Primo-Gefäßsystem
Das Primo-Gefäßsystem (auch engl. Primo vascular system / PVS) ist ein hypothetisches Gefäßsystem, das neben den herkömmlichen Blutgefäßen (Arterien und Venen) sowie dem lymphatischen System existieren soll. Das gemeinte Gefäß-System soll sich bei allen Tierarten und sogar Pflanzen finden lassen und sei wiederum aus weiteren untergeordneten Strukturen zusammengesetzt. 1962 stellte der Nordkoreaner Kim Bong-Han (김봉한) eine entsprechende Hypothese in fünf nordkoreanischen Journalen vor (Nur Forschungsberichte ohne peer-review). Laut Kim sei das von ihm entdeckte Gefäßssystem mit dem Konzept der Existenz so genannter Akupunkturpunkte längs angenommener hypothetischer Meridiane aus der traditionellen chinesischen Medizin identisch. Seit 1966 eine Umbildung des Gesundheitssystems in Nordkorea erfolgte, ist Kim Bong-Han spurlos verschwunden. Seine Hypothese wurde erst ab 2002 wieder "entdeckt" und wird aktuell in der Anhängerschaft der Akupunktur als ein Beweis für die Existenz von Meridianen gewertet.
Das hier thematisierte Primo-Gefäßsystem taucht in Lehrbüchern der wissenschaftlichen Anatomie, Mikroanatomie und Physiologie nicht auf. Befürworter der Existenz des Primo-Gefäßsystems behaupten dass die gemeinten Blutgefäße so klein seien, dass sie den vorangegangenen Generationen von Anatomen und Mikroanatomen entgangen seien. Es handelt sich um eine Hypothese aus der Anhängerschaft der Akupunktur. Diskussionen und Fachartikel zum Thema Primo-Gefäßsystem gehören in den Bereich der seit Jahren zu beobachtenden, und bislang erfolglos gebliebenen Versuche die Existenz von Akupunkturpunkten und Meridianen zu belegen. (siehe Artikel zu "Heine-Zylindern" und gescheiterte Nachweisversuche von Fritz-Albert Popp)
Primo-Gefäßssystem und Bonghan Körperchen (Bonghan corpuscles)
Befürworter des umstrittenen Konzepts behaupten dass die gemeinten Strukturen sehr klein wären und leicht übersehen werden könnten. Es wird teilweise sogar behauptet, dass die gemeinten Gefäße nur im Elektronenmikroskop sichtbar wären und mit Hilfe der Lichtmikroskopie nur mit speziellen Färbemethoden.
Der Hypothese nach seien die Primo-Gefäße (auch Bonghan ducts genannt) mit einer doppelten Wandschicht versehen. Längs ihres Verlaufs würden sich knotenartige Gebilde befinden, die Bonghan Körperchen (auch Bonghan corpuscles, PN, Primo-Nodes oder Primo-Knoten). Der Verlauf der Primo-Gefäße soll der Hypothese nach dem Verlauf der behaupteten Meridiane, so wie sie in der TCM beschrieben werden, entsprechen. Nach Ansicht des Erstbeschreibers Bong Han seien die PV - Gefäße mit einem speziellen Liquor gefüllt, dem Bonghan liquor. Obwohl die gemeinten Gefäße sehr klein sein sollen (und nur im Elektronenmikroskop gut erkennbar seien) machte Bong Han unerklärlicher weise sehr genaue Angaben zum Bonghan Liquor. Demnach enthalte er viel DNA and RNA, Stickstoff sei zu 3,23-3,4% enthalten, die Konzentration an Hyaluronsäure betrage 170.4 mg%. Es könnten 19 Aminosäuren gefunden werden sowie Nukleotide.
Studienlage ab 2002
Primo-Gefäßssystem und weitere Behauptungen als Beleg für die Existenz von TCM-Meridianen
Kim Bong-Han
literatur
- B. H. Kim, “Study on the reality of acupuncture meridians,” Journal of Jo Sun Medicine, vol. 9, S. 5–13, 1962 (Koreanisch)
- B. H. Kim, “On the acupuncture meridian system,” Journal of Jo Sun Medicine, vol. 90, S. 6–35, 1963 (Koreanisch)
- B. H. Kim, “On the Kyungrak system,” Journal of the Academy of Medical ScienceS of the Democratic People's Republic of Korea, vol. 90, S. 1–41, 1963
- B. H. Kim, “The Kyungrak system,” Journal of Jo Sun Medicine, vol. 108, S. 1–38, 1965 (Koreanisch)
- B. H. Kim, “Sanal theory,” Journal of Jo Sun Medicine, vol. 108,S. 39–62, 1965 (Koreanisch)
- B. H. Kim, “Sanal and hematopoiesis,” Journal of Jo Sun Medicine, vol. 108, S. 1–6, 1965 (Koreanisch)