Gilles-Éric Séralini

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Gilles-Éric Séralini (Bild: Screenshot aus einem Werbevideo der Firma Sevene Pharma[1])

Gilles-Éric Séralini (geb. 23. August 1960) ist ein französischer habilitierter Biologe und Kritiker der Gentechnik. Séralini ist Professor an der Universität von Caen (Frankreich). Er ist auch als Buchautor in Erscheinung getreten. Gemeinsam mit der ehemaligen französischen Umweltministerin Corinne Lepage und dem Botaniker Jean-Marie Pelt gründete Séralini das "Comité de Recherche et d’Information Indépendantes sur le Génie Génétique" (CRII-GEN), das eigene Untersuchungen zu Auswirkungen gentechnisch veränderter Organismen ermöglichen soll. Stiftungspräsident des CRII-GEN ist der Homöopath und Akupunkteur Joël Spiroux de Vendomois[2], der in Verbindung zur Pharmafirma Sevene Pharma steht.

In Presseberichten wird Séralini mit der Sekte "Invitation à la vie" (IVI) in Verbindung gebracht. IVI wurde 1995 und 1999 von einer parlamentarischen Untersuchungskommission als "pseudokatholische Heilssekte" eingestuft. Die Sekte steht in enger Beziehung zur Pharmafirma Sevene Pharma, die "entgiftende" Pflanzenpräparate herstellt. IVI[3] und Sevene Pharma[4] residiert an gleicher Anschrift in der Stadt Boulogne-Billancourt. Der Direktor der Sevene Pharma, Daniel Chauvin, ist gleichzeitig "Präsident" der IVI (président de l'association IVI). Séralini, der für die Sevene Pharma als Berater tätig ist,[5] bestreitet eine Beziehung zu IVI und strengte Klagen gegen mehrere französische Journalisten an.[6]

Kurzbiografie

Séralini wurde am 23. August 1960 in Bône in der damaligen französischen Kolonie Algerien geboren. Er studierte in Nizza und promovierte 1987 an der Universität Montpellier II. Seit 1991 ist Séralini am "Institut de Biologie Fondamentale et Appliquée" an der Universität Caen ordentlicher Professor für Molekularbiologie und leitet eine mit dem Centre National de la Recherche Scientifique verbundene Forschergruppe. Er ist Präsident des Wissenschaftlichen Rates des von ihm mitbegründeten "Comité de recherche et d’information indépendantes sur le génie génétique" (CRII-GEN).

Forschertätigkeit

Séralini setzte sich bereits 1996/1997 für ein europäisches Moratorium gegen die kommerzielle Einführung gentechnisch veränderter Organismen ein. Von 1998 bis 2007 gehörte er zwei französischen Regierungskommissionen (Commission du Génie Biomoléculaire und Comité de Biovigilance) an, die die Auswirkung der Einführung gentechnisch veränderter Organismen untersuchten.

In den Jahren 2007 und 2009 veröffentlichte Séralini zwei Studien[7][8], die teilweise durch Greenpeace finanziert worden sind. Dabei ging es um die Neubewertung von Daten aus einer Fütterungsstudie an Ratten, die im Rahmen des Zulassungsverfahrens zu transgenem Mais von Monsanto erhoben wurden. In den Acknowledgements sieht man folgendes: "This work was supported by Greenpeace Germany who, in June 2005, won the Appeal Court action against Monsanto, who wanted to keep the data confidential."[9]

Kooperationen mit Sevene Pharma

Séralini veröffentlichte Studien über die Anwendung von Pflanzenpräparaten zu einer "Entgiftung" des Menschen, darunter zur Anwendung von homöopathisch aufbereiteten Globuli der Pharmafirma Seven Pharma. Sevene Pharma empfiehlt pseudowissenschaftliche Methoden zum Anbau von Pflanzen: So sollen "Vibrationen" der Erde notwendige "Energie" zum Pflanzenwuchs verleihen. Mitglieder der christlichen Sekte behaupteten auch, im spanischen Marbella ein Feuer allein durch Gebete gelöscht zu haben. Séralinis Studien wurden von Sevene Pharma finanziert; Koautoren seiner Studien waren Angestellte der Sevene Pharma, darunter Cécile Décroix-Laporte, Generaldirektorin der Sevene Pharma Monoblet. Auf mehreren von Sevene Pharma organisierten Konferenzen (zweimal 2011 und zweimal 2012) trat Séralini als Vortragender auf, um über Medikamentenentwicklungen des Unternehmens zu berichten. Auf den Webseiten der Firma werden Bücher von Séralini empfohlen. Sevene Pharma bietet ein Mittel zur Entgiftung für Menschen an, die durch das Pestizid Roundup und anderen Herbizide vergiftet worden seien. Das Produkt Dig-1 (pflanzliche Extrakte aus Löwenzahn, der Großen Klette und der Gewöhnlichen Berberitze) wurde in einer Studie von Séralini begutachtet.

Séralini als Autor einer umstrittenen Studie zu gentechnisch verändertem Mais

Bild aus der Séralini-Studie von 2012, die erkrankte Sprague-Dawley-Ratten zeigt, die genetisch bedingt spontan zur Tumorbildung neigen. (Bild: [1])

2012 veröffentlichte Séralini eine Tierversuchsstudie über Ratten, an die über die gesamte Lebenszeit gentechnisch veränderter Mais (NK603, Firma Monsanto) verfüttert worden war.[10] In der Studie fanden Séralini und Kollegen heraus, dass bei den Ratten, die lebenslang (2 Jahre) gentechnisch veränderten Mais (NK603 und "Roundup") anstatt einer herkömmlichen Maissorte fraßen, das Krebsrisiko deutlich erhöht war und die Tiere früher starben. Zitat Séralini:

"[....] Bei den Weibchen starben die behandelten Gruppen 2-3mal häufiger als die Kontrollen, und sie starben schneller. Dieser Unterschied war in 3 Gruppen von Männchen, die mit GMOs gefüttert wurden sichtbar [...] Weibchen entwickelten große Brusttumore fast immer häufiger und eher als die Kontrollen [...] Männchen zeigten viermal mehr große tastbare Tumore als die Kontrollen; sie traten bis zu 600 Tage eher auf."

Die Studie wurde von anderen Forschern wegen ihrer Fehleranfälligkeit und der angewendeten statistischen Methoden heftig kritisiert. Séralini und seine Mitstreiter wählten einen Rattenstamm, der dafür bekannt ist, dass er spontan sehr schnell Krebsgeschwüre entwickelt - vor allem bei Überfütterung, Überalterung oder Störungen des Hormonhaushalts. Wie viel Futter die Ratten genau bekamen, wurde nicht veröffentlicht. Auch über die Art und Weise wie die Autoren Journalisten vorab über die Studie unterrichteten, stieß auf Kritik. So mussten Journalisten vor Veröffentlichung der Studie ein Non-Disclosure-Agreement unterschreiben:

"A refund of the cost of the study of several million euros would be considered damages if the premature disclosure questioned the release of the study."[11][12] Die französische Zeitung Le Nouvel Observateur berichtete auch darüber, dass die Autoren offenbar aus Angst vor der Chemieindustrie während der Laufzeit der Studie nicht miteinander telefonierten und im Nachrichtenaustausch Decknamen nutzten.

Zeitgleich zur Aufsehen erregenden Studie (auch in Deutschland[13][14][15][16][17]) veröffentlichte Séralini auch ein eigenes Buch mit dem Titel "Tous Cobayes?" (zu deutsch: "Sind wir [alle] Versuchstiere?") zum gleichen Thema, was in der Fachwelt für Verwunderung und Empörung sorgte, da der Buchabsatz von der gleichzeitigen öffentlich geführten Diskussion über die Studie profitierte.

Im Oktober des gleichen Jahres (2012) gelangte die "Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit" (EFSA) zu dem Schluss, dass der Artikel Séralinis nicht den wissenschaftlichen Ansprüchen genügt, um für eine Risikobewertung in Betracht gezogen zu werden.[18][19] Zuvor hatte die EU-Kommission die EFSA beauftragt, die Ergebnisse der Studie zu prüfen. Der Ansicht der EFSA entsprechen auch Mitteilungen anderer Gesundheitsbehörden wie der französischen "Anses" und "HCB", des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR), des kanadischen "Environnement Canada" sowie australischer und neuseeländischer Behörden.

Werke

  • Le sursis de l'espèce humaine. Belfond, 1997, Josette Lyon, 2009.
  • L'Évolution de la matière, de la naissance de l'Univers à l'ADN. éditions Pocket, collection «Explora», 1994.
  • OGM : le vrai débat. Flammarion, 2000.
  • Ces OGM qui changent le monde. Flammarion, 2003.
  • Après nous le déluge? Flammarion, 2006.
  • Génétiquement incorrect. Flammarion, 2011.
  • Tous cobayes! Flammarion, 2012.
  • Nous pouvons nous dépolluer. 2009.

Weblinks

Weblogs

Quellennachweise

  1. http://blog.sevenepharma.com/
  2. Dr Joël Spiroux de Vendomois, President of CRIIGEN, Doctor of Medecine, Homeopathy and Acupuncture Diploma, Reparation of Legal Bodily Damage and Medical Expertise Diploma, F-27000 Evreux, France. DIPLOMAS: Agricultural Worker Certificate, Doctorate of Medecine, Diploma of Reparation of Bodily Damage, International Certificate in Human Ecology (Faculty of Medecine of Paris)
  3. Invitation à la Vie. 26, rue des Peupliers, F-92100 Boulogne
    Tél: 01 46 08 23 64
  4. Sevene Pharma. 26, Rue des Peupliers, F-92100 Boulogne-Billancourt
  5. http://kfolta.blogspot.de/2013/01/seralinis-connections-to-quack-science.html
  6. http://www.lemonde.fr/planete/article/2013/01/17/accusations-de-liens-entre-m-seralini-et-une-secte-guerisseuse_1818564_3244.html
  7. de Vendômois, J. S., Roullier, F., Cellier, D., & Séralini, G. (2009): A comparison of the effects of three GM corn varieties on mammalian health. International Journal of Biological Sciences, 5(7), 706-726. PMID: 20011136
  8. Séralini, G., Cellier, D., & de Vendômois, J. S. (2007): New analysis of a rat feeding study with a genetically modified maize reveals signs of hepatorenal toxicity. Archives of Environmental Contamination and Toxicology, 52(4), 596-602. doi:10.1007/s00244-006-0149-5
  9. http://www.scilogs.de/wblogs/blog/detritus/molekularbiologie/2011-04-05/gerichtsurteile-und-die-unabh-ngigkeit-von-gentech-studien
  10. Séralini GE, Clair E, Mesnage R, Gress S, Defarge N, Malatesta M, Hennequin D, de Vendômois JS.: Long term toxicity of a Roundup herbicide and a Roundup-tolerant genetically modified maize. Food Chem Toxicol. 2012 Nov;50(11):4221-31. doi: 10.1016/j.fct.2012.08.005. Epub 2012 Sep 19 - PMID: 22999595 Studie
  11. http://scienceblogs.de/weitergen/2012/10/emport-sein-reicht-nicht-aus-grunde-fur-genmaisgate/
  12. http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/ratten_sterben_an_gen_mais_der_perfekte_medien_coup/
  13. http://www.welt.de/gesundheit/article109325059/Mit-Genmais-gefuetterte-Ratten-sterben-viel-frueher.html
  14. http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/gentechnik-studie-entfacht-debatte-um-monsanto-mais-a-856823.html
  15. http://www.taz.de/Genmais-und-Rattenkrebs/!102051/
  16. http://www.augsburger-allgemeine.de/wissenschaft/Genmais-Futter-kann-Ratten-schwer-krank-machen-Leberschaeden-Tumore-Nierenschaeden-id21983386.html
  17. http://www.n-tv.de/politik/Genmais-verursacht-Tumore-article7267191.html
  18. http://www.efsa.europa.eu/de/press/news/121004.htm
  19. http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/eu-behoerde-spricht-genmais-studie-wissenschaftlichkeit-ab-a-859546.html