Hamerscher Herd
Als Hamerscher Herd (HH) werden von Anhängern der von Geerd Ryke Hamer erfundenen Germanischen Neuen Medizin bestimmte Strukturen (meist im Hirn) bezeichnet, die laut GNM ausschliesslich in einem Computertomogramm bei bestimmten Phasen einer Krankheit erkennbar wären und sich zur GNM-eigenen Diagnostik eignen sollen. Ausserhalb der GNM ist dieser Begriff unbekannt und wurde wissenschaftlich weder rezipiert oder anerkannt. Mehrere Stellungnahmen von radiologischen Experten widersprechen der GNM-Lehre in diesem Punkt und weisen nach daß es sich entweder um technische Artefakte oder körpereigene Strukturen ohne eine besondere pathologische Bedeutung oder um seit langem gut bekannte pathologische Veränderungen handelt und daß der Nichtradiologe Hamer bei diesen Strukturen zu einer seit Jahren anhaltenden Fehldeutung kommt. Es gibt keinen einzigen seriösen Nachweis der Existenz eines derartigen sogenannten hamerschen Herdes. Alle bis dato von Hamer vorgelegten Computertomogramme lassen sich problemlos radiologisch als technisch bedingte Artefakte, Hirntumoren, Zysten oder übliche anatomische Strukturen einordnen. Manche der von Hamer präsentierten Aufnahmen lassen sich eideutig durch die anfängliche mangelhafte Technik der ersten Generationen von CT-Scannern erklären und wären mit heutigen Scannern nicht mehr reproduzierbar.
Die von Hamer postulierten HH sollen seiner Meinung nach in einem Zusammenhang mit seinem sogenannten "DHS" (Dirk-Hamer-Syndrom) stehen, das Gegenstand seiner abgelehnten Habilitationsschrift war.
Hamer unterscheidet prinzipiell zwei unterschiedliche hamersche Herde:
- Hamer'scher Herd in der sogenannten ca-Phase (konfliktaktive Phase)
- Hamer'scher Herd in der sogenannten pcl-Phase
HH in der ca-Phase
Laut Hamer sollen im Rahmen eines sogenannten DHS innerhalb von Bruchteilen einer Sekunde im Hirn nicht näher erläuterte Veränderungen ablaufen, die sofort radiologisch in einem CT erkennbar wären und sich durch eine als Schießscheibenmuster bezeichnete Abfolge regelmässiger exakter konzentrischer Kreise um ein angenommenes "Relaiszentrum" erkennbar machten. Die gemeinten ca-HH's sollen nach Hamer im Laufe der Zeit wachsen, sich also weiter ausdehnen. Weiter gibt Hamer an daß es sich hierbei nicht um plötzliche Dichteänderungen handeln soll. Eine Entstehung von radiologisch erfassbaren Dichteänderungen in Sekundenbruchteilen ist darüberhinaus unmöglich. Da jedoch ein CT - Bild sich ausschliesslich aufgrund von Dichteänderungen (in Hounsfieldeinheiten) im Gewebe ergibt, widerspricht sich hier die Hamer'sche Lehre selbst.
Das angenommene "Relaiszentrum" stünde anatomisch gesehen in einem logischen Zusammenhang mit bekannten auf- oder absteigenden Bahnen des zentralen Nervensystems. Auf die Natur dieses angenommenen Phänomens angesprochen, sprach Hamer anfänglich von hypothetischen und bislang der Medizin unbekannten "Kurzschlüssen" im Gehirn. Später vermuteten Anhänger seiner Lehre es könne sich um bis dahin von der Radiologie unbekannte "Beugungsmuster" der Röntgenstrahlung handeln, blieben aber den Nachweis dafür schuldig. In der Tat kann prinzipiell Röntgenstrahlung (insbesondere die "weiche" Röntgenstrahlung) gebeugt werden. Allerdings kann dies nur bei Anwesenheit von Masse geschehen. Da die angenommenen ca-HHs jedoch ausdrücklich instantan entstehen sollen und es zu keinerlei Zu- oder Abnahme von Hirnsubstanz kommen soll, ist die Hypothese eines "beugungsbedingten" hamerschen Herdes unmöglich. Allenfalls kämen lokale Veränderungen im Hirnstoffwechsel (Sauerstoff- oder Glukoseumsatz) oder lokale Temperaturänderungen als Reaktion auf traumatisierende Ereignisse in Frage. Ihr Nachweis gelingt jedoch nicht mit der klassischen Computertomographie, sondern erforderte eine entsprechende funktionelle bildgebende Untersuchungesmethode (PET, funktionelle Kernspintomographie). Über mögliche derartige Untersuchungesergebnisse im Zusammenhang mit den hypothetischen hamerschen Herden ist bislang nichts bekannt geworden.
Die von Hamer präsentierten "Schiesscheibenmuster" sind eindeutig technisch bedingte Ringartefakte (engl. ring artifact oder ring artefact), die Gegenstand der Ausbildung von Radiologen sind und aufgrund ihrer Eigenschaften problemlos als solche erkennbar sind. So zeichnen sich derartige Ringartefakte durch eine mathematisch exakte Reihenfolge hypo- und hyperdenser Ringformationen aus, die vorhandene anatomische oder pathologische Strukturen überlagern und auf mehreren Schichten gleichförmig erscheinen. Eine Verlagerung vorhandener anatomischer Strukturen findet nicht statt, Hirnventrikel oder knöcherne Strukturen werden überlagert, was für pathologische Strukturen oder allgemein biologische Strukturen auszuschliessen ist.
Hamer-Zitat: ...Es blieb der Streit um die sog. Ringartefakte, die es zwar gibt, die man aber nur bei jedem etwa 100. Patienten einmal sieht und von mir als HAMERsche HERDE in Schießscheiben-Konfiguration, sprich der konflikt-aktiven Phase, angesehen werden...
Ringartefakte lassen sich gut aus der Kenntnis des Aufbaus eines CT-Scanners erklären und treten auf wenn es entweder zu einem Defekt an einem der zahlreichen Sensoren kommt, oder zu Beginn der Tätigkeit die Kalibrierung unterlassen wird. CT.Scanner müssen zyklisch kalibriert werden, manche ältere Typen beispielsweise mehrmals am Tag. Durch gezieltes Unterlassen einer Kalibrierung lassen sich auf Wunsch beliebige Ringartfakte künstlich erzeugen und bei entsprecheneder Lagerung des Patienten auch an jeder gewünschten Stelle im CT. Der mathematische Mittelpunkt der Ringstruktur stimmt dabei mit der Drehachse des Scanners überein, diese wird bei der Untersuchung durch einen Lichtstrahl auf die Haut des Patienten angezeigt.
HH in der pcl-Phase
Nach der Lehre der Neuen Medizin sollen die hypothetischen HH der pcl-Phase Ödemen entsprechen, und diese würden in der wissenschaftlichen Medizin angeblich als Hirntumor fehlinterpretiert werden. Das gemeinte Ödem enstünde durch vermehrtes Gliazellenwachstum (als Einlagerung bezeichnet), quasi als ein Reparaturversuch des Körpers. Eine Überprüfung dieser Hypothese könnte an neuropathologischen Korrelaten von als HH bezeichneten CT-Strukturen zweifelsfrei überprüft werden. Dies wurde aus unbekannten Gründen seit 1981 jedoch unterlassen.
Die bislang von Hamer vorgelegten CTs zu diesen hypothetischen HHs zeigen daß er zweifellos anatomische Strukturen, Zysten oder Hirntumore mit seinen pcl-HHs verwechselte. Hirntumore gibt es aus GNM-Sicht allerdings nicht, da hier die Gehirn-Organ Beziehung unklar wäre. Typischerweise verwechselt Hamer diese HH mit angeschnittenen Gyri der Rinde des Großhirns. Derartig im CT "angeschnittene" Gyri erscheinen als multiple ovale oder rundliche Strukturen ohne jegliche pathologische Bedeutung.