Siang Mien
Siang Mien (auch Mien Siang oder Chinese Face Reading, von angeblich Mien-tsu Gesicht und Shiang/Siang lesen) bezeichnet ein Teilgebiet der Traditionellen Chinesischen Medizin, die von "Gesichtslesern" bzw "face readern" ausgeübt wird. Die ausserwissenschaftlich-pseudomedizinische Methode soll laut Befürwortern zur Erkennung von Krankheiten aus den Gesichtszügen des Menschen geeignet sein.
Die Methode wird im alternativmedizinischen Umfeld beworben und es werden dazu kostenpflichtige Kurse angeboten. In diesem Zusammenhang wird der Methode eine mehrtausendjährige Geschichte im alten China zugeschrieben. Allerdings werden dazu keine belastbaren Literaturangeben gemacht. Vielmehr soll die Methode der Legende nach ursprünglich geheim gewesen sein und nur mündlich weiter gegeben worden sein. Literatur zum Thema soll demnach auch durch äussere Einflüsse vernichtet worden sein.
In wissenschaftlicher Literatur lässt sich ein Hinweis auf "Siang Mien" nur in vagen Hinweisen auffinden. Zum Begriff des "Mien Siang" finden sich Hinweise zu einer chinesischen Kunst des Gesichtslesens zu Wahrsagezwecken.[1] Der französische Missionar und Sinologe Henri Doré[2] erwähnt ein Siang Mien als Wahrsagekunst (Divination) durch Betrachten der Physionomie eines Menschen aus der westlichen Zhou-Dynastie in China (1122 vor unserer Zeitrechnung).[3]
Siang Mien Methode
Zr Interpretation eines Gesichts lassen sich aktuell im Internet und mehreren von Laien und Befürwortern verfassten Büchern Angaben finden. Völlig offen bleibt, ob diese Angaben tatsächlich etwas mit dem Siang Mien der Zhou-Zeit zu tun haben. Es ist daher durchaus möglich, dass die heutigen Anwender der Methode diese selbst erfunden haben oder aus anderen konkurrierenden Lehren entlehnt haben, da sie ja selbst angeben dass alle schriflichen Überlieferungen zerstört worden seien.
Nach diversen Angaben verschiedener Autoren des 20. und 21. Jahrhundert sei das Gesicht in acht Zonen einteilbar. Besondere Beachtung wird der Betrachtung von Mund, Nase und Augen beigemessen. Nach diesen Angaben sei beispielsweise an der Nase eines Menschen sein Reichtum erkennbar. So soll eine grosse Nase materiellen Reichtum anzeigen können, eine "kurze" Nase sei hingegen ein Hinweis auf Armut, genauso wie kleine Ohren. Zusammengewachsene Augenbrauen sollen ein Hinweis auf Gewalttätigkeit sein. Zahnlücken sollen auf eine Fehlernährung in der Kindheit deuten.
Die verschiedenen Interpretationen von Siang Mien werden auch von Medizinlaien dazu benutzt, Verdachtsdiagnosen für Krankheiten oder krankhafte Zustände zu stellen, obwohl ein wissenschaftlicher Nachweis für eine mögliche Eignung des Siang Mien (und analoger Methoden) fehlt. So will der Autor und Laie Eric Standop etwa mit Siang Mien einen "Mineralstoffmangel" und eine "Stoffwechselschwäche" erkennen können, die dann mit Schüßler-Salzen behandelbar seien.
Siang Mien Befürworterszene
Im deutschen Sprachraum wird die Methode vom Pädagogen und Buchautor Eric Standop beworben, der als Gesichtleser selbst Kurse und Dienstleistungen anbietet und dazu passende Werke verfasste. Standop ist einer der Autoren, der als Medizin- und Geschichtslaie dem Siang Mien im gemeinten Sinne eine mehrere Tausend Jahre lange Entstehungsgeschichte beimisst. Auch der Esoterikunternehmer Kurt Tepperwein ist Autor eines Werks zum Thema des Gesichtslesens, unter Berufung auf ein Siang Mien.[4]
Siehe auch
- Physiognomik
- Antlitzdiagnostik
- Graphologie
- Handlesen
- Iridologie
- Konstitutionstypologie
- Psycho-Physiognomik nach Huter
Publikumsliteratur
- Young, Lailan (1983). Secrets of the face-Love, fortune, personality revealed the Siang Mien way. Verlag Hodder and Stoughton (London).
Quellennachweise
- ↑ Sing Lee, Tony Leung, Antoinette M. Lee, Hong Yu, C. M. Leung: Body Dissatisfaction Among Chinese Undergraduates and Its Implications for Eating Disorders in Hong Kong, lnternational journal of Eating Disorders, Vol. 20, 1, S. 77-84 (1996)
- ↑ https://de.wikipedia.org/wiki/Henri_Doré
- ↑ Researches Into Chinese Superstitions: Translated from the French with Notes, Historical and Explanatory, by M. Kennelly, Henri Doré. Verlag: Paragon Book Gallery
- ↑ Kurt Tepperwein: Krankheiten aus dem Gesicht erkennen: Pathophysiognomie, MVG Verlag, 2002