Schetinin Schule
Schetinin Schulen (auch Tekos Schule) nennen sich Privatschulen und Internate, die sich an einem umstrittenen pädagogischen Konzept des russischen ehemaligen Musiklehrer Michail Petrowitsch Schetinin (Михаил Петрович Щетинин, auch: Mikhail Petrovich Shchetinin) orientieren. Nach Überlegungen vom Ende der siebziger Jahre entstand 1993 (oder laut russischer Wikipdia 1994[1]) ein Schetinin-Internat entstand in Russland in der Ortschaft Tekos (Текос) südlich Gelendzhik in der Krasnodar-Region am Schwarzen Meer, die Shkola Akademika Schetinina oder "Internat Komplex der Persönlichkeit von Kindern und Jugendlichen" als eine "Institution der Russischen Akademie für Bildung". Inzwischen gibt es aber auch ausserhalb von Russland Schetinin-Schulen. Sie erfreuen sich insbesondere in der rechten Szene einer gewissen Beliebtheit.
Befürworter der Schetinin-Schulen verbreiten Wundergeschichten über Lernerfolge: so würde dort mit einer unglaublichen hohen Geschwindigkeit gelernt werden. So sei der gesamte Lehrstoff des Abiturs in 1-4 Jahren von jedem Kind absolvierbar. 13-jährige Absolventen studieren angeblich im zweiten Semester Psychologie, während sie weiter als "kleine Professoren" Lehrbücher und Lehrmethoden für die Schule entwickeln und zum Teil ältere Kinder unterrichten. Zu Auseinandersetzungen über die Lernziele oder untereinander käme es nie, heisst es auch.
Kritiker sehen hinter den Schetinin-Schulen Aktivitäten einer spirituell-nationalorientierten Sekte am Werk, die an Kindern Gehirnwäsche ausübe. Absolventen würden sich demnach wie "Roboter-Kinder" verhalten. Auch würden die Kinder gezielt von ihren Eltern ferngehalten, haben keine Freizeit und keine Privatsphäre da sie (an der Schule in Tekos) in Mehrbettzimmern wohnen müssen. (nach anderen Angaben soll dies inzwischen geändert worden sein) Computer und Internet sind verboten, die Nachrichten im Fernsehen dürfen jedoch gruppenweise gesehen werden. Mobiltelefone für den telefonischen Kontakt zur Familie sollen erlaubt sein. Hinzu kommen kritisierte paramilitärische Kampfsportübungen in Militäruniform.
Eine Tekos-Schule am schwarzen Meer taucht bereits in Romanen von Wladimir Megre auf, dem Erfinder des Anastasia-Mythos.
Ein werbend gehaltener Artikel zur Schetini-Schule findet sich in der Esoterikzeitschrift Sein. Werbung für das Schetinin-Konzept wird über den österreichischen Verein Gesellschaft für autarke Energie, technische Innovationen und Altruismus verbreitet. Befürworter ist auch Peter Fitzek, selbsternannter "König von Deutschland", der der Reichsbürgerbewegung zuzuodnen ist und sich auf einen ehemaligen Schüler mit Namen Richard Kandlin beruft. Kandlin behauptet dass die Schetinin-Schule bereits dreimal von einer "UNISCO" (der Name soll wohl an die anerkannte UNESCO erinnern) zur weltbesten Schule ernannt worden wäre. Andere Quellen nennen die UNESCO selbst. Eine derartige Auszeichnung der UNESCO gibt es nicht. Vielmehr ist die russische Akademie der Bildung mit der UNESCO assoziiert.
Das pädagogische Konzept
Zum pädagogischen Konzept ist zu erfahren dass alle Kinder sowohl Lehrer als auch Schüler seien. Die Schüler finden in Lerngruppen mit allen Altersstufen von 8 bis 22 Jahren zusammen und arbeiten gemeinsam zu konkreten einzelnen Fragestellungen. Es soll keine verschiedenen Fächer geben. Mädchen und Jungen werden getrennt unterrichtet und leben auch in verschiedenen Häusern. Persönliches Eigentum der Kinder muss in Schubladen am Bett untergebracht werden und darf nicht herumliegen, wie Besucher berichten.
Gleichzeitig wird Disziplin und Gehorsam verlangt. An der Schule in Tekos sollen sich derzeit 180 Schüler aufhalten, und ebenso viele kindliche Lehrer. Zuvor war die rede von etwa 300 Kindern. Offenbar im Zusammenhang mit dem Eingreifen russischer Schulbehörden wurde die Zahl reduziert. Unter den Schülern in Tekos befinden sich auch ausländische Kinder aus der Ukraine, Deutschland und Neuseeland. Neben einem Schulleiter gebe es nur noch einen Hausmeister, sowie Künstler.
Das Schulkonzept steht fest: es ist die Lehre von Michael Schetinin. Das Konzept sieht in der Schule in Tekos einen Tagesplan von fünf Uhr morgens bis abends um neun vor, der durchorganisiert ist. Um fünf Uhr dreissig morgens beginnt der Tag mit einem Waldlauf. Das Essen ist vegetarisch, allerdings ist Fisch zugelassen. Zeit für freies Spiel, Alleinsein oder kindliche Spiele bleiben den Kindern kaum. Um 21:30 ist verbindliche Schlafenszeit.[2] Ob es Schulferien gibt oder nicht, darüber gibt es sich widersprechende Angaben.
Die Schüler sollen auch sich selbst verwalten, wie es bezeichnet wird. So sind sie an Reparaturen der Schule beteiligt, sägen im eigenen Sägewerk die Bretter, aus denen sie Möbel bauen, sie renovieren, machen die Buchhaltung, waschen ihre Wäsche selbst.
Ein bedeutendes Merkmal sind auch militärische Übungen an den Schetinin-Schulen. Es wird Wert auf ein Sporttraining gelegt und es gibt Ausbildungen im Kampfsport und an Waffen. Schüler sind oft in militärischen Kampfanzügen zu sehen.
Vermittelt wird an den Schulen ein Nationalstolz, gelernt wird für Russland. Die Verehrung von Russland grenze an Unterwürfigkeit, heisst es von Seiten der Kritiker. Der verlagte Nationalstolz wird auch deutlich durch das Erlernen traditioneller Tänze und Musik oder traditioneller Trachten. Auch finde eine "Indoktrination" mit Wedischer Philosophie und Spiritualität und Naturverbundenheit statt. Eine Rolle spielt dabei auch der Anastasia-Kult von Megre.
Kritik an der Schetenin - Schule
Ehemalige Schüler der Tekos-Schule meldeten sich in den russischen Medien mit Kritik an der Schule. So berichteten sie über erlittene Körperstrafen und erzwungene Strafübungen vor anderen Schüler (wegen Aufsuchens eines Computer-Clubs im Dorf). Auch habe es eine Zensur der Post gegeben. In Kampfübungen habe man Durchsuchungen und das Absichern von Gebäuden geübt. Im Chemieunterricht habe man "aus Spass" Sprengstoffe ausprobiert.
Michail Petrowitsch Schetinin
Michail Petrowitsch Schetinin wurde 1944 in Dagestan geboren. Im Jahr 1973 absolvierte er das Pädagogische Institut in Saratov mit einem Abschluss in "Musik und Gesang" (Spezialfach Akkordeon). Schetinin wird immer wieder auch mit einem Professorentitel genannt (z.B. von Ernst Köwing[3]), wobei die Herkunft des Titels unklar bleibt. Er war danach Direktor der Musikschule in Kizlyar. Später zog er in die Ukraine. Er gibt an Gründer einer Russischen Akademie der Bildung (RAE) zu sein. Nach anderen Angaben heisst es jedoch, er habe 1991 eine Auszeichnung der RAE an ihn gegeben. Laut englischsprachiger Wikipedia wurde die Russische Akademie der Bildung (Russian Academy of Education SEI RAE) aber erst am 22. Dezember 1992 gegründet, wobei offenbleibt wer der damalige Gründer war.[4] Schetinin gilt als Bewunderer der ehemaligen Sowjetunion. Das aktuelle Russland sieht er in einem "vierten Weltkrieg" mit den USA.[5]
Schetinin-Schulen im deutschsprachigen Raum
Privatschulen im deutschsprachigen Raum, die sich an Schetenin orientieren, vermeiden den Namen Schetinin-Schule. Zu nennen sind aktuell (2016):
- "Weinbergschule" (Österreich) und Verein zur Förderung alternativer Bildungswege in A-5201 Seekirchen
- "Laisschule" (Österreich), Schloss Ehrenhausen, Klagenfurt am Wörthersee (Kärnten)
- "Bildungsgarten Des Lebens" von Doris Rogy aus A-8042 Graz
Hinzu kommen "Schetinin-Lehrgänge" an Privatschulen.
Propaganda für Schetinin-Schulen
Im Internet kann eine regelrechte Propagandaschlacht für das Schetinin-Schulkonzept beobachtet werden. Dabei wird dieses Schulsystem nicht nur beworben, sondern es werden insbesondere das herkömmliche staatliche Schulwesen in westlichen Ländern und die entsprechende Pädagogik angegriffen. So seien aus Befürwortersicht in "dekadenten" westlichen Staaten "staatliche instruierte Pädagogen" daran interessiert Kindern "monotone Fakten, welche einzig der Hochfinanzindustrie dienlich" seien, auswendig zu lernen. Lehrpläne seien an einem "Wirtschaftsdiktat" ausgerichtet. Die Folge seien Konzentrationsschwächen, Lernmüdigkeit sowie Depressionen. Die Kinder seien "Opfer eines manipulierten Bildungssystems". Die russische Schetinin-Schule stelle sich diesem Irrsinn entgegen, in "Richtung Revolution" wie es beispielsweise bei eurusky.ru heisst.
Zitate
- tinin selbst wie folgt:"Hier geschieht hauptsächlich die Annäherung. Wenn uns das Treffen gelingt, dann können sie gemeinsam das Ziel erreichen, dass in 10 Tagen der Mathematikstoff der ganzen Mittelschule erfasst wird. Also auf 11 Jahre geteilte Mathematik, in 10 Tagen. Die ist die Aufgabenstellung. Das geschieht momentan mit solchen Schülern, denen es gelingt, sich mit anderen Schülern zu treffen, welche dieses Wissen schon haben. Das liegt am offenen, freien Miteinander. Wenn die polaren Strukturen (Kräfte) sich berühren, dann wird Wissen weitergegeben. Das ist bekannt. Beobachtungen an Liebespaaren zeigen, wie sie sich fast ohne Worte verständigen können. Kaum sagt einer etwas, schon hat es der andere bereits aufgenommen."
Weblinks
Quellennachweise
- ↑ https://ru.wikipedia.org/wiki/%D0%A8%D0%BA%D0%BE%D0%BB%D0%B0_%D0%9C%D0%B8%D1%85%D0%B0%D0%B8%D0%BB%D0%B0_%D0%A9%D0%B5%D1%82%D0%B8%D0%BD%D0%B8%D0%BD%D0%B0
- ↑ Zitat aus einem Tagesablauf:
05.30 aufstehen
6.15 bis 07.30 Uhr Lernprozess
7: 30-8: 20 Kampfkunst
08.30 - Frühstück
9: 15-11: 00 Lernprozess
11: 30-12: 20 - Choreographie (Tanzstunde und Gesang)
12.30 - Mittagessen
13: 00-15: 00 - private Zeit
15: 00-17: 20 Lernprozess
17.30 Abendessen
18: 30-19: 20 - Russische Sprache (täglich)
19: 30-20: 30 Zeichnen
20.30 - "Zeitband": kollektive Treffen
21.30 ins Bett gehen - ↑ derhonigmannsagt.wordpress.com/2016/09/14/
- ↑ https://en.wikipedia.org/wiki/SEI_RAE
- ↑ http://www.golden-news.com/formation/1151956211-pedagog-novator-schetinin-daet-srednee-obrazovanie-za-god.html