Wicca: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 2. August 2011, 13:33 Uhr
Unter Wicca wird eine Strömung verschiedener neuheidnischer Bewegungen verstanden, denen ein Hexenglauben/-kult gemeinsam ist. Nach eigenem Verständnis bestehen Verbindungen zu antiken keltischen Überlieferungen, Wicca ist aber auch von verschiedenen außereuropäischen ritualorientierten Mysterienreligion sowie esoterischen Vorstellungen geprägt.[1]
Der Begriff "Wicca" wurde wahrscheinlich vom keltisch-gälischen "wiccein" abgeleitet, was soviel wie "machen, verändern" bedeutet und zum englischen "witch" (Hexe) wurde.
Im deutschsprachigen Raum wird manchmal die Hexenreligion dem Satanismus zugeordnet, was jedoch nicht der Wicca-Perspektive entspricht, auch wenn sich mitunter ähnliche Symbole wiederfinden, z.B. das Pentagramm.
Geschichte
Die ersten feststellbaren Wicca-Gruppen bildeten sich um die Mitte des letzten Jahrhunderts in Großbritannien nach der Abschaffung des "Witchcraft Acts" von 1735, mit dem bis 1951 Hexerei unter Strafe verboten war.
Parallel dazu veröffentlichte der englische Beamte Gerald Brosseau Gardner (1884-1964) die Bücher „High Magic's Aid“ (1949), „Witchcraft Today“ (1954) und „The Meaning of Witchcraft“ (1959), welche die Grundlage für den englischen Wicca-Kult bildeten und teils literarische Vorlage für die Rituale späterer sog. Covens wurden.
Zunächst verbreitete sich die Wicca-Bewegung im englischsprachigen Raum. Raymond und Rosemary Buckland, zwei von Gardners Schülern, brachten die Ideen des britischen Wicca in die USA, wo recht schnell neue Traditionen entstanden. Mehrere Hexenzirkel wurden ab 1960 von der Hexe Sybil Leek gegründet. 1972 rief Hohepriesterin Mary Oenida Toups den "Religious Order of Witchcraft" ins Leben. Ebenso kam es in den USA zur Herausbildung einer Wicca-Kirche (Church and School of Wicca), die offiziell als Religion anerkannt ist. Nachdem seit den 1970er Jahren das Neuheidentum in Deutschland vermehrt Anhänger fand, bildeten sich bald auch die ersten, den internationalen Wicca-Gruppen nahe stehenden Gemeinschaften. Jedoch lässt sich erst ab den 1980er Jahren von einer Wicca-Bewegung in Deutschland sprechen.[1]
Verbreitung
Wicca gehört zu den mitgliederreichsten Gruppierungen im Spektrum des Neopaganismus und ist insbesondere im angloamerikanischen Raum besonders stark verbreitet. In den Vereinigten Staaten, dem einzigen Land, das eine gesetzliche Anerkennung des Religionsstatus von Glaubensgemeinschaften vorsieht, ist Wicca seit 1994 als Religion staatlich anerkannt.
Glaubensinhalte
Die Wicca-Bewegung ist durch eine große Vielfalt geprägt und besitzt kaum einen allgemein anerkannten Konsens.
Wicca wird als ein polytheistischer (ganeuer: duotheistischer) Glaube angesehen, in dem unterschiedliche Gottheiten verehrt werden, wobei diese Gottheiten aber nur als verschiedene Erscheinungsformen oder Facetten ihrer zwei großen Hauptgottheiten, der Göttin und des Gottes, sind.
Ein gemeinsames Element ist die Verehrung der "Großen Göttin", die in drei verschiedenen Gestalten auftritt: als Jungfrau, Mutter und alte Weise sowie deren Partner, ein gehörnter, Fruchtbarkeit bringender Gott, der jedoch nicht mit dem Teufel gleichzusetzen ist. Zu der „großen Göttin“ gehören je nach Gestalt verschiedene Namen, Elemente, Symbole, Farben und Eigenschaften. Im Ritual werden Göttin und Gott durch Priesterin und Priester vertreten. Die Natur selbst wird, wie auch bei allen anderen neuheidnischen Gruppen, als Ausdruck göttlicher Kräfte (bzw. als das Göttliche selbst) interpretiert, mit denen man sich im Ritual verbindet, um diese u. a. für magische Handlungen zu nutzen.
Daneben haben die Glaubensinhalte im Wicca teilweise erhebliche Ähnlichkeiten mit Vorstellungen des Neuplatonismus, der christlichen Mystik, der jüdischen Mystik (Kabbala) und der islamischen Mystik (Sufismus), des Hinduismus (Advaita Vedanta), Buddhismus (Tantra, Zen) und Taoismus sowie der Theosophie und Anthroposophie, beispielsweise der Existenz von Ätherleib und Astralleib, die durch die sieben Chakras sowie die so genannte Silberschnur mit dem physischen Körper wechselwirken sollen. Astralreisen werden ebenfalls als Mittel der Magie gesehen, wobei die Flugsalben früherer Hexen solche Erfahrungen durch Drogen unterstützt haben sollen. Ein wichtiges Glaubensprinzip ist auch die Regel „Oben wie unten. Ferner werden auch Elemente des Schamanismus, Tarot sowie aus verschiedenen Meditationsrichtungen in die religiösen Praxis integriert.
Ein wesentlicher Bestandteil der Wicca-Weltanschauung ist die Vier-Elemente-Lehre, bei der jede Form der Materie, feinstofflicher Formen sowie diverser esoterischer „Energien“ als Verkörperung der vier Grundelemente Erde, Wasser, Luft und Feuer sind. Als fünftes Element, das den Geist bezeichnet, kommt der Äther bzw. Akasha hinzu. Als Symbol dieser Vorstellung dient das Pentagramm, dessen fünf Spitzen jeweils eines dieser Elemente darstellen. Bei der Beschwörung des magischen Kreises werden an den Kardinalpunkten neben den vier Himmelsrichtungen und Kreisvierteln oft auch die vier Elemente angerufen, die in Form von vier Elementeherrschern (Elementekönige oder Wachtürme) personalisiert werden, die über die entsprechenden Elementargeister gebieten sollen. Die Wicca-Vorstellungen über die Elementargeister basieren weitgehend auf den Werken von Paracelsus sowie der Theosophie bzw. der daraus hervorgegangenen Anthroposophie Rudolf Steiners.
Organisation, Rituale
Coven
Wicca-Anhänger organisieren sich meist in sog. Coven (wörtlich: Hexensabbat), die maximal 13 Mitglieder zählen und in der Regel gemischtgeschlechtlich sind (Ausnahme: feministische Coven). Für die Mitgliedschaft in einem Coven ist eine Initiation nötig, die je nach Ausrichtung des jeweiligen Wicca und Coven variieren kann.
In einem Coven gibt es meist drei Einweihungsgrade: Im ersten Grad erfolgt eine allgemeine Einweihung in den Wicca-Kult. Der Neuling wird danach als "Hexe", "Priester" oder "Priesterin" bezeichnet. Nach der Initiation in den zweiten Grad hat die Person die Stufe des "Hohepriester" bzw. "Hohepriesterin" erlangt und darf Rituale leiten und Wicca-Anhänger des ersten Grades unterweisen. Wicca-Anhänger dritten Grades dürfen einen Coven leiten und neue Mitglieder initiieren. Einige Richtungen kennen z.B. kein Gradsystem.
Bei den Ritualen orientieren sich die Mitglieder eines Covens meist an einem "Book of Shadows", das die für den Coven gültigen Glaubensinhalte und die entsprechenden Ritualvorgaben enthält.
Der Coven trifft sich insbesondere an den Feiertagen (Sabbat) und den Vollmondtagen (Esbat). Zu solchen Treffen werden gern Kultstätten in der Natur aufgesucht (wie z. B. die Externsteine bei Paderborn, Stonehenge). Bei den Ritualen spielt die Anwendung verschiedener Kräuter und Blumen eine große Rolle, z.B. als Opfergaben und Schmuck.
Jahreskreis
Der Jahreskreis, auch Jahresrad genannt, sind im Wicca-Kult acht jahreszeitliche Festtage, die den Zyklus von Werden und Vergehen in der Natur symbolisieren: Vier Sonnenfeste - die Tag- und Nachtgleichen und die Sonnenwenden - und vier weitere Feste: Imbolc (2. Februar), Beltane (1. Mai), Lammas (1. August) und Samhain (1. November).
Der Jahreskreis hat große Ähnlichkeiten mit dem im keltischen Neuheidentum gebräuchlichen Jahreskreis. Beide sind nicht antiken Ursprungs, sondern eine moderne Verbindung der vier keltischen Hochfeste mit den germanischen Sonnenwendfesten und der Verehrung der Sonnenwenden und Tagundnachtgleichen durch bronzezeitliche Kulturen. Auch die Namen für zwei der Festtage (Litha und Mabon), sowie viele der Rituale, sind moderne Neuschöpfungen.
Weitere Rituale
- Eine große rituelle Bedeutung hat das Ziehen des magischen Kreises. Der Kreis ist definiert als die Stelle, an der eine durch Visualisierung und Magie geschaffene kugelförmige Sphäre in die Erde tritt. In der Regel werden im magischen Kreis die Kreisviertel angerufen, denen als Korrespondenzen insbesondere die vier Himmelsrichtungen, vier Jahreszeiten und vier Elemente zugeordnet sind. Bei Bewegungen im Kreis spielt die Richtung eine große Rolle. Deosil, die Bewegung im Uhrzeigersinn (die gleichzeitig dem Lauf der Sonne folgt) steht für das Gute und positive Energien. Widdershins, die Bewegung gegen den Uhrzeigersinn steht für negative Energien. Da sich in der südlichen Hemisphäre (z. B. in Australien) die Sonne gegen den Uhrzeigersinn bewegt, werden die Bewegungen von dortigen Wicca-Anhängern teilweise in umgekehrter Bedeutung verwendet.
- Ein wichtiges und beliebtes Vollmond-Ritual ist das „Herabziehen des Mondes“ („Drawing down the moon“), bei dem die Göttin herbeigerufen und von der Hohepriesterin verkörpert wird, indem diese deren Kraft in sich aufnimmt. Dies ist eine Form von gewollter ritueller Besessenheit.
- Der sogenannte „Große Ritus“ ist ein symbolischer oder (heute seltener) tatsächlicher Geschlechtsakt zwischen Hohepriesterin und Hohepriester, der jedoch in keinem Fall öffentlich vollzogen wird. Es handelt sich hierbei um eine rituelle Verbindung der traditionellen „Heiligen Hochzeit“ (Hieros gamos) mit Elementen der tantrischen Sexualmagie.
- Zwei zentrale magische Praktiken sind das „Erden“ und das „Zentrieren“. „Erden“ bedeutet sich mit der Erde zu verbinden. „Zentrieren“ bedeutet sich in der Körpermitte sammeln. Eine weitere wichtige Technik ist das Fokussieren, also die Verwendung einer intensiven Vorstellungskraft, um magische Energien freizusetzen und zu kanalisieren.
Richtungen
Innerhalb des Wicca haben sich verschiedene Richtungen herausgebildet, die sich jeweils durch Herkunft, Besonderheiten in ihrer Glaubensrichtung und Praxis unterscheiden. Einige davon sind:
- Gardnerian Wiccas: Die Rituale werden nach der Überlieferung Gerald Gardners ausgestaltet und ebenso werden die Initiationen korrekt weitergegeben.
- Alexandrian Wiccas: Diese Tradition entstand nach Alex und Maxine Sanders. Alex Sanders soll nach dem Tod Gardners von Hohepriestern zum "König der Hexen" gewählt worden sein. Einige Covens und Einzelpersonen sind in beide, eng mit einander verbundene Richtungen initiiert (Algard Wiccas).
- Hereditary Wiccas: "Familienhexen" bzw. "Erbhexen" betrachten ihre religiösen Vorstellungen als Familienerbe. Dies führt zu einer abgeschlosseneren Existenz innerhalb der Wicca-Bewegung.
- Dianic Wiccas: Bei dieser Richtung, die sehr viele Untergruppen kennt, wird die Göttin stark hervorgehoben, manche Gruppen klammern den männlichen Part in ihrer Praxis sogar gänzlich aus.
Der Übergang zu feministischen, teils auch politisch und ökologisch engagierten Wicca-Gruppen, ist fließend (Reclaiming Wiccas, Gaia).