Bambi-Syndrom: Unterschied zwischen den Versionen
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− | Das Bambi-Syndrom wurde nach der Walt-Disney-Trickfilmfigur [http://de.wikipedia.org/wiki/Bambi_(Film) Bambi], einem Weißwedel-Hirschkalb benannt. In diesem Film wird der Gegensatz Natur (gut) Mensch (böse) thematisiert, indem die Tiere des Waldes als niedlich, gut und in einer Idylle lebend dargestellt werden, während der Mensch nur als ein böser, Tiere tötender Jäger auftaucht, der sich zudem unwaidmännischer Jagdmethoden bedient. Raubtieren, die andere Tiere als Beute töten, sind in dem Trickfilm ebenfalls nicht zu sehen, während diese in dem Roman | + | Das Bambi-Syndrom wurde nach der Walt-Disney-Trickfilmfigur [http://de.wikipedia.org/wiki/Bambi_(Film) Bambi], einem Weißwedel-Hirschkalb benannt. In diesem Film wird der Gegensatz Natur (gut) Mensch (böse) thematisiert, indem die Tiere des Waldes als niedlich, gut und in einer Idylle lebend dargestellt werden, während der Mensch nur als ein böser, Tiere tötender Jäger auftaucht, der sich zudem unwaidmännischer Jagdmethoden bedient. Raubtieren, die andere Tiere als Beute töten, sind in dem Trickfilm ebenfalls nicht zu sehen, während diese in dem Roman „''Bambi. Eine Lebensgeschichte aus dem Walde''" des österreichischen Schriftstellers Felix Salten, der als Vorlage für den Film diente, noch vorkommen. |
Der Ausdruck Bambi-Syndrom wurde 1972 zum ersten Mal in der amerikanischen Jagdpresse erwähnt. Seit dem wurde er mehr und mehr zum geflügelten Wort. Zunächst wurde nur davon gesprochen, wenn das Verhalten wilder Tiere naturverfälschend und unsachlich dargestellt wurde und die Kinder dadurch eine verzerrte und sentimentale Naturauffassung bekamen. Mit der Zeit wuchs die Bedeutung des Bambi-Syndroms. Als 1988 große Gebiete des Yellowstone Nationalparks in Flammen aufgingen, gab man dem Bambi-Syndrom die Schuld daran. Denn durch die übertrieben Schutzmaßnahmen (Durchforstungsverbot bei gleichzeitiger penibler Waldbrandbekämpfung) hatte sich unnatürlich viel brennbares Material angesammelt. Für den Anthropologen Richard Nelson ist das Bambi-Syndrom, „ein deutliches Zeichen, wie das Verhältnis vom Mensch zur Natur zunehmend | Der Ausdruck Bambi-Syndrom wurde 1972 zum ersten Mal in der amerikanischen Jagdpresse erwähnt. Seit dem wurde er mehr und mehr zum geflügelten Wort. Zunächst wurde nur davon gesprochen, wenn das Verhalten wilder Tiere naturverfälschend und unsachlich dargestellt wurde und die Kinder dadurch eine verzerrte und sentimentale Naturauffassung bekamen. Mit der Zeit wuchs die Bedeutung des Bambi-Syndroms. Als 1988 große Gebiete des Yellowstone Nationalparks in Flammen aufgingen, gab man dem Bambi-Syndrom die Schuld daran. Denn durch die übertrieben Schutzmaßnahmen (Durchforstungsverbot bei gleichzeitiger penibler Waldbrandbekämpfung) hatte sich unnatürlich viel brennbares Material angesammelt. Für den Anthropologen Richard Nelson ist das Bambi-Syndrom, „ein deutliches Zeichen, wie das Verhältnis vom Mensch zur Natur zunehmend |
Version vom 3. August 2010, 13:35 Uhr
Das Bambi-Syndrom ist eine Einstellung von Menschen zur Natur, bei der diese moralisiert und infantilisiert wird. Die Natur ist etwas Gutes, Schönes, Sauberes, Harmonisches, Perfektes und Hilfloses, das man nicht verletzen oder gar töten darf. Im Gegensatz dazu ist alles Menschliche böse, zerstörerisch und gegen die Natur gerichtet. Demnach ist es z.B. ein Vergehen, Bäume zu fällen und Wild zu jagen (siehe auch Tierrechte).
Diese Ansicht steht in einem krassen Gegensatz zur Realität, denn in der Natur herrscht keineswegs diese Form der Harmonie, sondern ein ständiger Kampf ums Überleben, bei dem schwache und kranke Lebewesen herausselektiert werden und Tiere leiden.
Das Bambi-Syndrom könnte auch teilweise erklären, warum viele Menschen den Versprechungen angeblich natürlicher, ursprünglicher oder ganzheitlicher Heilmethoden, Ernährungs- und Lebensweisen folgen und auf fragwürdige Angebote hereinfallen.
Geschichte
Das Bambi-Syndrom wurde nach der Walt-Disney-Trickfilmfigur Bambi, einem Weißwedel-Hirschkalb benannt. In diesem Film wird der Gegensatz Natur (gut) Mensch (böse) thematisiert, indem die Tiere des Waldes als niedlich, gut und in einer Idylle lebend dargestellt werden, während der Mensch nur als ein böser, Tiere tötender Jäger auftaucht, der sich zudem unwaidmännischer Jagdmethoden bedient. Raubtieren, die andere Tiere als Beute töten, sind in dem Trickfilm ebenfalls nicht zu sehen, während diese in dem Roman „Bambi. Eine Lebensgeschichte aus dem Walde" des österreichischen Schriftstellers Felix Salten, der als Vorlage für den Film diente, noch vorkommen.
Der Ausdruck Bambi-Syndrom wurde 1972 zum ersten Mal in der amerikanischen Jagdpresse erwähnt. Seit dem wurde er mehr und mehr zum geflügelten Wort. Zunächst wurde nur davon gesprochen, wenn das Verhalten wilder Tiere naturverfälschend und unsachlich dargestellt wurde und die Kinder dadurch eine verzerrte und sentimentale Naturauffassung bekamen. Mit der Zeit wuchs die Bedeutung des Bambi-Syndroms. Als 1988 große Gebiete des Yellowstone Nationalparks in Flammen aufgingen, gab man dem Bambi-Syndrom die Schuld daran. Denn durch die übertrieben Schutzmaßnahmen (Durchforstungsverbot bei gleichzeitiger penibler Waldbrandbekämpfung) hatte sich unnatürlich viel brennbares Material angesammelt. Für den Anthropologen Richard Nelson ist das Bambi-Syndrom, „ein deutliches Zeichen, wie das Verhältnis vom Mensch zur Natur zunehmend aus dem Lot geraten ist“.[1]
Der erste, der das Bambi-Syndrom wissenschaftlich beschrieb, war 1993 der Marburger Soziologe Rainer Brämer, der darunter den „Verniedlichungs-Impuls“ und die „Naturentfremdung“ besonders von Jugendlichen umschreibt.[1]
Ursachen
Das Bambi-Syndrom ist besonders unter städtischen jungen Menschen verbreitet. Ursache hierfür könnte u. A. die wachsende Distanz zwischen der alltäglichen Lebenswelt und ihrem natürlichen Fundament sein, die ein widersprüchliches Patchwork aus Naturverklärung, Naturkulisse und gedankenlosem Naturverbrauch entstehen lässt, erkennbar daran, dass gerade diese Menschen kaum Kenntnisse über einheimische Tier- und Pflanzenarten haben.[2]
Die Natur nimmt einen unbestrittenen Spitzenplatz in der Wertehierarchie von jungen Menschen ein, 90% glauben, ohne sie nicht auszukommen und plädieren sogar für ein Recht auf Natur (siehe Tiefenökologie). Fast ebensoviel gestehen Tieren ein eigenständiges Lebensrecht und eine eigene Seele zu. Aber das Interesse an der Natur nimmt stetig ab. Rund die Hälfte hat nicht das geringste Interesse daran, mehr über die Natur zu erfahren, nur 7% engagieren sich eigenen Angaben zufolge aktiv für den Natur- oder Umweltschutz.[2]
In einer Befragung der Universität Marburg von jeweils 1.200 hessischen Schülern der Klassen 6, 9 und 12 (2002) und 1.200 Schülern der Klassen 6 und 9 aus Bayern, Hessen und NRW, wurde festgestellt, dass die Befragten Folgendes nicht benennen konnten:
- 44% die Früchte von Buchen (häufigster Waldbaum in Hessen)
- 62% die Früchte des Kakaobaums (Basis des Schokoriegels)
- 75% die Farbe der Vanillefrüchte (Lieblingsspeisen Eis, Pudding)
- 90% die Früchte der Rose (mit Abstand jugendliche Lieblingsblume)
- Mehr als die Hälfte der Schüler in Nordrhein-Westfalen ahnt nicht, dass Rosinen getrocknete Trauben sind.
- Zahlreiche Schüler wissen auch nicht, dass Sahne und Pudding aus natürlichen Rohstoffen hergestellt werden.
Im Gegensatz dazu haben die jungen Menschen ein überzogen rosarotes Bild von der Natur. 70% sehen in ihr pure Harmonie wirken und finden alles, was natürlich ist, gut. 80% bejahen Naturschutzgebiete und finden, dass das Wild seine Ruhe braucht. 90% behaupten, ohne Natur nicht leben zu können. 80% der Jugendlichen finden, dass Tiere eine Seele haben (Bäume: 40%). Man gibt zwar vor, ohne Natur nicht leben zu können, aber interessiert sich nicht mehr sonderlich dafür. Man bekennt sich zum Naturschutz, aber kennt das Schutzobjekt nur noch dürftig (Artenschutz ohne Artenkenntnis). Die Hochschätzung der Natur bleibt abstrakt und wird nicht auf die eigene Person bezogen. Die wirtschaftliche Nutzung der Natur wird ausgeblendet und verdrängt. Der Zusammenhang von Aufzucht und Ernte geht verloren.
Bambi-Effekt
Das Bambi-Syndrom ist nicht zu verwechseln mit dem Bambi-Effekt: Hier wird die Tötung von niedlich oder besonders ästhetisch aussehenden Tieren (z.B. mit dem Kindchenschema) abgelehnt, während man Tieren, die nach menschlichem Maßstab diese Merkmale weniger zeigen, gegenüber eher gleichgültig ist, selbst wenn diese gefährdet sind. Dies macht man sich im Artenschutz zu nutze, indem man allgemein als ästhetisch empfundene Arten als Symboltiere verwendet (sog. Flaggschiff-Arten, z.B. der Große Panda beim WWF).
Siehe auch
Literatur
- Cartmill, Matt: Das Bambi-Symdrom,Rowohlt Tb Verlag. (1995), ISBN-10: 3499555662, ISBN-13: 978-3499555664
Weblinks
- http://www.staff.uni-marburg.de/~braemer/Report.htm
- http://www.spiegel.de/schulspiegel/0,1518,415947,00.html
- http://www.zeit.de/2007/21/Stimmts-Bambi-Syndrom
- http://wanderforschung.de/files/bambikz1234003206.pdf
- http://www.natursoziologie.de/index.php?l=NS