Mahuang

Aus Psiram
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Mahuang (Ma Huang, Ephedra herba, Ephedrakraut) sind pflanzliche Präparate aus Ephedrakraut und entstammen der traditionellen chinesischen Medizin. Sie werden zur Behandlung von Müdigkeit, Abgeschlagenheit, zur Gewichtsreduktion und als Wellness-Mittel beworben.

Mahuang wird aus den getrockneten, unverholzten Stengel von Ephedra sinica Stapf, Ephedra intermedia Schrenk & C.A. Mey oder Ephedra equisetina BgE. gewonnen. Diese Pflanzen stammen aus der Familie der Ephedraceae. Im Herbst werden die grünen Stengel geerntet und an der Sonne getrocknet.

Zur Erzeugung von Mahuang wird die Zubereitung von verholzten Stengeln, Wurzeln und fremden Beimengungen befreit und in Stücke geschnitten. Für die Zubereitung Mimahuang werden Mahuang-Stücke geröstet, bis die Arznei bei Berührung nicht mehr klebrig ist.

In der TCM verwendet man Mahuang bei Erkältungskrankheiten, Beklemmungsgefühl in der Brust, Husten und Keuchatmung, Flüssigkeitsretention und Asthma bronchiale.

Der Weg in die USA

In den USA wird seit Mitte der 1980iger Jahre der sogenannte 'Mormonentee' als beliebtes Entschlackungs- und vor allem Gewichtsreduktionsmittel konsumiert. Man nennt ihn auch MaHuang, Ephedrae herba oder schlicht Ephedrakraut.

Ephedrine als wichtigste, pharmakologisch wirksame Inhaltsstoffe

Das Kernproblem der Pflanze ist, dass sie z.T. hochwirksame Inhaltsstoffe produziert. Neben einem Anteil von 0,5-3,3% Alkaloiden und zusätzlich unterschiedlichen Anteilen von Gerbstoffen, Saponinen und ätherischen Ölen sind vor allem die Substanzen L-Ephedrin, Pseudoephedrin und Norpseudoephedrin von pharmakologischer Bedeutung. Ephedrin ist ein sog. Symphatomimetikum – eine Substanz, die das sympathische Nervensystem ebenso wie Adrenalin anregen kann. Dabei weiten sich die Pupillen, der Puls schlägt schneller, der Blutdruck erhöht sich, die Reflexe werden gesteigert, man atmet schneller, wird unruhig und hat einen trockenen Mund. Gelegentlich kann auch die Wahrnehmungsfähigkeit eingeschränkt sein, so dass Autofahren zum Risiko wird. Diese dosisabhängigen Nebenwirkungen stellen aber noch nicht einmal das Hauptproblem dar.

Vielmehr sind zwei weitere Eigenschaften des Ephedrakrauts entscheidend, denn sie haben zu seiner starken Verbreitung geführt: Ephredrin sorgt dafür, dass man an Appetitlosigkeit leidet und es erhöht den Kalorienumsatz. Es ist demnach auf den ersten Blick ein tolles Mittel gegen Übergewicht und genau hierfür wird es auch in erheblichen Mengen verkauft. Derzeit spielt sich der Hauptumsatz in den Vereinigten Staaten von Amerika ab. Dort wird es u.a. im Multi-Level-Marketing- (MLM) Systemvertrieb z.T. über das Internet verkauft. Mittlerweile ist Ephedra ein sehr erfolgreicher Teil des Produktangebots eines 15 Milliarden Dollar schweren Phytopharmamarktes geworden. Ein einziges, auch in der BRD bekanntes, MLM-Unternehmen, machte mit diesem Mittel nach Angaben der Washington Post im Jahr 2000 allein einen Gesamtumsatz von etwa 2 Milliarden Mark (Gugliotta 2000).

Angeboten wird Ephedrakraut in Pillen- oder Teeform und es wird nicht selten als recht harmlos dargestellt, sofern es nicht überdosiert wird. Fragt sich nur, was denn der Normalbereich sein soll. Das American Botanical Council (1991) teilt unter Berufung auf die Deutsche Kommission E, die Monographien von Arzneimitteln veröffentlichte, mit, dass eine Einzeldosis bei einem Erwachsenen 15-30 mg Alkaloide (berechnet als Ephedrin) enthält und die Tageshöchstmenge von 300 mg nicht überschritten werden sollte. Bei Kindern wurden 0,5 mg für eine Einzeldosis bzw. 2 mg für die Tageshöchstmenge angegeben.

Nebenwirkungen schon bei relativ niedrigen Dosen

Aber schon in der Menge einer Tageseinzeldosis sind bereits ernsthafte Nebenwirkungen zu erwarten. Im New England Journal of Medicine erschien im Jahr 2000 ein umfangreicher Artikel, in dem über eine ganze Reihe von ernsthaft erkrankten Patienten, die ephedrahaltige Pillen eingenommen hatten, berichtet wurde (Haller und Benowitz 2000). Die meisten Nutzer waren älter als 30 Jahre gewesen (69%) und in 2/3 der Fälle hatte es sich um Frauen gehandelt. Der Hauptgrund für die Einnahme der Pillen war der Wunsch nach Gewichtsreduktion (59%) und Erzielung einer athletischen Erscheinung (16%) gewesen. Bei den 87 Patienten stellten sich 98 Nebenwirkungen ein, die kardiovaskulärer (46%), zentralnervöser (18%) oder sonstiger Natur (36%) waren. Neben Bluthochdruck und Herzrasen/-stolpern kam es bei zwei Patienten zu einem Herzinfarkt und bei acht Patienten zum Herzstillstand bzw. zum plötzlichen Herztod. Auch kam es bei 10 Patienten zu Schlaganfällen. Von den 87 Patienten verstarben insgesamt 11%, während 15% dauerhafte Schäden zurück behielten. Nur 48% der Betroffenen erholte sich wieder vollständig von ihrer Erkrankung.

Wer der Ansicht ist, die Betroffenen hätten wohl einfach nur zuviel eingenommen und seien an ihren Leiden selbst schuld, irrt gewaltig. Haller und Benowitz (2000) geben in ihren Tabellen unter genauer Namensnennung der verwendeten Produkte und Tagesdosierungen an, welche Patienten nach welcher Anwendungszeit an welchen Folgen litten. So hatte beispielsweise ein Patient, der einen Herzstillstand erlitten hatte, gerade mal einen Tag lang 21 mg Ephedra eingenommen. Andere Patienten mit Herzstillstand hatten 20 mg/d über 1 Jahr bzw. 60 mg/d für 7 Monate eingenommen. Ein Schlaganfallpatient hatte zuvor zwei Wochen lang 30 mg/d Ephedra konsumiert.

Nach Haller und Benowitz (2000) wurden in den USA im Jahre 1999 etwa 3 Milliarden Ephedra-Einzeldosen verkauft und ausgehend von einer dreimal täglichen Einnahme über einen 12wöchigen Zeitraum schätzten die Autoren die Konsumentenzahl auf etwa 12 Millionen US-Bürger. Wie hoch die Zahl der Patienten mit Nebenwirkungen in dieser Zielgruppe aber wirklich ist, kann derzeit niemand sagen. Gewisse Schätzungen hinsichtlich des Schlaganfallrisikos sind jedoch möglich. Ephedrakraut enthält Phenylpropanolamin, eine Substanz, die auch in anderen Appetitzüglern vorkommt. Das Hemorrhagic Stroke Project, eine von der FDA iniziierte Untersuchung zur Abschätzung des Schlaganfallrisikos bei Phenylpropanolamin-Konsumenten, ergab für die USA folgendes Ergebnis. Nehmen 107.000 Frauen einen derartigen Appetitzügler für drei Tage ein, erleidet eine von ihnen einen Schlaganfall. Da Männer kaum Appetitzügler einnehmen, kann man ihr entsprechendes Risiko nicht berechnen. Fleming (2000) schätzt die Zahl der Fälle, die durch Phenylpropanolaminkonsum Schlaganfälle erleiden, auf 200-400 Fälle in den USA pro Jahr. Geht man auf der Basis von Haller und Benowitz (2000), die von einem 60%igen Frauenanteil in ihrer Untersuchung berichteten, davon aus, dass von den 12 Mio. US-Bürgern, die Ephedraeinzeldosen benutzen, ebenfalls 2/3 Frauen sind, so ist zu erwarten, dass etwa 60-70 Schlaganfälle durch den Ephedrakonsum verursacht werden – und diese Schätzung ignoriert, dass die Ephedra-Einzeldosen normalerweise nicht drei Tage, sondern mehrere Wochen eingenommen werden und somit das Risiko um ein mehrfaches höher sein könnte!

In Deutschland scheint die Vertriebslage nach geltendem Arzneimittelrecht klar zu sein. Ephedrakraut enthält wirksame Substanzen, also kann das Mittel nicht als Lebensmittel zugelassen werden und auch ein Vertrieb als Nahrungsergänzung erscheint unwahrscheinlich. Fragt sich nur, ob das Kraut der Rezeptpflicht unterliegt oder ob es frei in Apotheken erhältlich ist. Letzteres scheint der Fall zu sein, denn die Arzneimittelkommission wies am 8. September 1998 in der Pharmazeutischen Zeitung (Nr.37) darauf hin, dass Ephedrakraut im Deutschen Arzneimittelbuch (DAB) 1998 monographiert ist und im Handverkauf abrufbar wäre. Zwar weist die Kommission explizit auf die Gefahren des Mittels hin und rief die Apotheker dazu auf, den Handverkauf nur auf Patientenwunsch und dann nur bei monographierten Indikationen durchzuführen, aber kann Apothekenpersonal wirklich die über die vorgesehenen Anwendungsgebiete hinausgehende Ephedraeinnahme unterbinden?

Da offenbar Frauen bevorzugt Mormonentee/Ma Huang/Ephedrakraut als Appetitzügler und Männer ihn wohl eher als 'legales Extasy' benutzen, sei darauf hingewiesen, dass Ephedrakraut in den USA seit dem Jahre 1994 über 800 behördlich registrierte Zwischenfälle verursacht hat, die von Bluthochdruck über Kopfschmerzen, Herzanfällen bis zum Tod reichten. Auch sollte bedacht werden, dass Inhaltsstoffe des Ephedrakrauts mit anderen Arzneimitteln wechselwirken. Nimmt man beispielsweise sog. MAO-Hemmer ein, so erhöht dies drastisch die Ephedrinwirkung. Gleichzeitig eingenommene Secale-Alkaloide oder Oxytocin verstärken den Blutdruck erheblich. Ob ein Suchtpotential besteht, ist derzeit unklar. Eindeutig ist, dass ephedrinhaltige Mittel auf der Dopingliste des Internationalen Olympischen Komitees stehen.

Wirksamkeit: Die diversen Inhaltsstoffe (verschiedene Ephredine) sind z.T. massiv kreislaufanregend und steigern die Urinausscheidung Schadensfälle: es kam in den USA zu teilweise dramatischen Nebenwirkungsfällen bis hin zu Todesfällen. Fazit: stark blutdrucksteigerndes Mittel, gefährlich für Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen. Akute Gesundheitsschäden bei Dauerkonsum möglich.

Quellennachweise

  • American Botanical Council: Ephedra. Published Jan. 17th 1991. http://www.herbalgram.org/ commission_e/ephedra.html
  • Fleming GA: The FDA, regulation and the risk of stroke. N Engl J Med, 343, 1886-1887, 2000, http://www.nejm.org/content/2000/0343/0025/1886.asp
  • Gugliotta G: Dietary supplement makers flex muscle. $ 15 Billion industry fends off attempts to regulate ephedra over health risks. The Washington Post, Monday, 25th. Dec, 2000 http://washingtonpost. com/wp_dyn/articles/A47922-2000Dec24.html
  • Haller CA, Benowitz NL: Adverse cardiovascular and central nervous sytem events associated with dietary supplements containing ephedra alkaloids. 6.12.2000. http://www.nejm.com/content/haller/1.asp
Dieser Text ist ganz oder teilweise von Paralex übernommen