Celltuner

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im Werbekanal von Robert Stein (links): Arthur Tränkle und Gregor von Drabich-Waechter. Zu sehen ist auch das Scharlataneriegerät Celltuner und links das Emblem der Esoterikzeitschrift Raum und Zeit.
Celltuner mit Handelektrode.
twitter-Meldung der Bundesnetzagentur
Infrarot-Messungen, die eine Erwärmung der bestrahlten/berührten Hautzone zeigen sollen. Demnach wäre das Gerät als ein Gerät zur Diathermie anzusehen.
Rückansicht mit technischen Daten. Demnach soll das Gerät in Deutschland hergestellt sein (offenbar 2011) und 25 Watt abgeben.
Störungen bei 144015 KHz im für Amateurfunker reservierten Frequenzband 2m. (Wasserfalldiagramm: horizontale Achse: Frequenz, vertikale Achse: Zeit)

Der Celltuner (von engl. Zelle, tune abstimmen) ist ein pseudomedizinisches Scharlataneriegerät der Firma Wassermatrix AG[1] aus Rotkreuz in der Schweiz, dessen Verkauf in Deutschland nicht erlaubt ist.[2] Das Unternehmen Wassermatrix ist Arthur Tränkle zuzuordnen, als Verantwortlicher wird Marcel Reichlin genannt. Das Gerät wird auch als “Wasserenergetisierer” / “Wasserstrukturierer” nach Tesla und Lakhovsky bezeichnet (nach Nikola Tesla und Georges Lakhovsky) und wird für 3000 bis 7700 € angeboten. Bei Ebay finden sich gebrauchte Geräte für mehrere hundert Euro. Werbung zum Celltuner findet sich in den Werbekanälen von Robert Stein und von Norbert Brakenwagen (TimeToDo). Das Gerät wird unter anderem von Quantisana angeboten. Quantisana ist Alexander Glogg zuzuordnen, siehe Fostac-Scharlatanerieprodukte. Der Celltuner wird in Österreich auch vom Verein Gesellschaft für autarke Energie, technische Innovationen und Altruismus angeboten.

Celltuner

Es handelt sich dabei um einen Generator (Sender) für Hochfrequenz. An eine Buchse wird über ein Kabel eine Antenne angeschlossen, die Handsonde bezeichnet wird. Da das Gerät Störsignale auf einer Frequenz aussendet, die nicht für medizinische Anwendungen reserviert ist, ist sein Betrieb zumindest in der Bundesrepublik Deutschland verboten. Genaue technische Daten werden nicht genannt. Es muss unklar bleiben ob tatsächlich die auf der Rückseite des Geräts abgegebenen 25 Watt ausgesendet werden. Nach Herstellerangaben in der Produktbeschreibung und in der Werbung wird eine Sendefrequenz 144,015 MHz angegeben[3], bei 20 W Senderleistung. Es sind keine Messungen von unabhängiger Seite im Internet veröffentlicht. Das Gerät scheint zumindest einige Watt über die Antenne abzustrahlen, da zur Demonstration in der Nähe der Antenne befindliche Leuchtstofflampen damit zum Leuchten angeregt werden können. Dies wird in Werbevideos vorgeführt. Dass das Gerät tatsächlich Hochfrequenzenergie (in der Alternativmedizin üblicherweise als Elektrosmog bezeichnet) über die Antenne abgibt, wird aus Temperaturmessungen ersichtlich, die mit Infrarotmessungen gemacht wurden, und die in Werbevideos gezeigt werden. Demnach wäre das Gerät als ein Gerät zur Diathermie anzusehen und müsste entsprechend zugelassen werden. Für Kurzwellengeräte wäre die DIN-Norm DIN EN 60601-2-3 anzuwenden. Entsprechende zugelassene Diathermiegeräte arbeiten von der Frequenz her in den sogenannten ISM-Bändern, um benachbarte Funkanlagen und Rundfunk möglichst wenig zu stören. Ohne Zulassung als Diathermiegerät käme der vorgeschriebene Abstand zwischen Handsonde und Mensch nach der Verordnung über elektromagnetische Felder (BImSchV) zum Tragen, und dann würde der zulässige Grenzwert der elektrischen Feldstärke von 28 V/m unter Annahme der angegebenen Leistung von 20 W an einem Dipol erst bei einem Schutzabstand von 75 cm eingehalten werden können. Damit dürfte die Handsonde nicht in Körpernähe gehalten werden. In Bezug auf Herzschrittmacher müsste sogar ein Schutzabstand von mehr als 2 m eingehalten werden, rechnete ein Amateurfunker aus.[4]

Der Hersteller wirbt mit der Behauptung, dass das Gerät über seine Aussendungen in der Nähe befindliches Wasser gesünder mache und in wissenschaftlich unbekanntes sogenanntes Hexagonales Wasser umwandle. Gleichzeitig soll das Gerät völlig unterschiedliche Krankheiten wie Infektionskrankheiten oder Krebs heilen können. Seriöse Belege dafür werden jedoch nicht genannt.

Celltuner und Amateurfunk

Der Celltuner blieb bei Hobbyfunkern nicht unbemerkt. Das Gerät erzeugt eine kräftige Aussendung auf der Frequenz 144015 kHz im 2m-Band, die für Amateurfunker exklusiv reserviert ist. Mehrere Funker beobachteten das Aufkommen von Signalen in einem Bereich, der insbesondere für Funkverbindungen über große Entfernungen über Morsetelegrafie vorgesehen ist.[5][6] Sendungen von Nicht-Funkamateuren auf der genannten Frequenz sind verboten. Die Celltuner-Störsignale waren Gegenstand von Artikeln im "Funktelegramm" FT 09/2020 Seite 5, FT 10/2020 Seite 4 und FT 11/2020 Seite 3. Berichtet wird über Störungen in nahezu ganz Deutschland. Die BNetzA (Bundesnetzagentur) ortete viele Geräte verhängte zunächst mündliche Betriebsverbote nachdem sie im eigenen Labor die Illegalität des Gerätes feststellte. Dennoch waren die Geräte zunächst weiter in Deutschland erhältlich (Stand Anfang März 2021). Am 12. März 2021 verhängte die Bundesnetzagentur ein Verkaufs- und Nutzungsverbot für den Celltuner und informierte auch die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sowie die Europäische Kommission über den Fall.[7]

Der Verein der deutschen Funker, DARC, informierte über die Störung[8] und veröffentlichte folgenden Aufruf:

Wir bitten um Mithilfe bei der Beobachtung der Störungen! Unerlaubter Sendebetrieb im 2m Amateurfunkband. Im Bereich 144,010 MHz bis 144,020 MHz werden vermehrt unerlaubt betriebene Sendegeräte als "Wasservitalisierer" oder "Wasserenergetisierer" betrieben. Der Hersteller gibt in seiner Produktbeschreibung als Sendefrequenz 144,015 MHz an. Das DARC-EMV-Referat bittet um weitere Hinweise mit Ortsangaben über auffällige Signale in diesem Frequenzbereich, zur Vorbereitung für Sammelbeschwerden.
Die Geräte erzeugen offenbar Felder mit beachtlicher Feldstärke und hoher Reichweite. Die Signale treten vermehrt in den Morgenstunden oder am Abend auf. Die unerlaubten Sendegeräte sind typischer Weise für 5 bis 60 Minuten in Betrieb (Ganzzahlige Vielfache von 5 Minuten). Das Signal ist im Allgemeinen sehr frequenzstabil, zeigt jedoch gelegentlich kurzzeitige Schwankungen um bis zu einigen 100Hz. Der Träger ist ansonsten nicht weiter moduliert. Der Frequenzbereich 144,000 MHz bis 146,000 MHz ist in Deutschland dem Amateurfunkdienst als Primär-Exklusiv-Nutzer zugewiesen.

– 144,015 beobachten - Der DARC macht auf eine neue Störquelle im 2m-Band aufmerksam. Die schweizer Firma QuantiSana vertreibt Geräte, die Wasser vitalisieren sollen. Was immer sich hinter vitalsiertem Wasser verbirgt, kann man glauben oder nicht. Problematisch wird die Sache, weil die Firma Geräte verkauft, die die Frequenz 144,015 MHz +- 5kHz verwenden. Diese QRG ist primär dem Amateurfunk zugeteilt. Esoterische Anwendungen haben da keinen Platz. Weil diese Geräte offensichtlich vermehrt auch in der BRD verkauft werden, sind alle Funkamateure aufgerufen, die Frequenz und benachbarte (wir wissen ja nicht, wie genau deren Oszillatoren sind…) zu beobachten. Die Störungen treten nur dann auf, wenn diese „Celltuner“ oder „Wasser-vitalisierer“ eingeschaltet werden. Das dauert dann 5 min oder etwas mehr. Es sind also Langzeitbeobachtungen angesagt. Die Aussendungen sind offensichtlich unmoduliert, also einfache Träger. Wer etwas beobachtet, macht bitte eine Mitteilung an unseren DV DH8OH unter DH8OH(ät)darc.de. Oliver leitet das dann weiter.

Siehe auch

Weblinks und Zeitungsartikel

Video zweier Störer bei 144015 KHz

Quellennachweise