Neurotheologie: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 19. Oktober 2010, 19:56 Uhr
Neurotheologie ist ein Schlagwort für Versuche, religiöse Phänomene neurophysiologisch zu interpretieren.
Vertreter
Experimente, in denen mit von außen angelegten magnetischen Feldern (Transkranielle Magnetstimulation TMS) bei 80 Prozent der Probanden das Gefühl der Präsenz einer „höheren Wirklichkeit“ erzeugt werden konnte, machten den kanadischen Neurologen Michael Persinger bekannt. Viele seiner religiösen Probanden sprachen davon, von Gott berührt worden zu sein, Atheisten dagegen von einer gefühlten Verbundenheit mit dem Universum.
Bildgebende Verfahren setzte Andrew Newberg von der University of Pennsylvania ein, um der Meditationserfahrung neurowissenschaftlich näher zu kommen. Die Ergebnisse bezog er in neurobiologisch begründbare Theorien zur Bildung von Mythen und Ritualen ein.
Unabhängige Wiederholungsstudien zeigen aber unterschiedliche Ergebnisse. So fand Mario Beauregard mehr Gehirnregionen an Meditationen beteiligt als Newberg angenommen hatte. Und in einer Doppelblind-Studie von Pehr Granqvist mit Magnetfeldstimulationen nach Persinger zeigte sich, dass Probanden, deren Helme nicht aktiviert waren, genauso häufig von spirituellen Erlebnissen berichteten wie jene, deren Helme aktiv waren.[1]
In Deutschland beteiligte sich vor allem Detlef Linke an der Debatte, auch mit populärwissenschaftlichen Büchern (Religion als Risiko) und Vorträgen.
In Indien veröffentlichte der Neurologe und Esoteriker Sudhir V. Shah zur Neurotheologie. Shah, der der Jain-Religion nahesteht, machte insbesondere durch Untersuchungen bei Menschen auf sich aufmerksam, die behaupten, ohne Nahrung leben zu können.
Religiöse Deutungen
Vereinzelt zu beobachten sind Versuche religiöser Deutungen neurobiologischen Geschehens, etwa bei Laurence McKinneys Buch Neurotheology, das sich um eine neurologische Legitimation des Buddhismus bemüht oder der Vermutung, die stimulierbaren Regionen des Gehirns seien ein Art „Mailbox Gottes“, durch die der Heilige Geist Gottes dem Menschen, der betet, seine Antworten und Informationen in Form von Eingebungen und Erleuchtungen zukommen lässt.
Literatur
- Newberg, Andrew / D’Aquili, Eugene / Rause, Vince: Der gedachte Gott, Piper, München 2003, ISBN 3-492-24138-7
- Wolf, Gerald: Der HirnGott (Wissenschaftsroman), Dr. Ziethen Verlag 2005; 2. Aufl. Sich Verlag 2008, ISBN 978-3-9811692-8-7
- Linke, Detlef: Identität, Kultur und Neurowissenschaften., in: Gephart W et al: Religion und Identität im Horizont des Pluralismus. Suhrkamp, Frankfurt am Main (1999) 72-80, ISBN 3-518-29011-8
- Hafner, Urs: Gott im Kopf. Wie die Wissenschaft den Glauben erklärt, in: Stapferhaus Lenzburg (Hg.), Glaubenssache. Ein Buch für Gläubige und Ungläubige, Baden 2006, 54–60, ISBN 3-03919-038-5.
- Vaas, Rüdiger: Gott und Gehirn, in: Peter R. Sahm u.a. (Hg.): Der Mensch im Kosmos. Discorsi Verlag, Hamburg 2005, 181-208, ISBN 3-9807330-8-4.
- Karger, Angelika; Karim, Ahmed,'Zur Kritik der Neurotheologie, Forum Technik, Theologie, Naturwissenschaften, Nr. 16, 19-36, München 2006, ISBN 3-89675-956-6
- Vaas, Rüdiger / Blume, Michael: Gott, Gene und Gehirn, Hirzel, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-7776-1634-6
- Blume, Michael: Neurotheologie – Hirnforscher erkunden den Glauben, Marburg 2009, ISBN 978-3-8288-9933-9 Online-Ressource der zugrunde liegenden Dissertation
Weblinks
- Marcus Knaup: "Wohnt Gott im Gehirn?", in: sciencegarden - Magazin für junge Forschung 03/2007
- Lisa Peter: "Religion - Hirngespinst oder evolutionärer Vorteil?", in: In.Put (Wissenschaftsmagazin Universität Tübingen) 03/2007
- Wie das Gehirn Gott erschuf - Neurotheologie in der Diskussion; 3sat Sendung vom 29.6.2006 die hierher verlinkt
- Christa Tamara Kaul: Warum der Mensch glaubt (Telepolis)
- Hans Goller: Religiöses Erleben und Hirntätigkeit. Eine Auseinandersetzung mit der Neurotheologie, Audiodateien der Konferenz "Ich denke, also bin ich Ich?" 2005
Quellennachweise
- ↑ Ulrich Schnabel: "Neurobiologische Gottesbeweise" In: ZEIT Wissen 01/2008, S. 24
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