Focardi-Rossi-Energiekatalysator

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Andrea Rossi und Sergio Focardi (Bild "La Repubblica")

Der Focardi-Rossi Energiekatalysator ist ein kompakter angeblicher Fusionsreaktor auf Basis einer "kalten Fusionstechnik", der von der italienischen Firma EON srl im Jahr 2011 auf den Markt kommen soll. Er soll bei einer zugeführten elektrischen Heizleistung von einigen hundert Watt eine Wärmeleistung von über 10 kW abgeben. Nach Angaben der Erfinder, des italienischen emeritierten Physikers Sergio Focardi und des Ingenieurs Andrea Rossi, finde im Reaktor eine kalte Fusion von Wasserstoff und Nickel statt, was zur Bildung von Kupfer führe. Als Begleiterscheinung soll auch ionisierende Strahlung auftreten. Bisherige Replikationsversuche scheiterten. Eine letzte öffentliche Vorführung fand im Januar 2011 statt.

Angebliches Funktionsprinzip

Sämtliche zur Verfügung stehenden Angaben zum "Focardi-Rossi Energiekatalysator" stammen von den Erfindern selbst, der Patentschrift, YouTube-Videos sowie aus Angaben von wenigen Physikern, die versuchten das Prinzip zu replizieren. Eine nennenswerte Rezeption von Seiten der internationalen Physiker-Community blieb bislang aus. Lediglich einzelne Physiker reagierten in Forma von Blogbeiträgen auf das Thema. Eine einwandfreie wissenschaftlich zu nennende Publikation ist bislang (Januar 2011) unbekannt. Focardi und Rossi verbreiten ihre Angaben über eine eigene "Online-Zeitschrift" namens "Journal of Nuclear Physics", die im Prinzip ein Internet-Blog ist, sowie die italienische Zeitschrift "Il Cimento". Die beteiligte Firma EON srl stellt selbst keine Informationen zur Verfügung. Physiker Focardi teilte selbst auf Anfrage mit, die Zeitschrift "Journal of Nuclear Physics" gegründet zu haben, da eine Veröffentlichung in einer anerkannten Fachzeitschrift gescheitert sei.

Nach zur Verfügung stehenden Informationen der Erfinder Focardi und Rossi soll ihr Kleinreaktor exotherme Fusionsprozesse realisieren. Das nur teilweise offengelegte, aber patentierte Verfahren sieht dabei vor, dass sich Nickel in Anwesenheit von Wasserstoffgas unter Wärmeabgabe und Gammastrahlung in Kupfer umwandelt. Das dabei entstehende Kupfer soll zwei stabile Kupferisotope beinhalten, dabei sei das Isotopenverhältnis anders als bei natürlich vorkommenden Kupfer.[1]

Bei den letzten Versuchen soll Nickelpulver (die Rede ist von Partikelgrössen im nm-Bereich) verwendet worden sein. Durch Erhitzen mittels Zufuhr elektrischer Heizleistung würden bei 180-400 Grad Protonen aus dem Wasserstoffgas in die Nickelatome gelangen, um zu einer Kernreaktion zu führen, wenn der Wasserstoffdruck regelmäßig impulsartig stark erhöht wird. Zum Einsatz kämen dabei auch geheime Katalysatoren. Insgesamt solle sich ein Wasserstoffverbrauch einstellen und etwas Helium entstehen.[2]. Der Nickelstab solle außerdem nach Reaktion auf der Oberfläche kleine Krater aufweisen.

Unter der Reaktion soll es auch zu einer schwachen Gamma- und Neutronenstrahlung kommen.[3] Bei der Strahlung soll es sich um eine β+-Korpuskularstrahlung mit Positronen handeln (bekannt vom Kalium 40-Zerfall).

Die beiden Erfinder geben an, das genaue Funktionsprinzip selbst nicht zu kennen. Sie arbeiteten seit Jahren an ihrem Projekt und nach ihren Angaben konnte im Lauf der Jahre eine immer größere Energie-ausbeute erzielt werden. Nach Angaben der Erfinder reiche ein Nickelstab für einen 6-monatigen Betrieb. Anekdotisch berichten sie darüber, mit einem Testreaktor Monate lang Räumlichkeiten geheizt zu haben und dabei 90% der Stromkosten eingespart zu haben.

Geschichtliches

1989 war durch große mediale Aufmerksamkeit für die kalte Fusion gekennzeichnet, als Folge der Behauptungen zu den misslungenen Experimenten von Fleischmann und Pons. In diesem Jahre meinte der italienische Biophysiker Francesco Piantelli (Universität Siena) zufällig bei Untersuchungen mit organischem Material, das gleichzeitig mit Nickel und Wasserstoff in Kontakt kam, eine geringe Wärmeentwicklung zu beobachten, die er sich nicht erklären konnte. Die Nachricht darüber war Thema mehrerer italienischer Tageszeitungen. Davon erfuhr der Physiker Sergio Focardi von der Universität Bologna, der mit Piantelli eine Arbeitsgruppe bildete, um das Phänomen zu untersuchen. Nach einigen Jahren war ein entsprechender Nickel-Wasserstoff-Reaktor fertig, und im Februar 1994 kündigten die beiden auf einer Pressekonferenz den Reaktor als Prinzip für "Reazioni Nucleari a Bassa Energia" (LENR, "Kernreaktionen bei niedriger Energie") an, dabei aber den Begriff "kalte Fusion" vermeidend.[4] Wieder erschienen Artikel in der Tagespresse, und wie bereits zuvor 1989, kam es nicht zu einer wissenschaftlichen Veröffentlichung. Die Rede war hier von einer Leistung von 40-50 thermischen Watt. Ein oberflächenvorbehandelter und mehrere Stunden "entgaster" Nickelstab sollte im Reaktor von Wasserstoffgas umgeben sein. Bei den späteren Versuchen soll Nickelpulver (die Rede ist von Partikelgrössen im nm-Bereich) verwendet worden sein. Durch Erhitzen mittels Zufuhr elektrischer Heizleistung würden bei 180-400 Grad Protonen aus dem Wasserstoffgas in die Nickelatome gelangen, um zu einer Kernreaktion zu führen, wenn der Wasserstoffdruck regelmäßig impulsartig stark erhöht wird. Der Nickelstab solle außerdem nach Reaktion auf der Oberfläche kleine Krater aufweisen. Nach Angaben der Erfinder reiche ein Nickelstab für einen 6-monatigen Betrieb. Anekdotisch berichten sie darüber, mit einem Testreaktor Monate lang Räumlichkeiten geheizt zu haben und dabei 90% der Stromkosten eingespart zu haben.

Vorführung am 14. Januar 2011

Am 14. Januar 2011 veranstalteten Andrea Rossi und Sergio Focardi eine Pressekonferenz, zu der nicht nur das italienische öffentlich-rechtliche Fernsehen RAI (RAI 3) und zahlreiche Journalisten geladen waren, sondern an der auch mehrere an Universitäten tätige Physiker teilnahmen. Gleichzeitig wurde in einem Nebenraum eine einige Minuten andauernde Funktion des Reaktor vorgeführt.

Auf der Pressekonferenz war die Rede von einer zugeführten Heizleistung von 600 Watt, bei rechnerischer Energieabgabe von 12.000 Watt (12 kW). Während der Vorführung durften beobachtende Physiker einige Messungen vornehmen. Diese waren jedoch enttäuscht, keine Spektralanalyse der Gammastrahlung machen zu dürfen, die ihnen aus Gründen der Geheimhaltung verwehrt wurde.

Replikationsversuche

1996 versuchte ein Gruppe unter Antonino Zichichi ein Jahr lang am Genfer CERN das Experiment zu wiederholen, blieb aber erfolglos. Die Autoren sprechen zwar von beobachteten Temperaturerhöhungen, die jedoch keiner Energiefreisetzung entsprechen würden.[5] 1998/1999 kam es zu einem weiteren Replikationsversuch in Pavia (Italien) durch die Forscher Luigi Nosenzo und Luigi Cattaneo. Wieder konnte über mehrere Monate hinweg keine Fusionsreaktion oder Energiefreisetzung beobachtet werden.[6]

Erfinder Andrea Rossi

Der "Rossi-Energiekatalysator" ist nicht die erste Erfindung von Andrea Rossi. Rossi hatte in den siebziger und achziger Jahren vergeblich versucht, aus Abfall Kohlenwasserstoffe herzustellen. Es kam zu zahlreichen Prozessen und Strafverfahren mit Haftstrafen gegen den "Scheich der Brianza" (Sceicco della Brianza auf die Behauptung bezogen er würde als "Scheich" aus Industrieabfällen Erdöl gewinnen. Brianza ist der Name einer Region nördlich von Mailand). Die Prozesse wurde auch als "Petroldragon-Affäre" bekannt, da die Rossi-Firma "Petroldragon" hiess. Rossi wurde verurteilt, weil er große Mengen auch giftiger Abfälle nicht ordungsgemäß entsorgte und mit ihnen Handel trieb. Aus Sicht von Rossi handelte es sich jedoch um eine Art Repression seiner vermeintlich ökologischen Umwandlungstechnik. Auch Steuervergehen wurden ihm zur Last gelegt. Er wanderte daraufhin in die USA aus. Aktuelle Firmenbeteiligungen (EON srl) werden von seiner Ehefrau durchgeführt.

EON srl

Die italienische Firma EON srl ist sowohl in der Ortschaft Bondeno[7], als auch in Rom[8] angemeldet.

Im Laufe des Jahres 2011 wollen die beteiligten nicht-italienischen Investoren und die Erfinder gebrauchsfertige Reaktoren für industrielle Anwendungen anbieten.

Aus dem Jahre 2006 ist eine behördliche Erlaubnis ergangen, die der EON srl erlaubt einen mit Biodiesel betriebenes Kleinkraftwerk mit einer elektrischen Leistung bis 1 Megawatt (MW) in der Ortschaft Bondeno zu betreiben.

Das Patent

Patent WO/2009/125444 METHOD AND APPARATUS FOR CARRYING OUT NICKEL AND HYDROGEN EXOTHERMAL REACTIONS vom 15.10.2009

Zum Verfahren liegt ein Patent von Andrea Rossi vor:

  • WO/2009/125444 METHOD AND APPARATUS FOR CARRYING OUT NICKEL AND HYDROGEN EXOTHERMAL REACTIONS; pub. Date: 15.10.2009[9][10]

Der Versuch ein europäisches Patent zu erhalten scheiterte offenbar im Oktober 2010.[11]

Weblinks

Quellennachweise

  1. Angabe von S. Focardi in einer Email: ..mostra l'esistenza di Cu (non presente inizialmente) i cui due isotopi stabili sono in un rapporto diverso da quello naturale..
  2. S. Focardi, V. Gabbani, V. Montalbano, F. Piantelli, S. Veronesi. "Large excess heat production in Ni-H systems". Il Nuovo Cimento Vol. 111 A, N.11 pp. 1233, novembre 1998
  3. Battaglia, L. Daddi, S. Focardi, V. Gabbani, V. Montalbano, F. Piantelli, P.G. Sona, S. Veronesi. "Neutron emission in Ni-H Systems". Nuovo Cimento 112A, pp. 921, 1999.
  4. Pressekonferenz vom 20. Februar 1994, Aula magna der Universität Siena
  5. Cerron-Zeballos, E., Crotty, I., Hatzifotiadou, D., Lamas Valverde, J., Williams, M.C.S., and Zichichi, A., "Investigation of Anomalous Heat Production in Ni-H Systems". Nuovo Cimento, Vol. 109A, p. 1645-1654, (1996).
  6. Adalberto Piazzoli. "Fusione Fredda? Una ricerca italiana". CICAP - Scienza & Paranormale N. 78 (Mai 2008)
  7. Eon S.r.l. V. C.ragazzi 18, I-44012 Bondeno
  8. EON Srl, Via Ottaviano 66, Roma
  9. http://www.wipo.int/pctdb/en/wo.jsp?WO=2009125444
  10. Patentanmeldung EP 02259998
  11. http://www.wipo.int/pctdb/en/wads.jsp?IA=IT2008000532&LANGUAGE=EN&ID=id00000011868762&VOL=100&DOC=075642&WO=09/125444&WEEK=NA&TYPE=NA&DOC_TYPE=WOSA&TOK=Q309-A-eI6srxLYw7s9qWfbp73Y&PAGE=1