Salutogenese nach Antonovsky: Unterschied zwischen den Versionen
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− | Antonovsky fiel auf, dass Frauen, die den Holocaust überlebt hatten, weniger klimakterische Beschwerden zeigten. Er führte dies auf einen ausgeprägten | + | Antonovsky fiel auf, dass Frauen, die den Holocaust überlebt hatten, weniger klimakterische Beschwerden zeigten. Er führte dies auf einen ausgeprägten "sense of coherence" (SOC, Kohärenzgefühl = Verstehbarkeit der Zusammenhänge des Lebens, Handhabbarkeit von Ressourcen, mit denen man das eigene Leben gestalten kann, Sinnhaftigkeit der gestellten Lebensaufgaben) zurück. Auf diesen Grundlagen entstand sein Konzept der Salutogenese. |
− | Antonovsky | + | Antonovsky sah den gemeinten Kohärenzsinn als eine von außen bedingte, bis zu einem Alter von ca. 25 Jahren weitgehend abgeschlossen entwickelte, individuelle Disposition an. Dies ist inzwischen nicht mehr Stand der Wissenschaft. Der Kohärenzsinn entwickelt sich weniger von außen, sondern steht in einem engen Zusammenhang mit Merkmalen der eigenen Persönlichkeit, die entweder angelegt sind oder gezielt gefördert werden können.<ref>[http://www.uni-leipzig.de/~gespsych/material/soc_lexikon.pdf Jörg Schumacher: Kohärenzgefühl]</ref> |
Das Kohärenzgefühl entscheidet mit darüber, wie gut eine Person vorhandene Ressourcen zum Erhalt der Gesundheit und des Wohlbefindens zu nutzen weiß und es bestimmt die "Stresswahrnehmung". | Das Kohärenzgefühl entscheidet mit darüber, wie gut eine Person vorhandene Ressourcen zum Erhalt der Gesundheit und des Wohlbefindens zu nutzen weiß und es bestimmt die "Stresswahrnehmung". | ||
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Menschen mit hohem SOC sollen fordernde Situationen nicht als Belastung einschätzen können, Stressoren als positiv oder irrelevant für das eigene Wohlbefinden ansehen (und nicht als gefährdend). Sie sollen Probleme klarer und differenzierter wahrnehmen können. Verdeutlicht kann man also feststellen, dass Menschen, die über ein hohes SOC verfügen, eine optimistisch orientierte Betrachtungsweise der Umwelt besitzen sollen. Sie wählen eine bestimmte "Coping-Strategie" (Bewältigungsstrategie) aus, die ihnen am geeignetsten erscheint, mit dem herausfordernden Problem umzugehen. | Menschen mit hohem SOC sollen fordernde Situationen nicht als Belastung einschätzen können, Stressoren als positiv oder irrelevant für das eigene Wohlbefinden ansehen (und nicht als gefährdend). Sie sollen Probleme klarer und differenzierter wahrnehmen können. Verdeutlicht kann man also feststellen, dass Menschen, die über ein hohes SOC verfügen, eine optimistisch orientierte Betrachtungsweise der Umwelt besitzen sollen. Sie wählen eine bestimmte "Coping-Strategie" (Bewältigungsstrategie) aus, die ihnen am geeignetsten erscheint, mit dem herausfordernden Problem umzugehen. | ||
− | Nach Antonovsky ist die zentrale Frage der Salutogenese: ''Wer bleibt gesund, und wann und wie, auch angesichts kritischer Lebensereignisse und zahlreicher Stressoren im Alltagsleben?''. Analog der Bedeutung von pathogenetischen Faktoren zur Krankheitsentstehung | + | Nach Antonovsky ist die zentrale Frage der Salutogenese: ''Wer bleibt gesund, und wann und wie, auch angesichts kritischer Lebensereignisse und zahlreicher Stressoren im Alltagsleben?''. Analog der Bedeutung von pathogenetischen Faktoren zur Krankheitsentstehung muss es auch positive Faktoren geben, dass ein Mensch gesund bleibt oder es wieder wird. |
Beim therapeutischen, salutogenetischen Denkansatz sucht man nach Schutzfaktoren, die trotz Stressoren und Risiken die Gesundheit erhalten sollen. Solche Faktoren befähigen einen Menschen, mit stressreichen Umständen so gut fertig zu werden, wie dies möglich ist. | Beim therapeutischen, salutogenetischen Denkansatz sucht man nach Schutzfaktoren, die trotz Stressoren und Risiken die Gesundheit erhalten sollen. Solche Faktoren befähigen einen Menschen, mit stressreichen Umständen so gut fertig zu werden, wie dies möglich ist. | ||
==Zitate== | ==Zitate== | ||
− | + | * ''Ich gehe davon aus, [...] um eine [...] Metapher zu wählen, dass wir alle eine lange Skipiste herunterfahren, an deren Ende ein unumgänglicher und unendlicher Abgrund ist. Die pathogenethische Orientierung beschäftigt sich hauptsächlich mit denjenigen, die an einen Felsen gefahren sind, einen Baum, mit einem anderen Skifahrer zusammengestoßen sind oder in eine Gletscherspalte fielen. Weiterhin versucht sie uns davon zu überzeugen, dass es das Beste ist, überhaupt nicht Ski zu fahren. Die salutogenethische Orientierung beschäftigt sich damit, wie die Piste ungefährlicher gemacht werden kann und wie man Menschen zu sehr guten Skifahrern machen kann.''<ref>Antonovsky 1993</ref> | |
− | ''Das Kohärenzgefühl ist eine globale Orientierung, die ausdrückt, in welchem Ausmaß man ein durchdringendes, dynamisches Gefühl des Vertrauens hat, dass die Stimuli, die sich im Verlauf des Lebens aus der inneren und äußeren Umgebung ergeben, strukturiert, vorhersehbar und erklärbar sind; einem die Ressourcen zur Verfügung stehen, um den Anforderungen, die diese Stimuli stellen, zu begegnen; diese Anforderungen Herausforderungen sind, die Anstrengung und Engagement lohnen | + | * ''Das Kohärenzgefühl ist eine globale Orientierung, die ausdrückt, in welchem Ausmaß man ein durchdringendes, dynamisches Gefühl des Vertrauens hat, dass die Stimuli, die sich im Verlauf des Lebens aus der inneren und äußeren Umgebung ergeben, strukturiert, vorhersehbar und erklärbar sind; einem die Ressourcen zur Verfügung stehen, um den Anforderungen, die diese Stimuli stellen, zu begegnen; diese Anforderungen Herausforderungen sind, die Anstrengung und Engagement lohnen.''<ref>Aaron Antonovsky: Salutogenese. Zur Entmystifizierung der Gesundheit. 1997, S. 36</ref> |
==Quellennachweise== | ==Quellennachweise== |
Aktuelle Version vom 14. Juni 2012, 14:42 Uhr
Die Salutogenese (Lehre der Gesundheitsentstehung als Gegensatz zur Pathogenese, der Krankheitsentstehung) ist ein Konzept des amerikanisch-israelischen Medizinsoziologen Aaron Antonovsky (1923–1994). Er entwickelte das Konzept während der 1970er Jahre und erregte 1979 große Aufmerksamkeit mit seinem Buch Health, stress, and coping.[1]
Das Prinzip der Salutogenese wird häufig von Alternativmedizinern fälschlich auf ihre eigenen alternativen oder komplementären Methoden bezogen und begrenzt. Neben externen Faktoren der Krankheitsentstehung bietet die Salutogenese "interne", gesundheitsfördernde (salutogene) Ansätze zur aktiven eigenen Rolle in der Krankheitsbewältigung und Therapie. Bezüge bestehen zum Placeboeffekt und der Arzt-Patientbeziehung.
Antonovsky fiel auf, dass Frauen, die den Holocaust überlebt hatten, weniger klimakterische Beschwerden zeigten. Er führte dies auf einen ausgeprägten "sense of coherence" (SOC, Kohärenzgefühl = Verstehbarkeit der Zusammenhänge des Lebens, Handhabbarkeit von Ressourcen, mit denen man das eigene Leben gestalten kann, Sinnhaftigkeit der gestellten Lebensaufgaben) zurück. Auf diesen Grundlagen entstand sein Konzept der Salutogenese.
Antonovsky sah den gemeinten Kohärenzsinn als eine von außen bedingte, bis zu einem Alter von ca. 25 Jahren weitgehend abgeschlossen entwickelte, individuelle Disposition an. Dies ist inzwischen nicht mehr Stand der Wissenschaft. Der Kohärenzsinn entwickelt sich weniger von außen, sondern steht in einem engen Zusammenhang mit Merkmalen der eigenen Persönlichkeit, die entweder angelegt sind oder gezielt gefördert werden können.[2]
Das Kohärenzgefühl entscheidet mit darüber, wie gut eine Person vorhandene Ressourcen zum Erhalt der Gesundheit und des Wohlbefindens zu nutzen weiß und es bestimmt die "Stresswahrnehmung".
Menschen mit hohem SOC sollen fordernde Situationen nicht als Belastung einschätzen können, Stressoren als positiv oder irrelevant für das eigene Wohlbefinden ansehen (und nicht als gefährdend). Sie sollen Probleme klarer und differenzierter wahrnehmen können. Verdeutlicht kann man also feststellen, dass Menschen, die über ein hohes SOC verfügen, eine optimistisch orientierte Betrachtungsweise der Umwelt besitzen sollen. Sie wählen eine bestimmte "Coping-Strategie" (Bewältigungsstrategie) aus, die ihnen am geeignetsten erscheint, mit dem herausfordernden Problem umzugehen.
Nach Antonovsky ist die zentrale Frage der Salutogenese: Wer bleibt gesund, und wann und wie, auch angesichts kritischer Lebensereignisse und zahlreicher Stressoren im Alltagsleben?. Analog der Bedeutung von pathogenetischen Faktoren zur Krankheitsentstehung muss es auch positive Faktoren geben, dass ein Mensch gesund bleibt oder es wieder wird.
Beim therapeutischen, salutogenetischen Denkansatz sucht man nach Schutzfaktoren, die trotz Stressoren und Risiken die Gesundheit erhalten sollen. Solche Faktoren befähigen einen Menschen, mit stressreichen Umständen so gut fertig zu werden, wie dies möglich ist.
Zitate
- Ich gehe davon aus, [...] um eine [...] Metapher zu wählen, dass wir alle eine lange Skipiste herunterfahren, an deren Ende ein unumgänglicher und unendlicher Abgrund ist. Die pathogenethische Orientierung beschäftigt sich hauptsächlich mit denjenigen, die an einen Felsen gefahren sind, einen Baum, mit einem anderen Skifahrer zusammengestoßen sind oder in eine Gletscherspalte fielen. Weiterhin versucht sie uns davon zu überzeugen, dass es das Beste ist, überhaupt nicht Ski zu fahren. Die salutogenethische Orientierung beschäftigt sich damit, wie die Piste ungefährlicher gemacht werden kann und wie man Menschen zu sehr guten Skifahrern machen kann.[3]
- Das Kohärenzgefühl ist eine globale Orientierung, die ausdrückt, in welchem Ausmaß man ein durchdringendes, dynamisches Gefühl des Vertrauens hat, dass die Stimuli, die sich im Verlauf des Lebens aus der inneren und äußeren Umgebung ergeben, strukturiert, vorhersehbar und erklärbar sind; einem die Ressourcen zur Verfügung stehen, um den Anforderungen, die diese Stimuli stellen, zu begegnen; diese Anforderungen Herausforderungen sind, die Anstrengung und Engagement lohnen.[4]
Quellennachweise
- ↑ Antonovsky A: Health, stress, and coping. New perspectives on mental and physical well-being, San Francisco 1979
- ↑ Jörg Schumacher: Kohärenzgefühl
- ↑ Antonovsky 1993
- ↑ Aaron Antonovsky: Salutogenese. Zur Entmystifizierung der Gesundheit. 1997, S. 36