MMS2: Unterschied zwischen den Versionen
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Calciumhypochlorit ist das Calciumsalz der Hypochlorigen Säure (Ca(OCl)2). Die ätzend wirkende und umweltschädliche Substanz ist auch als ''Losantin'' oder ''Perchloron'' bekannt und wurde vor über einhundert Jahren zur Hautdesinfektion verwandt. Im neunzehnten Jahrhundert wurde es von Ignaz Semmelweis, einem österreichischen Gynäkologen, bekannt, der es wegen seiner desinfizierenden Wirkung äußerlich einsetzte. Aufgrund seiner schlechten Verträglichkeit auf der Haut ist es seit langem durch besser verträgliche und effektivere Mittel verdrängt worden. Eine innerliche Einnahme von Calciumhypochlorit ist in der Medizin nicht dokumentiert. Das stechend nach Chlor riechende Calciumhypochlorit wurde als Bleichmittel in der Papierindustrie eingesetzt, aus Umweltschutzgründen verwendet man heute jedoch zunehmend andere Substanzen. Eine aktuelle Anwendung von Calciumhypochlorit findet sich bei der Schwimmbaddesinfektion. | Calciumhypochlorit ist das Calciumsalz der Hypochlorigen Säure (Ca(OCl)2). Die ätzend wirkende und umweltschädliche Substanz ist auch als ''Losantin'' oder ''Perchloron'' bekannt und wurde vor über einhundert Jahren zur Hautdesinfektion verwandt. Im neunzehnten Jahrhundert wurde es von Ignaz Semmelweis, einem österreichischen Gynäkologen, bekannt, der es wegen seiner desinfizierenden Wirkung äußerlich einsetzte. Aufgrund seiner schlechten Verträglichkeit auf der Haut ist es seit langem durch besser verträgliche und effektivere Mittel verdrängt worden. Eine innerliche Einnahme von Calciumhypochlorit ist in der Medizin nicht dokumentiert. Das stechend nach Chlor riechende Calciumhypochlorit wurde als Bleichmittel in der Papierindustrie eingesetzt, aus Umweltschutzgründen verwendet man heute jedoch zunehmend andere Substanzen. Eine aktuelle Anwendung von Calciumhypochlorit findet sich bei der Schwimmbaddesinfektion. | ||
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+ | Eine innerliche Einnahme von Calciumhypochlorit reagiere mit Magensäure zu giftigem Chlorgas und kann durch die ätzende Wirkung eine Magenperforation (Durchbruch der Magenwand) bewirken. Außerdem können sich Interaktionen mit anderen Medikamenten ergeben, die dadurch wirkungslos werden könnten. | ||
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Version vom 24. Oktober 2017, 18:40 Uhr
MMS2 (Miracle Mineral Supplement two bzw Miracle Mineral Solution 2) ist der Name eines Calciumhypochlorit-haltigen Produkts, das im Internet zu pseudomedizinischen Zwecken vielerorts angeboten wird. Erfinder ist der Amerikaner Jim Humble, der bereits zuvor mit einem analogen Scharlatanerieprodukt namens Miracle Mineral Supplement (MMS bzw E 926) in Erscheinung trat, das inzwischen teilweise als MMS1 bezeichnet wird. Um den MMS-Absatz nicht zu gefährden, soll laut MMS-Vertreibern MMS2 lediglich "genauso gut und komplementär zu MMS" sein. Auch gebe es eine Art synergistischen Effekt, wenn beide Mittel gemeinsam angewandt würden, also Chlordioxid und Calciumchlorit sowie Zitronensäure.
Im Versandhandel für Produkte dieser Art wird es in kleinen Mengen zu hohen Preisen angeboten. So bietet eine Firma 0,6 Gramm MMS2 für 28 Euro an. In Baumärkten sind jedoch preiswerte Großpackungen für private Schwimmbadbesitzer für wenige Euro erhältlich. Anbieter versenden das Produkt aus dem Ausland mit eindeutigen Hinweisen auf Erfinder Jim Humble und zur innerlichen Einnahme. In Deutschland wird MMS2 auch zur "Desinfektion von Schwimmbädern" angeboten, ebenfalls unter Verweis auf Jim Humble.
Zu MMS2 ist keine wissenschaftliche Studie oder seriös zitierbare Literatur bekannt, die zeigen würde, dass es als innerlich eingenommenes Mittel zur Behandlung von Krankheiten irgendeiner Art geeignet sei.
Calciumhypochlorit
Calciumhypochlorit ist das Calciumsalz der Hypochlorigen Säure (Ca(OCl)2). Die ätzend wirkende und umweltschädliche Substanz ist auch als Losantin oder Perchloron bekannt und wurde vor über einhundert Jahren zur Hautdesinfektion verwandt. Im neunzehnten Jahrhundert wurde es von Ignaz Semmelweis, einem österreichischen Gynäkologen, bekannt, der es wegen seiner desinfizierenden Wirkung äußerlich einsetzte. Aufgrund seiner schlechten Verträglichkeit auf der Haut ist es seit langem durch besser verträgliche und effektivere Mittel verdrängt worden. Eine innerliche Einnahme von Calciumhypochlorit ist in der Medizin nicht dokumentiert. Das stechend nach Chlor riechende Calciumhypochlorit wurde als Bleichmittel in der Papierindustrie eingesetzt, aus Umweltschutzgründen verwendet man heute jedoch zunehmend andere Substanzen. Eine aktuelle Anwendung von Calciumhypochlorit findet sich bei der Schwimmbaddesinfektion.
Eine innerliche Einnahme von Calciumhypochlorit reagiere mit Magensäure zu giftigem Chlorgas und kann durch die ätzende Wirkung eine Magenperforation (Durchbruch der Magenwand) bewirken. Außerdem können sich Interaktionen mit anderen Medikamenten ergeben, die dadurch wirkungslos werden könnten.
Gesetzliche Lage
MMS2 ist kein zugelassenes Arzneimittel oder Nahrungsergänzungsmittel. Offenbar um gesetzlichen Hindernissen aus dem Wege zu gehen, wird MMS2 von einigen Anbietern zur vermeintlichen "Wasserdesinfektion" für Tiere angeboten. Andere Anbieter aus dem Ausland, etwa ein Gerd Lönnig von den kanarischen Inseln,[1] kommen jedoch schnell zur Sache und empfehlen das Produkt zur innerlichen Einnahme, da es laut Werbung "Keime, Viren und Bakterien" töte. Dazu werden dann auch stets positive Anekdoten über erfolgreiche Heilungen kolportiert, die insbesondere bei gleichzeitiger Einnahme von MMS und MMS2 einträten. Allerdings wurde zumindest für das analoge Produkt MMS in Spanien der Internet-Verkauf zwischenzeitlich verboten.
Die Firma HERRLAN-PSM e.K. (vormals Vitapack) aus D-46562 Voerde, die MMS2 im Versandhandel als "MMS2 Jim Humble Calciumhypochlorit Kapseln" für 59,90 € je 100 g vertreibt, machte in der Produktwerbung irreführende Angaben. So wurde dem Kunden erklärt, dass Calciumhypochlorit "zur chemischen Wasserreinigung in Schwimmbädern" eingesetzt werde und "nur zur Wasserdesinfektion zugelassen" sei. Der Verweis auf Jim Humble, der MMS2 zur innerlichen Einnahme empfiehlt (quasi zur "innerlichen Desinfektion"), steht dazu im klaren Widerspruch. Die Abgabe erfolgt erst nach Rücksendung einer unterschriebenen Mitteilung, dass der Käufer volljährig ist und "keine unerlaubte Weiterveräußerung oder Verwendung" erfolgen werde.
Siehe auch
Anderssprachige Psiram-Artikel
- English: MMS2
Weblinks
Quellennachweise
- ↑ Gerd Lönnig, Camino Rodrigo 45, 38760 Los Llanos de Ar., Isla de la Palma