Fünf Tibeter
Die Fünf Tibeter® sind fünf Yoga-ähnliche gymnastische Übungen, denen von ihren Anhängern alle möglichen positiven Wirkungen wie zum Beispiel „Harminisierung der Energieflüsse“ und „Aktivierung der Chakren bis hin zur ewigen Jugend angedichtet werden. Die Übungen sollen angeblich seit Jahrtausenden von tibetanischen Mönchen praktiziert worden sein, sind dort aber unbekannt.
Diese Übungen werden seit Anfang der 1990er Jahren in Esoterik-Szene als gymnastisches Allheilmittel angepriesen. Dabei werden von den Anhängern folgende Übungen durchgeführt:
- 1. Tibeter (Kreisel): Man steht aufrecht und hat die Arme seitlich parallel zum Boden ausgestreckt. Die Handflächen weisen nach unten, die Finger sind geschlossen und liegen flach aneinander. In dieser T-förmigen Position dreht man sich im Uhrzeigersinn ohne Unterbrechung um die eigene Achse, bis einem leicht schwindlig wird. Man bleibt dann stehen und fixiert den Daumen einer Hand, bis man wieder senkrecht im Lot ist.
- 2. Tibeter (Kerze): Man legt sich mit ausgestreckten Beinen rücklings auf den Boden. Die Hände werden mit den Handflächen nach unten parallel zum Körper auf den Boden gelegt. Man atmet durch die Nase ein und hebt gleichzeitig die beiden durchgestreckten Beine hoch bis zur Senkrechten. Gleichzeitig hebt man den Kopf an und zieht ihn fest in Richtung der Brust. Der Rücken- und Beckenbereich bleiben dabei auf dem Boden liegen. Dann atmet man aus und bringt die Beine und den Kopf wieder in Ausgangslage.
- 3. Tibeter (Halbmond): Man kniet sich auf den Boden, wobei die Oberschenkel parallel gestellt sind und man auf den Unterschenkeln hüftbreit auseinander kniet. Man stellt die Zehen auf, so dass sich das Fußgelenk in einem etwa 90-Grad-Winkel befindet. Die Handflächen werden auf der dem Rücken zugewandten Seite der Oberschenkel flach etwas unterhalb des Beckenbereichs aufgelegt. Der Oberkörper ist aufrecht. Beim Einatmen wird der Kopf nach hinten gebeugt, beim Ausatmen wird das Kinn wird auf die Brust gedrückt. Als Ausgleichsübung lässt man das Becken auf die Unterschenkel herab und lässt die Arme und Schultern locker pendeln oder auf dem Boden ruhen (Handflächen nach oben).
- 4. Tibeter (Brücke): Man setzt sich auf den Boden und streckt die Beine senkrecht nach vorne aus. Dabei sollten die Fußgelenke einen Abstand von ca. 30 cm aufweisen. Die Handflächen werden neben dem Becken parallel zu den Hüften auf den Boden gestellt. In dieser Stellung zieht man beim Ausatmen das Kinn an die Brust. Beim Einatmen hebt man aus dieser L-förmigen, sitzenden Position das Becken in Richtung Decke, so dass man eine schiefe Ebene oder eine Art "Brücke" bildet. Der Kopf wird dabei in den Nacken gelegt und jeder Muskel im Körper wird angespannt.
- 5. Tibeter (Berg): Man nimmt die Ausgangsposition einer Liegestütze ein, wobei die Zehen aufgestellt sind. Hände und Füße sind etwa 60 cm weit auseinander zu positionieren. Die Arme sollen senkrecht zum Boden aufgestellt werden, so dass die Wirbelsäule ein bisschen durchgebogen wird. Der Kopf soll weitest möglich in den Nacken gehoben werden, um die Decke anzusehen. Beim Einatmen hebt man das Becken und zieht das Kinn auf die Brust (eine Art "Katzenbuckel").
Der sechste Tibeter
In der Esoterikszene wurde ein weiterer Tibeter ergänzt, der zur Transformation und Belebung sexueller Energien dienen, die Keimdrüsen stimulieren und das Sexualleben verbessern soll. Überschüssige sexuelle Energie soll auf die anderen Chakren umgeleitet werden und das Kundalini, eine angeblich besondere Chakren-Energie, erwecken. Der sechste Tibeter entstammt dem Hatha-Yoga und soll angeblich streng geheim sein.[1]
Propagandisten
Die fünf Tibeter® werden unter anderem im Fünf Tibeter Dachverband e.V. aus München propagiert.[2] Dieser Verein, der sich auf seiner Internetseite ausdrücklich von dem Begriff der Esoterik distanziert, vermittelt diese Übungen und bildet Trainer aus. Gesundheitsbezogene Aussagen in Bezug auf die Übungen werden nicht gemacht. Der Begriff Tibeter® bzw. Fünf Tibeter® ist urheber- bzw. markenrechtlich geschützt und darf nur mit Genehmigung des Dachverbandes verwendet werden.
Die Fünf Tibeter® werden von zahlreichen Heilpraktikern in Kombination mit verschiedenen gesundheitlichen Versprechungen angeboten.
Eine Proponentin der Fünf Tibeter® ist beispielsweise die Hamburger Heilpraktikerin und Diplom-Politologin Barbara Simonsohn.Referenzfehler: Für ein <ref>
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Die Zeitung Die Welt ging der Frage nach, ob diese Übungen in Tibet überhaupt bekannt seien. Journalisten fragten Geshe Khedup, einen tibetanischen Mönch, der unweit von Zürich in einem Wald in einem der größten Tibet-Zentren Europas mit angegliedertem Lamakloster lebt. Dieser hatte in seinen 68 Lebensjahren aber noch niemals von den Fünf Tibetern gehört und betrachtete die ihm vorgelegten Farbfotos mit turnenden Anhängern dieser Übungen mit sichtlichem Vergnügen. Er meinte: "Wir turnen nicht. Wir arbeiten und meditieren. Für das Turnen hätten wir keine Zeit. Ich habe solche Übungen bei uns noch nie gesehen. Vielleicht sind sie aus Indien". Es stimme zwar, dass sich tibetanische Mönche mit fünf größeren Problemen beschäftigten, aber dies seien weder Riten noch Turnübungen. Es gehe auch nicht um Vegetarismus oder Trennkost ("Wir essen alles"), nicht um Wunderglauben, um Lebensenergie wie Prana ("Was ist das? Das ist nicht tibetanisch") und nicht um das ewige Leben [3]
Wirkungen
Positive Wirkungen sind mit denen ähnlicher gymnastischer Übungen vergleichbar. Die Übungen beinhalten für kreislaufgesunde und nicht an Rückenleiden erkrankte Personen kein besonderes Gefährdungspotential. Der esoterische und pseudomedizinische Überbau der Übungen entbehrt jedoch jeglicher wissenschaftlicher Grundlage. Daher sollte man als Anwender darauf achten, dass neben diesen Übungen zur körperlichen Fitness oder Wellness keine weiteren, esoterischen bzw. pseudomedizinischen Produkte, Bücher oder Kurse verkauft werden sollen.
Quellenverzeichnis
- ↑ www.kgsberlin.de/archiv/eintrag/art15446.html?PHPSESSID=tof
- ↑ www.fuenf-tibeter.org
- ↑ Susanne Schwager 1999: Suche nach dem Buch aus dem Nichts – Teil 2 aus: „Die Welt“, 13. November 1999