als richtig erkannten Schlussfolgerungen als eine vermeintliche Regel. Das Schicksal der von Semmelweis angeregten Hygienevorschriften und der damaligen häufigen Ablehnung im Kollegenkreis steht jedoch die viel häufigere Akzeptanz von evidenzbasierten Neuerungen durch andere Wissenschaftler entgegen, die sich tatsächlich durchsetzten.

Weblinks

Quellennachweise