Antioxidantien

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Antioxidantien (Mehrzahl von Antioxidans) sind Moleküle, die in der Lage sind, am Wirkort eine Oxidation (als Teil einer Redoxreaktion) zu verhindern oder zu hemmen. Häufig soll durch Antioxidantien eine Reaktion mit Sauerstoff behindert werden.

Es sind zahlreiche Substanzen mit antioxidativen Effekten bekannt und auch Pflanzen bzw. pflanzliche Lebensmittel, die einen hohen Gehalt an natürlich vorkommenden Antioxidantien aufweisen.

Antioxidantien spielen eine Rolle in der Kunststoff-, Kosmetik- und Lebensmittelindustrie und werden im Gesundheits- und Wellness-Sektor eingesetzt.

Freie Radikale

Freie Radikale sind bestimmte reaktive Substanzen, die im menschlichen Körper fortlaufend gebildet werden. Die Konzentrationen von freien Radikalen können in bestimmten Situationen ansteigen. Dazu gehören Entzündungen, aber die Ausübung von Sport führt zu einer Konzentrationssteigerung von freien Radikalen. Erhöhte Produktion von freien Radikalen wird auch "oxidativer Stress" genannt.

Freie Radikale scheinen in gewissem Maße die Erkrankungshäufigkeit und Sterblichkeit für Erkrankungen wie Arteriosklerose und Krebserkrankungen zu erhöhen, sie haben jedoch auch gleichzeitig protektive Eigenschaften, da sie antimikrobiell wirken und für einige Stoffwechselreaktionen benötigt werden.[1]

Antioxidantien

Antioxidantien sind Moleküle, die freie Radikale durch eine chemische Reaktion in einen stabilen Zustand versetzen. Natürlich vorkommende Antioxidantien sind u.a. in Knoblauch, Blaubeeren, Kohl, Brokkoli, Süßholz, Ingwer, Tee, Kaffee, Kerbel, Petersilie, Zwiebel, Zitrusfrüchten, Leinsamen, Vollreis, Tomaten, Traubenkernöl, Rosmarin, Minze, Gurke, Spargel, Basilikum und Kakao enthalten. Antioxidantien sind auch ein wichtiger Bestandteil der menschlichen Muttermilch; sie wirken im Organismus des Babys als Radikalfänger. Bekannt ist auch das aus roten Weintrauben gewonnene Resveratrol.

Wirksame Antioxidanten liegen als Vitamin vor (Beispiele Vitamin E und C). Weitere Antioxidantien können auch Hormone sein wie das Melatonin. Typische Antioxidantien sind beispielsweise die oligomeren Proanthocyanidine, kurz OPC, die aus Traubenkernextrakten gewonnen werden und einer der Renner auf dem Nahrungsergänzungsmittelmarkt sind. Bekannte Antioxidantien sind Lycopin, reduziertes Glutathion, Gallate, Lecithin und Milchsäure. Antioxidative Potenz wird auch den Phenolen im Rotwein zugesprochen. Zwei Teelöffel echten Kakaopulvers, gelöst in heißem Wasser, enthalten aber doppelt so viele Antioxidantien wie Rotwein.

Einige Antioxidantien haben einen konzentrationsabhängigen Effekt und bei zu großer Konzentration können prooxidative, also oxidationsfördernde Effekte auftreten.

Die Gabe von Antioxidantien kann bei bestimmten Patientengruppen mit eindeutig nachgewiesenem erhöhtem Vorkommen freier Radikale sinnvoll sein, beispielsweise bei schwerkranken Patienten auf einer Intensivstation.[2][3] Aktuell (2012) liegt keine wissenschaftliche Studie vor, die belegt, dass die systematische Einnahme von Antioxidantien bei asymptomatischen Patienten einen Überlebensvorteil erbringt. Dagegen gibt jedoch es Evidenz dafür, dass die Einnahme bestimmter Antioxidantien mit einer erhöhten Letalität (Sterblichkeit) assoziiert ist.[4]

Antioxidantien in der Lebensmitteltechnik

Oxidationen spielen in der Lebensmittelwirtschaft eine große Rolle. Ein typisches Beispiel einer unerwünschten Oxidation ist im Lebensmittelbereich die Bildung ranziger Butter. Daher spielen Antioxidantien im Lebensmittelbereich als Additive oder Lebensmittelzusatzstoffe eine große Rolle.

Antioxidantien und menschliche Gesundheit

Aber auch in biologischen Systemen wie dem menschlichen Organismus spielen Oxidationsprozesse eine Rolle. Da bei Oxidationsprozessen unter Mitwirkung von Sauerstoff häufig sehr reaktionsfreudige Zwischenprodukte entstehen können, die als Freie Radikale bezeichnet werden, denen eine schädliche Wirkung zukommt, sind Überlegungen bekannt, Antioxidantien auch zu gesundheitsfördernden Aufgaben als Radikalfänger (engl. scavenger) einzusetzen. Typische Erkrankungen, bei denen eine Einwirkung freier Radikale diskutiert wird oder bekannt ist, sind:

  • Arteriosklerose
  • Grauer Star
  • Krebs

Da Oxidationen auch im Rahmen von entsprechenden wissenschaftlichen Hypothesen (genauer: Abnutzungshypothesen des Alterns) neben den genetischen Ursachen auch beim Alterungsprozess des Menschen eine Rolle spielen, werden Antioxidantien gerne als Nahrungsergänzungsmittel zu einem beabsichtigten Anti Aging eingesetzt. Derartige Mittel sollen also Folgen des Alters mildern, und wenn man einigen Anbietern von Antioxidantien glauben mag, soll damit auch das Altern hinausgeschoben oder sogar die Lebenserwartung erhöht werden.

Da bekanntermaßen auch reaktive Freie Radikale eine Rolle bei den ersten Phasen der Krebsentstehung (Promotion) spielen, sind entsprechende Produkte zur Krebsprävention auf dem Markt. Auf eine bereits bestehende Krebserkrankung haben aber Antioxidantien höchstens einen geringen Einfluß. Antioxidantien können jedoch bei Krebs auch eine tumorfördernde Wirkung haben und eine wirksame Therapie behindern, da bei der Behandlung von Tumoren gerade freie Radikale entstehen sollen, um die Tumorzellen abzutöten. Antioxidantien verringern deshalb den Heilungserfolg mancher Krebstherapien. Freie Radikale sind jedoch nicht nur schädliche Stoffwechselprodukte. Sie dienen auch der Immunabwehr, denn Leukozyten und Makrophagen machen sich ihre bakterizide Wirkung zunutze: Sie produzieren freie Radikale und zerstören damit Bakterien und andere Fremdstoffe. Außerdem spielen freie Radikale vermutlich über die Vermittlung der Apoptose eine Rolle in der körpereigenen Tumorsuppression.

Studienlage

1993 veröffentlichte das New England Journal of Medicine zwei epidemiologische Studien, die herausfanden, dass bei Personen, die Vitamin E-Präparate nahmen, weniger durch Herzkrankheiten bedingte Todesfälle vorkamen. Diese Studien belegten nicht, dass es von Nutzen ist, Vitamin E einzunehmen, da sie nicht die von Unterschieden in der Lebensführung herrührenden Effekte ausschlossen oder durch andere Krankheiten bedingte Todesfälle in Betracht zogen. Außerdem gab es bei anderen Studien widersprüchliche Ergebnisse. Vitamin K kann sich zudem auch negativ auswirken, da es die Gerinnungsfähigkeit des Blutes erhöht.

Die zweite Studie fand keinen Hinweis, dass die Gabe von Vitamin C, Vitamin E oder Beta-Carotin kolorektalen Krebs verhindert. Die dritte Studie, die 20.000 Ärzte 12 Jahre lang begleitete, fand keinen Unterschied im Auftreten von Krebs- oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen zwischen Anwendern und Nichtanwendern von Beta-Carotin.

Die vierte Studie, die eine Kombination aus Beta-Carotin und Vitamin A testete, wurde nach vier Jahren abgebrochen, weil es den Anschein hatte, dass die Gruppe derjenigen, die die Präparate einnahmen und rauchten, eine um 28% höhere Lungenkrebsrate und insgesamt eine um 17% erhöhte Sterberate aufwiesen. Eine weitere klinische Doppelblindstudie ergab, dass die Einnahme hoher Dosen der Vitamine C, E und Beta-Carotin das Risiko des Wiederverschließens der Arterien nach einer Ballonkatheterbehandlung am Herzen nicht reduzierte. Die Patienten nahmen entweder ein cholesterinsenkendes Medikament, das Medikament und drei Antioxidantien, die drei Antioxidantien allein oder Placebo. Mehr als 200 Patienten schlossen die Studie ab. Alle Patienten erhielten Aspirin, von dem bekannt ist, dass es das Wiederverschließen der Arterien vermindert.

Zudem wurde festgestellt, dass das Einstellen des Rauchens und andere Veränderungen der Lebensführung einen weit größeren Effekt auf die Rate von Lungenkrebs und koronaren Herzkrankheiten haben als die Einnahme von Antioxidantien. Im Ergebnis dessen ist festzustellen, dass:

  • der Nutzen der Einnahme von hohen Dosen Vitamin E nicht erwiesen ist
  • keine Beweise vorliegen, dass die Einnahme von Vitamin C-Präparaten irgendeine Krankheit verhindert
  • Beta-Carotin-Präparate aufgrund der bestehenden Risiken zu meiden sind.

Es ist zudem nicht erwiesen, dass die Einnahme von Antioxidantien mehr Nutzen als Schaden bringt. Krebspatienten wird von der Einnahme sogar abgeraten, da bei der Behandlung von Tumoren freie Radikale entstehen sollen, um die Tumorzellen abzutöten. Antioxidantien verringern deshalb den Heilungserfolg mancher Krebstherapien.[5]

Messung von freien Radikalen bei Gesunden

FRAS-Testgerät

Zur Prävention von zukünftigen KRankheiten werden oftmals Messungen freier Radikale als von Patienten selbst zu zahlenden Test (als IGeL-Leistung) angeboten. Die Messung freier Radikale verspricht bei Gesunden keinen nachweisbaren Nutzen. Abgesehen von der Einhaltung allgemeiner Maßregeln einer gesunder Lebensführung gibt es keine spezifische Therapie, die einen "oxidativen Stress" bei ansonsten gesunden Menschen verhindern bzw. ihm vorbeugen könnte.[6]

Aufgrund der extrem kurzen Halbwertszeit ist es nahezu unmöglich, die gemeinten freien Radikale direkt im Blut nachzuweisen.[7] Die Messung freier Radikale erfolgt daher indirekt über eine Bestimmung der Konzentration von Substanzen, die mutmaßlich durch freie Radikale verändert wurden, z.B. von Antioxidantien. Auch gibt es Blut-Test, die die Fähigkeit zur "Entgiftung" zugegebener Radikalbildner untersucht.

Messverfahren:

  1. Messung von Substanzen, die durch Radikale verändert werden. Dazu zählt der Malondialdehyd (MDA) - Test
  2. Messung des Spiegels bestimmter Antioxidantien. Dazu zählen Bestimmungen von oxidierte LDL-Antikörpern, 8-Hydroxy-2-Desoxyguanosin Tests, Alpha-Tocopherol (Vitamin E) - Test, Ascorbinsäure (Vitamin C) - Tests, Beta-Carotin Test, Selen Test und Zink Test
  3. Ein antioxidativer Belastungstest ist der FRAS (Ferric reducing antioxidant system), der auch versuchsweise zur Bestimmung einer so genannten Elektrosensibilität verwandt wird. Ein weiterer Test aus diesem Bereich ist die in der orthomolekularen Medizin und Alternativmedizin eingesetzte Redox-Serumanalyse nach Heinrich. Aber: eine demonstrierte herabgesetzte antioxidative Kapazität bedeutet nicht unbedingt oxidativen Stress, da antioxidative Schutzmechanismen auch an die im Körper vorliegenden Konzentrationen freier Radikale angepasst und somit bei Bedarf herunterreguliert werden können.

Weblinks

Literatur

  • Michael Ristow et. al.: Antioxidants prevent health-promoting effects of physical exercise in humans. PNAS published online before print May 11, 2009, doi:10.1073/pnas.0903485106 [1]
  • Goran Bjelakovic: Mortality in Randomized Trials of Antioxidant Supplements for Primary and Secondary Prevention, in: JAMA, Vol. 297 No. 8, February 28, 2007 [2]
  • Heinen, Nike: Die Mär von den schützenden Vitaminpillen, Die Welt, 11.5.2009 [3]
  • at-telegramm: Artikel "Prävention mit Antioxidanzien: Schaden überwiegt". Arznei-Telegramm, 12/08 [4]

Weblinks

Quellenverzeichnis

  1. Kohen R , Nyska A . Oxidation of biological systems: oxidative stress phenomena, antioxidants, redox reactions, and methods for their quantification. Toxicol Pathol 2002 ; 6 : 620 – 650
  2. Manhart N . Der Einsatz von Antioxidantien beim Intensivpatienten. Chirurgische Gastroenterologie 2004 ; 20 : 216 – 222
  3. Roth E , Manhart N , Wessner B . Assessing the antioxidative status in critically ill patients . Curr Opin Clin Nutr Metab Care 2004 ; 2 : 161 – 168
  4. Strametz R et al., IGeL kritisch betrachtet: Messung freier Radikale, Z Allg Med 2008; 84: 399– 403
  5. http://www.internisten-im-netz.de/de_news_6_0_386_antioxidanzien-k-nnen-krebs-patienten-schaden.html
  6. Strametz R et al., IGeL kritisch betrachtet: Messung freier Radikale, Z Allg Med 2008; 84: 399– 403
  7. Sies H . Strategies of antioxidant defense. Eur J Biochem 1993 ; 215 :213 – 219