Oligomere Proanthocyanidine

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Kaum einer Substanzgruppe aus dem Bereich der sekundären Pflanzenstoffe werden so viele stets positive Wirkungen nachgesagt wie den Oligomeren Proanthocyanidinen (OPC). Diese Substanzen, die in vielen Pflanzen vorkommen und zu den Polyphenolen gehören, wurden Mitte der 1940er zufällig als Nebenprodukte bei Untersuchungen über Futtermaterial entdeckt. Schon seit langem sind sie in der Industrie der Nahrungsergänzungsmittel ein wesentlicher Bestandteil der Produktpalette und des Marketings. Die Anzahl der Vertriebsplattformen, die OPC anbieten, und die Vielfalt der Produkte ist kaum zu überschauen.

Vorkommen

OPC kommen hauptsächlich in Traubenkernen (als Traubenkernmehl), den Schalen roter Trauben, in roten Häutchen von Erdnüssen, in Kokosnüssen, in Ginkgoblättern (Ginkgo biloba), in Äpfeln u.v.a. vor. Besonders die äußeren Bestandteile der Pflanzen wie Rinde oder Schalen, aber auch Kerne und Kerngehäuse enthalten größere Mengen an OPC.

Tatsächliche bzw. behauptete Wirkungen

Bei Pflanzen haben OPC hauptsächlich die Funktion, vor UV-Strahlung und anderen äußeren Einflüssen zu schützen.

Beim Menschen wird eine Vielzahl von Wirkungsansätzen behauptet und untersucht, wie z.B. antioxidative und entzündungshemmende Eigenschaften. In der Forschung untersucht und in der Werbung behauptet wird auch der Einfluss als Katalysator, der die positiven Wirkungen der Vitamine A, C und E verstärken könne. Unter Laborbedingungen wurde festgestellt, dass OPC eine ausgesprochen starke antioxidative Wirkung haben und so vor freien Radikalen schützen können. Ebenfalls im Laborversuch wurde gemessen, dass das antioxidative Potential 18 mal stärker als das von Vitamin C und 40 mal stärker als das von Vitamin E ist.

Alle bisherigen Untersuchungen basieren auf In-Vitro- oder Tierversuchen. Bei den Vitaminen A und E wurde beobachtet, dass in Anwesenheit von OPC der Aktivitätszeitraum der Vitamine wesentlich verlängert wurde. Auch hier sind Laborversuche die Grundlage der Aussagen.[1]

OPC wird zwar ausreichend resorbiert, unterliegt jedoch nach der Resorption einer teilweisen Metabolisierung, die dazu führt, dass nicht die gesamte zugeführte OPC-Menge in einer aktiven Form im Blut zur Verfügung steht. Die im Blut gefundenen OPC unterscheiden sich daher chemisch von denen, die mit der Nahrung zugeführt wurden. Außerdem wurde beobachtet, dass die OPC noch vor Resorption durch darmständige Mikroorganismen zum Teil abgebaut werden. Die in Studien beobachteten Wirkungen eingenommener OPC oder OPC-reicher Nahrung sind nicht stets auf OPC selbst beschränkt. So ist noch nicht endgültig geklärt, ob mögliche Metaboliten, die durch bakterielle Zersetzung im Darm oder durch den menschlichen Stoffwechsel entstehen, die eigentlichen Wirksubstanzen sind.[2]

Vermarktung bei Nahrungsergänzungsmitteln

Die OPC (oligomere Procyanidine) werden als Bestandteil von Nahrungsergänzungsmitteln massiv beworben und mit übertriebenen gesundheitsbezogenen Versprechungen auf den Markt gebracht. Das Spektrum der behaupteten positiven Wirkungen ist breit und erstreckt sich über viele unterschiedliche Krankheits- und Störungsbilder: "hemmt Entzündungen und Hypersensitivität der Atemwege" "hat blutdrucksenkende Eigenschaften" "Vorbeugen vor Herzinfarkt", in Verbindung mit Zimt!!!: "ein neuer Ausweg für Alzheimer?" "treibt Krebszellen in den Selbstmord"[3] [4] "OPC – Die Garantie für Schutz und Schönheit"[5]. Beworben wird es auch gegen Allergien, Krampfadern, Ödeme, Schwellungen; sogar bei PMS-Beschwerden sollen positive Effekte eintreten.[6]

Bei diesen Produkten wird oft gegen die Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäische Parlamentes und des Rates verstoßen (sogenannte Health-Claim-Verordnung) [7] [8].

Dabei wird auch schon mal dreist und pauschal behauptet: "Die oben erwähnten gesundheitsfördernden Eigenschaften des Traubenkernextraktes sind aufgrund der antioxidativen Wirkung des OPC wissenschaftlich nachgewiesen".[9] Es wird mit "Schadstoff-Analyse-Zertifikaten" geworben; wer diese erstellt und welchen offiziellen Wert diese haben, bleibt unklar.[10]. Ein in dieser Branche sehr beliebtes Marketing-Instrument findet ein weiteres Mal Anwendung, indem zuerst Preise ausgewiesen werden, die auf einzelne Kapseln heruntergerechnet wurden, um die teilweise exorbitanten Gewinne zu verschleiern[11].

Es werden eine Reihe weitere Begriffe aus der Pseudomedizin verwendet wie: "HCG-Leptin-Diät", "die Symbioselenkung der Darmflora", "regelmässige Entgiftung". Eine "HOCHDOSIERTE UND REINE"[12] Aufnahme ist nicht erforderlich. Die hohen Preise sind schon darum durch nichts zu rechtfertigen[13], weil die Aufnahme der gesundheitlich sinnvollen Mengen problemlos über die tägliche Nahrung erfolgen kann. Der normale Verzehr der genannten Früchte reicht aus, so dass keinerlei ernährungs-physiologische Notwendigkeit zusätzlicher, überteuerter Produkte besteht. Einen gesundheitlichen Mehrwert dieser Produkte gibt es nicht.

Die in diesem Zusammenhang häufig aufgestellten Behauptungen über gesundheitliche und physiologische Wirkung sind medizinisch nicht belegt .[14]

Dazu liegen auch bereits mehrere Gerichtsurteile vor. So stellte das Bundesverwaltungsgericht im Jahre 2007 fest: "... dass OPC-haltige Mittel nicht generell als Funktionsarzneimittel einzustufen seien, da keine verlässlichen wissenschaftlichen Studien über eine signifikante Wirkung auf den menschlichen Organismus existieren und somit nicht von einer pharmakologischen Wirksamkeit ausgegangen werden dürfe."[15]

Studienlage

Die Forscher um Xianglin Shi von der Universität von Kentucky in Lexington, die OPC anhand von Zellkulturen untersuchten, konnten die Auslösung eines kontrollierten Zelltods belegen; sie wiesen darauf hin, dass weitere Tests erforderlich seien, um zu beweisen, dass Traubenkerne/OPC tatsächlich bei Krebspatienten als wirkungsvolles Mittel bei Leukämie und anderen Blutkrebsarten eingesetzt werden können.[16] Schon vorher wurden in Laborversuchen Traubenkernextrakte bei anderen Krebszellen untersucht und eine protektive Wirkung gezeigt. Kontrollierte klinische Studien stehen noch aus.

Weblinks

Quellenverzeichnis