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==Kontroversen mit Nina Gerlach, GWUP, Psiram (EsoWatch) und anderen== | ==Kontroversen mit Nina Gerlach, GWUP, Psiram (EsoWatch) und anderen== |
Version vom 25. Februar 2014, 07:24 Uhr
Claus Fritzsche (1964 - 2014) war ein deutscher freiberuflicher Werbetexter, Spin Doctor in Sachen Alternativmedizin, Autor und von der Pharmaindustrie gesponserter Homöopathie-Lobbyist. Der gelernte Betriebswirt bezeichnete sich als Medizin- und Wissenschaftsjournalist und betrieb mehrere Internetauftritte zu alternativmedizinischen und esoterischen Themen, darunter seit 2005 psychophysik.com, für das er Autoren wie Helmut Hille gewonnen hatte, und das homöopathiefreundliche H.Blog. Von 2010 bis 2013 war er Redakteur eines Blogs, der an den Webauftritt des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte e. V. (DZVhÄ) angeschlossenen ist. Fritzsche lebte in Meerbusch bei Düsseldorf. Am 14. Januar 2014 nahm er sich das Leben.
Aktivitäten als Pharmalobbyist und Autor von "Schmähartikeln"
Fritzsche war Betreiber des Pharmalobby-Blogs www.cam-media-watch.de, in dessen Impressum der Name von Harald Walach erscheint. Walachs Stiftungsprofessur wird finanziert von der Firma Heel, die wiederum Fritzsches CAM Media.Watch-Blog unterstützte. Der Blog von Walachs Institut für transkulturelle Wissenschaften wiederum verweist auf CAM Media.Watch.
Eigenen Angaben zufolge sollte der PR-Blog Journalisten dienen, "die einen Blick hinter die Kulissen der wissenschaftlichen Erforschung von Naturheilverfahren, Komplementärmedizin sowie unkonventioneller Verfahren werfen wollen", er sollte also Öffentlichkeitsarbeit im Sinne der Pseudomedizin leisten, vor allem der Homöopathie. Dazu wurde Fritzsches Blog bis zum 31. Dezember 2012 von den Pharmafirmen Hevert Arzneimittel und Biologische Heilmittel Heel GmbH, Baden-Baden jährlich mit insgesamt 38.000 Euro gesponsert.[2] Die Weleda AG kündigte im Juli ihr jährliches Sponsoring (€ 5.000) auf, als bei facebook über die Vorgehensweise von Fritzsche berichtet wurde. Auch die Deutsche Homöopathie-Union (DHU-Arzneimittel GmbH & Co. KG, Karlsruhe) stellte daraufhin ihre finanzielle Unterstützung ein. Im Dezember 2012 erklärte Fritzsche, die auslaufende finanzielle Unterstützung seitens der Homöopathiefirmen sei lediglich eine "Anschubfinanzierung" seines Blogs gewesen.[3]
Einem Artikel in der Süddeutschen Zeitung von Juni 2012[1][4] zufolge war Fritzsche Autor von "Schmähartikeln" und für den DZVhÄ "offenbar für das Anschwärzen von Kritikern der Homöopathie zuständig". Auf Anfrage hätten der DZVhÄ sowie mehrere Hersteller von Homöopathika bestätigt, dass sie die teils von Fritzsche selbst angebotenen, teils von ihm als Chefredakteur verantworteten und mit Texten bestückten Blogs finanziell förderten. Nach Erkenntnissen der SZ bestand eine Art Netzwerk zwischen der Münchner Neuraltherapeutin und "Störfeldtherapeutin" Imke Plischko (Vorstandsmitglied der Internationalen Gesellschaft für Neuraltherapie IGNH), Claus Fritzsche und Harald Walach. Nicht mit journalistischen Prinzipien vereinbar sei beispielsweise eine der SZ vorliegende E-Mail, in der Fritzsche den Entwurf eines "Verriss-Artikels" über den Journalisten Max Rauner an sein Netzwerk mit der Bitte um "Prüfung von Inhalt und Stil" verteilte.
Zitate aus dem Artikel in der SZ:
- Arzneimittelhersteller finanzieren einen Journalisten, der die Kritiker ihrer Produkte anschwärzt - bei jedem herkömmlichen Pharmakonzern wäre dies ein Skandal [...] Fritzsches Sponsoren sind die bekanntesten Hersteller homöopathischer Kügelchen. Marktführer ist die DHU, eine Tochterfirma des Arzneimittelherstellers Schwabe (Kytta, Prostagutt, Tebonin) [...] Es geht nicht um kleine Summen: Der Gesamtumsatz aller Hersteller beträgt 400 Millionen Euro, 100 Millionen davon entfallen allein auf die DHU. Über den Gewinn schweigt sich die Firma aus. Fritzsche selbst sieht kein Problem im Sponsoring: "Mit allen Sponsoren bestehen nahezu identische Verträge", teilt er auf Anfrage mit, "die mich zur Einhaltung relevanter Gesetze sowie weltanschaulicher, wissenschaftlicher und politischer Neutralität verpflichten und darüber hinaus die Unabhängigkeit von Redaktion und wissenschaftlichem Beirat vertraglich absichern." Auch Werbung für die Produkte sei ausgeschlossen.
- Für ein vom Anbieter als journalistisch-redaktionell gestaltetes Angebot im Sinne des § 55 Abs. 2 RStV angesehener Blog ist aber auch der Pressekodex zu berücksichtigen. Dort heißt es: "Die Verantwortung der Presse gegenüber der Öffentlichkeit gebietet, dass redaktionelle Veröffentlichungen nicht durch private oder geschäftliche Interessen Dritter oder durch persönliche wirtschaftliche Interessen der Journalistinnen und Journalisten beeinflusst werden." Und weiter: "Wer sich für die Verbreitung oder Unterdrückung von Nachrichten bestechen lässt, handelt unehrenhaft und berufswidrig." Zu der Frage, wie er das mit seinem Sponsoring vereinbare, nahm Fritzsche trotz zahlreicher Mails, in denen er juristische Schritte nicht ausschloss und "Suggestivfragen" kritisierte, inhaltlich bis heute nicht Stellung.
Fritzsche betreibt noch weitere Seiten, auf denen er wissenschaftlich nicht anerkannte oder esoterische Therapien empfiehlt und Homöopathie-Kritiker anschwärzt, darunter Journalisten von Spiegel, Spiegel Online, Zeit, Süddeutsche Zeitung, Süddeutsche.de. Und natürlich immer wieder Edzard Ernst. Die Vorwürfe sind immer die gleichen: unseriöses Arbeiten, Inkompetenz, einseitige und verzerrte Darstellung von Fakten. Seine Seiten verlinkt Fritzsche untereinander, um ihr Google-Ranking zu erhöhen. Neben CAM Media.Watch gehören Fritzsche die Seiten www.psychophysik.com, www.neuraltherapie-blog.de und www.esowatch.org [...]
Nachdem im Juli 2012 auf den Facebook-Seiten von Weleda Kritik an CAM Media.Watch laut wurde, ließ der Weleda-Pressesprecher Theo Stepp erkennen, dass man sich von dem Blog trennen wolle[5][6], was wenig später auch umgesetzt wurde.
Harald Walach gibt neben Psiram und anderen Internetseiten ausdrücklich der Süddeutschen Zeitung eine Mitschuld am Tod von Fritzsche:[7]
- Er hatte daher unter Attacken zu leiden: manche Blogs und illegale Webseiten, von denen Journalisten mit zweifelhafter Integrität immer noch gerne zitieren, machten ihn zum Lieblingsfeind; er wurde auf Wikipedia-ähnlichen Schmähseiten diffamiert. Es wird wirtschaftlich für ihn nicht leicht gewesen sein. Daher war er glücklich, als er für sein Konzept Sponsoring von naturheilkundlichen Pharmaherstellern eingeworben hatte, die an einer ausgewogenen Berichterstattung interessiert waren. Denn das hätte ihm, wäre es dabei geblieben, ein Auskommen bereitet.
- Das änderte sich durch einen Artikel in der Süddeutschen Zeitung vom 30.6.2012. Der Artikel warf den Firmen vor, schlechten und tendenziösen Journalismus zu unterstützen, um ihre wirtschaftlichen Interessen zu sichern. Der Artikel hatte zur Folge, dass sich einige der Sponsoren von Fritzsche zurückzogen.
- Die öffentlichen Angriffe waren ein letzter Tropfen zu viel in das bereits ziemlich volle Fass eines hochsensiblen und seit geraumer Zeit melancholischen Menschen. Seine wirtschaftliche Basis war schwach, seine Schulden nahmen zu, eine Perspektive war nicht in Sicht. Ein anderer hätte sich vielleicht eine andere Aufgabe gesucht. Claus Fritzsche nahm sich am 14.1.2014 das Leben.
Claus Fritzsche und der Bundestag
Am 7. Januar 2010 meldete Fritzsche in seinem H.Blog: "Homöopathie: 58% der Abgeordneten des Deutschen Bundestags haben positive Erfahrungen mit einer homöopathischen Behandlung"[8] und berief sich dabei auf eine Meldung des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) vom Dezember 2009. Die Meldung war jedoch irreführend, denn keineswegs wurde der Nachweis geführt, dass 58% der Bundestagsabgeordneten positive Erfahrungen mit der Homöopathie gemacht hatten. Es hatten nicht 360 von den 622 Bundestagsabgeordneten auf die Frage "Haben Sie eigene positive Erfahrungen mit einer homöopathischen Behandlung?" mit Ja geantwortet hatten. Vielmehr hatten nur 61 Abgeordnete überhaupt auf die Anfrage der Homöopathen geantwortet (9,8%), und davon hatten 35 mit Ja geantwortet (6% aller Abgeordneten).[9]
Kontroversen mit Nina Gerlach, GWUP, Psiram (EsoWatch) und anderen
Unter dem Usernamen Rumsfeld-2 versuchte Fritzsche, seine persönlichen Ansichten über Homöopathie in Artikeln der Wikipedia zu integrieren, ohne sich dabei auf valide Quellen gemäß den Wikipedia-Richtlinien stützen zu können. Dabei versuchte er auch, Links auf seine Webseite psychophysik.com unterzubringen. Als ihm das nicht gelang, verlegte er sich darauf, die gesamte Wikipedia zu verunglimpfen und entsprechende Verschwörungstheorien in seinem Blog zu verbreiten. Seine Wikipedia-Aktivitäten endeten im August 2007 mit seiner Sperrung wegen Vandalismus.[10][11] Für die Sperrung macht er Nina Gerlach verantwortlich, damals Vorstandsmitglied von Wikimedia Deutschland e.V., und verfolgte sie im Internet, indem er ihre vorgeblichen Verfehlungen in seinem H.Blog veröffentlichte und bei OpenPR ein entsprechendes Statement publizierte.[12] Später erklärte Fritzsche, dass seine Artikeländerungen bei der deutschen Wikipedia unter dem Pseudonym Rumsfeld-2 private "Edit-Experimente" gewesen seien.
Fritzsche war ausgesprochener Ablehner der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP). Er bezeichnete die GWUP als "Gruppierung atheistischer Fundamentalisten" und warf ihr vor, "esoterisch" bzw. "pseudowissenschaftlich" und "naiv" vorzugehen. Als einen beweiskräftigen Hinweis auf das von ihm gemeinte "Esoterische" an der GWUP meinte er eine Logo-Grafik der GWUP erkannt zu haben, die ihn an ein "Freimaurer-Symbol" erinnerte. Hinter dem Verein GWUP sah Fritzsche eine Art Verschwörung, zu der er auch Psiram (früher EsoWatch) zählte.[13] Im Frühjahr 2009 war Fritzsche mit Rolf Finkbeiner und Hans Weidenbusch Urheber einer Anti-EsoWatch-Kampagne. Im März 2009 verlegte er seine Aktivitäten gegen die GWUP und Nina Gerlach aus seinem H.Blog in eine Ausgründung namens GWUP.WATCH[14], welche er durch anonyme "Pressemitteilungen" begleitete.[15] Auch Autoren von scienceblogs.de, unter anderem Ulrich Berger und Florian Freistetter, wurden von Fritzsche "beobachtet". Konkrete Fehler in Artikeln der genannten Autoren oder der GWUP oder im Psiram-Wiki hat Fritzsche nie benannt.
Bet-Service und andere kommerzielle Projekte
Fritzsche machte von sich reden, als er im Mai 2005 eine Fernheil-Marktlücke auf dem Psychomarkt entdeckt zu haben glaubte: Den Gesundbet-Service Lassen Sie Menschen für sich beten, als Projekt WIR[16], deklariert als Experiment und zusammen mit dem Schweizer Geistheiler und MLMler Perry Fehr organisiert. Nach Angabe einer E-Mailadresse und kostenloser Registrierung sollten andere Benutzer (also nicht Fritzsche selbst) sodann für den Registrierten beten. Zitat Projekt WIR: "Unter "beten" verstehen wir hier, dass Sie sich für alle am Projekt WIR teilnehmenden Menschen etwas wünschen. Wie genau Sie das machen, das bleibt alleine Ihnen überlassen." Offenbar sollte Fritzsches Gratis-Betprodukt später "zur Abdeckung der laufenden Kosten" kostenpflichtig werden. Der kommerzielle Erfolg scheint ausgeblieben zu sein, denn ab Januar 2009 wurde das WIR-Projekt nur noch von seinem Partner Perry Fehr weitergeführt.
Mit Partnern betrieb Fritzsche ein Netzwerk Claus Fritzsche Mentaltraining zur Vermarktung von Mentaltraining-Angeboten.
Zitate
- Ohne Spitzenplätze bei Google wirft das Denunziations-Geschäft allerdings nur wenig Ertrag ab. (2012)
Siehe auch
Presseartikel
Weblinks
- http://www.sales-and-marketing.biz/
- http://www.gwup.org/component/content/article/303-kritiker-der-gwup
Blogs
- Markus Grill: Ein Watchblog als Pranger. Spiegelblog, 7.3.2013
- Edzard Ernst über „Little H“. Psiram-Blog, 21. Juli 2012
- Bernd Harder: “Mietmäuler” und Co. GWUP-Blog, 2. Mai 2012
- Amardeo Sarma: Homöopathie-Lobbyisten ohne Schamgrenzen. GWUP-Blog, 1. Juli 2012
- Thomas Stadler: Gesponsertes Blog. Internet-Law, 3. Juli 2012
- Andy Lewis: German Homeopathy Companies Pay Journalist who Smears UK Academic. Quackometer, 16. Juli 2012
- I furbetti dell’omeopatia. Giornalettismo, 30. Juli 2012
- Luis Alfonso Gámez: Laboratorios homeopáticos alemanes compran a un periodista para que calumnie a un científico crítico. magonia, 17. Juli 2012
Quellen
- ↑ 1,0 1,1 Jens Lubbadeh: Homöopathie-Lobby im Netz - Schmutzige Methoden der sanften Medizin. Süddeutsche Zeitung, 30. Juni 2012
- ↑ www.cam-media-watch.de/?page_id=2
- ↑ www.cam-media-watch.de/?p=13368 Aufruf am 30. Dezember 2012
- ↑ http://blog.gwup.net/2012/07/01/homoopathie-lobbyisten-ohne-schamgrenzen/
- ↑ Zitat Facebook/Weleda: Aufgrund der Debatte um das Blog CAM Media werden wir noch mehr als bisher auf Transparenz setzen, damit künftig keine Missverständnisse entstehen. Eine klare Trennung von Anzeigen und Redaktion ist uns wichtig. Wir sind am echten Austausch und Feedback interessiert. Das bisherige Blogsponsoring werden wir in diesem Falle sofort stoppen. Theo Stepp, Pressesprecher Weleda AG Deutschland
- ↑ http://dieausrufer.wordpress.com/2012/07/09/weleda-und-die-weisheit-der-menschen/
- ↑ http://intrag.info/aktuell/2014/02/24/in-memoriam-claus-fritzsche-%E2%80%A014-1-2014/ Aufruf am 24. Februar 2014
- ↑ H.Blog vom 7. Januar 2010
- ↑ http://www.scienceblogs.de/plazeboalarm/2010/02/58-der-abgeordneten-des-deutschen-bundestags-haben-positive-erfahrungen-mit-einer-homoopathischen-behandlung.php
- ↑ http://de.wikipedia.org/wiki/Benutzer:Rumsfeld-2
- ↑ Zitat: 16:46, 21. Aug. 2007 Achim Raschka (Diskussion | Beiträge) sperrte „Rumsfeld-2 (Diskussion | Beiträge)“ für den Zeitraum: Unbeschränkt (Erstellung von Benutzerkonten gesperrt) (Verstoß gegen keine persönlichen Angriffe: Meinungsmache gegen einzelne Mitarbeiter und Verbreitung schwachsinniger Verschwörungstheorien, siehe http://openpr.de/news/153137/Wikipedia-im-Privateigentum-von-Nin)
- ↑ http://www.openpr.de/pdf/153137/Wikipedia-im-Privateigentum-von-Nina-Gerlach.pdf
- ↑ www.psychophysik.com/h-blog/?p=81
- ↑ http://anonym.to/?http://gwup-skeptiker.blogspot.com
- ↑ http://pressemitteilung.ws/user/22028/track
- ↑ http://anonym.to/?http://www.psychophysik.com/html/e10-projektwir.html