Sennex Tumor-Therapie nach Warnke: Unterschied zwischen den Versionen
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− | Die '''Sennex Tumor-Therapie''' ist ein elektromedizinisch-[[alternativmedizin]]isches | + | Die '''Sennex Tumor-Therapie''', inzwischen auch '''Sennex Elektrochemotherapie''' genannt, ist ein vom Saarbrücker Biologen [[Ulrich Warnke]] erfundenes elektromedizinisch-[[alternativmedizin]]isches Verfahren zur Krebsbehandlung, bei der ein Behandlungsgerät der Firma BionMed Technologies GmbH aus Saarbrücken<ref>BionMed Technologies GmbH, Science Park 2, Universität des Saarlandes, D-66123 Saarbrücken. Geschäftsführender Gesellschafter: Thomas U. Warnke</ref> zum Einsatz kommt. Die Firma wird von einem Sohn Warnkes geleitet. Sie ist nach eigenen Angaben seit Mitglied der OnMed AB Group, einer Ein-Personen-Firma aus Stockholm<ref>http://www.largestcompanies.se/foretag/ONMED-International-AB-1210537/beslutsfattare</ref>, die über verschiedene Ableger das Sennex-Gerät beispielsweise in Indien und in Bahrain zu vermarkten versucht. |
− | + | Das Verfahren soll für Hautkrebs und Tumoren dicht unter der Hautoberfläche geeignet sein. Dabei sei die Methode bei "jeder Histologie und Malignität" geeignet und habe laut einer Pressenotiz vom Mai 2011 "eine Erfolgsquote von 80%".<ref>[http://www.business-on.de/saarlorlux/business-plan-saarbruecken-fruehstueck-artrium-swg-_id12028.html www.business-on.de/saarlorlux (Wirtschaftsmagazin für die Region Saarland, Pfalz, Lothringen, Luxemburg und Trier), 25. Mai 2011]</ref> In der gleichen Mitteilung heißt es allerdings auch, dass das Geld zum Bau eines Prototypen fehle. Mitte 2013 wurde mitgeteilt, im Rahmen von Studien habe man mit der Methode "bisher ca. 1009 Geschwülste bei 247 Patienten" therapiert und die Therapie sei "bei 85% der Tumore erfolgreich" gewesen.<ref>[http://www.firmenpresse.de/pdf-pressinfo918259.pdf firmenpresse.de, 30.07.2013]</ref> Veröffentlichungen der behaupteten Studien sind nicht bekannt. Nach Herstellerangaben funktioniere die Therapie mittels Elektroporation<ref>[http://en.wikipedia.org/wiki/Electroporation Elektroporation in der englischsprachigen Wikipedia] und in der [http://de.wikipedia.org/wiki/Elektroporation deutschsprachigen Wikipedia]</ref> mit zwei Elektroden und führe zu einer Art "lokaler Chemotherapie". Dabei sollen durch die zugeführte elektrische Ladung Turmorzellen selektiv zerstört werden. Gesundes Gewebe werde nicht geschädigt, Nebenwirkungen gebe es keine. | |
− | Die Wortmarke Sennex ist beim DPMA auf die Firma | + | Die Wortmarke ''Sennex'' ist beim DPMA auf die Firma BionMed Technologies GmbH eingetragen. Sie soll u.a. für "elektronische Bionik-Geräte" gelten. |
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+ | Das Wirkprinzip und der Ablauf einer Behandlung werden von BionMed nicht öffentlich gemacht. Auch ist in wissenschaftlichen Datenbanken kein Eintrag zur Methode und zu den in der Werbung angedeuteten erfolgreichen klinischen Tests zu finden. Auf den BionMed-Webseiten wird nur ungenau ein mögliches Funktionsprinzip umrissen. Demnach solle das Gerät die Physiologie "nachahmen", da diese "bereits alle wesentlichen Informationen zur Initialisierung von Regenerationsprozessen in sich trägt". Ausgangspunkt der Methode sei zudem die Erkenntnis der Erfinder, "dass Proteine und Enzyme, die Bausteine des Lebens, u.a. durch physikalische Kräfte auf gewünschte Weise beeinflusst werden können". | ||
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+ | Ob die Sennex Tumor-Therapie nach dem anerkannten Prinzip der Elektroporation funktioniert, lässt sich aufgrund der fehlenden Literatur derzeit (2014) nicht klären. In Mitteilungen der Firma BionMed wird von einer "optimierten Elektroporation mit integrierter Kontrolle" gesprochen. Die Methode sei patentrechtlich geschützt. Damit ist offenbar eine gescheiterte Patentanmeldung aus dem Jahr 2010 mit dem Titel ''Vorrichtung zur Stimulierung von Zellmembranen in biologischem Gewebe'' gemeint.<ref>DE 102010035587 A1: Vorrichtung zur Stimulierung von Zellmembranen in biologischem Gewebe. Anmeldedatum: 27.08.2010. Erfinder: Warnke, Ulrich, Dr. Die Erteilung eines Patents wurde vom DPMA im Mai 2014 "wegen fehlender Neuheit seines Gegenstandes" und mit dem Verweis auf eine Patentanmeldung aus den USA aus dem Jahr 2006 (US 2006/0212078 A1) abgelehnt. Im Mai 2015 ist das Patentverfahren erloschen.</ref> Bei dieser Erfindung werden elektrische Impulse von etwa 100 µs Dauer an "in das Gewebe einstechbare Elektroden" gelegt, wodurch es zu einer "Stimulierung von Zellmembranen" kommen soll, auf deren Zweck nicht eingegangen wird. Es wird eine relativ niedrige maximale Feldstärke von etwa 1000 V/m genannt. Die Patentschrift enthält aber auch die Bemerkung, dass bei einer maximalen Feldstärke von etwa 1000 V/cm (also 100 000 V/m) "eine noch intensivere, zum Absterben der Zelle führende Porenbildung" einsetze. Dieser Wert entspricht etwa der Feldstärke, die bei der so genannten Irreversiblen Elektroporation (siehe folgender Abschnitt) benutzt wird. | ||
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+ | In einer anderen Erklärung beruft sich BionMed derzeit (2015) auf die [https://de.wikipedia.org/wiki/Elektrochemotherapie Elektrochemotherapie] (ECT),<ref>http://bionmed.de/unsere-produkteelectrochemotherapy/sennex-tumor-therapie/die-anwendung/ Aufruf am 18. November 2015</ref> eine noch weitgehend in der Erprobung befindliche Technik, bei der ein Chemotherapeutikum injiziert wird, welches dann durch die elektrischen Impulse des ECT-Gerätes in das Zellinnere transportiert werden soll. | ||
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+ | [[image:NanoKnife01.jpg|thumb|200px|Das System ''Nano-Knife'' zur Irreversiblen Elektroporation (IRE). Rechts oben: Schematische Darstellung der Elektroden und des elektrischen Feldes in der Nähe eines Tumors (Bilder: AngioDynamics, Inc.)]] | ||
+ | Die angesprochene Elektroporation ist in der Gentechnik, der Molekularbiologie und der Lebensmitteltechnik ein anerkanntes Verfahren zur Permeabilitätserhöhung von Zellen oder zur Sterilisation. Dabei wird die Zellmembran durch Spannungspulse von maximal einigen Millisekunden Dauer beispielsweise für DNA oder Arzneimittel permeabel gemacht. Bei den meisten Verfahren der Elektroporation wird das elektrische Feld auf isolierte Proben bzw. auf Körperflüssigkeiten angewendet. Gegenwärtig wird auch wissenschaftlich untersucht, inwieweit die Elektroporation zur Behandlung von Krebserkrankungen geeignet ist. Die Technik wird als Irreversible Elektroporation (IRE) bezeichnet; dabei werden Elektroden in die Nähe des Tumors gebracht. Durch den elektrischen Impuls sollen Poren in den Zellwänden der Tumorzellen entstehen und diese daraufhin absterben. Ein kommerzielles IRE-Gerät wurde beispielsweise von der US-Firma AngioDynamics unter dem Namen ''NanoKnife'' auf den Markt gebracht.<ref>http://www.angiodynamics.com/products/nanoknife</ref> Das System ist in den USA für das Entfernen von Weichgewebe zugelassen, aber bislang nicht für die Behandlung spezifischer Krankheiten. Wegen Werbung mit Vokabeln wie "treatment" und "therapy" wurde AngioDynamics daraufhin im Januar 2011 von der Food and Drug Administration FDA verwarnt.<ref>[http://www.bloomberg.com/news/2011-01-25/angiodynamics-warned-by-fda-on-nanoknife-promotion-update1-.html AngioDynamics Warned by FDA on NanoKnife Promotion. Bloomberg, 26. Januar 2011]</ref><ref>http://www.fda.gov/ICECI/EnforcementActions/WarningLetters/2011/ucm242346.htm WARNING LETTER, JAN 21 2011</ref> | ||
==Siehe auch== | ==Siehe auch== | ||
*[[Electro Cancer Therapy]] | *[[Electro Cancer Therapy]] | ||
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==Quellennachweise== | ==Quellennachweise== | ||
<references/> | <references/> |
Aktuelle Version vom 28. Oktober 2016, 19:18 Uhr
Die Sennex Tumor-Therapie, inzwischen auch Sennex Elektrochemotherapie genannt, ist ein vom Saarbrücker Biologen Ulrich Warnke erfundenes elektromedizinisch-alternativmedizinisches Verfahren zur Krebsbehandlung, bei der ein Behandlungsgerät der Firma BionMed Technologies GmbH aus Saarbrücken[1] zum Einsatz kommt. Die Firma wird von einem Sohn Warnkes geleitet. Sie ist nach eigenen Angaben seit Mitglied der OnMed AB Group, einer Ein-Personen-Firma aus Stockholm[2], die über verschiedene Ableger das Sennex-Gerät beispielsweise in Indien und in Bahrain zu vermarkten versucht.
Das Verfahren soll für Hautkrebs und Tumoren dicht unter der Hautoberfläche geeignet sein. Dabei sei die Methode bei "jeder Histologie und Malignität" geeignet und habe laut einer Pressenotiz vom Mai 2011 "eine Erfolgsquote von 80%".[3] In der gleichen Mitteilung heißt es allerdings auch, dass das Geld zum Bau eines Prototypen fehle. Mitte 2013 wurde mitgeteilt, im Rahmen von Studien habe man mit der Methode "bisher ca. 1009 Geschwülste bei 247 Patienten" therapiert und die Therapie sei "bei 85% der Tumore erfolgreich" gewesen.[4] Veröffentlichungen der behaupteten Studien sind nicht bekannt. Nach Herstellerangaben funktioniere die Therapie mittels Elektroporation[5] mit zwei Elektroden und führe zu einer Art "lokaler Chemotherapie". Dabei sollen durch die zugeführte elektrische Ladung Turmorzellen selektiv zerstört werden. Gesundes Gewebe werde nicht geschädigt, Nebenwirkungen gebe es keine.
Die Wortmarke Sennex ist beim DPMA auf die Firma BionMed Technologies GmbH eingetragen. Sie soll u.a. für "elektronische Bionik-Geräte" gelten.
Prinzip
Das Wirkprinzip und der Ablauf einer Behandlung werden von BionMed nicht öffentlich gemacht. Auch ist in wissenschaftlichen Datenbanken kein Eintrag zur Methode und zu den in der Werbung angedeuteten erfolgreichen klinischen Tests zu finden. Auf den BionMed-Webseiten wird nur ungenau ein mögliches Funktionsprinzip umrissen. Demnach solle das Gerät die Physiologie "nachahmen", da diese "bereits alle wesentlichen Informationen zur Initialisierung von Regenerationsprozessen in sich trägt". Ausgangspunkt der Methode sei zudem die Erkenntnis der Erfinder, "dass Proteine und Enzyme, die Bausteine des Lebens, u.a. durch physikalische Kräfte auf gewünschte Weise beeinflusst werden können".
Ob die Sennex Tumor-Therapie nach dem anerkannten Prinzip der Elektroporation funktioniert, lässt sich aufgrund der fehlenden Literatur derzeit (2014) nicht klären. In Mitteilungen der Firma BionMed wird von einer "optimierten Elektroporation mit integrierter Kontrolle" gesprochen. Die Methode sei patentrechtlich geschützt. Damit ist offenbar eine gescheiterte Patentanmeldung aus dem Jahr 2010 mit dem Titel Vorrichtung zur Stimulierung von Zellmembranen in biologischem Gewebe gemeint.[6] Bei dieser Erfindung werden elektrische Impulse von etwa 100 µs Dauer an "in das Gewebe einstechbare Elektroden" gelegt, wodurch es zu einer "Stimulierung von Zellmembranen" kommen soll, auf deren Zweck nicht eingegangen wird. Es wird eine relativ niedrige maximale Feldstärke von etwa 1000 V/m genannt. Die Patentschrift enthält aber auch die Bemerkung, dass bei einer maximalen Feldstärke von etwa 1000 V/cm (also 100 000 V/m) "eine noch intensivere, zum Absterben der Zelle führende Porenbildung" einsetze. Dieser Wert entspricht etwa der Feldstärke, die bei der so genannten Irreversiblen Elektroporation (siehe folgender Abschnitt) benutzt wird.
In einer anderen Erklärung beruft sich BionMed derzeit (2015) auf die Elektrochemotherapie (ECT),[7] eine noch weitgehend in der Erprobung befindliche Technik, bei der ein Chemotherapeutikum injiziert wird, welches dann durch die elektrischen Impulse des ECT-Gerätes in das Zellinnere transportiert werden soll.
Irreversible Elektroporation
Die angesprochene Elektroporation ist in der Gentechnik, der Molekularbiologie und der Lebensmitteltechnik ein anerkanntes Verfahren zur Permeabilitätserhöhung von Zellen oder zur Sterilisation. Dabei wird die Zellmembran durch Spannungspulse von maximal einigen Millisekunden Dauer beispielsweise für DNA oder Arzneimittel permeabel gemacht. Bei den meisten Verfahren der Elektroporation wird das elektrische Feld auf isolierte Proben bzw. auf Körperflüssigkeiten angewendet. Gegenwärtig wird auch wissenschaftlich untersucht, inwieweit die Elektroporation zur Behandlung von Krebserkrankungen geeignet ist. Die Technik wird als Irreversible Elektroporation (IRE) bezeichnet; dabei werden Elektroden in die Nähe des Tumors gebracht. Durch den elektrischen Impuls sollen Poren in den Zellwänden der Tumorzellen entstehen und diese daraufhin absterben. Ein kommerzielles IRE-Gerät wurde beispielsweise von der US-Firma AngioDynamics unter dem Namen NanoKnife auf den Markt gebracht.[8] Das System ist in den USA für das Entfernen von Weichgewebe zugelassen, aber bislang nicht für die Behandlung spezifischer Krankheiten. Wegen Werbung mit Vokabeln wie "treatment" und "therapy" wurde AngioDynamics daraufhin im Januar 2011 von der Food and Drug Administration FDA verwarnt.[9][10]
Siehe auch
Quellennachweise
- ↑ BionMed Technologies GmbH, Science Park 2, Universität des Saarlandes, D-66123 Saarbrücken. Geschäftsführender Gesellschafter: Thomas U. Warnke
- ↑ http://www.largestcompanies.se/foretag/ONMED-International-AB-1210537/beslutsfattare
- ↑ www.business-on.de/saarlorlux (Wirtschaftsmagazin für die Region Saarland, Pfalz, Lothringen, Luxemburg und Trier), 25. Mai 2011
- ↑ firmenpresse.de, 30.07.2013
- ↑ Elektroporation in der englischsprachigen Wikipedia und in der deutschsprachigen Wikipedia
- ↑ DE 102010035587 A1: Vorrichtung zur Stimulierung von Zellmembranen in biologischem Gewebe. Anmeldedatum: 27.08.2010. Erfinder: Warnke, Ulrich, Dr. Die Erteilung eines Patents wurde vom DPMA im Mai 2014 "wegen fehlender Neuheit seines Gegenstandes" und mit dem Verweis auf eine Patentanmeldung aus den USA aus dem Jahr 2006 (US 2006/0212078 A1) abgelehnt. Im Mai 2015 ist das Patentverfahren erloschen.
- ↑ http://bionmed.de/unsere-produkteelectrochemotherapy/sennex-tumor-therapie/die-anwendung/ Aufruf am 18. November 2015
- ↑ http://www.angiodynamics.com/products/nanoknife
- ↑ AngioDynamics Warned by FDA on NanoKnife Promotion. Bloomberg, 26. Januar 2011
- ↑ http://www.fda.gov/ICECI/EnforcementActions/WarningLetters/2011/ucm242346.htm WARNING LETTER, JAN 21 2011