Cranio-Sakrale-Therapie: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 1. März 2009, 17:34 Uhr
Die Cranio-Sakrale-Therapie (Kraniosakrale Osteopathie) ist ein Derivat der Osteopathie und der Alternativmedizin zuzuordnen.
Die kraniosakrale Therapie basiert auf den Lehren der Osteopathie des US-Amerikaners Dr. Andrew Taylor Still (1828-1917). Anfang der 1930iger Jahre wurde das System durch William Garner Sutherland (1873-1954) entwickelt. Im Alter von 25 Jahren gab dieser seinen ursprünglichen Beruf (Journalist) auf, um bei Dr. A. T. Still in Kirksville/Missouri Osteopathie zu studieren. Nach erfolgreichem Abschluss erlangte er 1900 den Titel Doktor der Osteopathie, wobei dessen Qualität fragwürdig ist.
Als Osteopathie-Student war Sutherland aufgefallen, dass die Verbingungsflächen zwischen dem großen Keilbeinflügel und der Schläfenbeinschuppe wie die Kiemen eines Fisches geformt seien. Daraus leitete er die Theorie ab, dass es eine gelenkige Verbindung zwischen den menschlichen Knochen geben würde. Obwohl die anatomische Fachliteratur lehrt, dass die Schädelnähte des Erwachsenen verknöchert sind, ließ Sutherland diese Idee nicht mehr los.
Sutherland war der Auffassung, dass der Schädel pulsiere und das dies durch unterschiedliche Drücke des Liquors bedingt sei, in dem das Gehirn schwimme. Seine Ideen veröffentlichte er in The Cranial Bowl im Jahre 1939. Harold Ives Magoun (1898-1981), erster Präsident der amerikanischen Akademie für Osteopathie im Jahre 1947, griff Sutherlands Ideen auf und veröffentlichte seinerseits 1951 das Buch Osteopathy in the Cranial Field, womit er die Basis der kraniosakralen Osteopathie schuf. Angeblich verpflichtete Sutherland Magoun auf seinem Sterbebett 1954 dazu, die kraniale Osteopathie auch in Europa zu lehren. Seit 1964 begannen Harold Magoun, Viola Frymann und Thomas Schooley dies an der British School of Osteopathy zu tun.
Die Theorie der kraniosakalen Osteopathie
Ausgangspunkt für Diagnose und Therapie ist der sog. kraniosakrale Rhythmus, der wie der Herz- und Atemrhythmus einen eigenständigen Körperrhythmus darstellen soll. Dieser Rhythmus soll angeblich den Stoffwechsel des Organismus und jede einzelne Körperzelle beeinflussen. Mit einer Frequenz von 6-14 pro Minute sollen die Schädelknochen sanft und fast unmerklich nach außen und innen rotieren bzw. auf- und abschwellen. Wenn dieser Rhythmus gestört ist, kann durch entsprechende körperliche Manipulationen, die u.a. am Schädel ansetzen, angeblich eine Heilung bzw. eine Aktivierung der Selbstheilungskräfte bewirkt werden.
Die Theorie der Methode ist unglaubhaft
Beim Erwachsenen kommt es zu keiner Veränderung der Schädelnähte, auch wenn dies immer wieder von entsprechenden Therapeuten der Szene behauptet wird. Die Schädelnähte, sofern altersgerecht verknöchert, bieten beim Erwachsenen eine ähnlich unnachgiebige Struktur wie der reguläre Knochen. Dies wurde u.a. von Hubbard et al. (1971) bereits nachgewiesen.
Auch die Behauptung, dass durch einen im inneren entstehenden Druck (vermittelt durch den wässrigen Liquor) die Knochen sich auf- und abbewegen würden, konnte wiederlegt werden. Wie die nachfolgende Abbildung zeigt, bildet sich der Liquor im Bereich der Ventrikel (= Öffnungen, die etwa in Gehirnmitte liegen) dadurch, dass Flüssigkeit aus den arteriellen Gefäßen durch ein kapilläres Netzwerk aus den Gefäßen 'abgepresst' und in das Gehirninnere geführt wird.
Da die liquorgefüllten Ventrikel untereinander und mit der Gehirnaussenseite in Verbindung stehen, kommt es zu einem permanenten Zustrom von Flüssigkeit in die inneren Ventrikel. Diese fließt nach unten ab, umströmt dabei das Gehirn und verlässt dieses letztlich in Richtung Rückenmark, wo die Flüssigkeit wieder resorbiert wird. Es kommt zu einem mehrfachen, vollständigen Flüssigkeitsaustausch während des Tages. Zwar unterliegt dieses System einem indirekten Druckwechsel, weil der Liquor letztlich indirekt aus der unter Druck stehenden arteriellen Blutbahn stammt, aber der Druck ist zu gering, um den knöchernen Schädel von innen heraus zu beeinflussen. Bei einer Druckzunahme des Liquors wird dieser zuerst eine Verkleinerung der Gehirnmasse nach sich ziehen, weil das weiche ZNS-Gewebe bei weitem nicht so druckfest ist wie der es umgebende Schädelknochen. Die Behauptung, man könne den Liquorfluss mit den Händen erspüren, wird von den kraniosakralen Therapeuten gerne behauptet, wurde aber nie bewiesen. Er darf in das Reich der Fabeln verwiesen werden.
Einen Wirksamkeitsnachweis der kraniosakralen Therapie gibt es bis heute nicht. In einer Übersichtsstudie von Green et al. (1999), in der 33 entsprechende Studien unter die Lupe genommen wurden, konnte kein glaubwürdiger Nachweis der Wirksamkeit der Sutherland'schen Methode gefunden werden.
Hilfe aus dem britischen Königshaus macht populär
Die Sutherland-Methode ist eine Placebotherapie und kann bei entsprechend naivem Patienten und geschickten Therapeuten durchaus Scheinerfolge liefern. Da sie einen nicht unerheblichen Gesprächsanteil hat sowie die Notwendigkeit erfordert, sich tiefergehend mit den (psychischen) Problemen des Patienten zu befassen, ist die Methode vor allem für scheinbar oder tatsächlich gestresste Zeitgenossen interessant. Es ist eine Art 'Wellness'-Programm. In England ist die Methode deshalb beliebt, weil das britische Königshaus nicht nur die Homöopathie, sondern auch die kraniosakrale Therapie tatkräftig finanziell unterstützt. So war u.a. Prinzessin Diana eine prominente Anhängerin der Methode und machte sie in England sehr populär (Ernst 2000).
Weblinks
Quellennachweise
- Ernst E: Neuester Renner der Alterantivmedizin: Schädelgelenke justieren. Münch Med Wschr, 142, Nr.6, 26, 2000
- Du Boulay, O'Connell J, Currie J, Bostick T, Verity P: Further investigations on pulsatile movements in the cerebrospinal fluid pathway. Acta Radiol Diag, 13, 496-523, 1972
- Green C, Martin CW, Bassett K, Kazanjian A: A systematic review of craniosacral therapy: biological plausibility, assessment reliability and clinical effectiveness. Compl Ther Med, 7, 201-207, 1999
- Hubbard RP, Melvin JW, Barodawala IT: Flexure of cranial sutures. J Biomechanics, 4, 491-496, 1971
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