Haar-Mineral-Analyse
Die umstrittene Haar-Mineral-Analyse ist ein alternativmedizinisch-diagnostisches Verfahren.
Seit etwa 20 Jahren wird mit zunehmender Verbreitung die Analyse von Haaren als begleitende diagnostische Maßnahme bei Erkrankungen angepriesen. Das ehemalige Akerberg-Institut (heute Biometa GmbH in Grünwald) sieht Indikationen bei Allergien, Antriebsarmut, Bluthochdruck, Darmbeschwerden, Fettstoffwechselstörungen, Haarausfall, Hautkrankheiten, Gelenkschmerzen, Gicht, Hyperaktivität, Migräne, Osteoporose, Schlafstörungen, Übergewicht, u.v.m.
Das Haar gehört zu den stoffwechselaktivsten Geweben. Es wächst 0.8-1.3 cm monatlich. Die Haar-Mineral-Analyse macht sich dabei den Umstand zu nutze, dass Spurenelemente oder komplexere Substanzen, die dem Organismus zugeführt werden, während des Haarwachstums über den Blutweg in das Protein der Haare abgelagert werden. Allerdings werden auch von außen (z.B. über Shampoos, Haarsprays, Färbemittel, Gelee, etc.) Stoffe an und in das Haar eingebracht.
Bereits hier beginnen die Probleme. Während organische Substanzen durch Haarewaschen entfernt werden können, werden anorganische bzw. metallische Substanzen tiefer in das Haar eingeschwemmt. Gegenläufig verhält es sich mit Substanzen, die über die Atmung oder die Nahrung aufgenommen werden. Gerade anorganische Metalle, die so in den Organismus gelangen, lassen sich in der Haaranalyse besonders schlecht mit den in den Haaren vorhandenen Werten korrelieren. Die Zinkkonzentration im Haar kann beispielsweise normal oder erhöht sein, während sie im Organismus zu niedrig ist.
Die Reproduzierbarkeit von Haar-Mineral-Analysen ist zudem schlecht. Für Kalzium, Kupfer, Eisen, Magnesium und Zink lassen sich keine einheitlichen (Norm-)werte finden und die Erzielung ähnlicher Werte sogar in der gleichen Haarprobe fällt den Analysen ausgesprochen schwer. Eine der Ursachen ist eine Ungleichverteilung der Einlagerungen im Haarprotein. Es kann zu lokalen Ansammlungen von Substanzen kommen, die eine scheinbar erhöhte Belastung vorgaukeln können.
Bei rechtsmedizinischen Untersuchungen hat die Analyse bestimmter Substanzen (z.B. Arzneimittel oder bestimmte Drogen) im Haar durchaus seine Berechtigung. Dies ist dann wichtig, wenn z.B. nach einem Verkehrsunfall die Schuldfrage geklärt werden muss und in diesem Zusammenhang Drogenmissbrauch oder eine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit durch Arzneimittel abgeklärt werden muss.
Die in der Naturheilkunde- und Esoterikszene übliche Haar-Mineral-Analyse ist jedoch mit dieser Art von Testung nicht zu vergleichen. Man verbrennt (verascht) das abgeschnittene Haar und weist die Zielsubstanzen mittels Atomabsorptionsspektrographie nach. Untersucht werden die Konzentrationen von Mineralien und Spurenelementen (Calcium, Chrom, Eisen, Germanium, Kalium, Kobalt, Kupfer, Lithium, Magnesium, Mangan, Molybdän, Natrium, Phosphor, Selen, Strontium, Vanadium, Zink) sowie bestimmter Metalle (Aluminium, Antimon, Arsen, Barium, Blei, Cadmium, Nickel, Palladium, Platin, Quecksilber, Silber, Thallium). Der Preis für solche Untersuchungen beträgt beim Anbieter Akerberg 61-217 Euro.
Aufgrund der festgestellten Werte werden dann individuelle Ernährungsvorschläge ausgearbeitet. Wie man allerdings eine Fettstoffwechselstörung lediglich mit Hilfe der Haar-Mineral-Analyse diagnostizieren soll, wenn wirklich zielführende Stoffwechselparameter (Gesamtcholesterin, HDL, LDL, Triglyzeride) nicht gemessen werden, erklären die entsprechenden Analysten nicht. Die Szene hält es auch nicht für notwendig, zu belegen, ob z.B. eine Hypercholesterinämie mit ihrer Methode überhaupt nachgewiesen werden kann, wenn eine entsprechende laborchemische Vorinformation nicht vorhanden ist. Aus diesen Gründen sind therapeutische Schritte, die auf der Basis der Haar-Mineral-Analyse getroffen werden, für den Patienten mit einem hohen Fehldiagnoserisiko behaftet.
Quelle: Paralex