Siowell: Unterschied zwischen den Versionen
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− | + | Laut Werbung wirkten durch die Anwendung des Gerätes so genannte "Skalarwellen" (bei Siowell als "Scalarwellen" bezeichnet) in "gebündelter Form" als "natürliche Strahlung" in den Körper ein, was zu heilenden Effekten führe. Organe mit "fehlendem oder krankhaft verändertem Energiehaushalt" nähmen die zugeführte "Energie" aufnehm und erlebten eine "Reaktivierung des atomaren Zustandes der beschädigten Zellen in kürzester Zeit", so dass diese in ihre "natürliche molekulare Form" zurückkehrten. Dabei komme es zu einer "energetischen Veränderung der DNA". Das Immunsystem werde energetisch voll "aufgerüstet", heißt es weiter. Auch werde das Knochenmark "gezwungen", mehr Leukozyten zu bilden. | |
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− | + | Anwendungen seien die [[Heilpraktiker|"heilpraktische Praxisarbeit"]] zur symptomatischen Reduktion von Stress, Schlafstörungen, schleichenden Wesensveränderungen, Energieverzehr, Konzentrationsstörungen und Zuständen vor einem "finalen Zusammenbruch". Außerdem eigne sich Siowell zur allgemeinen Wellness und in Sport- und Schönheitsstudios. Zusätzlich seien jedoch auch bestimmte [[Nahrungsergänzungsmittel]]n notwendig. | |
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− | + | Einer Gebrauchsmusterschrift<ref name="gebr">Gebrauchsmuster DE 202010007933 U1: Generatoranordnung zur Erzeugung von Energiewellen. Anmelder: Gabriele Helmis, Siegfried Kreft. Bekanntmachungstag im Patentblatt: 11.11.2010</ref> zufolge, die wie die Siowell-Werbung mit vielen inhaltsleeren scheinwissenschaftlichen Aussagen durchsetzt ist, besteht das Gerät aus einem "Resonanzkörper" aus der Substanz "Sioplast", einem Gemisch aus Sand und Kunststoff. Der Resonanzkörper wird als dosenförmiger Hohlkörper mit einem Durchmesser von 10 bis 20 cm, einer Höhe von 20 bis 30 cm und einer Wanddicke von 0,5 bis 2,5 cm beschrieben. Durch "Anregungswellen" werde er "zum Schwingen und zum Abstrahlen von Resonanzwellen gezwungen". Diese "Resonanzwellen", von den Erfindern auch "Energiewellen" genannt, sollen eine therapeutische Wirkung auf Personen in unmittelbarer Nähe des Gerätes bis zu einer Entfernung von 2,7 m haben. Mit "Anregungswellen" ist gemeint, dass sich Inneren des Resonanzkörpers zwei Antennen in Form von Drahtschleifen befinden, die mit je einem Oszillator mit einer Frequenz von etwa 12 MHz gespeist werden. | |
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+ | [[image:Sioplast01.jpg|thumb|Sioplast-Werbung]] | ||
+ | Bestandteile dieses patentierten Werkstoffs<ref>EP 01299321 B1: Werkstoff sowie Verfahren und Vorrichtung zu seiner Herstellung. Anmelder: Michael Manes (DE), Alexander Michailow Tarassenko (RU), Alexander Iwanowisch Shukow (RU). Patenterteilung: 01.02.2006 </ref> sind der Firma Sioplast zufolge 70% Sand und 30% "unsortierter, ungereinigter Kunststoffabfall". Zur Herstellung werden die Bestandteile erhitzt und das so erzeugte Schmelzgemisch in eine Form gepresst. Anschließend könne Sioplast durch Sägen, Kleben und andere konventionelle Techniken verarbeitet werden. Laut Werbung sei es ein Material, "das herkömmliche Materialien wie Beton, Holz, Gusseisen und viele Kunststoffe nicht nur ersetzt, sondern in der Summe seiner Eigenschaften bei weitem übertrifft." | ||
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+ | ==Die Firma Sioplast== | ||
+ | Das Siowell-Gerät ist nur ein Nebenprodukt der Aktivität von Sioplast. Hauptgeschäftszweig ist der Werkstoff Sioplast, der allerdings nicht selbst produziert und vertrieben wird. Vielmehr werden Produktions- und Vertriebslizenzen verkauft, ferner könnten Partner eine Sioplast-Produktionsanlage erwerben. Zeitweise hat Sioplast auch versucht, Solarziegel auf den Markt zu bringen. 2010 geriet das Unternehmen in die Insolvenz, bis dahin firmierte es als Sioplast Produktionsgesellschaft<ref>SIOPLAST Produktionsgesellschaft mbH, Thöreyer Straße 5, 99334 Ichtershausen /Thüringen. Geschäftsführer: Siegfried Kreft</ref> in Ichtershausen in Thüringen, die auch das Siowell-Gerät bewarb. Außerdem gab es eine Sioplast International Corporation in Reno (US-Staat Nevada)<ref>Sioplast International Corporation, 241 Ridge Street, Suite 420, Reno Nevada 89501 USA. Vertreten durch [http://7starsdubai.wordpress.com/dubai/fraud/ H.H. Sheikh Hasher Maktoum Bin Juma Al Maktoum]</ref>mit Repräsentanz in Mainz<ref>Sioplast Büro Deutschland, Industriestraße 42, 55120 Mainz </ref> und engen Beziehungen zu einer Mainzer VMP GmbH. Eine Schweizer Sioplast International AG in Cham (ZG) wurde 2010 wegen Konkurs gelöscht. | ||
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+ | Nach ihrer Insolvenz soll die Firma von einer Gruppe um den umstrittenen Investor und Anlageberater Heinz Heinrich Knöpfel Hensley Piroth übernommen worden sein. Gegenwärtig existiert eine Sioplast International Corp. mit der gleichen Anschrift in Ichtershausen wie die Sioplast Produktionsgesellschaft mbH. Geschäftsführer ist Dieter Bögel. Das Produkt Siowell und der vormals als Ansprechpartner für Siowell genannte Dietmar Horn werden in den Verlautbarungen von Sioplast nicht mehr erwähnt. Allerdings existierte Anfang 2011 noch eine Internetseite zu Siowell. Das im Oktober 2010 erteilte Gebrauchsmuster<ref name="gebr"/> zum Siowell-Gerät ist im Besitz von Gabriele Helmis und Siegfried Kreft, den Geschäftsführern der früheren Sioplast Produktionsgesellschaft mbH. Kreft ist nach wie vor für Sioplast tätig. | ||
==Heinz Heinrich Hensley-Piroth, alias Heinz Piroth alias Heinz Knoepfel== | ==Heinz Heinrich Hensley-Piroth, alias Heinz Piroth alias Heinz Knoepfel== | ||
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− | Heinz | + | [[Heinz Heinrich Hensley-Piroth]] wird von der Presse eine betrügerische Vergangenheit nachgesagt.<ref> [http://www.spiegel.de/spiegel/spiegelspecial/d-8917274.html Die Gier frisst das Gehirn. Spiegel Special 5/1996]</ref> Der Pokerspieler und Generalbevollmächtigte einer "Media Management AG" aus Mainz soll in den 1970er und 1980er Jahren unter dem Namen Heinz H. Hensley "der erfolgreichste Jäger nach dem Geld naiver Spekulanten" gewesen sein, wie er selbst bekundete. Denn das schreibt Hensley in der Zeitschrift "GQ" über sich selbst. Danach soll Hensley an seinen ahnungslosen Kunden jährlich 50 Millionen D-Mark verdient haben, in 20 Jahren rund eine Milliarde.<ref>http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/1998/1105/sport/0046/index.html</ref> Prominente sollen auf seine Anlageversprechungen hereingefallen sein, wie der Fußballer Paul Breitner, der Präsident des Fußballvereins FC Homburg, Manfred Omme, oder der Herzchirurg Professor Christiaan Barnard. Die Bildzeitung kürte ihn zum (Zitat) "drittbesten Gauner der Welt". Seine Machenschaften führten 1991 zur Verhaftung von Heinz Hensley-Piroth. |
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Aktuelle Version vom 17. Juni 2014, 12:21 Uhr
Siowell ist der Name eines pseudomedizinischen Gerätes (SIOWELL®-Lebenskraft-, Vital- & Wellness-Generator zur aktiven Verbesserung der Lebenskraft und des Wohlbefindens, zur Steigerung der Leistungsfähigkeit und der Erhöhung des Niveaus der elementaren Vitalfunktion) auf Basis einer "Scalarwellentechnik". Siowell wird außerdem mit dem pseudowissenschaftlichen Konzept Global Scaling von Hartmut Müller beworben.
Das Siowell-Gerät
Laut Werbung wirkten durch die Anwendung des Gerätes so genannte "Skalarwellen" (bei Siowell als "Scalarwellen" bezeichnet) in "gebündelter Form" als "natürliche Strahlung" in den Körper ein, was zu heilenden Effekten führe. Organe mit "fehlendem oder krankhaft verändertem Energiehaushalt" nähmen die zugeführte "Energie" aufnehm und erlebten eine "Reaktivierung des atomaren Zustandes der beschädigten Zellen in kürzester Zeit", so dass diese in ihre "natürliche molekulare Form" zurückkehrten. Dabei komme es zu einer "energetischen Veränderung der DNA". Das Immunsystem werde energetisch voll "aufgerüstet", heißt es weiter. Auch werde das Knochenmark "gezwungen", mehr Leukozyten zu bilden.
Anwendungen seien die "heilpraktische Praxisarbeit" zur symptomatischen Reduktion von Stress, Schlafstörungen, schleichenden Wesensveränderungen, Energieverzehr, Konzentrationsstörungen und Zuständen vor einem "finalen Zusammenbruch". Außerdem eigne sich Siowell zur allgemeinen Wellness und in Sport- und Schönheitsstudios. Zusätzlich seien jedoch auch bestimmte Nahrungsergänzungsmitteln notwendig.
Einer Gebrauchsmusterschrift[1] zufolge, die wie die Siowell-Werbung mit vielen inhaltsleeren scheinwissenschaftlichen Aussagen durchsetzt ist, besteht das Gerät aus einem "Resonanzkörper" aus der Substanz "Sioplast", einem Gemisch aus Sand und Kunststoff. Der Resonanzkörper wird als dosenförmiger Hohlkörper mit einem Durchmesser von 10 bis 20 cm, einer Höhe von 20 bis 30 cm und einer Wanddicke von 0,5 bis 2,5 cm beschrieben. Durch "Anregungswellen" werde er "zum Schwingen und zum Abstrahlen von Resonanzwellen gezwungen". Diese "Resonanzwellen", von den Erfindern auch "Energiewellen" genannt, sollen eine therapeutische Wirkung auf Personen in unmittelbarer Nähe des Gerätes bis zu einer Entfernung von 2,7 m haben. Mit "Anregungswellen" ist gemeint, dass sich Inneren des Resonanzkörpers zwei Antennen in Form von Drahtschleifen befinden, die mit je einem Oszillator mit einer Frequenz von etwa 12 MHz gespeist werden.
Das Material Sioplast
Bestandteile dieses patentierten Werkstoffs[2] sind der Firma Sioplast zufolge 70% Sand und 30% "unsortierter, ungereinigter Kunststoffabfall". Zur Herstellung werden die Bestandteile erhitzt und das so erzeugte Schmelzgemisch in eine Form gepresst. Anschließend könne Sioplast durch Sägen, Kleben und andere konventionelle Techniken verarbeitet werden. Laut Werbung sei es ein Material, "das herkömmliche Materialien wie Beton, Holz, Gusseisen und viele Kunststoffe nicht nur ersetzt, sondern in der Summe seiner Eigenschaften bei weitem übertrifft."
Die Firma Sioplast
Das Siowell-Gerät ist nur ein Nebenprodukt der Aktivität von Sioplast. Hauptgeschäftszweig ist der Werkstoff Sioplast, der allerdings nicht selbst produziert und vertrieben wird. Vielmehr werden Produktions- und Vertriebslizenzen verkauft, ferner könnten Partner eine Sioplast-Produktionsanlage erwerben. Zeitweise hat Sioplast auch versucht, Solarziegel auf den Markt zu bringen. 2010 geriet das Unternehmen in die Insolvenz, bis dahin firmierte es als Sioplast Produktionsgesellschaft[3] in Ichtershausen in Thüringen, die auch das Siowell-Gerät bewarb. Außerdem gab es eine Sioplast International Corporation in Reno (US-Staat Nevada)[4]mit Repräsentanz in Mainz[5] und engen Beziehungen zu einer Mainzer VMP GmbH. Eine Schweizer Sioplast International AG in Cham (ZG) wurde 2010 wegen Konkurs gelöscht.
Nach ihrer Insolvenz soll die Firma von einer Gruppe um den umstrittenen Investor und Anlageberater Heinz Heinrich Knöpfel Hensley Piroth übernommen worden sein. Gegenwärtig existiert eine Sioplast International Corp. mit der gleichen Anschrift in Ichtershausen wie die Sioplast Produktionsgesellschaft mbH. Geschäftsführer ist Dieter Bögel. Das Produkt Siowell und der vormals als Ansprechpartner für Siowell genannte Dietmar Horn werden in den Verlautbarungen von Sioplast nicht mehr erwähnt. Allerdings existierte Anfang 2011 noch eine Internetseite zu Siowell. Das im Oktober 2010 erteilte Gebrauchsmuster[1] zum Siowell-Gerät ist im Besitz von Gabriele Helmis und Siegfried Kreft, den Geschäftsführern der früheren Sioplast Produktionsgesellschaft mbH. Kreft ist nach wie vor für Sioplast tätig.
Heinz Heinrich Hensley-Piroth, alias Heinz Piroth alias Heinz Knoepfel
Heinz Heinrich Hensley-Piroth wird von der Presse eine betrügerische Vergangenheit nachgesagt.[7] Der Pokerspieler und Generalbevollmächtigte einer "Media Management AG" aus Mainz soll in den 1970er und 1980er Jahren unter dem Namen Heinz H. Hensley "der erfolgreichste Jäger nach dem Geld naiver Spekulanten" gewesen sein, wie er selbst bekundete. Denn das schreibt Hensley in der Zeitschrift "GQ" über sich selbst. Danach soll Hensley an seinen ahnungslosen Kunden jährlich 50 Millionen D-Mark verdient haben, in 20 Jahren rund eine Milliarde.[8] Prominente sollen auf seine Anlageversprechungen hereingefallen sein, wie der Fußballer Paul Breitner, der Präsident des Fußballvereins FC Homburg, Manfred Omme, oder der Herzchirurg Professor Christiaan Barnard. Die Bildzeitung kürte ihn zum (Zitat) "drittbesten Gauner der Welt". Seine Machenschaften führten 1991 zur Verhaftung von Heinz Hensley-Piroth.
Quellennachweise
- ↑ 1,0 1,1 Gebrauchsmuster DE 202010007933 U1: Generatoranordnung zur Erzeugung von Energiewellen. Anmelder: Gabriele Helmis, Siegfried Kreft. Bekanntmachungstag im Patentblatt: 11.11.2010
- ↑ EP 01299321 B1: Werkstoff sowie Verfahren und Vorrichtung zu seiner Herstellung. Anmelder: Michael Manes (DE), Alexander Michailow Tarassenko (RU), Alexander Iwanowisch Shukow (RU). Patenterteilung: 01.02.2006
- ↑ SIOPLAST Produktionsgesellschaft mbH, Thöreyer Straße 5, 99334 Ichtershausen /Thüringen. Geschäftsführer: Siegfried Kreft
- ↑ Sioplast International Corporation, 241 Ridge Street, Suite 420, Reno Nevada 89501 USA. Vertreten durch H.H. Sheikh Hasher Maktoum Bin Juma Al Maktoum
- ↑ Sioplast Büro Deutschland, Industriestraße 42, 55120 Mainz
- ↑ Bild: www.pokerturniere.de/turnierspieler/159/Heinz_Piroth.html
- ↑ Die Gier frisst das Gehirn. Spiegel Special 5/1996
- ↑ http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/1998/1105/sport/0046/index.html