Guido von List: Unterschied zwischen den Versionen
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− | Nach dem Tod seines Vaters 1877 ging das Geschäft an ihn über, aber List gab es schon bald auf, um als freier Journalist tätig sein zu können. | + | Nach dem Tod seines Vaters 1877 ging das Geschäft an ihn über, aber List gab es schon bald auf, um als freier Journalist tätig sein zu können. Im selben Jahr heiratete er auch seine erste Frau, Helene Förster-Peters. Er veröffentlichte in dieser Zeit etliche Artikel über Brauchtum und Landschaftsstudien in völkischen Magazinen. 1888 schrieb er den Roman „Carnutum“, der vom Kampf der Germanen gegen die Römer handelte. List war der Überzeugung, dass die hoch stehende germanische Kultur durch die Eroberungen der Römer und später die Christianisierung vernichtet worden sei. "Carnutum" erregte die Aufmerksamkeit hochrangiger Persönlichkeiten in völkischen und alldeutschen Zirkeln.<ref>Goodrick-Clarke, Nicholas: Die okkulten Wurzeln des Nationalsozialismus, Wiesbaden 2004,41.</ref> Die Alldeutschen traten für die Loslösung der überwiegend von Deutschsprachigen bewohnten Gebiete aus der kaiserlichen Donaumonarchie und ihre Eingliederung in das deutsche Kaiserreich ein. Der Industrielle Friedrich Wannieck, der sich als Mäzen in der völkischen Szene engagierte, wurde zu einem lebenslangen Förderer Lists. Über ihn lernte List auch den jungen [[Jörg Lanz von Liebenfels]] kennen, der einer seiner engsten Freunde und Schüler wurde. Reichsrat Georg Ritter von Schönerer, ein nationalistischer und antisemitischer Politiker und Leitfigur der Alldeutschen, zeigte sich ebenfalls beeindruckt. Auf „Carnutum“ folgten mit „Jung Diethers Heimkehr“ und „Pipara“ zwei weitere Romane, in denen List die Eroberung durch die Römer und die Christianisierung der Germanen thematisierte. 1898 erschien „Der Unbesiegbare“, in dem er seine religiösen Vorstellungen über einen heidnischen Deismus niederlegte. 1899 heiratete List seine zweite Frau, die Schauspielerin Anna Wittek. In der Folgezeit verfasste er vor allem Bühnenwerke. In diesen Jahren dominierte der „Wotanskult“ zunehmend seine Artikel und Vorträge. List hielt diesen Kult für den angestammten Glauben der Teutonen, der einst von einer mystischen Priesterkaste, den Armanen, bewahrt worden war. Armane ist ein Kunstwort aus „Arier“ und „Germane“. |
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− | Im Jahr 1902 musste sich List einer Augenoperation unterziehen, in deren Folge er elf Monate | + | Im Jahr 1902 musste sich List einer Augenoperation unterziehen, in deren Folge er für elf Monate erblindete. List sinnierte in dieser erzwungenen Phase der Untätigkeit über die Bedeutung der Runen und die germanische Ursprache nach.<ref>Goodrick-Clarke, Nicholas: Die okkulten Wurzeln des Nationalsozialismus, Wiesbaden 2004,42.</ref> 1903 schickte List ein Manuskript über die „Arische Ursprache“ an die Kaiserliche Akademie der Wissenschaften, die es kommentarlos zurücksandte. Empörte Unterstützer gründeten daraufhin die [[Guido-von-List-Gesellschaft]], um seine „Forschungen“ zu finanzieren und zu publizieren. Die Gesellschaft wurde von vielen Persönlichkeiten aus dem deutschnationalen, theosophischen und antisemitischen Milieu unterstützt. Es fanden sich auch zahlreiche wohlhabende Gönner aus dem gehobenen Bürgertum. 1903 begann List damit, sich „von List“ zu nennen und setzte schließlich 1907 durch, dass er das Adelsprädikat offiziell führen durfte. Lists Wunsch, einen Adelstitel zu führen, lässt sich wohl dadurch erklären, dass er glaubte, die alte germanische Priesterschaft sei im Adel aufgegangen. |
− | List veröffentlichte bis 1914 weitere „Forschungsergebnisse“, die auf seiner okkulten Interpretation der Germanenzeit basierten. List hatte mit seinen Schriften über die „Armanen“, arische „Geheimbotschaften“ in mittelalterlichen Wappen und die magische Kraft der Runen viel Erfolg in völkischen und deutschnationalen Kreisen. 1911 gründete List für seine engsten Adepten den Hohen Armanen Orden HAO innerhalb der List-Gesellschaft. Mit diesen „Baumeistern des neuen spirituellen Deutschland“ | + | |
+ | List veröffentlichte bis 1914 weitere „Forschungsergebnisse“, die auf seiner okkulten Interpretation der Germanenzeit basierten. List hatte mit seinen Schriften über die „Armanen“, arische „Geheimbotschaften“ in mittelalterlichen Wappen und die magische Kraft der Runen viel Erfolg in völkischen und deutschnationalen Kreisen. 1911 gründete List für seine engsten Adepten den Hohen [[Armanen-Orden]] (HAO) innerhalb der List-Gesellschaft. Mit diesen „Baumeistern des neuen spirituellen Deutschland“ führte List Studienreisen zu mystischen Orten durch, die seiner Meinung nach mit den Armanen in Verbindung standen. Während des ersten Weltkrieges verfasste List eine Studie zu „Armanismus und [[Kabbala]]“ und veröffentlichte Artikel über das neue nationale Millennium, das nach dem Sieg über die Alliierten anbrechen werde. Die Niederlage des deutschen Reiches im ersten Weltkrieg interpretierte List dann als eine notwendige Zeit des Leidens vor der endgültigen Erlösung der Ario-Germanen. Der durch die Lebensmittelknappheit während und nach dem ersten Weltkrieg geschwächte List starb 1919 in einer Berliner Pension. Seine Leiche wurde verbrannt und auf dem Wiener Zentralfriedhof beigesetzt. | ||
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Aktuelle Version vom 28. April 2015, 07:32 Uhr
Guido von List (eigentlich Karl Anton List; 5. Oktober 1848 - 15. Mai 1919) war ein österreichischer, antisemitischer Esoteriker, Autor, Verschwörungstheoretiker und Begründer der Ariosophie.
Frühe Jahre
List entstammte einer wohlhabenden Wiener Kaufmannsfamilie. Schon in jungen Jahren träumte er davon, Künstler und Gelehrter zu werden. Auf Wunsch seines Vaters, eines Lederwarenhändlers, machte List eine Handelsausbildung und assistierte ihm im Geschäft. In seiner Freizeit wanderte er oft alleine in den Wäldern Wiens, fertigte Skizzen von der Landschaft an und schrieb seine Eindrücke nieder.[1] List war in seiner Jugend auch ein begeisterter Alpinist und Ruderer. 1871 wurde er Sekretär des Österreichischen Alpenvereins, der 1874 mit dem Deutschen Alpenverein fusionierte. Dadurch kam List auch früh mit völkisch bewegten Deutschen in Kontakt.
List und die völkische Bewegung
Nach dem Tod seines Vaters 1877 ging das Geschäft an ihn über, aber List gab es schon bald auf, um als freier Journalist tätig sein zu können. Im selben Jahr heiratete er auch seine erste Frau, Helene Förster-Peters. Er veröffentlichte in dieser Zeit etliche Artikel über Brauchtum und Landschaftsstudien in völkischen Magazinen. 1888 schrieb er den Roman „Carnutum“, der vom Kampf der Germanen gegen die Römer handelte. List war der Überzeugung, dass die hoch stehende germanische Kultur durch die Eroberungen der Römer und später die Christianisierung vernichtet worden sei. "Carnutum" erregte die Aufmerksamkeit hochrangiger Persönlichkeiten in völkischen und alldeutschen Zirkeln.[2] Die Alldeutschen traten für die Loslösung der überwiegend von Deutschsprachigen bewohnten Gebiete aus der kaiserlichen Donaumonarchie und ihre Eingliederung in das deutsche Kaiserreich ein. Der Industrielle Friedrich Wannieck, der sich als Mäzen in der völkischen Szene engagierte, wurde zu einem lebenslangen Förderer Lists. Über ihn lernte List auch den jungen Jörg Lanz von Liebenfels kennen, der einer seiner engsten Freunde und Schüler wurde. Reichsrat Georg Ritter von Schönerer, ein nationalistischer und antisemitischer Politiker und Leitfigur der Alldeutschen, zeigte sich ebenfalls beeindruckt. Auf „Carnutum“ folgten mit „Jung Diethers Heimkehr“ und „Pipara“ zwei weitere Romane, in denen List die Eroberung durch die Römer und die Christianisierung der Germanen thematisierte. 1898 erschien „Der Unbesiegbare“, in dem er seine religiösen Vorstellungen über einen heidnischen Deismus niederlegte. 1899 heiratete List seine zweite Frau, die Schauspielerin Anna Wittek. In der Folgezeit verfasste er vor allem Bühnenwerke. In diesen Jahren dominierte der „Wotanskult“ zunehmend seine Artikel und Vorträge. List hielt diesen Kult für den angestammten Glauben der Teutonen, der einst von einer mystischen Priesterkaste, den Armanen, bewahrt worden war. Armane ist ein Kunstwort aus „Arier“ und „Germane“.
Wendung zum Okkultismus
Im Jahr 1902 musste sich List einer Augenoperation unterziehen, in deren Folge er für elf Monate erblindete. List sinnierte in dieser erzwungenen Phase der Untätigkeit über die Bedeutung der Runen und die germanische Ursprache nach.[3] 1903 schickte List ein Manuskript über die „Arische Ursprache“ an die Kaiserliche Akademie der Wissenschaften, die es kommentarlos zurücksandte. Empörte Unterstützer gründeten daraufhin die Guido-von-List-Gesellschaft, um seine „Forschungen“ zu finanzieren und zu publizieren. Die Gesellschaft wurde von vielen Persönlichkeiten aus dem deutschnationalen, theosophischen und antisemitischen Milieu unterstützt. Es fanden sich auch zahlreiche wohlhabende Gönner aus dem gehobenen Bürgertum. 1903 begann List damit, sich „von List“ zu nennen und setzte schließlich 1907 durch, dass er das Adelsprädikat offiziell führen durfte. Lists Wunsch, einen Adelstitel zu führen, lässt sich wohl dadurch erklären, dass er glaubte, die alte germanische Priesterschaft sei im Adel aufgegangen.
List veröffentlichte bis 1914 weitere „Forschungsergebnisse“, die auf seiner okkulten Interpretation der Germanenzeit basierten. List hatte mit seinen Schriften über die „Armanen“, arische „Geheimbotschaften“ in mittelalterlichen Wappen und die magische Kraft der Runen viel Erfolg in völkischen und deutschnationalen Kreisen. 1911 gründete List für seine engsten Adepten den Hohen Armanen-Orden (HAO) innerhalb der List-Gesellschaft. Mit diesen „Baumeistern des neuen spirituellen Deutschland“ führte List Studienreisen zu mystischen Orten durch, die seiner Meinung nach mit den Armanen in Verbindung standen. Während des ersten Weltkrieges verfasste List eine Studie zu „Armanismus und Kabbala“ und veröffentlichte Artikel über das neue nationale Millennium, das nach dem Sieg über die Alliierten anbrechen werde. Die Niederlage des deutschen Reiches im ersten Weltkrieg interpretierte List dann als eine notwendige Zeit des Leidens vor der endgültigen Erlösung der Ario-Germanen. Der durch die Lebensmittelknappheit während und nach dem ersten Weltkrieg geschwächte List starb 1919 in einer Berliner Pension. Seine Leiche wurde verbrannt und auf dem Wiener Zentralfriedhof beigesetzt.