Zellularmedizin

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Die Zellular Medizin ist eine umstrittene alternativmedizinische Methode zur Prävention und Therapie von schweren Erkrankungen, die Teilaspekte der Orthomolekularen Medizin aufgreift. Die Zellular Medizin wird stark durch die wirtschaftlichen Interessen von Personen wie ihrem Erfinder Matthias Rath, eine angebliche Wissenschaftlichkeit in den propagierten Methoden und durch Verschwörungstheorien geprägt. Ein wissenschaftlicher Nachweis der Eignung als diagnostisches oder therapeutisches medizinisches Instrument existiert nicht.

Wesentliches Element sowohl der Zellular Medizin, als auch der Orthomolekularen Medizin[1], ist die hoch dosierte Gabe ("Optimaldosierung") von Vitaminen, Mineralstoffen und Nahrungsergänzungsmitteln. Dadurch sollen Krankheiten vorgebeugt und schon vorhandene Beschwerden gelindert oder geheilt werden.

Grundannahmen der Zellular Medizin

Die Dr. Rath Gesundheits-Allianz beschreibt die Grundsätze der Zellular Medizin wie folgt [2],[3]:

Gesundheit und Krankheit des menschlichen Körpers werden auf der Ebene von Millionen Körperzellen entschieden, die den Körper und seine Organe aufbauen. Jede dieser Zellen benötigt Zell-Vitalstoffe für eine Vielzahl von biochemischen Reaktionen. Ein bestehender Mangel an diesen Stoffen führt zu einer zellulären Unterfunktion, die zu chronischen Erkrankungen führen kann. Wegen einer grundsätzlichen Unterversorgung und einem hohen Stoffwechselumsatz an Zell-Vitalstoffen sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen beim Menschen besonders häufig. Eine optimale tägliche Versorgung mit Zell-Vitalstoffen wäre der Schlüssel zur erfolgreichen Prävention und Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und anderen chronischen Erkrankungen. Somit betrachtet die Zellularmedizin die kleinsten Einheiten des Körpers, die Körperzellen.

Behauptungen der Zellular Medizin zu Einzelerkrankungen

Krankheit Aussage empfohlene Vitamine/Vitaminpräparate/etc.
Krebs [4] Ausbreitung von Krebszellen kann blockiert werden Vitamin C, Lysin, Prolin, grüner Tee (Polyphenole)
Arterienverkalkung, Herzinfarkt, Schlaganfall [5] Vorbeugung Vitamin C, Arginin
Bluthochdruck [6] Vorbeugung, blutdrucksenkend Vitamin C, Magnesium, Arginin, Coenzym Q10
Herzrhythmusstörungen [7] Verbesserung, wenn Herzrhythmusstörungen durch Mangel an Zellenergiestoffen hervorgerufen wurde Vitamin C, Magnesium, Coenzym Q10, Karnitin
Herzschwäche, Herzinsuffizienz [8] Vorbeugung Vitamin C, Magnesium, Coenzym Q10, Karnitin
Hohes Cholesterin [9] Senkt den Blutspiegel von Cholesterin, Triglyceriden etc. Vitamin C, Vitamin B3, Vitamin B5, Vitamin E, Karnitin
Diabetes [10] Vorbeugung, Folgeerkrankungen verhindern oder verbessern Vitamin C, Vitamin E, B-Vitamine, Spurenelemente
AIDS / HIV [11] Linderung wichtiger Begleiterscheinungen Vitamin C, Lysin

Behauptungen im Zusammenhang mit Krebs

Die Verfechter der Zellular Medizin stellen besonders viele Behauptungen im Zusammenhang von Krebserkrankungen auf. Im Einzelnen wird wie folgt argumentiert [12][13]:

  • Die konventionelle, pharmaorientierte Medizin habe für Krebserkrankungen keine Heilungsperspektive anzubieten. Dr. Raths Forschungsarbeit beweist, dass die Zellular Medizin nicht nur Hoffnung, sondern vor allem auch Lösungen, das heißt konkrete Heilungsmöglichkeiten erbringt.
  • Das Prinzip der Zellular Medizin von Dr. Rath basiert auf dem Einsatz natürlicher Substanzen, die der Körper kennt und nutzt, um die Bindegewebsstabilität zu verbessern und die Ausbreitung von Krebs zu unterbinden.
  • Zell-Vitalstoffe können die Ausbreitung von Krebs im Körper stoppen
  • Experimentelle Studien bestätigen: Zell-Vitalstoff-Synergie kann Osteosarkome wirksam kontrollieren
  • Zell-Vitalstoffe stoppen die Absonderung bindegewebezerstörender Enzyme
  • Zell-Vitalstoffe kontrollieren Wachstum und Ausbreitung von Krebszellen
  • Nährstoffe können die Bildung neuer Blutgefäße in Tumoren (Angiogenese) unterdrücken / Zell-Vitalstoffe reduzieren in hohem Maße die Fähigkeit von Krebszellen, neue Blutgefäße zur Versorgung der Tumore zu bilden
  • Zell-Vitalstoffe können das Wachstum von Osteosarkomzellen unterdrücken / Zell-Vitalstoffe hemmen das Wachstum von Krebszellen und lassen den Tumor schrumpfen.
  • Zell-Vitalstoffe sind in der Lage, Krebszellen selektiv zu zerstören, ohne gesunde Zellen in Mitleidenschaft zu ziehen / Zell-Vitalstoffe fördern das Absterben von Krebszellen (Apoptose).
  • Die Zellular Medizin basiert auf der Verwendung von Zell-Vitalstoffen, die keine gefährlichen Nebenwirkungen besitzen.

Behauptungen im sogenannten Chemnitzer Programm

Das Chemnitzer Programm [14] soll laut Matthias Rath die Grundlagen für ein neues Gesundheitssystem legen. Darin behauptet er, dass Arteriosklerose auf natürliche Weise verhindert werden kann und Herz-Kreislauf-Erkrankungen ohne Bypass-Chirurgie und Ballonkatheter-Therapie rückgängig gemacht werden können. Außerdem soll das entwickelte Gesundheitsprogramm inzwischen als führende Herz-Kreislauf-Programm der Welt gelten. Die optimale tägliche Zufuhr von Vitaminen und anderen wichtigen Bioenergiestoffen beugt Herz-Kreislauf-Erkrankungen und auch anderen chronischen Krankheiten vor.

Zellular Medizin als Therapie

Matthias Rath erweckt den Anschein, als ob die Zellular Medizin zur Therapie von schweren Erkrankungen geeignet ist. Einerseits werden zwar Einschränkungen gemacht: In einer Einlassung zum Prozess 2006 vor einem Hamburger Gericht wird erklärt[15]:

"Auch der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, ich würde behaupten, unsere Vitaminprodukte wären in der Lage, Krebserkrankungen sicher zu heilen, ist falsch. Ich behaupte lediglich, dies aber sehr entschieden, dass bestimmte natürliche Wirkstoffe, wie sie in unseren Vitaminprodukten, aber auch in einer Vielzahl anderer Produkte enthalten sind, grundsätzlich in der Lage sind, das Wachstum von Krebszellen zu hemmen und Krebszellen abzutöten. Ich beschreibe hierbei lediglich Wirkmechanismen." (Matthias Rath)

Matthias Rath bestreitet auch, dass es prinzipiell eine zufriedenstellende Behandlung bei AIDS gibt [16].

"Since there is currently no cure for AIDS, the task at hand has been to bridge the time until such a cure is found" [2].

Auf der anderen Seite wird seit Jahren in Publikumspostillen wie Rath International und in Werbekampagnen für einen Durchbruch der Zellular Medizin beispielsweise in der Krebstherapie geworben. Im "Grundkurs Zellular Medizin" wird lediglich keine Garantie auf einen Therapieerfolg gegeben[3]:

"Dies ist jedoch keine Garantie für einen Heilungserfolg in jedem Fall, insbesondere dann nicht, wenn die Krebskrankheit schon zu weit fortgeschritten ist ... das Immunsystem der Patienten durch Chemotherapie-Zyklen bereits vorgeschädigt ist "

Für wissenschaftlich oder medizinisch nicht ausgebildete Personengruppen wird angesichts einer Vielzahl von angeführten Studien und Experimenten, der Eindruck erweckt, dass die Zellular Medizin ein gesichertes Wissen über die Behandlung von Erkrankungen besitzt. Man muss viele Studien lesen und benötigt ein erhebliches Vorwissen über die wissenschaftlichen Methoden und klinischen Studien, um den Missbrauch von Wissenschaft zu erkennen und zu einer fundierten gegenteiligen Meinung zu kommen. Zu kritisieren ist, dass Krebspatienten aufgrund solcher Aussagen möglicherweise wirksame schulmedizinische Therapien gar nicht oder zu spät in Anspruch nehmen.

Ein weiterer Beleg für das Propagieren der Zellular Medizin als Therapie sind klinische Tests und Experimente mit dem Ziel einer Therapie an Menschen, die öffentlich als Therapieerfolge propagiert werden. Beispiele hierfür sind die im Internet veröffentlichte Arrhythmie Studie von 2003 [17] und die Studie in einem südafrikanischen Slum an 100 Patienten mit klinischen Zeichen einer Immunschwäche [18].

Studienlage

Da Vitamine prinzipiell lebensnotwendige Substanzen darstellen und deren Mangel schwere Erkrankungen wie Skorbut auslösen können, ist eine gesundheitsfördernde Wirkung bei Menschen mit Mangelzuständen prinzipiell zu erwarten. Ob Vitamine bei normal versorgten Menschen gesundheitsfördernde Wirkungen haben, ist eine ganz andere Fragestellung. Viele Wissenschaftler neben Matthias Rath führen weltweit immer wieder [19] Studien zur Wirksamkeit von Vitaminen in der Therapie und Vorbeugung von Krebs durch. Die Ergebnisse fallen je nach Qualität der Studie und Fragestellung unterschiedlich aus.

Zu allen Behauptungen der Zellular Medizin jedoch gibt es hochkarätige Studien, die das Gegenteil belegen oder zumindest die Aussagen erschüttern. Einige wenige Studien sollen hier vorgestellt werden.

Metaanalysen

Zusammenfassende Metastudien eignen sich besonders gut zur Interpretation der Wirksamkeit von Medikamenten und Substanzen, da sie viele Einzelstudien hinsichtlich ihrer wissenschaftlichen Qualität beurteilen und nach Qualität ausgewählte Studien zusammengefasst untersuchen. Die Schlussfolgerungen basieren daher auf sehr großen Patientenzahlen.

Antioxidationsmittel in der Vorbeugung vor Krebserkrankungen des Verdauungstraktes In einem Cochrane Review wurde die Rolle der Einnahme von Antioxidantien (Beta-Carotin, Vitamin A, Vitamin C, Vitamin E und Selen) auf die Entstehung von Tumoren des Verdauungstraktes untersucht [20]. 20 kontrollierte klinische Studien mit insgesamt 211.818 Probanden wurden analysiert. Thema der Metastudie war die Frage ob Antioxidantionsmittel eine heilsame oder negative Auswirkung in der Vorbeugung von Krebserkrankungen des Verdauungstraktes haben. Die Gutachter kommen zu dem Ergebnis, dass es keinen überzeugenden positiven Effekt in der Vorbeugung von Krebserkrankungen gibt, stattdessen erhöhen o. g. Antioxidationsmittel sogar die Sterblichkeitsrate. Lediglich Selen hat eine potenziell positive Wirkung, die aber noch in zukünftigen Studien bestätigt werden muss. Im wesentlichen bestätigt diese Untersuchung die Resultate einer 2004 in Lancet veröffentlichten Meetastudie der Autoren[21].

Antioxidationsmittel in der Vorbeugung vor Lungenkrebs In zwei unabhängigen Cochrane Reviews wurde untersucht, ob Antioxidationsmittel eine vorbeugende Wirkung auf die Entstehungs von Lungenkrebs haben könnte. Ergebnis: Vitamin E und verwandte Stoffen haben keine präventive Wirkung auf Lungenkrebs[22][23]

Unabhängige klinische Studien

Vitamin E in der primären Prävention von kardiovaskulären Krankheiten und Krebs Anhand der Gesundheitsgeschichte von 40.000 gesunden Frauen wurde die Wirkung von Vitamin E (600 I.E. täglich) in der Vorbeugung von kardiovaskulären Krankheiten und Krebs untersucht. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die Einnahme von Vitamin E keinen Einfluss auf das Auftreten von kardiovaskulären Ereignissen oder Krebs hat. Die erhobenen Daten führten zu dem Schluss, dass Vitamin E nicht zur Vorbeugung von kardiovaskulären Erkrankungen oder Krebs empfohlen werden kann [24]·

CARET- und ATBC-Studie Erwähnenswert sind die CARET-Studie [25] sowie die ATBC-Studie [26]. Bei beiden Studien handelt es sich um Doppelblindstudien mit einer Placebo Kontrollgruppe, welche die Auswirkungen von Beta-Carotin- und Retinolgaben bei Rauchern untersuchten.
Die ATBC-Studie ergab bei Männer ein 18% erhöhtes Risiko an Lungenkrebs zu erkranken, sowie eine um 8% gesteigerte Todesrate. Die CARET-Studie musste abgebrochen werden, da hier die Neuerkrankungsrate von Lungenkrebs um 28% stieg und eine 17% höhere Sterblichkeit auftrat.

Vitamine zur Vorbeugung vor Lungenkrebs In einer prospektiven Studie mit 77'000 Teilnehmern konnten nicht nachgewiesen werden, dass erhöhte Gabe von Multivitaminen (Vitamin C, Vitamin E und Folsäure) das Auftreten von Lungenkrebs verhindert [27].

Studien von Matthias Rath

Eine Literaturrecherche in PubMed [28] ergab mehr als 40 Publikationen von Matthias Rath (August 2008). Einige Publikationen beschäftigen sich jedoch nicht mit Vitaminpräparaten. Darüber hinaus existieren ein knappes Dutzend Studien, die nicht in Fachzeitschriften veröffentlicht wurden, sondern lediglich im Internet [29].

Die nach wissenschaftlichen Standard publizierten Studien untersuchen ohne Ausnahme den Einfluss von Vitamin-/Mineralstoffcocktails in Zellkulturen sowie in Tierversuchen (Mäuse, Ratten, Meerschweinchen). Eine klinische Studie aus Indien zur verkürzten Heilung von Tibia Schaftfrakturen wird in einem Journal for Alternative and Complementary Medicine in der Rubrik Briefe an den Herausgeber erwähnt [30], es handelt sich daher nicht um eine publizierte Studie sondern um einen letter to the editor. In der dazugehörigen Internetpublikation von Matthias Rath sieht man Röntgenbilder einer offensichtlich unzureichend versorgten Unterschenkelfraktur [31].

Die von Matthias Rath selbst im Internet veröffentlichten "klinischen Studien" untersuchen zwar den Einfluss von Vitaminpräparaten am Menschen bei verschiedenen Krankheitsbildern. Die Patientenzahl ist in jedem Fall zu gering, um verallgemeinerungsfähige Aussagen abzuleiten. Die Studien sind darüber hinaus nach zweifelhaften Studienprotokollen durchgeführt worden und verletzen existierende Standards für klinische Studien.

Bewertung der Zellular Medizin

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es bisher keine repräsentative Studie von Matthias Rath gibt, die eine Wirkung seiner Vitaminpräparate auf den menschlichen Körper belegen könnte. Bei den wenigen öffentlich gemachten klinischen Versuchen werden Kriterien der guten klinischen Praxis (GCP) und des wissenschaftlichen Arbeitens verletzt. Daher sind Zellular Medizin Studien an Menschen nicht in Journalen veröffentlicht, die an einem wissenschaftlichen Verfahren zur Begutachtung der Qualität teilnehmen (Peer-Review). Die Aussagen zur Wirksamkeit der Zellular Medizin sind daher zweifelhaft und gelten als nicht belegt.

Raths Studien steht eine Reihe von Metastudien mit teils mehr als 200.000 Probanden gegenüber, welche keine positive Wirkung von Vitaminpräparaten in der Vorbeugung und Behandlung bestätigen konnten.

Die Schweizerische Studiengruppe für komplementäre und alternative Methoden bei Krebs (SKAK) und Schweizer Krebsliga (KLS) ist in einer Untersuchung der Studienlage 2004 zu diesem bis heute gültigen Urteil gekommen[32]:

"Nahrungsergänzungsmittel können pharmakodynamische Effekte haben. Bisher liegen allerdings nur wenig Studien vor, die auf einen kausalen Zusammenhang zwischen Mikronährstoffen und Krebserkrankungen hinweisen. Eine krebsheilende Wirkung ist bislang für keine Substanz belegt. Ebenso gibt es keinen Beweis dafür, dass die von Matthias Rath verkauften, teilweise hoch dosierten und teuren Präparate der Krebsvorbeugung dienen, geschweige eine Heilung bei Krebs bewirken. Rath bleibt den Beleg für die Richtigkeit seiner Behauptungen schuldig. Der Nachweis einer Wirkung kann medizinisch-naturwissenschaftlich nicht aufgrund von Analogieschlüssen aus In-vitro-, aus Tier- oder Zellexperimenten erbracht werden. Darüber hinaus fehlt der Nachweis der Unbedenklichkeit der verkauften Präparate. Die SKAK rät deshalb von diesen Präparaten ab."

Offene Forschungsfragen in der Zellular Medizin

Wie dargestellt, gibt es eine Vielzahl von Studien zur Zellular Medizin. Die Art der Studien zeigen eine erhebliche Verzerrung: Viele Studien an Zellkulturen und Labortieren, kaum Studien an Menschen. Nachdem in der Zellular Medizin die wissenschaftlichen Ergebnisse besonders betont werden, gibt es eine Reihe von bisher nicht bearbeiteten Forschungsfragestellungen, auf die zukünftig Antworten eingefordert werden sollten. Wissenschaftliche Fragestellungen, die von den Verfechtern der Zellular Medizin bisher nicht angemessen bearbeitet werden, sind:

Pharmakokinetik

Die angepriesenen Zellular Medizin-Produkte werden geschluckt, durchlaufen dann das Säurebad des Magens und sind den Enzymen und chemischen Prozessen des Dünndarms und der Gallenblasensekrete ausgesetzt. Anschließend müssen die Inhaltsstoffe im Darm erst noch aufgenommen werden und gelangen durch das Pfortadersystem zum Entgiftungsorgan Leber. Im weiteren Verlauf müssen sich die Inhaltsstoffe im Blut auf den Körper verteilen und werden bei jeder Nierenpassage zu einem Prozentsatz aus dem Körper ausgeschieden. Im Körper gibt es viele Gewebe, die in unterschiedlicher Weise die Inhaltsstoffe aufnehmen können. Beispielsweise wird das Gehirn durch die sogenannte Blut-Hirn Schranke wirksam von körperfremden Substanzen geschützt. Die Forschung der Verfechter der ist bisher nicht in der Lage zu erklären welche Inhaltsstoffe sich wann, wo und in welcher Konzentration im Körper verteilen. Damit ist die Wirksamkeit der Therapie absolut in Frage gestellt. Schließlich wird in der behaupteten Wirkweise der Zellular Medizin beispielsweise auf Krebserkrankungen kein Unterschied zwischen einem Knochentumor (Beispiel Osteosarkom, Knochen sind schlecht durchblutet), einem Hirntumor (Beispiel Neuroblastom, Gehirn geschützt durch Blut-Hirn-Schranke) oder Prostatakarzinom [33] gemacht.

Pharmakodynamik

Zwar werden für die Zellular Medizin Wirkprinzipien formuliert und untersucht. Beispielsweise die Hemmung von Kollagenasen in Zellkulturen. Nicht untersucht wird die Übertragbarkeit dieser Prinzipien auf den menschlichen Organismus.

Darüber hinaus wird die Dosis-Wirkungs-Beziehung nicht angemessen dargestellt. Es stellen sich Fragen:

In welcher Dosierung muss ein 50kg schwerer Mensch Präparate schlucken und in welcher Dosierung ein übergewichtiger 150kg schwerer Mensch? In welcher Dosierung ein 20 Jahre alter Jüngling oder ein 90 jähriger Greis?

In einer ganzen Reihe von Tierstudien konnte die hohe, maximal wirksame Dosierung nicht mehr gefüttert werden, sondern wurde mit Magensonden verabreicht ("gavaged"). Wie hoch müssen Zellular Medizin-Präparate oral bei Menschen dosiert werden, um ähnliche Konzentrationen oder Effekte in Körpergeweben von Menschen zu erzielen?

Dosierung von Vitaminen

In Europa werden ein gutes Dutzend Produkte durch "Dr. Rath Health Programs B.V." vertrieben. Die Präparate enthalten Mineralstoffe, Spurenelemente, Aminosäuren und vor allem Vitamine. Im Folgenden wird speziell auf die Vitamingaben eingegangen. Die übliche Tagesdosis eines jeden Präparats wird der Referenzwerttabelle für die Nährstoffzufuhr gegenübergestellt. In dieser Tabelle werden die gemeinsamen Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE), der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung (ÖGE), der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährungsforschung (SGE) sowie der Schweizerischen Vereinigung für Ernährung (SVE) dargestellt. Die empfohlenen Tagesdosen entsprechen dem errechneten Mittelwert für Erwachsene (,)

Vitaminvergleichstabelle.jpg

Aus der Vitamin-Vergleichstabelle wird ersichtlich, dass die durch Matthias Rath empfohlenen Vitamingaben teilweise erheblich über den empfohlenen und wissenschaftlich begründeten Dosierungen der wissenschaftlichen Fachgesellschaften liegen. Dies wirft die bisher beim Menschen nicht angemessen untersuchte Frage auf, welche Nebenwirkungen bei einer dauerhaften Einnahme und Überdosierung dieser Produkte (e.g. Nierensteine durch Vitamin C) existieren.

In Deutschland gelten hoch dosierte Vitaminpräparate als Arzneimittel, die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zugelassen werden müssen, um die Qualität, die Sicherheit und die Wirksamkeit der Präparate zu belegen. Es wurde kein Zulassungsantrag für Präparate aus dem Bereich der Zellular Medizin gestellt (Stand Mai 2008).

Sicherheit von unkontrollierten hochdosierten Vitamingaben

Das Thema Sicherheit der hochdosierten Vitamingabe wird nicht erforscht und dargestellt. Vor dieser Forschungslücke irritiert ein existierender Hinweis auf nicht öffentlich gemachte Versuche an Patienten.

Hinweis auf nicht veröffentlichte klinische Studien

Eine offensichtlich im Mai 2002 gestartete klinische Krebsstudie wurde nicht publiziert[34]; Interview mit A. Niedzwiecki, Zitat S.5:

Frage von Rath International: "Wann wird Epican im Rahmen einer klinischen Studie getestet? Antwort Dr. Niedzwiecki: Im Mai 2002 haben wir in den USA mit unserem ersten klinischen Versuch mit Epican bei Krebspatienten begonnen. Andere Studien sind bereits zur Phase der endgültigen Zulassung gelangt, was kein unproblematischer Prozess ist, da jede alternative (d. h. natürliche) Herangehensweise auf zahlreiche Hindernisse stößt und gründlich geprüft wird, ehe sie in klinische Tests überführt werden kann."

2003 wurde zwar eine "Studie" zur Indikation Arrhythmie veröffentlicht (n=18 Patienten), aber nicht wie zu erwarten für die Indikation Krebs. Diese Angaben schüren daher den Verdacht, dass Ergebnisse aus Experimenten an Menschen in mindestens einem Fall, möglicherweise öfters ("Andere Studien sind bereits zur Phase der endgültigen Zulassung gelangt"), unterschlagen werden.

Natürliche versus synthetische Vitamine

Die Zellular Medizin blendet systematisch das Thema natürliche Vitamine aus. Es stellt sich die Frage, warum natürliche Vitamine nicht ebenso wirksam sein sollten, wie synthetische Tablettenkuren.

Erscheinungsbild und Schutzmarke "Zellular Medizin"

Der Begriff "Zellular Medizin" ist seit 1999 eine eingetragene Schutzmarke und wird bei der Weltorganisation_für_geistiges_Eigentum unter der Nummer 722628 gelistet. Als Halter der Marke ist Matthias_Rath eingetragen [35]. Die Waren oder Dienstleistungen der eingetragenen Marke sind wie folgt angegeben:

  • Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse
  • Vitamine und Mineralien für medizinische Zwecke
  • Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke, hauptsächlich bestehend aus Vitaminen, Aminosäuren, Mineralien und Spurenelementen
  • diätetische Erzeugnisse für nichtmedizinische Zwecke, nämlich Aminosäuren und Spurenelmente
  • Druckereierzeugnisse
  • Ausbildung im Bereich der Gesundheitsvorsorge und Nahrungsergänzung
  • Beratung im Bereich der Gesundheitsvorsorge und Nahrungsergänzung

AGFG

Mit der AGFG existiert eine politische Kleinpartei, die von der Dr. Rath Foundation initiiert wurde. Unter anderem vertritt die Partei Botschaften der Zellular Medizin und ist bereits mehrfach zu Landes- und Bundeswahlen angetreten.

Dr. Rath Foundation

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2002 wurde die Dr. Rath Health Foundation, eine angeblich gemeinnützige Stiftung gegründet [36]. Sie proklamiert:"Das von Dr. Rath gegründete Gesundheitsunternehmen ist weltweit einzigartig: alle Gewinne fließen in eine gemeinnützige Stiftung." Es werden allerdings nur Teile der Satzung veröffentlicht.

Daher bleibt beispielsweise unklar, warum die gemeinnützige Stiftung Forschung zur Zellular Medizin finanziert, die wirtschaftliche Verwertung der Forschungsergebnisse etwa in Form von Patentrechten aber Einzelpersonen zugesprochen wird.

Patente im Zusammenhang mit der "Zellular Medizin"

Eine Vielzahl von Patenten wurde im Rahmen der Zellular Medizin auf Matthias Rath und andere Einzelpersonen eingetragen [37].

Ausbildung "Berater für Zellular Medizin"

Die Schulung zum "Berater für Zellular Medizin" ist ein Schulungsangebot der von Matthias Rath gegründeten "Gesundheits-Akademie Wittenberg". Die Ausbildung gliedert sich in drei, aufeinander aufbauende, teilweise kostenpflichtige Kurse. Vermittelt werden Inhalte der Zellular Medizin nach Matthias Rath [38].

International Society for Cellular Medicine

Mit der International Society for Cellular Medicine existiert eine angebliche wissenschaftliche Fachgesellschaft zu Zellular Medizin mit einer Kontaktanschrift in Berlin [39].

Verschwörungstheorien dürfen natürlich nicht fehlen

Im Zusammenhang mit der Zellular Medizin wird regelmäßig, auch in Form von Öffentlichkeitskampagnen behauptet, dass ein Erfolg der Zellular Medizin für mehr Gesundheit in der Bevölkerung durch eine Vielzahl konkurrierender Organisationen auf skandalöse Weise verhindert wird. Angegriffen werden vor allem das angebliche "Pharmakartell", aber auch die evangelische Kirche, die Europäische Gemeinschaft, Wissenschaftler mit kritischen Meinungen, politische Parteien und Politiker [40].

Quellennachweise

  1. Definition der Orthomolekularen Medizin nach Pauling: "We believe that a significant improvement in health and a decrease in the age-specific morbidity and mortality from various diseases can be achieved by varying the concentrations in the body of the molecules that are normally present, many of which are required for life. The corresponding field is described as “orthomolecular medicine.”" (Techniques of Orthomolecular Diagnosis von Arthur B.Robinson / Linus Pauling (1974) [1]
  2. Matthias Rath, End Aids, Kapitel 14, S. 271
  3. Dr. Rath Gesunheitsallianz, Grundkurs Zellular Medizin (Stand: August 2008), Folie 22

Weblinks


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