Haifit: Unterschied zwischen den Versionen
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'''Haifit''' (Haifischknorpel, engl. ''shark cartilage'') war ein umstrittenes [[pseudomedizin]]isches Präparat, das von seinen Befürwortern als wirksam gegen Krebs, Osteoporose und Arthritis beworben wurde. Es gibt keinen seriösen Hinweis auf Wirksamkeit. | '''Haifit''' (Haifischknorpel, engl. ''shark cartilage'') war ein umstrittenes [[pseudomedizin]]isches Präparat, das von seinen Befürwortern als wirksam gegen Krebs, Osteoporose und Arthritis beworben wurde. Es gibt keinen seriösen Hinweis auf Wirksamkeit. | ||
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+ | Die angebliche Wirksamkeit von Haiknorpel soll auf der Tatsache beruhen, dass Haie und Rochen nicht an Krebs erkranken. Allerdings sind Haie keineswegs immun gegen Krebs. Gute Zusammenfassungen über die Krebsraten bei niederen Wirbeltieren geben bereits die Artikel von Schlumberger und Lucke (1948!) und Wellings (1969). Darüber hinaus wird seit 1965 an der Smithsonian Institution bzw. seit 1995 am George Washington University Medical Center kontinuierlich an der "Registry of Tumors in Lower Animals" (RTLA) gearbeitet. Zwischen 1965 und 1991 verifizierte der Direktor der RTLA, John Harshbarger, an Elasmobranchiern (Haien und Rochen) folgende Tumoren: | ||
+ | *Retikulumzellsarkom (malignes Lymphom) | ||
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+ | *Renales Adenokarzinom (Nierenkarzinom) | ||
+ | *Epidermalpapillom (Hautpapillom) | ||
+ | *Seminom (Hodentumor) | ||
+ | *Hepatozytenadenom (Leberzellkarzinom) | ||
+ | Allderings, so Carl A. Luer, Leiter des meeresbiochemischen Forschungsprogramms (Marine Biomedical Research Program) am Mote Marine Laboratory (Florida), scheint die Krankheitsrate von Haien und Rochen niedriger zu sein als bei höheren Fischen. Im Vergleich mit dem Immunsystem höher entwickelter Tiere wurden sowohl Ähnlichkeiten als auch Unterschiede in der genetischen Organisation der Immunglobuline gefunden (Litman 1996). "Die Annahme aber, das Immunsystem der Elasmobranchier sei besser als das menschliche, ist sicherlich ohne jede wissenschaftliche Basis", stellt Luer (1999) fest.<ref>[http://www.gwup.org/zeitschrift/skeptiker-archiv/741-sind-haie-gegen-krebs-immun- Erich Eder (2002) Sind Haie gegen Krebs immun? Alternativmedizin versus Artenschutz]</ref> | ||
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+ | Aber selbst wenn Haie immun gegen Krebs wären, ist es unplausibel, wieso die Einnahme ihrer Knorpel oder anderer Körperteile Krebs heilen oder vorbeugen sollen, ebenso wenig, wie der mittelalterlich anmutende Aberglauben der Chinesen, dass geriebene Rhinozeroshörner oder Tigerzähne gegen Impotenz helfen sollen. | ||
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+ | ==Vermarktung== | ||
Von der in Starnberg ansässigen Firma Medisana Medizinische Vertriebsgesellschaft, Wilhelmshöhenstraße 16, 82319 Starnberg (nicht zu verwechseln mit der Fa. Medisana AG aus Meckenheim), wurde Mitte der 1990er Jahre das Produkt Haifit als Mittel gegen Krebs propagiert. Kernpunkt dieser Behauptung war die angebliche Beobachtung, dass Haie keinen Krebs bekommen würden. Dass diese Behauptung falsch ist, wird von John C. Harshberger, Direktor der Registry of tumors in lower animals der Smithonian Institution in Washington D.C. belegt. In diesem Register sind mehrere Dutzend Reporte über Krebs bei Haien dokumentiert.<ref>http://www.sharkinfo.ch/SI1_96d/knorpel.html</ref><ref>Artikel ''Haie kriegen Krebs ! - Knorpel blockiert die Neubildung von Blutgefäßen. Daher kann Knorpel auch die Tumorbildung hemmen. Haie wiederum haben viel Knorpel und bekommen offenbar keine Tumoren. Ergo: Wenn ich zerriebenen Haiknorpel schlucke, schütze ich mich gegen Krebs. Humbug! Vor allem, weil Haie sehr wohl Krebs kriegen.'', Laborjournal, 9. September 2010. [http://www.laborjournal.de/editorials/449.html Volltext]</ref> | Von der in Starnberg ansässigen Firma Medisana Medizinische Vertriebsgesellschaft, Wilhelmshöhenstraße 16, 82319 Starnberg (nicht zu verwechseln mit der Fa. Medisana AG aus Meckenheim), wurde Mitte der 1990er Jahre das Produkt Haifit als Mittel gegen Krebs propagiert. Kernpunkt dieser Behauptung war die angebliche Beobachtung, dass Haie keinen Krebs bekommen würden. Dass diese Behauptung falsch ist, wird von John C. Harshberger, Direktor der Registry of tumors in lower animals der Smithonian Institution in Washington D.C. belegt. In diesem Register sind mehrere Dutzend Reporte über Krebs bei Haien dokumentiert.<ref>http://www.sharkinfo.ch/SI1_96d/knorpel.html</ref><ref>Artikel ''Haie kriegen Krebs ! - Knorpel blockiert die Neubildung von Blutgefäßen. Daher kann Knorpel auch die Tumorbildung hemmen. Haie wiederum haben viel Knorpel und bekommen offenbar keine Tumoren. Ergo: Wenn ich zerriebenen Haiknorpel schlucke, schütze ich mich gegen Krebs. Humbug! Vor allem, weil Haie sehr wohl Krebs kriegen.'', Laborjournal, 9. September 2010. [http://www.laborjournal.de/editorials/449.html Volltext]</ref> | ||
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*http://www.sharkinfo.ch/SI1_96d/knorpel.html | *http://www.sharkinfo.ch/SI1_96d/knorpel.html | ||
*http://wissen.spiegel.de/wissen/dokument/dokument.html?id=8916946&top=SPIEGEL | *http://wissen.spiegel.de/wissen/dokument/dokument.html?id=8916946&top=SPIEGEL | ||
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*[http://www.laborjournal.de/editorials/449.html Laborjournal-Artikel ''Haie kriegen Krebs !] | *[http://www.laborjournal.de/editorials/449.html Laborjournal-Artikel ''Haie kriegen Krebs !] | ||
*http://en.wikipedia.org/wiki/Shark_cartilage (englisch) | *http://en.wikipedia.org/wiki/Shark_cartilage (englisch) |
Version vom 22. November 2010, 07:05 Uhr
Haifit (Haifischknorpel, engl. shark cartilage) war ein umstrittenes pseudomedizinisches Präparat, das von seinen Befürwortern als wirksam gegen Krebs, Osteoporose und Arthritis beworben wurde. Es gibt keinen seriösen Hinweis auf Wirksamkeit.
Krebs bei Elasmobranchiern (Haie und Rochen)
Die angebliche Wirksamkeit von Haiknorpel soll auf der Tatsache beruhen, dass Haie und Rochen nicht an Krebs erkranken. Allerdings sind Haie keineswegs immun gegen Krebs. Gute Zusammenfassungen über die Krebsraten bei niederen Wirbeltieren geben bereits die Artikel von Schlumberger und Lucke (1948!) und Wellings (1969). Darüber hinaus wird seit 1965 an der Smithsonian Institution bzw. seit 1995 am George Washington University Medical Center kontinuierlich an der "Registry of Tumors in Lower Animals" (RTLA) gearbeitet. Zwischen 1965 und 1991 verifizierte der Direktor der RTLA, John Harshbarger, an Elasmobranchiern (Haien und Rochen) folgende Tumoren:
- Retikulumzellsarkom (malignes Lymphom)
- Schwannom (Neurinom)
- Choroidpapillom (Hirnkarzinom)
- Cholangiom (Gallengangkarzinom)
- Chondrom (Knorpelsarkom)
- Renales Adenokarzinom (Nierenkarzinom)
- Epidermalpapillom (Hautpapillom)
- Seminom (Hodentumor)
- Hepatozytenadenom (Leberzellkarzinom)
Allderings, so Carl A. Luer, Leiter des meeresbiochemischen Forschungsprogramms (Marine Biomedical Research Program) am Mote Marine Laboratory (Florida), scheint die Krankheitsrate von Haien und Rochen niedriger zu sein als bei höheren Fischen. Im Vergleich mit dem Immunsystem höher entwickelter Tiere wurden sowohl Ähnlichkeiten als auch Unterschiede in der genetischen Organisation der Immunglobuline gefunden (Litman 1996). "Die Annahme aber, das Immunsystem der Elasmobranchier sei besser als das menschliche, ist sicherlich ohne jede wissenschaftliche Basis", stellt Luer (1999) fest.[1]
Wirksamkeit
Aber selbst wenn Haie immun gegen Krebs wären, ist es unplausibel, wieso die Einnahme ihrer Knorpel oder anderer Körperteile Krebs heilen oder vorbeugen sollen, ebenso wenig, wie der mittelalterlich anmutende Aberglauben der Chinesen, dass geriebene Rhinozeroshörner oder Tigerzähne gegen Impotenz helfen sollen.
Vermarktung
Von der in Starnberg ansässigen Firma Medisana Medizinische Vertriebsgesellschaft, Wilhelmshöhenstraße 16, 82319 Starnberg (nicht zu verwechseln mit der Fa. Medisana AG aus Meckenheim), wurde Mitte der 1990er Jahre das Produkt Haifit als Mittel gegen Krebs propagiert. Kernpunkt dieser Behauptung war die angebliche Beobachtung, dass Haie keinen Krebs bekommen würden. Dass diese Behauptung falsch ist, wird von John C. Harshberger, Direktor der Registry of tumors in lower animals der Smithonian Institution in Washington D.C. belegt. In diesem Register sind mehrere Dutzend Reporte über Krebs bei Haien dokumentiert.[2][3]
Das Produkt bestand laut Packungsbeilage aus Haifischknorpelpulver, Gelatine, Haferflocken und Apfelpulver, Aromastoffen, dem Säuerungsmittel Sorbit, Vitamin E sowie den beiden Enzymen Bromelain und Papain.
Seine Eigenwerbung versprach u.a. Heilwirkung für Muskeln, Gelenke und sogar bei Osteoporose und Arthritis. Der Preis für das Wundermittel war enorm. Circa 60 Euro kostete eine Packung mit dreißig Beuteln. Wer, wie empfohlen, zwei bis drei Beutel pro Tag zu sich nimmt, gibt täglich 4-6 Euro aus.
Haifit war nach Angaben zweier Vertriebsfirmen (Haifit aus der BRD, Ottikur/Meditech aus der Schweiz) aus nicht verwertbarem Beifang der Hochseefischerei entstanden. Haie, die in die Netze gingen, würden entsprechend verwertet. Aber diese Behauptung ist nach Angaben von Elasmo[4] falsch, da Haie heutzutage durchaus gezielt wegen ihres Skeletts und ihrer Flossen gefangen werden.
Der Marburger Apotheker Georg Huesman[5] hatte sich über Haifit (Produkt der Starnberger Firma Medisana), einem Heilmittel aus Haifischknorpeln zur Anregung von Knorpelwachstum bei Gelenkerkrankungen so geärgert, dass er das Mittel als Scheiß des Monats in sein Schaufenster stellte. Der Vertreiber verklagte daraufhin Huesman auf Zahlung von 150.000 Euro Schadensersatz, denn als die Sache ins TV kam, ging der Umsatz mit Haifit auf Null zurück. Über die Schadensersatzklage wurde am 30. April 1996 verhandelt, nachdem vorher von der Firma Medisana erfolgreich (!) eine einstweilige Verfügung gegen Huesman erwirkt worden war, die ihm die Behauptung, dass das Teil ein 'Scheiß des Monats' sei, gegen Strafandrohung von 100.000 Euro untersagte. Diese einstweilige Verfügung wurde am 23. Mai 1996 bestätigt.
Am 24. April 1997 hat das Landgericht München die Schadensersatzklage von mittlerweile 150.000 Euro der Fa. Medisana gegen Huesman jedoch zurückgewiesen. Medisana zog daraufhin vor den Bundesgerichtshof und unterlag im Februar 1999 letztinstanzlich mit ihrer Schadensersatzklage.
Die Entscheidung des Münchner Landgerichts vom April 1997, den Vertrieb von Haifit zu stoppen und es als nicht verkehrsfähig einzustufen, wurde vom Bayr. Verwaltungsgericht im Mai 1997 kassiert. Seit dieser Zeit darf Haifit - nun als Nahrungsergänzungsmittel - bundesweit vertrieben werden. Damit ist ein unwirksames Wundermittel wieder legal im Verkehr. Solange der Anbieter nur unter der Hand Werbung für sein Wundermittel betreibt, kann er dies ohne Ärger mit der deutschen Justiz tun. Ein typisches Beispiel für den tatsächlichen Wert des Rechtssystems und ein Maß für das geringe Verbraucherschutzniveau in der BRD.
Der kommerzielle Fang von Haien, u.a. für "medizinische" Zwecke, führt dazu, dass viele Haiarten inzwischen vom Aussterben bedroht sind.[6]
Schadensfälle: Bisher keine bekannt.
Fazit: Maßlos überteuertes Lebensmittel ohne medizinischen Nutzen, das zur Gefährdung von Tierarten beiträgt.
Literatur
- Gregor Huesmann und Petra Kniebes: Schwarzbuch Wundermittel. Verlag: Hirzel, Stuttgart (2000). ISBN-10: 3777610054 ISBN-13: 978-3777610054
- Artikel Haie kriegen Krebs ! - Knorpel blockiert die Neubildung von Blutgefäßen. Daher kann Knorpel auch die Tumorbildung hemmen. Haie wiederum haben viel Knorpel und bekommen offenbar keine Tumoren. Ergo: Wenn ich zerriebenen Haiknorpel schlucke, schütze ich mich gegen Krebs. Humbug! Vor allem, weil Haie sehr wohl Krebs kriegen., Laborjournal, 9. September 2010. Volltext
Weblinks
- http://www.sharkinfo.ch/SI1_96d/knorpel.html
- http://wissen.spiegel.de/wissen/dokument/dokument.html?id=8916946&top=SPIEGEL
- Laborjournal-Artikel Haie kriegen Krebs !
- http://en.wikipedia.org/wiki/Shark_cartilage (englisch)
- Ocean of Pseudoscience: Sharks DO get cancer!
- Do Sharks Hold Secret to Human Cancer Fight?
Quellennachweise
- ↑ Erich Eder (2002) Sind Haie gegen Krebs immun? Alternativmedizin versus Artenschutz
- ↑ http://www.sharkinfo.ch/SI1_96d/knorpel.html
- ↑ Artikel Haie kriegen Krebs ! - Knorpel blockiert die Neubildung von Blutgefäßen. Daher kann Knorpel auch die Tumorbildung hemmen. Haie wiederum haben viel Knorpel und bekommen offenbar keine Tumoren. Ergo: Wenn ich zerriebenen Haiknorpel schlucke, schütze ich mich gegen Krebs. Humbug! Vor allem, weil Haie sehr wohl Krebs kriegen., Laborjournal, 9. September 2010. Volltext
- ↑ http://www.elasmo.de/gefavhur.htm
- ↑ Gregor Huesmann und Petra Kniebes: Schwarzbuch Wundermittel. Verlag: Hirzel, Stuttgart (2000) ISBN-10: 3777610054 ISBN-13: 978-3777610054
- ↑ http://www.greenpeace-magazin.de/index.php?id=4796
Dieser Text ist ganz oder teilweise von Paralex übernommen