Aurikulotherapie: Unterschied zwischen den Versionen

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Als Varianten der Aurikulotherapie existieren:
 
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*die [[Periphere Hirnstimulation nach Werth]], eine Form einer [[Implantatakupunktur]], bei der bis zu 120 kleine Titanstifte dauerhaft in die Ohrmuschel implantiert werden. Der Erfinder Ulrich Werth glaubt, damit die Parkinsonsche Erkrankung günstig beeinflussen zu können.
 
*die [[Periphere Hirnstimulation nach Werth]], eine Form einer [[Implantatakupunktur]], bei der bis zu 120 kleine Titanstifte dauerhaft in die Ohrmuschel implantiert werden. Der Erfinder Ulrich Werth glaubt, damit die Parkinsonsche Erkrankung günstig beeinflussen zu können.
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*Methode nach Bangerter und Boel, zur Behandlung der Makuladegeneration am Auge.
 
*die [[Liquidakupunktur]]
 
*die [[Liquidakupunktur]]
 
*Auricom, die Kombination der Ohrakupunktur mit der pseudowissenschaftlichen [[Kinesiologie]]
 
*Auricom, die Kombination der Ohrakupunktur mit der pseudowissenschaftlichen [[Kinesiologie]]

Version vom 13. September 2020, 13:26 Uhr

Paul Nogier
Raphaël Nogier

Die Aurikulotherapie (auch Ohrakupunktur) ist eine moderne Variante der ursprünglich aus China stammenden Akupunktur. Sie wurde 1956 vom französischen Arzt und Akupunkteur Paul F. M. Nogier (1908-1996) aus Lyon begründet und breitete sich von Frankreich bis nach China aus, wo sie heute ebenso wie in anderen Ländern praktiziert wird. Sie ist kein integraler Bestandteil der traditionellen chinesischen Akupunktur, sondern bildet ein in sich geschlossenes, eigenständiges System. Eng verwandt ist die Ohrakupunktur mit der Ohrmuscheldiagnostik, auch Auriculodiagnostik genannt, die ebenfalls auf Nogier zurückgehen soll.

Theorie

Die Ohrakupunktur beruht nicht auf der Meridianlehre der Akupunktur. Vielmehr geht sie davon aus, dass sich auf der Ohrmuschel ein Schema des menschlichen Organismus abbilde. Dabei wird der Organismus auf dem Kopf und in hockender Stellung abgebildet. Nogier ordnete bestimmten Stellen an der Ohrmuschel die einzelnen Körperpartien zu.

Mit speziellen Geräten wird der Hautwiderstand der postulierten Akupunkturpunkte gemessen. Bei Rechtshändern tut man dies am linken Ohr, bei Linkshändern am rechten Ohr. Die Szene liefert keine glaubwürdige Anleitung für das zu testende Ohr, wenn der Patient beidhändig ist, was zwar selten ist, aber bei 5-8% der Menschen vorkommt. Therapiert wird mit Hilfe von Akupunkturnadeln, die in die Punkte gestochen werden. Es kommen auch Massagegriffel oder Druckkügelchen zum Einsatz, wenn nicht gestochen werden soll. Die Behandlung wird im Abstand von wenigen Tagen (mehrfach) wiederholt. Es werden auch Dauernadeln verwendet, die Widerhaken aufweisen und mehrere Tage liegen bleiben. Des Weiteren gibt es Titanstifte zur Implantatakupunktur am Ohr und resorbierbare Dauerimplantate (Firma Lametec).

Seit dem Tod des Erfinders Paul Nogier wird die Methode von seinem Sohn Raphaël Nogier (geb. 9. Februar 1953) und verschiedenen europäischen und außereuropäischen Unternehmen weiter propagiert, die entsprechende Kurse und Seminare anbieten.

Empfehlung für eine Vielzahl von Indikationen

Die Befürworter behaupten, mit der Methode Schmerzen aller Art beeinflussen, lindern oder ausschalten zu können. Dies reiche von traumatischem Schmerz z.B. nach Unfällen über Neuralgien, Kopfschmerzen jeder Form und Genese, Ischias, Phantomschmerzen, Schmerzen bei rheumatischen Anfällen oder bei Claudicatio intermittens bis zum Herpes-Zoster-Schmerz. Bereits Nogier empfahl die Aurikulotherapie für die Behandlung aller Leiden, die das zentrale Nervensystem betreffen. Furcht, Platzangst, Besessenheit, Konzentrationsmängel, Schwindel, Stottern usw. sind einige Beispiele. Eine besondere Bedeutung proklamiert die Ohrakupunktur bei der Suchtbehandlung (Alkohol-, Drogen- oder Medikamentenabusus, zur Raucherentwöhnung, zur Bekämpfung der Esssucht). Ohrakupunkteure behaupten, auch bei Allergien, Asthma, Entzündungen und Spasmen innerer Organe von Pankreasaffektionen bis zur Kolitis helfen zu können. Für keine dieser Therapieindikationen gibt es einen glaubhaften Wirksamkeitsnachweis.

Kritik an der Methode

Es gibt eine Untersuchung von Sakka[1], in der 39 Raucher mit Aurikulotherapie behandelt wurden, um ihr Suchtleiden zu behandeln. Nach zwei Monaten hatten 38,5% der Probanden das Rauchen aufgegeben. Dies erscheint zunächst als Wirksamkeitsnachweis des Verfahrens; eine entsprechende Erfolgsrate liegt jedoch absolut im Bereich des Üblichen bei Personen, die das Rauchen beenden wollen. Auch war die Beobachtungszeit zu kurz, um eine dauerhafte Wirkung der Methode zu ermitteln. Üblicherweise kommt es innerhalb des ersten Jahres nach Entschluss zur Nikotinabstinenz in mehr als der Hälfte der anfänglich Suchtbefreiten zu einem Rückfall.

Bereits Melzack und Katz konnten zeigen, dass sich die enthusiastische Behauptung von Aurikulotherapeuten, mit dieser Methode die verschiedensten Schmerzformen lindern zu können, in der Realität nicht bewahrheitete.[2] In einem kontrollierten Cross-Over-Versuch wurden 36 an chronischen Schmerzen leidende Patienten zuerst mit Aurikulotherapie und nachfolgend mit einer Scheinbehandlung therapiert. Unter Verwendung eines Schmerzscore-Fragebogens (McGill Pain Questionnaire) zu beiden Therapiezeitpunkten konnte kein signifikanter Unterschied in der subjektiven Schmerzempfindung ermittelt werden.

Anatomisch ist die Idee der Projektion des Körpers auf dem Ohr nicht haltbar. Es gibt bisher auch keine seriösen Studien, die eine Korrelation zwischen organischen Befunden und Akupunkturpunkten am Ohr bewiesen. Verschiedene Vertreter der Theorie geben sich widersprechende Lokalisationen der Akupunkturpunkte an. In einem Fall ist auf dem Punkt, auf dem angeblich der Fuß abgebildet wird, die Gebärmutter lokalisiert, und wo eine Theorie das Gehirn lokalisiert, ordnen andere Zunge, Mandeln oder Nase zu. Die Ohrakupunktur ist ein Placeboverfahren, die somit den Patienten für eine bestimmte Zeit ablenken, das Grundleiden aber nicht beseitigen kann.

Die Szene in Deutschland

Hauptvertreter der Szene ist der Berliner Heilpraktiker Michael Noack. Die Arbeitsgemeinschaft für klassische Akupunktur und traditionelle chinesische Medizin e.V., die seit 1999 von Noack geleitet wird, unterstützt ihn bei entsprechenden Marketingkampagnen. Für Kurse werden vergleichsweise hohe Gebühren verlangt. Weiterhin werden Lasergeräte zur Ohrakupunktur verkauft sowie Bücher, Akupunkturnadeln und Massagegriffel vertrieben.[3]

Die Krankenkassen erstatten die Methode üblicherweise nicht. Die Kosten pro Sitzung können 30-40 Euro betragen. Es handelt sich wie bei der Akupunktur um eine intensiv beworbene Methode ohne Wirksamkeitsnachweis.

Nebenwirkungen

Es wurden direkte und indirekte Nebenwirkungen der Methode beobachtet. Als direkte Nebenwirkungen sind beispielsweise Infektionen durch Akupunkturnadeln anzusehen, die durch die Ohrhaut bis zum Knorpel eingestochen werden. Das Ohr ist vergleichsweise schwach durchblutet, die Chance auf lokale Infektionen, die bis zum Ohrmuschelknorpel reichen und diesen zerstören können, ist aber durchaus vorhanden. Indirekte Nebenwirkungen können dadurch entstehen, dass bei akuten Krankheiten, die einer seriösen Therapie bedürfen, durch intensive Bewerbung der Ohrakupunktur und deren angeblich multifunktionale Wirksamkeit eine schnelle und zielgerichtete Therapie unterbleibt.

Varianten der Aurikulotherapie

Als Varianten der Aurikulotherapie existieren:

  • die Periphere Hirnstimulation nach Werth, eine Form einer Implantatakupunktur, bei der bis zu 120 kleine Titanstifte dauerhaft in die Ohrmuschel implantiert werden. Der Erfinder Ulrich Werth glaubt, damit die Parkinsonsche Erkrankung günstig beeinflussen zu können.
  • Methode nach Bangerter und Boel, zur Behandlung der Makuladegeneration am Auge.
  • die Liquidakupunktur
  • Auricom, die Kombination der Ohrakupunktur mit der pseudowissenschaftlichen Kinesiologie

Anderssprachige Psiram-Artikel

Quellennachweise

  1. Sakka F: Role of auriculotherapy in smoking cessation. Personal experience. Tunis Med, 80, 217-219, 2002
  2. Melzack R, Katz J: Auriculotherapy fails to relieve chronic pain. A controlled crossover study. J Am Med Assoc, 251, 1041-1043, 1984
  3. www.ak-ohrakupunktur.de