Familienaufstellung nach Hellinger

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Die Familienaufstellung nach Hellinger ist eine umstrittene Form der Systemaufstellung innerhalb der Systemischen Beratung und geht auf den Theologen Bert Hellinger zurück.

Die von Hellinger bei Familienaufstellungen praktizierte Vorgehensweise wurde seit den 1990er Jahren auch auf andere Systeme (Arbeitsteams und Organisationen) übertragen und wird in allgemeinem Kontext Systemische Aufstellung oder Systemaufstellung genannt. Aufstellungen im Unternehmenskontext werden als Organisationsaufstellungen bezeichnet. Ferner können innerhalb von Systemaufstellungen auch abstrakte Begriffe wie "das Ziel" oder "das Hindernis" aufgestellt werden. Aufstellungen mit abstrakten Elementen werden als Strukturaufstellungen bezeichnet.

Kernaussage der Familienaufstellung

Das Familien-Stellen nach Hellinger, im englischen Sprachraum auch als Clanning (Bezugnahme auf den Familien-Clan) bezeichnet, wird auf der Homepage von Hellinger dargestellt. Es ergibt sich jedoch wenig Sinn aus diesem pseudo-psychoanalytischen Kauderwelsch. Kernpunkt ist die Behauptung einer Art von Familienseele, die nicht dulden würde, dass ein Mitglied ausgeschlossen sei. In der esoteriklastigen Talk-Show von Jürgen Fliege am 13. Februar 2002 äußerte sich Hellinger in Form eines Beispiels: "Würde in einer Familie über einen Großvater deshalb nicht geredet, weil dieser ein Nazi-Täter gewesen sei, müsste später ein anderer diesen Menschen vertreten und zwar beispielsweise dadurch, dass er rechtsradikal würde."

Ablauf

Das Familien-Stellen geschieht anfänglich nach folgenden Regeln. Der Klient wählt aus einer Gruppe die Stellvertreter für Mitglieder seiner Familie (Vater, Mutter, Geschwister, für sich selbst). Dabei spielt es keine Rolle, wen er für die verschiedenen Mitglieder auswählt. Der "Therapeut" kann ebenfalls Stellvertreter wählen und den Klienten selbst mit diesen Stellvertretern seine Familie aufstellen lassen. Es muss jedoch geschlechtsidentisch gewählt werden (für Männer werden Männer und für Frauen werden Frauen gewählt).

Sind die Stellvertreter ausgewählt, stellt der Klient sie räumlich in Beziehung zueinander. Dabei ist es hilfreich, wenn er sie mit beiden Händen bei den Schultern nimmt und sie so in Verbindung mit ihnen an ihren Platz stellt. Er ist während des Aufstellens nicht nur mit dem Stellvertreter und mit sich, sondern auch mit einem Umfeld im Kontakt und empfängt auch von daher Signale, die ihn den richtigen Platz für diese Person finden lassen. Nach Abschluss der Aufstellungsphase erfolgt noch eine Nachkorrektur, sofern der Klient dies für notwendig hält (z.B. Vorgabe einer bestimmten Körperhaltung des Stellvertreters).

Nach Hellinger gehören notwendige Fragen zu seiner Aufstellungsideologie. Sie lauten:

  • Wer gehört zur Familie?
  • Sind Familienmitglieder tot geboren oder früh verstorben, und gab es in der Familie besondere Schicksale (zum Beispiel eine Behinderung)?
  • War jemand von den Eltern oder Großeltern vorher in einer festen Bindung, also verlobt, verheiratet oder sonstwie in einer längeren bedeutsamen Beziehung?

Eine darüber hinausgehende, tiefere Anamnese (z.B. mit Fragebögen, Vorgesprächen) lehnt Hellinger ab, weil dies angeblich die "phänomenologische Wahrnehmung" sowohl beim Therapeuten als auch bei den Stellvertretern störe. Dem Klienten wird während der Aufstellung untersagt, Fragen zu stellen oder etwas zu sagen, das über die obigen Fragen hinausgeht.

Danach schließt sich eine Phase der Selbstwahrnehmung an, die Hellinger in "Zeichen", "Sammlung" und "Offenheit" unterteilt. Dies wirkt als Ablenkungsmanöver für die Klienten, deren psychologischer Selbstschutz während dieser Konzentrationsphase abgebaut werden soll. Dies macht die Betroffenen, die während dieser Phase Erinnerungen an ihre Familie oder eigene Vorgeschichte stärker ausgesetzt sind, leichter manipulierbar, aber vor allem auch leichter emotional verletzlich.

Der nächste Schritt, von Hellinger als "Vorgehensweise" bezeichnet, ist durch das Befragen der gewählten Stellvertreter durch den Therapeuten gekennzeichnet. Der Klient erlebt dies in emotional gespannter Atmosphäre mit erniedrigter Abwehrschwelle. Körperliche Reaktionen wie Weinen, Kopfschütteln bis hin zu Zusammenbrüchen des Klienten liegen bei einer derartigen Psychotherapie auf der Hand. Sie kommen auch immer wieder vor, werden aber von Hellinger als Zeichen der Richtigkeit seiner Psychotherapie gesehen. Erschwerend kommmt hinzu, dass sich für das Familien-Stellen gehäuft Personen mit bewussten oder unbewussten psychischen Problemen unterschiedlicher Stärke melden, die sich von dieser Pseudotherapie eine Hilfe versprechen.

Besonders gefährdet sind psychisch labile Personen, wenn Hellinger eine Situation der "psychischen Verdichtung" anstrebt. So berichtet der Spiegel (Nr.7, 09.02.2002) über eine Veranstaltung Hellingers in einem Tagungshotel im spanischen Toledo:

Die Klientin hat einen geschiedenen Mann, zwei Kinder und leidet an Krebs. Hellinger holt einen großen Holländer auf die Bühne. Der dünne, grauhaarige Mann spielt schon zum dritten Mal den Tod. Er trägt einen schwarzen Anzug. "Die Kinder sind bei deinem Mann richtig", sagt Hellinger zu der Kranken. Sie selbst stellt er neben den Tod: "Dein Platz ist hier." Sie starrt den Holländer an. Sie hat Angst. Sie weint laut, sie kann nicht mehr aufhören. "Sag: Mein Platz ist hier." Die Frau wimmert. Sie schüttelt den Kopf. "Das ist die Wahrheit. Sag es ganz klar." - "Mein Platz ist hier", flüstert sie mit niedergeschlagenen Augen. Hellinger: "Lauter! Schau ihn an!". Dann baut er die Stellvertreter für Sohn und Tochter auf. Hellinger verkündet, was sich ihm zeigt: "Die Tochter wird dir nachfolgen in den Tod. Sie ist nicht zu retten." Die Krebskranke weint noch lauter. "Aber es gibt eine Lösung", wendet sich Hellinger ans Publikum: "Wenn kein Geheimnis daraus gemacht wird, dass die Mutter sterben will, kann die Tochter leben". Dann lächelt er seine Klientin an: "Der Tod ist wunderschön. Weißt du das? Die Engel stehen ums Grab." Die Frau wimmert noch. Sie zittert. Sie schluckt. Dann nickt sie und versucht ein Lächeln. Hellinger schaut ihr lange mit einem hypnotisierenden Blick in die Augen, der entfernt an den eines schläfrigen Katers erinnert. "Sieht sie nicht glücklich aus?", fragt Hellinger dann ins Publikum. "Danke, das war's dann."

Der klinische Psychologe Colin Goldner beschreibt in zwei Büchern[1][2] kritisch die Therapie Hellingers. Dieser verändere die Position der einzelnen "Familienmitglieder" beliebig zu einer von ihm so bestimmten "Lösungskonstellation" und konfrontiere den Klienten mit apodiktisch vorgetragenen Interpretationen und Anweisungen. Dem Klienten bliebe lediglich die Wahl, Hellingers Anweisungen anzunehmen oder abzulehnen. Eine weitere Erörterung oder therapeutische Bearbeitung finde nicht statt. Im Gegenteil: Etwaiges Nach- oder Hinterfragen wird von Hellinger kategorisch unterdrückt. So wurde ein Inzest-Opfer angewiesen, sich als "kleines Mädchen" vor die Stellvertreterin ihrer "Mutter" zu knien und zu sagen: "Mama, für Dich tue ich es gern!"

Diese Art des Umgangs mit sensiblen Patienten wird in Fachkreisen gerade bei Personen, die unter emotionalem Druck Probleme mit ihren Selbstkontroll- und Abwehrmechanismen aufweisen, als inakzeptabler, emotionaler Angriff gewertet. Hellingers "Therapie" wird somit eine direkte Form psychischer Gewalt. Typisch ist eine frauenfeindliche Ausrichtung, denn ein Kernpunkt seiner Lehre ist, dass Frauen dem Manne untertan zu sein haben.

Selbsttötung nach Hellinger'scher Familienaufstellung

Es wurde der Fall eines Suizids einer Frau dokumentiert, die eine Show von Hellinger besucht hatte. Im Rahmen eines Großseminars in Leipzig holte er eine junge Ärztin und vierfache Mutter auf die Bühne. Er wusste (außer von einer schlecht vertragenen Trennung von ihrem Mann) nichts von ihrer Familiengeschichte. Hellinger attackierte die Frau auf massivste Weise. Auf den Stellvertreter ihres Mannes zeigend verkündete er: "Dort sitzt die Liebe" und auf sie zeigend: "Und hier sitzt das kalte Herz"; danach ins Publikum gewandt: "Die Kinder sind bei der Frau nicht sicher, die gehören zum Mann." (Fiocke 1998). Obwohl Hellingers Unterstellungen völlig aus der Luft gegriffen waren, trafen sie die Betroffene emotional sehr stark. Sie verließ wortlos die Veranstaltung, schrieb ein paar Abschiedsworte auf einen Notizblock und nahm sich das Leben. Selbst wenn die Frau bereits vorher suizidal gefährdet gewesen sein sollte, wie Hellinger behauptet, entlastet ihn dies nicht. Im Gegenteil: Es zeigt, wie unverantwortlich es ist, in einer 10-minütigen Therapie-Show alle Ich-Grenzen des Rat- und Hilfesuchenden niederzureißen und ihn von oben herab mit eigenen Interpretationen zu konfrontieren.

Quellennachweise

  • Fiocke A: Wie gefährlich ist Bert Hellingers Therapie? Psychologie Heute, Nr. 4, 16, 1998
  • Heinemann I: Hellinger und seine 'Familienaufstellung', auch 'Clanning' genannt. http://www.agpf.de/Hellinger.htm, 2002
  • Heike Dierbach: Die Seelenpfuscher: Pseudo-Therapien, die krank machen, Verlag: rororo 2009, ISBN-10: 3499625865, ISBN-13: 978-3499625862
  1. Goldner, Colin: Die Psycho-Szene. Alibri Verlag, Aschaffenburg 2000
  2. Colin Goldner: Der Wille zum Schicksal. Die Heilslehre des Bert Hellinger
Dieser Text ist ganz oder teilweise von Paralex übernommen