Krebsdiät nach Coy
Die Krebsdiät nach Coy (Ernährung nach Coy, TKTL1-Ernährungstherapie) ist ein diätetisches Behandlungskonzept im Sinne einer Anti-Krebs-Ernährung des promovierten Biologen, Bestsellerautors und Medizingeschäftsmannes (Vorstand Tavarlin AG) Johannes Coy aus Darmstadt. Aufmerksamkeit erfuhr die umstrittene Methode insbesondere durch eine groß aufgemachte Berichterstattung in einer Artikelserie der Bild-Zeitung im September 2009[1], sowie unkritischen Jubelartikeln mit Nennung von Prominenten in Bunte[2], Gong[3] und Bella.
Ein wissenschaftlicher Nachweis einer Wirksamkeit bei Krebserkrankungen liegt für diese Methode bis heute nicht vor. Ebenso liegt keine Empfehlung einer fachgesellschaft zu dieser Methode vor.
Methode "Krebsdiät nach Coy"
Die "Ernährungsweise nach Coy" entspricht einer Öl- und proteinreichen Diät, mit möglichst wenig Anteil an Kohlenhydraten. Die Ernährungsempfehlung ähnelt der ketogenen Ernährung, der "Glyx-Diät", LOGI-Methode nach Worm, Öl-Eiweißkost nach Budwig und "low carb"-Diäten wie die Atkins-Diät oder die Montignac-Methode, die meist zur Gewichtsreduktion bei Übergewicht angewandt werden. Etwa 60 bis 70 Gramm Kohlenhydrate pro Tag werden als Obergrenze angesehen. Verboten sind insbesondere Nudeln, Kartoffeln, Bananen, oder Käse.
Coy behauptet sowohl einen Schutzeffekt vor Krebs als auch eine Wirksamkeit bei bereits eingetretener Krebskrankheit. Um herauszufinden, ob eine bestimmte Tumorart für seine Ernährungsempfehlung empfindlich sei, muss ein Test durchgeführt werden, der anzeigen soll, ob das TKTL1-Gen im Tumorgewebe aktiv ist oder nicht.
1995 entdeckte Coy ein Gen, das TKTL1-Gen (Transketolase-like 1), dessen Aktivität er sowohl für die Entwicklung einer Krebszellen hin zu einer besonderen agressiven Form, als auch zur Metatstasierung verantwortlich machte. TKTL-1 aktive Tumorzellen sollen demnach ihren Energiebedarf durch die Zuckervergärung ohne Sauerstoffverbrauch (unter Bildung von Milchsäure) decken. Bei der Vergärung werden aus einem Molekül Glukose nur 2 Moleküle ATP gebildet, bei der vollständigen Oxidation mit Sauerstoff entstehen aus einem Molekül Glukose jedoch 36 Moleküle ATP. Die Vergärung ist demnach weniger effektiv. Eine entsprechende Hypothese war bereits vorher von Otto Warburg (1883 -1970) geäussert worden, aber eine praktische Anwendung konnte daraus nicht abgeleitet werden. Nach Coy soll der erhöhte Zuckerverbrauch von Krebszellen diese für eine Therapie angreifbar machen. Und zwar durch den Entzug von Lebensmitteln, die durch die Verdauung viel Traubenzucker zur Verfügung stellen. Laut Coy mache die Anwesenheit von Milchsäure Krebszellen "agressiver" mache, und seine Methode soll zu einer Art "Aushungerung"[4] von Krebszellen beitragen. Durch die Anwendung seiner Methode liessen sich nach Coy eine Metastasierung und eine körperliche Auszehrung der Patienten verhindern.
Ausserdem empfiehlt Coy die Einnahme von ungehärteten Pflanzenöle wie Lein-, Hanf- oder Rapsöl sowie die Ernährung mir Kaltwasserfischen wie Hering, Makrele oder Lachs. Auf diese Weise sollen vermehrt ungesättigte Omega-3-Fettsäuren aufgenommen werden. Auch ergorene Lebensmittel mit viel Milchsäure und wenig Kohlenhydrate seien hilfreich, da sie den Gärungsstoffwechsel von Tumorzellen hemmen sollen.
Laut Coy spreche für seine Methode die angebliche Beobachtung, dass Inuit-Eskimos, die über Fleisch und Fisch viele Omega-3-Fettsäuren aber kaum Kohlenhydrate verzehrten würden, nicht an Krebs, Alzheimer, Diabetes oder Herzinfarkt sterben würden. Coy geht bei der Darstellung seiner Methode selten darauf ein, dass tumorwachstumsfördernde Omega 6 Fettsäuren mit einer ölreichen Diät ebenfalls vermehrt aufgenommen werden. Laut Coy wären Diabetiker mit hohen Blutzuckerwerten für Krebs anfälliger. Ein Beleg dafür ist jedoch nicht bekannt. Die alternativmedizinische Insulinpotenzierte Therapie (IPT, Insulin Potentation Therapy) will durch den Einsatz von überdosiertem Insulin eine Unterzuckerung (Hypoglykämie) des gesamten Körpers bewirken, die sich nach Angaben der Befürworter dieser Methode auch auf Tumorzellen auswirke. Diese würden durch die therapeutische Hypoglykämie quasi ausgehungert. Allerdings wird dabei auch der gesamte Organismus geschwächt, inklusive derjenigen Zellpopulationen des Immunsystems. Einen Beleg für die Wirksamkeit der IPT existiert ebenfalls nicht.
Berichterstattung in der Boulevardpresse
Die Coy-Methode wurde mehrfach in der Boulevardpresse völlig unkritisch thematisiert, mit einem Höhepunkt der Berichterstattungen im Jahre 2009. Den staunenden Lesen wurde dabei vermittelt, dass man mit der Methode Krebszellen vorsorglich aushungern könne, im Blut schwimmende Zuckerjunkies beseitigen zu können, und mit Hilfe der Coy-Methode eine Krebszellen-Reinigungs-Kur ohne Risiko und Nebenwirkungen machen zu können. Belege werden dazu nicht genannt. Stattdessen finden sich Hinweise zum Anbieter entsprechender Bluttests.
Rezeption
Der SWR äusserte sich im September 2009 kritisch zur Krebsdiät nach Coy. Im Internet konnte in der (inzwischen gelöschten) Zusammenfassung gelesen werden: In seinem Buch "Die neue Anti-Krebs-Ernährung" stellt der Krebsforscher Johannes Coy ein Ernährungskonzept vor, das angeblich vor Krebs schützen soll. Die Grundannahme: Möglichst wenig Kohlenhydrate in der Ernährung senken das Risiko an Krebs zu erkranken. Auf der "roten" Liste stehen unter anderem Nudeln, Kartoffeln, Bananen, Käse und Nüsse. Um seine Seriosität zu belegen, beruft sich Coy auf das renommierte Krebsforschungszentrum in Heidelberg, für das er selbst einige Jahre gearbeitet hat. Aber dort will man nichts von Coy und seiner neuen Anti-Krebs-Diät wissen: Was die größte deutsche Boulevardzeitung da – wieder mal – schreibt, hat mit dem Krebsforschungszentrum und seriöser Forschung nichts zu tun. Eine schlichte Internet-Recherche zeigt: Hinter der neuen, vermeintlichen Anti-Krebs-Diät stecken ganz simple finanzielle Interessen.[5]
Johannes Coy
Johannes Coy (geb. 15. Dezember 1963) studierte Biologie in Tübingen und arbeitete von 1990 bis 2001 am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. 1995 entdeckte er das Enzym TKTL1.
2001 wird Coy für die Biotech-Firma "mtm laboratories AG" im Bereich der Entwicklung neuer Krebsfrüherkennungstests tätig. 2004 wechselt er als Leiter der Onkologie zur R-Biopharm AG nach Darmstadt. 2003 gründete Coy die Firma Tavartis GmbH zur Entwicklung von Krebsdiagnostika. 2006 gründet Coy das pharmazeutische Unternehmen Tavargenix GmbH, das ein Anti-TKTL1-Medikament zur Therapie von Krebserkrankungen entwickelt. 2008 gründet er mit Investoren die Tavarlin AG, die Tests zum TKTL-Nachweis und weitere Produkte wie Lebensmittel anbietet.
Tavarlin AG
Die Firma Tavarlin AG in Darmstadt ist Anbieter von Produkten zur Krebsdiät nach Coy. Angeboten werden KH-armes Brot, Fette, Ballaststoffe und weitere Produkte. Die Tavarlin AG wurde im November 2007 durch Johannes Coy zusammen mit privaten Investoren gegründet, um bestimmte passende Produkte und eine proprietäre Diagnostik zu vermarkten.
EDIM TKTL1 Bluttest
Der EDIM-TKTL1-Bluttest soll Aufschluß darüber geben, ob beim Patienten das Enzym TKTL1 nachweisbar ist. Befürworter glauben mit diesem Test "besonders aggressive Krebszellen" erkennen zu können und frühzeitig Hinweise auf Rezidive erhalten zu können.
Literatur
- J. Hübner J, Münstedt K: Alternative Therapien in der Onkologie. Können sie die konventionelle Medizin ersetzen? Der Onkologe, Verlag Springer Berlin / Heidelberg. ISSN 0947-8965
- Johannes F. Coy, Maren Franz: Die neue Anti-Krebs-Ernährung, Gräfe und Unzer Verlag
- Johannes Coy, Maren Franz: Die neue Anti-Krebs-Ernährung: Wie Sie das Krebs-Gen stoppen,Verlag Gräfe & Unzer
Quellennachweise
- ↑ Bildzeitung: Dr. Johannes Coy erklärt, wie sie wirksam Krebs vorbeugen, Der Tagesplan für die Anti-Krebs-Ernährung. 3.9.2009
- ↑ Sensationell: Die Anti-Krebsernährung. Entziehen Sie Krebszellen den Treibstoff !, Bunte, Heft 38 vom 10.9.2009
- ↑ Die besten Lebensmittel gegen Krebs - Richtig essen stoppt Krebs, Gong, 4.9.2009
- ↑ Coy J: Anti-Krebs Ernährung, Seite 9
- ↑ Radio-Interview Werner Eckert - Johannes Coy, "Das Geschäft mit der gesunden Ernährung", "Treff nach drei", SWR4 1.1.2009 (inzwischen von den SWR-Webseiten gelöscht)