Ölziehen

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Als Ölziehen (Ölziehen nach Karach oder Arachid-Kur, auch Ölschlürfen, Ölsaugen oder Ölkauen) wird ein Verfahren zur so genannten Entschlackung bzw. "Entgiftung" von angenommenen Giften genannt, bei dem der Anwender pflanzliche Öle zur Mundspülung einsetzt.

Seit Beginn der 1990er Jahre hat sich in esoterisch orientierten Naturheilkundekreisen ein Verfahren etabliert, das einem angeblichen Arzt und Onkologen aus der Ukraine, Fedor Karach, zugeschrieben wird. Dieser soll sie Arachid-Kur genannt haben.

So funktioniert die Wunderkur

Die Kur soll mit kaltgepresstem Sonnenblumen-, Erdnuss- oder Distelöl aus dem Reformhaus durchgeführt werden. Allmorgendlich nimmt man vor dem Frühstück 1 Esslöffel in den Mund und saugt bzw. spült damit durch die Zähne. Die Flüssigkeit wird gut eingespeichelt, der Saft quasi gekaut. Zunächst werde das anfänglich dickflüssige Öl im Verlauf von 15-20 Minuten dünnflüssig, schließlich schaumig-weißlich. In diesem Zustand soll man es ausspucken und nicht herunterschlucken. Die Zähne sollten dann gebürstet oder mit reinem Alkohol gereinigt werden. Der Prozess soll bis zu dreimal täglich wiederholt werden können.

Propagiertes Anwendungsfeld

Anhänger dieser Methode behaupten, damit alle möglichen Krankheiten heilen zu können. Angeblich soll Dr. Karach Kopfschmerzen, Bronchitis, Zahnschmerzen, Thrombosen, chronische Bluterkrankungen, Arthrose, Paralyse, Ekzeme, Magengeschwüre, Darmerkrankungen, Herz- und Nierenleiden, Gehirnhautentzündung und Frauenkrankheiten vollkommen geheilt haben. Tumorneubildungen sollen verhindert werden und bestehende Tumoren ausheilen. Dies fußt auf der Behauptung, dass Karach sich selbst von einer Blutkrankheit, die jedoch nicht genau beschrieben ist, mit Ölziehen geheilt haben soll.

Einige Befürworter sprechen in typisch esoterisch-pseudomedizinischer Weise auch von "Frequenzen", die beim Ölziehen entstehen und über die Zähne in den Körper übertragen werden sollen, um dort positive Effekte hervorzurufen. Die Frequenz hänge von der Ölsorte ab; für Sonnenblumenöl wird z.B. ein Wert von 30 kHz genannt. Was dabei konkret entstehen und in den Körper gelangen soll, bleibt allerdings unerwähnt.

Ein Wunderdoktor, den man nicht findet?

Zwar wird behauptet, ein Dr. Fedor Karach habe vor der Akademie der Wissenschaften der UdSSR ein angeblich viel beachtetes Referat gehalten, es sind im medizinischen Schrifttum und wissenschaftlichen Datenbanken aber keinerlei wissenschaftliche Publikationen eines aus der Ukraine stammenden Dr. Fedor Karach zu finden. Dies gibt Anlaß zu vermuten, dass ein pseudowissenschaftliches Kunstprodukt zur Absatzförderung bestimmter kaltgepresster Öle generiert wurde. Ein unbekannter Arzt, der sich selbst und andere geheilt haben will, aber offenbar nicht in der Öffentlichkeit erkennbar aufgetreten ist, wird als Schöpfer des Verfahrens postuliert. Eine einschlägige Multi-Level-Marketing-Szene hängt sich dann an diese Geschichte.

Dabei wird Dr. Karach mit folgenden Worten zitiert: "Mit der Ölkur habe ich meine chronische Blutkrankheit, an der ich 15 Jahre leiden musste, ausgeheilt. Auch bei einer akuten Arthroseerkrankung mit notwendigem Bettaufenthalt wurde ich dadurch nach 3 Tagen wieder gesund." Diese Behauptungen sind deswegen unglaubwürdig, weil eine Gelenksarthrose den Zustand des vollständigen Verlustes von Gelenkknorpelüberzug im jeweiligen Gelenk umschreibt. Bis heute gibt es keine Methode, einmal verloren gegangen Knorpel wieder aufzubauen, geschweige denn, dies innerhalb von 3 Tagen mit Ölspülungen des Mundes zu erreichen. Wenn diese Arthroseerkrankung vom angeblichen Dr. Karach korrekt beschrieben worden sein soll, mag er seine Wunderheilung mit einem schlichten Röntgenbild des entsprechenden Gelenks vor und nach seiner Wunderkur belegen. Auf einem hochqualitativen Röntgenbild kann man das Fehlen oder Vorhandensein von Gelenkknorpel ohne Probleme erkennen.

Ölziehen: ein drittklassiger Marketing-Gag

Die Veränderungen der Konsistenz und Farbe des Öls im Mund ist auf die enzymatische Aktivität des Speichels zurückzuführen. Je wärmer ein Öl wird (und im Mund ist es ca. 37 Grad Celsius warm), desto leichtflüssiger wird es. Da sich im Speichel auch fettspaltende Enzyme befinden, wird das Öl bereits angedaut, bevor es in den Magen-Darm-Trakt gelangt. Durch eifriges Spülen und Saugen wird der Prozess beschleunigt.

Die Behauptung, das Öl entziehe dem Organismus Gifte oder Schlacken, entspringt der mittelalterlichen Denkwelt der Galen'schen Humoralpathologie (bzw. Säftepathologie) und stimmt nicht mit wissenschaftlichen Erkenntnissen überein. Schlacken gibt es im Organismus nicht und Gifte werden nicht durch die Mundschleimhaut oder die Zähne, sondern primär durch die Nieren in den Harn oder über die Leber in Form konjugierter Gallensäuren in den Stuhl entsorgt. Deshalb ist die Warnung, man dürfe das gespülte Öl auf keinen Fall schlucken, da es hochgiftig sei, eher erheiternd: auch ein Labor wird im Öl-Speichel-Gemisch keine Gifte finden.


Dieser Text ist ganz oder teilweise von Paralex übernommen