Recall Bias: Unterschied zwischen den Versionen
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+ | Laplanche und Pontalis (1973<ref>Laplanche, J. & Pontalis, J.-B. (2002). Das Vokabular der Psychoanalyse. Frankfurt a. M: Suhrkamp. (Original erschienen 1973).</ref>/2002) beschreiben das Konzept der '''Nachträglichkeit''' folgendermassen: | ||
+ | :''»Erfahrungen, Eindrücke, Erinnerungsspuren werden später aufgrund neuer Erfahrungen und mit dem Erreichen einer anderen Entwicklungsstufe umgearbeitet. Sie erhalten somit gleichzeitig einen neuen Sinn und eine neue psychische Wirksamkeit«'' | ||
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− | Prinzipiell sind retrospektive Betrachtungen den prospektiven (in die Zukunft gerichteten) Untersuchungen unterlegen. | + | Prinzipiell sind retrospektive Betrachtungen den prospektiven (in die Zukunft gerichteten) Untersuchungen unterlegen. Allein aus dem Gedächtnis abgerufene Erinnerungen sind qualitativ Anekdoten gleichzustellen. |
− | Ein Studiendesign, das besonders anfällig für Recall Bias ist, ist die | + | Ein Studiendesign, das besonders anfällig für Recall Bias ist, ist die so genannte Fall-Kontroll-Studie. Sie dient der Ermittlung von Risikofaktoren für bestimmte Krankheiten. Dazu werden Patienten mit dieser und solche ohne diese Krankheit gefragt, ob diese Risikofaktoren in der Vergangenheit bei ihnen vorlagen. Dabei kann es sein, dass sich beide Seiten nach langer Zeit nicht mehr genau erinnern können und ungenaue Angaben machen. Daneben können Patienten mit der Krankheit eigene Vorstellungen davon haben, was die Krankheit verursacht haben könnte und erinnern sich an mögliche dementsprechende Risikofaktoren eher oder übermäßig stark. |
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Aktuelle Version vom 28. September 2024, 13:11 Uhr
Recall Bias (deutsch: Erinnerungsfehler oder Erinnerungsverzerrung) bezeichnet sich zwangsläufig einstellende Fehler bei zurückblickender (retrospektiver) Betrachtung. Der Recall Bias ist deutlich bei Zeugenaussagen in Prozessen zu beobachten. Mehrere Personen, die ein Ereignis persönlich beobachtet haben, können nachträglich unterschiedliche Angaben machen. Prinzipiell nimmt der Recall Bias im Verlaufe der Zeit zu.
Laplanche und Pontalis (1973[1]/2002) beschreiben das Konzept der Nachträglichkeit folgendermassen:
- »Erfahrungen, Eindrücke, Erinnerungsspuren werden später aufgrund neuer Erfahrungen und mit dem Erreichen einer anderen Entwicklungsstufe umgearbeitet. Sie erhalten somit gleichzeitig einen neuen Sinn und eine neue psychische Wirksamkeit«
Recall Bias bei wissenschaftlichen Untersuchungen
Der Recall Bias spielt als unsystematischer Fehler eine große Rolle bei wissenschaftlichen Untersuchungen, bei denen ein abgelaufenes Ereignis im Nachhinein bewertet wird. Derartige Untersuchungen werden dann retrospektiv (zurückblickend) bezeichnend und beinhalten stets bestimmte Verzerrungen, die sich aus der Natur des menschlichen Gedächtnis erklären, aber auch aus den Erwartungen des Berichtenden ergeben. Das menschliche Gedächtnis unterscheidet sich von technischen Speicherverfahren wie Computerfestplatten durch bestimmte Eigenschaften des selektiven Vergessens einerseits und der selektiven Erinnerung andererseits. Hinzu kommen qualitative Verzerrungen, die sich im Laufe der Zeit verstärken. Die Phänomene des (selektiven) Vergessens sind an sich nicht negativ zu sehen. Die Fähigkeit zum Vergessen ist Voraussetzung für psychische Gesundheit.
Prinzipiell sind retrospektive Betrachtungen den prospektiven (in die Zukunft gerichteten) Untersuchungen unterlegen. Allein aus dem Gedächtnis abgerufene Erinnerungen sind qualitativ Anekdoten gleichzustellen.
Ein Studiendesign, das besonders anfällig für Recall Bias ist, ist die so genannte Fall-Kontroll-Studie. Sie dient der Ermittlung von Risikofaktoren für bestimmte Krankheiten. Dazu werden Patienten mit dieser und solche ohne diese Krankheit gefragt, ob diese Risikofaktoren in der Vergangenheit bei ihnen vorlagen. Dabei kann es sein, dass sich beide Seiten nach langer Zeit nicht mehr genau erinnern können und ungenaue Angaben machen. Daneben können Patienten mit der Krankheit eigene Vorstellungen davon haben, was die Krankheit verursacht haben könnte und erinnern sich an mögliche dementsprechende Risikofaktoren eher oder übermäßig stark.
siehe auch
Weblinks
- ↑ Laplanche, J. & Pontalis, J.-B. (2002). Das Vokabular der Psychoanalyse. Frankfurt a. M: Suhrkamp. (Original erschienen 1973).