Basenpulver: Unterschied zwischen den Versionen
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+ | *http://chemreporter.de/2017/10/16/basische-ernaehrung-wenn-heilpraktiker-die-chemie-kapern/ | ||
==Quellennachweise== | ==Quellennachweise== |
Aktuelle Version vom 9. Dezember 2017, 23:26 Uhr
Basenpulver sind alternativmedizinische Präparate, die einer so genannten Übersäuerung entgegenwirken sollen. Ein Nutzen derartiger Basenpulver ist nicht plausibel, da das zu Grunde liegende alternativmedizinische Konzept einer Übersäuerung eine klassische Krankheitserfindung und wissenschaftlich nicht anerkannt ist. Verwechslungsgefahr besteht mit der behandlungsbedürftigen Azidose.
Der menschliche Stoffwechel kann bei einer normalen Mischkost den täglich anfallenden Säureüberschuss von etwa 50 bis 100 Millimol (mmol) über die vorhandenen Regulationssysteme in Nieren, Leber und Lunge problemlos eliminieren bzw. abpuffern. Die maximale tägliche Säureausscheidungskapazität der Nieren liegt bei 300 bis 400 mmol. Theoretisch entspricht dies der Säuremenge, die bei der Verdauung von fast 2,5 Kilogramm Fleisch entsteht.[1]
Basenpulver werden als Nahrungsergänzungsmittel verbotener Weise häufig mit gesundheitsbezogenenen Angaben (Health Claims beworben. So sollen die Produkte gegen Müdigkeit, Kopfschmerzen, Haarausfall, Gicht, Rheuma, Allergien, Osteoporose, Darmerkrankungen und andere chronische Leiden, ja sogar bei Krebserkrankungen wirksam sein.
Eine Wirksamkeit von Basenpulvern zur Heilung oder Prävention von Krankheiten konnte bislang nicht nachgewiesen werden, lediglich Sodbrennen bessert sich kurzfristig. Daher werden Basenpulver in der wissenschaftlichen Medizin nicht eingesetzt. Zur Behandlung einer tatsächlich nachgewiesenen Azidose stehen entsprechende Arzneimittel zur Verfügung.
Die hessische Verbraucherzentrale bezeichnet basische Ernährung und als Nahrungsergänzungsmittel angebotene Basenpulver als überflüssig. In ihrer Stellungnahme heißt es:
- „Die natürlichen Puffersysteme des Körpers, eine ausgewogene Ernährung mit reichlich Gemüse und Obst, mäßig tierischen Lebensmitteln, viel Trinken sowie Bewegung schützen ausreichend vor Übersäuerung.“[2]
Aus einer Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Ernährung:
- „Eine basenüberschüssige Kost bringt keine nachweisbaren gesundheitlichen Vorteile. Eine Übersäuerung des Körpers ist beim Gesunden nicht zu befürchten, da Puffersysteme den Säure-Basen-Spiegel im Blut und Gewebe konstant halten.“
Die unabhängige Stiftung Öko-Test befasste sich im Februar 2015 mit Basenpulvern und kritisierte insbesondere die Zutaten/Inhaltsstoffe von Basenpulvern und anderen Nahrungsergänzungsmitteln gegen angenommene "Übersäuerung".[3]
Fertigprodukte sind in der Regel Nahrungsergänzungsmittel und werden unter Handelsnamen wie beispielsweise Nimbasit, Erbasit oder Alkala N verkauft. Einige Hersteller legen ihren Produkten Urinteststreifen bei, mit denen die Kunden den pH-Wert des Urins schätzen können (sticksen). Der pH-Wert des Urins ist starken täglichen Schwankungen unterworfen und nicht geeignet, den Blut-pH-Wert oder die gesamten Stoffwechsellage zu beurteilen. Auch zur Diagnose einer Azidose sind Urinteststreifen ungeeignet. Überalterte Sticks können zudem falsche Werte anzeigen.
Inhaltsstoffe und unerwünschte Wirkungen
In der Regel enthalten die so genannten Basenpulver Mischungen von Mineralsalzverbindungen mit Saccharose und/oder Lactose. Laut Angaben von Öko-Test vom Februar 2015 enthalten viele Basenpulver Hydrogencarbonate, die jedoch mit der Salzsäure des Magens zu Kochsalz reagieren. Kochsalz kann den Blutdruck, das Magenkrebs- und das Nierensteinrisiko erhöhen. Nach der übermäßigen Alkalisierung erhöht der Magen reaktiv die Säureproduktion, was die Magenschleimhaut schädigen kann. Besonders bei Menschen mit zu niedrigem Magensäuregehalt (z.B. bei Einnahme von so genannten Säureblockern) können gefährliche Bakterien die Säurebarriere des Magens überwinden und sich im Magendarmtrakt ansiedeln. Als Folge können dabei Völlegefühl, Aufstoßen und Blähungen auftreten. Zugesetztes Calciumkarbonat kann bei großen Mengen den Darm belasten. Die regelmäßige Einnahme von Basenpulvern mit Natron und Calciumkarbonat verändert die Dickdarmflora, die dadurch vermehrt Ammoniak produziert, was wiederum die Leber belastet.
Ebenfalls kann in Basenpulvern Kieselerde, Zeolith oder Korallenpulver gefunden werden. Eine wissenschaftlich zu nennende Begründung für diese Zutaten ist nicht erkennbar. Dies gilt auch für zugesetzte Süßstoffe, Phosphate, Kalium und Aromen. In einem Produkt (Balance Säure Basen Ausgleich-Drink) wurden erhöhte Arsenkonzentrationen gefunden. In einigen Produkten fand sich Eisen, das zu unerwünschten Wirkungen führen kann, wobei ein Einfluss auf den Säure-Basenhaushalt nicht vorhanden ist.[4] In anderen Produkten fanden sich erhöhte Nickelwerte.[5]
Im Gegensatz zu zugelassenen Arzneimitteln müssen Nahrungsergänzungsmittel keinen Beipackzettel enthalten, in denen auf mögliche Nebenwirkungen hingewiesen wird.
Siehe auch
Weblinks
- Sauer sein: Der Mythos Basenpulver derstandard.at, 26. Januar 2016
- http://chemreporter.de/2017/10/16/basische-ernaehrung-wenn-heilpraktiker-die-chemie-kapern/
Quellennachweise
- ↑ http://www.srf.ch/gesundheit/lifestyle/der-streit-ums-basenpulver
- ↑ https://web.archive.org/web/20071008103554/http://www.verbraucher.de/ernaehrung/presse/pm079-06.pdf
- ↑ http://www.oekotest.de/cgi/index.cgi?artnr=105641&bernr=06&seite=04
- ↑ http://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Uebersaeuerung-Wie-sinnvoll-sind-Basenpulver,uebersaeuerung101.html
- ↑ http://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/spektrum/news/2015/02/09/oeko-test-verreisst-basische-nem/15008.html