Christozentrisches Heilen: Unterschied zwischen den Versionen

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==Historische Wurzeln==
 
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Die Vorstellung von einer alles durchdringenden metaphysischen Kraft, mit der man nur Kontakt aufnehmen müsse, um sie für eigene Ziele nutzbar zu machen, geht auf das antike Konzept des Pneuma (griechisch πνεῦμα) zurück. Im frühen Christentum entwickelte sich daraus der Gedanke des [[Heiliger Geist|Heiligen Geistes]], der durch göttliches Wollen auf den Menschen komme; dabei verstand sich die Priesterschaft als Mittler zwischen dem menschlichen und dem göttlichen Wollen. Die Reformation lehnte diese Rolle der Geistlichkeit ab und stellte den individuellen Menschen in eine direkte Beziehung zu Gott, wobei es innerhalb der evangelischen Kirchen unterschiedliche Ansichten darüber gab, ob der Mensch sich den Heiligen Geist selbst zusprechen könne oder nicht. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts gewann die pragmatische Herangehensweise an das Problem an Einfluss, wie sie z.B. von der Word-Of-Faith Bewegung<ref>http://en.wikipedia.org/wiki/Word_of_Faith</ref> vertreten wird. Dieser Auffassung zufolge bestehe zwischen Gott und dem individuellen Menschen eine Art Vertrag, der Gott zum Wirken von Wundern verpflichtet, wenn im Gegenzug der Mensch nur daran glaube. Der glaubende Mensch habe also einen vertraglichen Anspruch auf Wunder, und zwar immer genau auf die, die er gerade braucht. Das sei auch in Gottes Sinne: keine Wunder, kein Glaube.
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Die Vorstellung von einer alles durchdringenden metaphysischen Kraft, mit der man nur Kontakt aufnehmen müsse, um sie für eigene Ziele nutzbar zu machen, geht auf das antike Konzept des Pneuma (griechisch πνεῦμα) zurück. Im frühen Christentum entwickelte sich daraus der Gedanke des Heiligen Geistes, der durch göttliches Wollen auf den Menschen komme; dabei verstand sich die Priesterschaft als Mittler zwischen dem menschlichen und dem göttlichen Wollen. Die Reformation lehnte diese Rolle der Geistlichkeit ab und stellte den individuellen Menschen in eine direkte Beziehung zu Gott, wobei es innerhalb der evangelischen Kirchen unterschiedliche Ansichten darüber gab, ob der Mensch sich den Heiligen Geist selbst zusprechen könne oder nicht. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts gewann die pragmatische Herangehensweise an das Problem an Einfluss, wie sie z.B. von der Word-Of-Faith Bewegung<ref>http://en.wikipedia.org/wiki/Word_of_Faith</ref> vertreten wird. Dieser Auffassung zufolge bestehe zwischen Gott und dem individuellen Menschen eine Art Vertrag, der Gott zum Wirken von Wundern verpflichtet, wenn im Gegenzug der Mensch nur daran glaube. Der glaubende Mensch habe also einen vertraglichen Anspruch auf Wunder, und zwar immer genau auf die, die er gerade braucht. Das sei auch in Gottes Sinne: keine Wunder, kein Glaube.
  
 
==Definitionen==
 
==Definitionen==

Version vom 7. September 2012, 07:44 Uhr

Unter dem Begriff Christozentrisches Heilen wird eine spezielle Form des Gebetsheilens verstanden, in deren Zentrum eine Fixierung auf die Repräsentation der Jesusfigur im Bewusstsein des Heilers und des Kranken steht. Dabei wird angenommen, dass eventuell auftretende Verbesserungen im Zustand des Patienten nicht durch den Heiler, sondern allein durch einen als reale Person verstandenen Christus bewirkt würden.

Historische Wurzeln

Die Vorstellung von einer alles durchdringenden metaphysischen Kraft, mit der man nur Kontakt aufnehmen müsse, um sie für eigene Ziele nutzbar zu machen, geht auf das antike Konzept des Pneuma (griechisch πνεῦμα) zurück. Im frühen Christentum entwickelte sich daraus der Gedanke des Heiligen Geistes, der durch göttliches Wollen auf den Menschen komme; dabei verstand sich die Priesterschaft als Mittler zwischen dem menschlichen und dem göttlichen Wollen. Die Reformation lehnte diese Rolle der Geistlichkeit ab und stellte den individuellen Menschen in eine direkte Beziehung zu Gott, wobei es innerhalb der evangelischen Kirchen unterschiedliche Ansichten darüber gab, ob der Mensch sich den Heiligen Geist selbst zusprechen könne oder nicht. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts gewann die pragmatische Herangehensweise an das Problem an Einfluss, wie sie z.B. von der Word-Of-Faith Bewegung[1] vertreten wird. Dieser Auffassung zufolge bestehe zwischen Gott und dem individuellen Menschen eine Art Vertrag, der Gott zum Wirken von Wundern verpflichtet, wenn im Gegenzug der Mensch nur daran glaube. Der glaubende Mensch habe also einen vertraglichen Anspruch auf Wunder, und zwar immer genau auf die, die er gerade braucht. Das sei auch in Gottes Sinne: keine Wunder, kein Glaube.

Definitionen

Das beschriebene utilitaristische Gottesverständnis ist grundlegend für alle Versuche, das Christozentrische Heilen zu definieren. Verbreitet ist auch die Ansicht, dass sich die "Jesus-Energie"[2] durch Handauflegen am besten anwenden lasse. (Diese Meinung ist jedoch nicht unumstritten, denn bisweilen wurde Jesus schon beim Wirken beobachtet, ohne dass eine Berührung stattgefunden hatte[3].) Eventuell vorhandene Besessenheit wird als nicht förderlich angesehen[4], wohingegen es vorrangig sei, den kranken Menschen zum Glauben zurückzuführen[5]. Manche Anwender sehen sich selbst nur als Mittler, die die "christlichen Heilenergien"[6] weiterleiten, andere schreiben sich eine aktivere Rolle zu (und dabei gleich voneinander ab, vgl:[7] und [8]). Inwieweit folgende Aussage noch in Übereinstimmung mit dem Heilpraktikergesetz[9] und den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts[10] dazu steht, sei dahingestellt:


„Die Aktivierung der Selbstheilungskräfte mit Hilfe des inneren Arztes und Heilers Christus vermag wahre Ganzheitsheilung bewirken, d.h. nicht nur eine Symptombehandlung.
http://www.dgh-ev.de/christozentrisches-heilen.html


Propagandisten

Das Christozentrische Heilen ist in einen Zusammenhang mit evangelikalen Strömungen zu stellen. Als besonders aktiv ist der sich selbst als "konfessionell freischaffend"[11] bezeichnende Pfarrer und Autor Daniel Hari zu nennen, der auch Schulungen zu dem Thema veranstaltet.

Einen subtileren Weg beschreitet Sabine Rohwer, die im Vorstand des deutschen Dachverbandes Geistiges Heilen e.V. (DGH) im Bereich Öffentlichkeitsarbeit für Funkmedien verantwortlich ist und ein privates "Heilkundezentrum" in Hamburg leitet. Ihre Intention ist es, Methoden wie das C.H. aus der pseudowissenschaftlichen "Schmuddelecke" zu rücken, indem sie sie mit einer scheinbaren Distanz beschreibt, dabei aber freimütig Fakten und Fiktion miteinander vermischt. Das folgende Zitat veranschaulicht ihre Methodik:


„Ein Glaubensheiler verweist auf „göttliche Energie“, die durch ihn hindurchfließt, wie viele andere Heiler es auch tun. Doch beim Glaubensheiler ist der Kontakt zu Gott besonders stark. Er bittet Gott um Heilung für den Heilsuchenden.
[...]
Eine Heilungsfürbitte kann auch aus der Ferne stattfinden.
http://www.dgh-ev.de/glaubensheilung.html

Hier deutet sie eine skeptische Distanz an (durch Quotierung des Begriffs "göttliche Energie"), um gleich darauf einen "Kontakt zu Gott" als Faktum darzustellen, der sogar zu Fernheilungen im Stande sei.

Beurteilung

Grundlegend für das Konzept der Christozentrischen Heilung ist der Gedanke, dass der Glaube an die Realität der Vorstellungen bzw. Imagines von Jesus bei Heiler und Patient einen "realen" Gott evozieren, der im Sinne dieses Glaubens handelt. Das heißt, es wird den Objekten des jeweiligen (Unter-)Bewusstseins die Fähigkeit zugesprochen, aus diesem heraus in die dingliche Welt zu treten und in dieser tätig zu werden. Über eine solche Kompetenz des menschlichen Gehirns ist bisher nichts bekannt. Es muss daher auch im Falle, dass eine Einwirkung auf den Zustand des Patienten beobachtet werden kann, davon ausgegangen werden, dass die Objekte das (Unter-)Bewusstsein nicht verlassen und mithin nicht von außerhalb gewirkt haben. Eine Veränderung im Zustand des Kranken sollte deshalb als Placeboeffekt angesehen werden.

Quellen