Cäsiumchlorid-Therapie: Unterschied zwischen den Versionen
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− | Wegen nicht erwiesener Wirksamkeit und der bekannt gewordenen Nebenwirkungen | + | Wegen nicht erwiesener Wirksamkeit und der bekannt gewordenen Nebenwirkungen riet die kanadische Aufsichtsbehörde Health Canada bereits 2009 von dieser Therapie ab.<ref>Cardiac Risks Associated with Cesium Chloride. Medical Information Recalls and Advisories. By Health Canada - Sep 17, 2009. Health Canada Warns Canadians of Cardiac Risks Associated with Cesium Chloride [http://www.disabled-world.com/medical/recalls/cesium-chloride.php]</ref> |
==Cäsiumchlorid== | ==Cäsiumchlorid== |
Version vom 22. August 2018, 18:43 Uhr
Die Cäsiumchlorid-Therapie (auch Brewer High pH Protokoll, Cesium Chloride Therapy, high pH therapy) ist eine umstrittene alternativmedizinische Behandlung von Krebserkrankungen ohne nachgewiesenen Nutzen. Im Rahmen dieser Methode werden stabile (nicht radioaktive) Cäsiumsalze (Cäsiumchlorid) oral eingenommen.
Manche Anwender wenden zusätzlich Dimethylsulfoxid, Rubidiumsalze oder Amygdalin an. Wegen möglicher Kaliumverluste und niedriger Kaliumserumwerte empfehlen manche Anwender, zusätzlich Kalium zu infundieren.
Erste Erwägungen, Cäsium in der Krebstherapie einzusetzen, stammen aus den 1920er Jahren. Als erste Untersuchungen in den 1930er Jahren jedoch enttäuschende Ergebnisse zeigten, wurde das Konzept nicht weiter verfolgt. Die eigentlich hier thematisierte Cäsiumchloridtherapie gegen Krebs entstand erst in den 1980er Jahren und ist mit dem Namen des US-amerikanischen Physikers Keith Brewer (1893-1986) verbunden. Der Medizinlaie Brewer vermutete eine Krebsentstehung durch einen Abfall des pH-Wertes in der Zelle und berief sich dabei auf den Nichtmediziner Manfred von Ardenne. Der Arzt und Ufologe Hans Nieper soll in Deutschland Versuche am Menschen mit Cäsiumchlorid durchgeführt haben.
In Deutschland wird diese Methode von dem ehemaligen Krankenpfleger und Geschäftsmann Lothar Hirneise und seinem Verein Menschen gegen Krebs (heute: Krebs 21) propagiert und angewandt.
Die inzwischen verstorbene Hulda Clark wandte ebenfalls Cäsiumchlorid mit DMSO an.[1]
Warnungen von Behörden
Die amerikanische Aufsichtsbehörde FDA verbot im Juli 2018 die Anwendung von Cäsiumsalzen als Bestandteil von Arzneimitteln. Für das Verbot wertete die FDA 23 Meldungen über Zwischenfälle bei Cäsiumchlorid-Anwendungen aus. Darunter waren sechs Meldungen über Todesfälle.[2] Die FDA geriet gleichzeitig in die Kritik, weil das Verbot bereits zwei Jahre früher hätte ausgesprochen werden können.[3]
Wegen nicht erwiesener Wirksamkeit und der bekannt gewordenen Nebenwirkungen riet die kanadische Aufsichtsbehörde Health Canada bereits 2009 von dieser Therapie ab.[4]
Cäsiumchlorid
Cäsiumchlorid (CsCl) ist ein cäsiumhaltiges Salz. Das Alkalimetall Cäsium selbst ist ein zwar seltenes, aber natürlich vorkommendes Element. Radioaktive Isotope des Cäsium werden selten auch zur Bestrahlungstherapie bei Krebserkrankungen eingesetzt. Nichtradioaktive Isotope spielen andererseits keine bekannte Rolle in der akademischen Medizin. Obwohl nichtradioaktives Cäsium in geringer Menge offenbar nicht toxisch ist, kann es unter der Anwendung von Cäsiumsalzen zu Herzerkrankungen und anderen Zwischenfällen kommen. Heutiges Wissen zur Toxizität von Cäsium ist hauptsächlich von Ergebnissen im Tierversuch abgeleitet und noch lückenhaft.
Im Chemikalienhandel kosten 100 Gramm CsCl etwa 60 Euro.
Cäsiumchlorid-Therapie
Anhänger dieser Methode gehen spekulativ davon aus, dass im Inneren (Zytoplasma) von Tumorzellen ein niedriger pH-Wert herrsche, diese Zellen also sauerer seien als gesunde Zellen. CsCl soll den pH-Wert in den Tumorzellen auf den Normalwert anheben, daher wird diese Therapie auch als "high pH therapy" bezeichnet. Des Weiteren soll Cäsium dazu führen, dass Tumorzellen weniger Glucose (Traubenzucker) aufnehmen können und somit verhungern.
Befürworter wenden CsCl in Form von Tabletten oder als Infusion an. Nach üblichen Empfehlungen sollen zwischen einem und sechs Gramm täglich eingenommen werden.
Wissenschaftlich ist es jedoch nicht erwiesen, dass in Tumorzellen stets ein niedrigerer pH-Wert vorliegt als in gesunden Körperzellen. Auch ist es nicht erwiesen, dass die Aufnahme von Cäsium oder Cäsiumsalzen den intrazellulären pH-Wert von Tumozellen anhebt.[5]
Zu erfolgreichen Anwendungen von Cäsiumchlorid bei Krebserkrankungen liegen neben anekdotenhaften Berichten von Seiten der Befürworter im Internet nur unverblindete Kleinstudien ohne Kontrollgruppe vor. Veröffentlichte kontrollierte Studien zum Thema liegen nicht vor (Stand 2009). Andererseits sind Einzelberichte von Patientenschicksalen bekannt, die Zwischenfälle und ein Versagen dieser Therapie dokumentieren. Daher wird diese Therapie von Fachgesellschaften abgelehnt.[6]
Nebenwirkungen / Gefahren
In den letzten Jahren kam es zur Veröffentlichung von Berichten über schwere Nebenwirkungen nach Cäsiumchlorideinnahme bei Krebskranken, die sich selbst damit zu behandeln versuchten. Berichtet wurde dabei über:
- Lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen bis zum Herzstillstand
- Krämpfe
- Bewusstlosigkeit
- Veränderungen der Elektrolytkonzentrationen im Blut, Kaliumverluste.
Einige Anbieter der Methode sind zynischerweise der Meinung, dass die lebensbedrohlichen Kaliumverluste durch das Essen einer Banane wieder auszugleichen seien, da in einer Banane ja ein halbes Gramm Kalium enthalten sei.
Literatur
- Sartori H. E. "Cesium therapy in cancer patients." Pharmacol Biochem Behav. 1984;21 Suppl 1:11-3.PMID: 6522427.
- Dalal AK, Harding JD, Verdino RJ. Acquired long QT syndrome and monomorphic ventricular tachycardia after alternative treatment with cesium chloride for brain cancer. Mayo Clin Proc. 2004:79(8);1065-1069. (Erratum Mayo Clin Proc. 2004:79(9);1215)
- Lyon AW. Mayhew WJ. Cesium toxicity: a case of self-treatment by alternate therapy gone awry. Ther Drug Monit. 2003;25:114-116.
- Samadani U, Marcotte P. Zero efficacy with cesium chloride self-treatment for brain cancer. Mayo Clin Proc. 2004;79:1588.
- El-Domeiri AA, Messiha FS, Hsia WC. Effect of alkali metal salts on sarcoma I in A/J mice. J Surg Oncol. 1981;18:423-429.
- Neulieb R. Effect of oral intake of cesium chloride: a single case report. Pharmacol Biochem Behav.1984;21 Suppl 1:15-16.
- Pinsky C, Bose R. Pharmacological and toxicological investigations of cesium. Pharmacol Biochem Behav.1984;21 Suppl 1:17-23.
- Pinter A, Doran P, Newman D. Cesium-induced torsades de pointes. New Engl J Med. 2002:346;383-384.
- Sartori HE. Nutrients and cancer: an introduction to cesium therapy. Pharmacol Biochem Behav. 1984;21 Suppl 1:7-10.
Weblinks
- http://www.cancer.org/docroot/ETO/content/ETO_5_3X_Cesium_Chloride.asp
- http://de.wikipedia.org/wiki/Caesiumchlorid
- http://www.mskcc.org/mskcc/html/69172.cfm Accessed June 4, 2008.
- Cancermind: CESIUM CHLORIDE CANCER PROTOCOL SERIOUS SIDE EFFECTS.
Quellennachweise
- ↑ Hulda Clark: [...] DMSO, 5 ml (100%) erhöht die Durchdringungskraft anderer Ergänzungsmittel, differenziert (normalisiert) Tumorgewebe [...] Caesiumchlorid, anfänglich 3 g pro Tag. Dann 6 g täglich, es sei denn, es tritt Uebelkeit auf [...] The Cure for all Advanced Cancers, Seiten 172-175
- ↑ FDA alerts health care professionals of significant safety risks associated with cesium chloride. FDA. 23.7.2018
- ↑ Bellamy J. FDA blacklists cesium chloride, ineffective and dangerous naturopathic treatment. Science-Based Medicine. 2.8.2018
- ↑ Cardiac Risks Associated with Cesium Chloride. Medical Information Recalls and Advisories. By Health Canada - Sep 17, 2009. Health Canada Warns Canadians of Cardiac Risks Associated with Cesium Chloride [1]
- ↑ http://www.cancer.org/docroot/ETO/content/ETO_5_3X_Cesium_Chloride.asp
- ↑ Health Canada advises against any use of unauthorized oral or intravenous stable cesium compound. http://www.disabled-world.com/medical/recalls/cesium-chloride.php Cardiac Risks Associated with Cesium Chloride. Medical Information Recalls and Advisories By Health Canada - Sep 17, 2009 5:02:24 PM