Swiss Policy Research

Aus Psiram
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SPR-Schautafel, die die Beherrschung Deutscher Medien durch NATO, Bilderberger, Trilaterale Kommission und eine Atlantikbrücke suggerieren soll (Bild: SPR, Mai 2017) Im gleichen Jahr 2017 wurde dieses Bild auch beim russischen Staatssender RT Deutsch weiterverbreitet.
Nutzung von Swiss Propaganda Research als scheinbar zitierbare Quelle des zu Propagandazwecken geschaffenen russischen Staatssenders Sputnik
Feindesliste "Wikipedia: ideologisch agierende Autoren" (2020)
Swiss Propaganda Research (2020): "Psiram aufgedeckt"
SPR agiert hier als Multiplikator von fake news. Ohne erkennbare Eigenrecherche wird das Narrativ verbreitet ein "österreichischer Investigativjournalist" (gemeint ist der Verschwörungstheoretiker Manuel Cornelius Mittas) habe die Verantwortlichen von Psiram identifiziert

Swiss Policy Research (zuvor Swiss Propaganda Research, SPR oder kurz swisspropaganda) ist ein anonym betriebener Blog aus der Schweiz, der seit Januar 2016 existiert. Der Blog weist weder ein Impressum, noch eine Kontaktadresse auf und der Server befindet sich in den USA. Auch zur Finanzierung werden keine Angaben gemacht. Obwohl sich das Projekt Swiss Propaganda Research nennt, erfolgen 77 Prozent der Seitenabrufe laut SimilarWeb aus Deutschland, nur knapp sechs Prozent aus der Schweiz. Im Mai 2020 erfolgte die Umbenennung des Projekts von Swiss Propaganda Research zu Swiss Policy Research.

Die Betreiber nennen sich «unabhängige Medienwissenschaftler». Nach eigenen Angaben werde Swiss Policy Reasearch von einer halben Million Leser gelesen. Im Eigenverständnis heißt es:

"Swiss Propaganda Research ist ein Forschungs- und Informations­­projekt zu geo­po­li­tischer Pro­pa­ganda in Schweizer Medien. Alle Studien und Bei­trä­ge wurden von einer politisch und publi­zistisch unab­hängigen, wissen­schaft­lichen Forschungs­gruppe ohne Beauftragung oder Fremdfinanzierung er­stellt."

Trotz Anonymität ist Swiss Propaganda Research eine häufig von Truthern und Internetprojekten aus deren Umfeld zitierte Internetadresse. Artikel die als Autor "Swiss Propaganda Research" nennen finden sich im Blog Free21. Artikel bei SPR wurden beispielsweise wohlwollend bei Nachdenkseiten verlinkt, oder von Rubikon News.[1] Das von Daniele Ganser betriebene SIPER-Institut verlinkt zu einer SPR-"Studie" mit dem nicht zitierbaren Hinweis "Erschienen Oktober 2016 Umfang 21 Seiten Autor Swiss Propaganda Research".[2] Ganser selbst bewarb SPR mehrfach, so in einem Interview[3]. Zitiert wird SPR zudem von dem Medienprojekt Kla.tv[4], welches dem Schweizer Sektenführer Ivo Sasek zuzuordnen ist. Auch Ullrich Mies und der russische Staatsender Sputnik nutzen das anonyme Projekt als Quelle. Sputnik legte dazu einen eigenen Tag "organization_Swiss_Propaganda_Research" an.[5] Mindestens drei Artikel von Swiss Propaganda Research wurden in die englische Sprache übersetzt und bei Zero Hedge veröffentlicht.[6] Zero Hedge ist ein anonymes Portal welches Verschwörungstheorien verbreitet (Beispiele: Verschwörungstheorien zum Abschuss von Flug MH17 und Fake News zum Lugar Center for Public Health and Research).

Zur Zitierbarkeit anonym verfasster Artikel: erst die Nennung des Autors einer zitierten Quelle ermöglicht es, durch Kontaktaufnahme herauszufinden, wie eine Studie methodisch durchgeführt wurde, und auch in wessen Auftrag und durch wen finanziert. Das anonym betriebene Projekt Psiram ist ebenso aus den gleichen Gründen wissenschaftlich nicht zitierbar. Das Projekt Wikipedia ebenfalls nicht, wie bereits von Wikipedia bekannt gemacht wurde.

Die unbekannten Betreiber von Swiss Propaganda Research sind auch Verfasser eines Beitrags zum Buch "Lügen die Medien?" von Jens Wernicke. Nach für Psiram nicht nachprüfbaren Angaben aus anderen Internetblogs soll das Projekt Swiss Propaganda Research dem Umfeld von Ganser zuzuordnen sein. Swiss Propaganda Research dementiert dies jedoch: Der Historiker Daniele Ganser ist nicht Mitglied der Forschungsgruppe.[7]

Profil und Tätigkeitsfeld

Im Blog finden sich medienkritische Artikel, die beweisen sollen, dass Schweizer und deutsche Medien und das deutschsprachige Gemeinschaftsprojekt Wikipedia wahlweise von der NATO, Bilderbergern, der Trilateralen Kommission oder einer Atlantikbrücke gesteuert werden und westliche Propaganda verbreiten. Zur Wikpedia, an denen rund 20.000 Autoren in ihrer Freizeit mitarbeiten, heisst es bei Swiss Propaganda Research:

..Propaganda in der Wikipedia...Die Online-Enzyklopädie Wikipedia ist ein integraler Bestandteil des transatlantischen Medien- und Informationssystems..[8]

Bei der Wikipedia-Kritik beruft man sich unter anderem auf Markus Fiedler, Dirk Pohlmann, Alexander Unzicker, Hermann Ploppa, anonyme Wikipedianer (Ein ehemaliger Wikipedianer), sowie den Blogs Gruppe42, ScienceFiles, Deutsche Wirtschafts Nachrichten, Free21, Nachdenkseiten, Blog Tichys Einblick von Roland Tichy, und die Pluspedia als ob es sich dabei um zitierbare wissenschaftliche Quellen handeln würde.

Häufiges Ziel der Kritik sind die Neue Zürcher Zeitung sowie das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF). Die anonymen Autoren beurteilen deutschsprachige Medien nach nicht transparenten Kriterien bezüglich ihrer Position gegenüber der NATO und bezeichnen die grossen Medienkonzerne pauschal als Propagandainstrumente in einem transatlantischen Netzwerk. Dazu werden eigene Schautafeln und selbst erstellte Studien verbreitet. Auf der Webseite wird behauptet, sich bei den Studien eines "Modells von Professor Anne Morelli" zu bedienen. Anne Morelli ist Autorin des Werks Die Prinzipien der Kriegspropaganda (2001, Principes élémentaires de propagande de guerre)[9].

Insbesondere den schweizerischen und deutschen Medien wird vorgeworfen, fehlerhaft über den Bürgerkrieg in Syrien zu berichten und den aktuellen Staatspräsidenten Assad zu verunglimpfen. Die Tagesschau hat sich intensiv mit der Seite auseinandergesetzt und kommt zu einem kritischen Ergebnis: ..Die Schweizer `Forschungsgruppe` wirft in Untersuchungen großen Medien Propaganda und Zensur vor. Medienwissenschaftler kommen zu einer ganz anderen Einschätzung Die Ergebnisse von `Swiss Propaganda Research` seien wenig substanziell..

2020 übernahm Swiss Propaganda Research ungeprüft eine Falschnachricht des österreichischen Verschwörungstheoretikers Manuel Cornelius Mittas, der behauptete die Verantwortlichen des Projekts Psiram identifiziert zu haben. Tatsächlich fiel Mittas jedoch auf eine bereits 2016 gefälschte facebook-Seite herein. Einzelheiten zu dieser peinlichen Verbreitung von Falschnachrichten findet sich im Artikel zu Manuel Cornelius Mittas, sowie einem Blog-Artikel von Psiram mit dem Titel "Psiram Lügen und kalter Kaffee".[10] Nach Erscheinen des Psiram-Blogartikels wurde der Artikel bei Swiss Propaganda Research ohne Begründung entfernt.

Unüblich für eine Schweizer Quelle ist die Verwendung des (in Deutschland gebräuchlichen) ß.

Kampagne zur Coronavirus-Pandemie 2020

Zur Zeit der weltweiten Coronavirus-Pandemie 2020 beteiligte sich Swiss Policy Research (zu Beginn als Swiss Propaganda Research) an einer populistischen Kampagne, die zum Ziel hat die in praktisch sämtlichen Ländern der Welt praktizierten Eindämmungsmassnahmen und Vorsorgemassnahmen gegen die Pandemie in Frage zu stellen. Dazu wurde eine kritische Analyse „Fakten zu Covid-19“ verfasst, die in Kreisen von Gegnern behördlicher Massnahmen gegen das CoV-2 Coronavirus und Impfgegnerkreisen positiv aufgenommen und zitiert wird. SPR sucht gezielt Quellen, die die Hypothese stützen sollen, dass die Covid-19-Erkrankung mit einer Influenza (Grippe) vergleichbar sei und somit die Massnahmen der Pandemiebekämpfung unverhältnismässig seien.[11] SPR nennt einerseit zitierbare Quellen, andererseits werden auch unseriöse alternative Medien wie "Rubikon" oder "offGuardian" als Quelle genannt.
Die Informationen bei SPR haben beispielsweise auch einen deutschen Oberregierungsrat im Innenministerium animiert, Thesen deutschlandweit zu versenden, dass Corona ein Fehlalarm und die Pandemiebekämpfung fatal seien.[12] Die unbekannten Beteiligten von SPR versuchen Widersprüche hervorzuheben und im Laufe der Pandemie entwickelte Anpassungen an Massnahmen als Beweis für ein falsches Vorgehen zu kennzeichnen.

Die entsprechenden Angaben bei SPR wurden mehrfach verändert und ergänzt. Völlig im Gegensatz zu Projekten wie Wikipedia oder auch Psiram lässt sich nachträglich nicht erkennen wann was verändert oder gelöscht wurde. Der "Faktencheck" des bayerischen Rundfunk ging dieser Frage nach:

Über das Internet-Archiv archive.org lässt sich die Historie von SPR in Ausschnitten nachverfolgen. Noch vor kurzem hieß es beispielsweise auf der Seite: "Bis zu 50% aller zusätzlichen Todesfälle wurden nicht durch Covid-19 verursacht, sondern durch die Folgen von Lockdown, Panik und Angst." Dazu gibt es jedoch keine handfesten Zahlen und nicht genug Daten, um die Auswirkungen von Corona auf Patienten zu bewerten. Die Prozentangabe "50%" ist laut Einschätzung von BR-Fachredaktion Wissen "sehr gewagt". Mittlerweile schreibt der Autor der Seite zu Covid-19 etwas weniger offensiv: "Zudem ist oftmals nicht klar, ob diese Menschen wirklich an Covid-19 starben oder an hohem Stress, Angst und Einsamkeit." Die Quellen, die dafür angegeben werden, sind keine wissenschaftlichen Artikel und belegen die getroffene Aussage so auch nicht. Dass zuvor eine nicht belegbare Zahl verbreitet wurde, ist nicht transparent gemacht.[13]

Entsprechend wurde auch auf der Webseite der in Gründung befindlichen Kleinpartei Widerstand2020 zur Webseite von SPR verlinkt. Auch der berliner Verschwörungsideologe und Aktivist Attila Hildmann beruft sich auf SPR.

Rezeption

In der Wochenzeitung Die Zeit wurde ein Artikel veröffentlicht, in dem es heisst dass "Swiss Propaganda Research" ein dubioses Internetportal sei, das selbst im Verdacht stehe, Propaganda zu betreiben. Die schweizerische Zeitschrift Beobachter schreibt, die Webseite unterstelle einer Vielzahl an Medien - vor allem schweizerischen und deutschen öffentlich-rechtlichen Sendern und etablierten Zeitungen wie der Neuen Zürcher Zeitung oder der Süddeutschen Zeitung - das, was sie selber tue: "die Leser mit fragwürdigen Informationen zu füttern".

Siehe auch

Artikel in der Presse

  • Felix E. Müller: Wir müssen keine Bühne für deutsche Streitereien bieten - Die Website «Swiss Propaganda Research» schiesst mit unhaltbaren Behauptungen gegen die hiesigen Medien und weigert sich, offenzulegen, wer dahintersteckt. NZZ am Sonntag, 20.1.2018

Weblinks


Quellennachweise

  1. Daniele Ganser bei Rubikon: "Der Mediennavigator der Website Swiss Propaganda Research zeigt, dass die NZZ als NATO-konform einzustufen ist... Ich empfehle jedem, dass er immer wieder den Medien-Navigator konsultiert, um zu sehen, aus welcher Perspektive die Zeitung schreibt, welche er gerade liest.."
    Rubicon, Daniele Ganser: Medien für den Krieg - Warum unterstützt die NZZ Angriffskriege?, 7.5.2017
  2. siper.ch/de/frieden/studien/schweizer-radio-und-fernsehen-(srf)-die-propaganda-analyse.html
  3. "Es gibt jetzt eine Webseite, die heißt swisspropaganda.com die müssen sie sich mal anschauen, dort wird eigentlich Medienanalyse sehr genau gemacht, man nimmt das Schweizer Fernsehen, die Mittagsausgabe, Abendausgabe, 10 vor 10 und die Radiosendung „Echo der Zeit“ und diese vier Sendungen werden analysiert, und es gibt ein ganz klares Bild, dass man eigentlich mehr oder weniger die NATOPropaganda hier in der Schweiz hat.."
    Quelle: Vincent Kretschmer: Interview mit Daniele Ganser, 10.12.2016, [www.danieleganser.ch]
  4. Selbsternannte „Qualitätsmedien“ à la SRF & Co. auf dem Prüfstand (1 von 2), Kla tv, 11. Mai 2017
  5. de.sputniknews.com/tags/organization_Swiss_Propaganda_Research/
  6. US Foreign Policy Explained, 30. Mai 2018
    The American Empire and its Media, 2. Juni 2018
    The Propaganda Multiplier, 8. März 2019
  7. https://swprs.org/medienspiegel, eingesehen Januar 2020
  8. swprs.org/propaganda-in-der-wikipedia/, angerufen 1.11.2018
  9. Anne Morelli: Die Prinzipien der Kriegspropaganda. Zu Klampen, Springe 2004
  10. https://blog.psiram.com/2020/02/psiram-luegen-und-kalter-kaffee/
  11. Marlon Rusch: Alternative Ansichten, shaz.ch, 12. April 2020
  12. Evelyn Finger, Holger Stark: Warum ein Beamter in der Corona-Krise den Aufstand wagt. Die Zeit vom 11. Mai 2020.
  13. https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/faktenfuchs-wie-glaubwuerdig-ist-swiss-policy-research,S128XLH