Matthias Rath

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Matthias Rath
typische Propaganda

Matthias Rath (geb. 1955 in Stuttgart) ist ein umstrittener deutscher Arzt und Wunderheiler. Er gilt als Erfinder der so genannten Zellularmedizin, die Heilversprechen bei schweren Erkrankungen wie Krebs und AIDS macht.

In Europa tritt Rath als Verkäufer entsprechender Produkte ("Mikronährstoffe" oder Vitamine) auf, die er auf Grund der gesetzlichen Lage von Holland aus vermarktet. (siehe auch: Dr. Hittich Gesundheitsmittel)

Rath hat mit millionenschweren Anzeigekampagnen versucht, sich als Weltretter und von der Pharmaindustrie (zu der er mit seinen Produkten letztlich genauso gehört) Unterdrückter darzustellen. Seine Produkte dürfen in Deutschland teilweise tatsächlich nicht verkauft werden, da in manchen Fällen die erlaubten Grenzwerte für in Lebensmitteln zugelassene Vitamine drastisch überschritten wurden. Sie gelten damit nicht mehr als Nahrungsergänzungsmittel (Lebensmittel), sondern Arzneimittel und unterliegen einer Zulassung mit eintsprechenden Wirksamkeitsstudien. Diese konnten nicht erbracht werden.

In Südafrika war Rath mehrmals mit dem Gesetz in Konflikt gekommen, da er HIV/AIDS-Kranke von einer antiretroviralen Therapie abriet und stattdessen seine eigene Zellularmedizin anpries

Überblick Zellularmedizin

Das von Rath propagierte Heilverfahren der Zellularmedizin hat sich in wissenschaftlichen Studien als wirkungslos gezeigt. In Industrieländern wie Deutschland ist ein behandlungsbedürftiger Vitaminmangel sehr selten und müsste nachgewiesen sein, um die Substitution tatsächlich fehlender Vitamine durch vitaminhaltige Mittel zu rechtfertigen. Zuviel zugeführte Vitamine können erhebliche unerwünschte Wirkungen bewirken. Dies ist insbesondere bei den fettlöslichen Vitaminen der Fall.

Die Zellularmedizin kann als eine Rath'sche Interpretation der orthomolekularen Medizin (OM), die auf Linus Pauling zurückgeht, verstanden werden.

Pauling selbst wurde wegen übertriebener Behauptungen kritisiert.[1] Raths Versuche seinen eigenen weit übertriebenen Behauptungen wissenschaftlichen Anstrich zu verleihen, werden dadurch behindert, dass nicht einmal Paulings Arbeiten sie stützen.


Der Fall Dominik Feld

Rath mit Dominik Feld
Werbekampagne

Aufmerksamkeit erlangte der Fall des Jungen Dominik Feld, der an einem metastasierenden Knochenkrebs erkrankt war, und trotz Zellularmedizin-Therapie verstarb. Rath hatte den krebskranken neunjährigen Dominik Feld monatelang auf seinen Veranstaltungen als Werbeträger für die Wirksamkeit seiner Vitaminpillen vorgeführt und ihn als geheilt bezeichnet.[2] Die Eltern, die auch jetzt noch an Rath glauben, hatten im Mai 2003 eine Chemotherapie ihres Sohnes abgebrochen, weil sie sich von Raths Präparaten bessere Heilungschancen erhofften. Die Eltern begannen den Jungen mit einer Mikro-Nährstoffkombination zu behandeln, die zusammengefasst als die Vitaminpräparate des Dr. Rath bekannt sind. Die Eltern brachten den Jungen im September 2004 schließlich in eine Alternativmedizinklinik im mexikanischen Tijuana, die nach Raths Methoden behandelt. Dort starb Dominik am 1. November 2004. Sofort schaltete Rath großflächige Anzeigen mit der Behauptung, Dominik sei nicht an Krebs, sondern an Herzversagen und ärztlichen Kunstfehlern – dem "Pfusch der Schulmedizin" – gestorben. Bei der Obduktion der Leiche wurde allerdings ein großer Tumor in der Brust festgestellt, der auf Lunge und Herz gedrückt hat.[3][4][5]

Zum Tode von Dominik schrieb Rath: "Jetzt bist du endlich frei, Dominik! Hier auf der Erde warst du gefangen, festgehalten auf einer Insel der Krebskranken. Wie Millionen Krebspatienten mit dir warst du angekettet an die Fesseln der Chemo-Medizin."[6]

Rath und AIDS

Demo gegen Rath in Südafrika
RathSpiegel45-2005.jpg

In Südafrika mussten sich Rath und dessen Stiftung vor Gericht verantworten, nachdem er den AIDS-Kranken des Landes falsche Hoffnungen machte, ihnen von einer antiretroviralen Therapie abriet und stattdessen seine eigene Zellularmedizin anpries. Rath wurde ebenfalls vorgeworfen, illegal Versuche an Patienten betrieben zu haben [7]. Die Versuche widersprächen südafrikanischem Recht, erklärten Richter in einem Gerichtsverfahren "TAC gegen Rath" am 13. Juni 2008 in Kapstadt. Zudem wurde Rath untersagt, seine Multivitaminprodukte als gegen HIV/AIDS wirksam zu bewerben.[8][9]

Im März 2006 wurde Rath wegen falscher Aussagen über die NRO TAC, Treatment Action Campaign, in Kapstadt verurteilt.[10]

Bei der Eröffnung der Internationalen AIDS-Impfkonferenz 2008 in Kapstadt hat die neue südafrikanische Gesundheitsministerin Barbara Hogan keine Zweifel daran gelassen, dass AIDS durch das HI-Virus ausgelöst wird und mit evidenzbasierter Medizin bekämpft werden muss.[11] In Südafrika sollen täglich etwa 1.000 Menschen an AIDS sterben. Hogan versprach zudem, dafür Sorge zu tragen, dass Behandlungen von HIV-Infizierten mit Vitaminkuren unterbunden werden. Dies bezieht sich unter anderem auf die Geschäftsaktivitäten von Rath, der seit mehreren Jahren Werbekampagnen für seine Vitaminbehandlungen in Südafrika durchführt. Bereits 2005 hatten WHO und UNICEF vor dieser Methode zur Behandlung von AIDS gewarnt.[12][13][14]

Die neue südafrikanische Gesundheitspolitik beendet damit eine zehnjährige Phase der HIV/AIDS-Leugnung, die vor allem vom ehemaligen Präsidenten Thabo Mbeki und dessen Gesundheitsministerin Manto Tshabalala-Msimang gestützt wurde.[15][16] Tshabalala-Msimang war unter dem Spitznamen "Dr. Knoblauch" bekannt, weil sie die Behandlung von AIDS-Kranken mit Knoblauch, Rote Beete oder Olivenöl anstelle antiviraler Medikamente propagierte.[17] Der neue südafrikanische Präsident Kgalema Motlanthe hatte Tshabalala-Msimang ihres Amtes enthoben und auf einen weniger wichtigen Posten im Kabinett versetzt. Dies war von AIDS-Aktivisten mit einer spontanen Party vor dem Parlamentsgebäude gefeiert worden. Tshabalala-Msimang wurde beschuldigt, für den Tod hunderttausender AIDS-Kranker verantwortlich zu sein.

Die Folgen: Der Ablehnung effektiver AIDS-Therapien in Südafrika war verantwortlich für den vermeidbaren Tod von 330.000 südafrikanischen AIDS-Kranken im Zeitraum 2000 bis 2005.[18][19] Hinzu kommen nach einer Studie im Journal of Acquired Immune Deficiency Syndromes noch 35.000 HIV-infizierte Neugeborene, denen eine Prophylaxe mit Nevirapin vorenthalten wurde.[20] Das Angebot der Pharmafirma Boehringer Ingelheim im Jahr 2000, über fünf Jahre das HIV-Medikament Nevirapin zur Prophylaxe der Mutter-Kind-Übertragung kostenlos zur Verfügung zu stellen, wurde dagegen dankend abgelehnt. Nur zwei Pilotprojekte wurden genehmigt. Auch die Spenden des Global Fund to Fight AIDS, Tuberculosis, and Malaria für die Provinz KwaZulu Natal wurden über mehr als ein Jahr blockiert, berichtet Pride Chigwedere, der vor seiner Tätigkeit an der Harvard School of Public Health in Boston als Arzt HIV-Patienten in Simbabwe behandelt hatte.

Inzwischen wurde eine Rath-Pillenlieferung von 1.000 Kilogramm nach Südafrika beschlagnahmt und ein Strafverfahren eingeleitet.[21]

Politisches Engagement

Aus der Dr. Rath Health Foundation ging im Juni 2005 in Deutschland die Kleinpartei Allianz für Gesundheit, Frieden und soziale Gerechtigkeit (AGFG) hervor, die von Raths PR-Manager Lutz Kliche geleitet wird und deren stellvertretender Vorsitzender Rath anfangs war.

Kernstück des Parteiprogramms sind Hypothesen der Zellularmedizin, verbunden mit den weit reichenden Verschwörungstheorien Raths. So sieht Rath zum Beispiel in der Nicht-Zulassung seiner Präparate den Beweis einer so genannten "Pharma-Diktatur", welche weltweit Politiker und Wissenschaftler kontrolliere und im Hintergrund die Fäden ziehe. Auf seiner Website und in Broschüren behauptet Rath, das Pharmakartell habe "den Gesundheits- und Lebensinteressen der gesamten Menschheit den Krieg" erklärt. Rath unterstellt weiterhin, dass "Vitamine und andere Naturheilverfahren aus Profitgier bekämpft und verleumdet" werden, um mit "unwirksamen Medikamenten", welche in erster Linie Symptome bekämpfen, auf Kosten der Verbraucher weiter Geld zu verdienen. Als angebliche Beweise führte er Auszüge aus Fachartikeln, Broschüren und Pressemeldungen an. Diese aggressive Taktik wurde Rath 1998 durch einen Gerichtsbeschluss verboten. In der Begründung des Landgerichts Berlin heißt es: "Bei der Broschüre handelt es sich um ein Konglomerat von Tatsachenverdrehungen, Anschwärzungen und schlichten Unwahrheiten. Sie ist in toto auf Manipulation und Täuschung angelegt." In der seit 2006 laufenden Aktion der Partei AGFG warnt Rath sogar vor einem unmittelbar bevorstehenden Atomkrieg, der zum Ziel habe, eine "Pharma-Diktatur" zu etablieren.

Peinlicher Holocaust-Vergleich: In einem Text der AGFG bezieht sich Rath in einem Vortrag "Auschwitz wird zum Wendepunkt der Geschichte" auf einen Besuch des Konzentrationslagers Auschwitz und stellt einen Vergleich zu einem "Pharma-Völkermord" an: "Auschwitz ist nicht in der Vergangenheit abgeschlossen. Es dauert noch an. [...] Die grausamen Ereignisse in Auschwitz waren und sind nur ein Teil des größeren Zusammenhangs des weltweiten Pharma-Völkermordes!"[22]

Im Jahre 2009 versuchte Rath auch den irischen Volksentscheid zu einem neuen EU-Vertrag beeinflussen. In verbreiteten sechseitigen Heftchen warnte Rath die Iren davor "Yes" zu wählen, da dies zu einer Militarisierung und einem Orwell Polizeistaat Irland führe. Europa wäre zudem auf dem Wege durch Öl- und Pharmakartelle kontrolliert zu werden. Eigene Aktivitäten sah der Vitamin-Millionär und Pharmaunternehmer als die einer non-profit organisation dedicated to improving human health through research, education and the defence of patients’ rights to choose natural health therapies.[23]

Zitate

  • ARV-Medikamente sind hochgiftige Chemo-Keulen, die die Körperzellen schädigen, vor allem die Zellen des Immunsystems. Deshalb verschlimmert die Einnahme von ARV-Präparaten die bestehende Immunschwäche von AIDS-Patienten noch weiter. [24] (ARV: antiretrovirale Mittel)

Anderssprachige Esowatch-Artikel

Weblinks


Quellennachweise

  1. Barrett, SJ (2001-05-05). "The dark side of Linus Pauling's legacy, Quackwatch
  2. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-36625928.html
  3. German News on "Der Fall Dominik"
  4. Wikinews on Dominik Felds death
  5. German Ärzteblatt on Dominik Feld
  6. German newspaper on Dominik Feld and the investigation against Rath
  7. http://www.health-e.org.za/news/article.php?uid=20031294
  8. http://www.brot-fuer-die-welt.de/downloads/fachinformationen/hintergrundpapier_rath-tac.pdf
  9. Zusammenfassung Urteile gegen Rath
  10. Treatment Action Campaign vs. Rath
  11. http://www.timeslive.co.za/thetimes/article29163.ece
  12. http://data.unaids.org/Media/Press-Statements01/ps_rath_30mar05_en.pdf
  13. http://data.unaids.org/Media/Press-Releases03/pr_rath_11may05_en.pdf
  14. http://web.archive.org/web/20071020134733/http://www.gwup.org/aktuell/news.php?aktion=detail&id=271
  15. http://de.wikipedia.org/wiki/Thabo_Mbeki#Haltung_zu_AIDS
  16. http://www.guardian.co.uk/commentisfree/2008/dec/17/mbeki-south-africa-aids
  17. http://www.sueddeutsche.de/politik/947/311867/text/
  18. http://www.hsph.harvard.edu/news/press-releases/2008-releases/researchers-estimate-lives-lost-delay-arv-drug-use-hivaids-south-africa.html
  19. http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=34133
  20. Pride Chigwedere, George R Seage III, Sofia Gruskin, Tun-Hou Lee, Estimating the Lost Benefits of Antiretroviral Drug Use in South Africa.JAIDS 2008 doi: 10.1097/QAI.0b013e31818a6cd5 Online: http://image.guardian.co.uk/sys-files/Guardian/documents/2008/11/26/harvard-universityreport.pdf
  21. http://oraclesyndicate.twoday.net/stories/5594456/
  22. http://web.archive.org/web/20080609012456/http://www.agfg.de/aktuell/2006oct/auschwitz.html
  23. http://www.irishtimes.com/newspaper/ireland/2009/0922/1224254989371.html
  24. http://www.agfg.de/aktuell/2006mar/index.html

siehe auch: AGFG, Orthomolekulare Psychiatrie