Benutzer:Subhuman/Baustelle 2: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Psiram
Zur Navigation springen Zur Suche springen
 
(9 dazwischenliegende Versionen desselben Benutzers werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
Die Verschlüsselung von Informationen durch Übertragung in einen nur wenigen Eingeweihten bekannten Zeichensatz, eine '''Geheimschrift''', lässt sich erstmals im ägyptischen Alten Reich des dritten Jahrtausends v. Chr. nachweisen. Ihre Geschichte ist eng verflochten mit der Entwicklung [[Mystik|mystischer]] Erklärungssysteme und hermetischer, okkult-esoterischer Offenbarungslehren. Von Anfang an stand die Verwendung von Geheimschriften unter einem Machtaspekt und geschah stets entweder es zu dem Zweck, sich vor Machthabern zu schützen, oder als Mittel zur Erlangung und Sicherung von Macht<ref>''Antiquissimos sapientes, quos Graeco sermone Philosophos appellamus, si quae Naturae vel Artis reperissent Arcana, ne in pravorum notitiam devenirent variis modis atque figuris occultabant.'' - "Wenn immer die Weisen der alten Zeit, die wir griechisch 'Philosophen' nennen, etwas Geheimnisvolles entdeckt hatten, sei es in der Natur oder in Menschenwerk, haben sie es für gewöhnlich auf verschiede Arten und unter Bildern verborgen - damit es nicht den Falschen bekannt würde."<br />Croll, Oswald: Tractatus de Signaturis internis Rerum, seu de vera et viva Anatomia maioris et minoris Mundi. 1609 (Editio princeps), S. 77 (S. 134 bei [http://books.google.com/books?id=FHFpm2b9YHMC&pg=PA134&source=gbs_toc_r&cad=4#v=onepage&q&f=false books.google.com]).</ref>. Nicht zu verwechseln sind sie mit den Siegeln der [[Alchemie]] oder der [[Astrologie]]: Diesen wurden/ werden geheimnisvolle Kräfte zugesprochen, während bei Geheimschriften der Hauptaspekt in der Informationsübermittlung liegt. Wahrscheinlich die meisten okkulten Schriften entstammten [[Kabbala|kabbalistischen]] Quellen und lehnten sich an das hebräische Alphabet an, einige wenige wurden aus der griechischen Schrift entwickelt. Parallelen zum lateinischen Alphabet sind oft durch Übertragung von ursprünglich aus dem Hebräischen entwickelten Sätzen entstanden. In moderner Terminologie ausgedrückt, gehören Geheimschriften zu den [http://de.wikipedia.org/wiki/Polyalphabetische_Substitution polyalphabetischen Ersetzungschiffren].
+
Die Verschlüsselung von Informationen durch Übertragung in einen nur wenigen Eingeweihten bekannten Zeichensatz, eine '''Geheimschrift''', lässt sich erstmals im ägyptischen Alten Reich des dritten Jahrtausends v. Chr. nachweisen. Ihre Geschichte ist eng verflochten mit der Entwicklung [[Mystik|mystischer]] Erklärungssysteme und hermetischer, okkult-esoterischer Offenbarungslehren. Von Anfang an stand die Verwendung von Geheimschriften unter einem Machtaspekt und geschah stets entweder zu dem Zweck, sich vor Machthabern zu schützen, oder als Mittel zur Erlangung und Sicherung von Macht<ref>''Antiquissimos sapientes, quos Graeco sermone Philosophos appellamus, si quae Naturae vel Artis reperissent Arcana, ne in pravorum notitiam devenirent variis modis atque figuris occultabant.'' - "Wenn immer die Weisen der alten Zeit, die wir griechisch 'Philosophen' nennen, etwas Geheimnisvolles entdeckt hatten, sei es in der Natur oder in Menschenwerk, haben sie es für gewöhnlich auf verschiede Arten und unter Bildern verborgen - damit es nicht den Falschen bekannt würde."<br />Croll, Oswald: Tractatus de Signaturis internis Rerum, seu de vera et viva Anatomia maioris et minoris Mundi. 1609 (Editio princeps), S. 77 (S. 134 bei [http://books.google.com/books?id=FHFpm2b9YHMC&pg=PA134&source=gbs_toc_r&cad=4#v=onepage&q&f=false books.google.com]).</ref>. Nicht zu verwechseln sind sie mit den Siegeln der [[Alchemie]] oder der [[Astrologie]]: Diesen wurden/ werden geheimnisvolle Kräfte zugesprochen, während bei Geheimschriften der Hauptaspekt in der Informationsübermittlung liegt. Wahrscheinlich die meisten okkulten Schriften entstammten [[Kabbala|kabbalistischen]] Quellen und lehnten sich an das hebräische Alphabet an, einige wenige wurden aus der griechischen Schrift entwickelt. Parallelen zum lateinischen Alphabet sind oft durch Übertragung von ursprünglich aus dem Hebräischen entwickelten Sätzen entstanden. In moderner Terminologie ausgedrückt, gehören Geheimschriften zu den [http://de.wikipedia.org/wiki/Polyalphabetische_Substitution polyalphabetischen Ersetzungschiffren].
  
  
== Kulturhistorisches: Schrift und Schreiben über die Schrift ==
+
== Geschichte ==
Eine Notwendigkeit zur Verschlüsselung von Informationen empfand der Mensch offenbar recht bald nach der Erfindung der dauerhaften Fixierung von Information, der Schrift. Die Motivationen waren dabei sicher vielfältige: religöse Tabus, z.B. das Verbot, den Namen eines Gottes zu nennen, führten zur Entwicklung eigener Schriftzeichen, die das Tabu formal ehrten, ohne das auch in ihrer Bedeutung zu tun; als geheim deklariertes, "magisches" Wissen war nicht mehr geheim, wenn es prinzipiell jeder lesen konnte, was von den Bewahrern dieses Wissens als Bedrohung ihres bisherigen Status wahrgenommen wurde. Dazu kam der schlichte weltliche Machtaspekt: Wenn die Information nicht mehr stirbt in dem Moment, da ich dem, der sie kennt, den Kopf abschlage, habe ich ein Problem.
+
Über die Existenz von Geheimschriften aus der Zeit vor Beginn des 16. Jahrhunderts ist wenig bekannt. In den letzten Jahren der vorhergehenden Jahrhunderts begann der Aufstieg des Buchdruckergewerbes, im Zuge der Reformation, die eine starke Nachfrage nach landessprachlichen Bibelausgaben erzeugte, stiegen die Auflagenhöhen steil an. Aus dieser Zeit sind die ersten Zeugnisse wissenschaftlicher Beschäftigung mit okkulten Schriften auf uns gekommen.<ref>Allerdings ist der Rückschluss, dass es vor dieser Zeit keine Geheimschriften gegeben hätte, nicht zulässig. Die steigenden Auflagenhöhen ermöglichten es vielmehr den Verlegern, auch Werke zu produzieren, deren Absatz nicht von vornherein gesichert schien. Andererseits wirkte sich die Reformation positiv auf den Bildungsstand der Bevölkerung aus, wofür die calvinistischen Bestrebungen, die Schulbildung auf die gesamte Bevölkerung auszudehnen, nur ein, wenngleich das anschaulichste Beispiel ist. Von daher war das Risiko für einen Verleger überschaubarer geworden.</ref> Unter ihnen ist das 1538 in Paris erschienene ''Linguarum duodecim characteribus differentium alphabetum''<ref name="Postel">Postel, Guillaume: Linguarum duodecim characteribus differentium alphabetum. Paris, 1538. http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k54507r/f2.image.r=postel+linguarum.langEN</ref> von Guillaume Postel (1510 - 1581) zu nennen.  
  
Wie alles Geheimnisvolle, alles, was die Neugier eines Menschen zu erregen vermag, waren sicher auch geheime Schriften von Anfang an Gegenstand von Unterredungen und Briefwechseln, mündlichen und schriftlichen Erläuterungen und Spekulationen. Doch sind, aus der Sicht eines Machthabenden, solche Diskussionen wenig gefährlich, solange die Anzahl derer, die an ihnen teilnehmen können, überschaubar bleibt. Das nun war der Fall über lange Jahrhunderte, von denen uns wenig überliefert wurde über kryptographische Methoden und ihre Anwendung. Geändert hat sich das erst mit der Verbreitung des Buchdrucks. Zu dessen Anfangszeit, etwa bis in die achtziger Jahre des 15. Jahrhunderts, waren die Auflagenhöhen mit nur wenigen hundert Exemplaren sehr gering und Bücher waren entsprechend teuer. Dann jedoch, mit der Verbreitung des von der Renaissance inspirierten Humanismus, stieg die Nachfrage nach Büchern und die Auflagen wuchsen - heute würden wir sagen, es entstand ein positives Feedback oder eine Win-Win Situation: Das Interesse an humanistischen Schriften hatte Einfluss auf die Buchproduktion, die ihrerseits wieder dieses Interesse förderte. Das wäre vermutlich eine ganze Weile so weiter gegangen, wenn nicht...
+
== Beispiele ==
  
...wenn nicht ein sehr erfolgreicher und geschickter Ablassverkäufer im Dienste des Herrn, ein Dominikaner-Mönch namens [http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Tetzel Johann Tetzel], seine Zeitgenossen dermaßen verärgert hätte, dass einem von ihnen die Hutschnur riss. Dieser eine hieß Martin Luther, und der Tag, an dem er seine berühmten 95 Thesen an das Hauptportal der Wittenberger Schlosskirche nagelte<ref>Das war an sich noch keine revolutionäre Tat. Ein solcher Thesenanschlag, verbunden mit einer Einladung zum Disput, war an mittelalterlichen Universitäten eine alte Praxis. Auch das Wittenberger Schlosskirchenportal hatte schon immer diese Funktion eines "Schwarzen Brettes".</ref>, veränderte die Geschichte Europas und mit ihr auch die des Buchdrucks und die der Geheimschriften.
+
 
 +
== Heutige Verwendung ==
 +
 
 +
 
 +
== Quellen ==
 +
<references />
 +
 
 +
 
 +
== Weblinks ==
  
  
Zeile 18: Zeile 26:
 
Sommerhoff, Johann Christoph: Lexicon pharmaceutico-chymicum latino-germanicum et germanico-latinum. Nürnberg, 1701. http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10213842_00001.html
 
Sommerhoff, Johann Christoph: Lexicon pharmaceutico-chymicum latino-germanicum et germanico-latinum. Nürnberg, 1701. http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10213842_00001.html
  
Agrippa von Nettesheim, Heinrich Cornelius: De occulta philosophia. Paris, 1531. Digitalisiert in der [http://daten.digitale-sammlungen.de/bsb00038519/image_1 Bayerischen Staatsbibliothek].
+
Agrippa von Nettesheim, Heinrich Cornelius: De occulta philosophia libri II+III. Paris, 1551. Digitalisiert in der [http://daten.digitale-sammlungen.de/~db/0002/bsb00022716/images Bayerischen Staatsbibliothek], S. 145ff (online: 319ff., 2. u. 3. Buch zusammengefasst, 1. Buch Paris 1531)
  
Postel, Guillaume: Linguarum duodecim characteribus differentium alphabetum. Paris, 1538. http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k54507r/f2.image.r=postel+linguarum.langEN
 
  
 
http://www.omniglot.com/writing/malachim.htm (auch bei Agrippa)
 
http://www.omniglot.com/writing/malachim.htm (auch bei Agrippa)
Zeile 26: Zeile 33:
 
http://symboldictionary.net/?p=2632 (angeblich auch bei Blavatsky: Isis unveiled)
 
http://symboldictionary.net/?p=2632 (angeblich auch bei Blavatsky: Isis unveiled)
  
Bartolozzi 1675?
+
Bartolozzi 1675 = https://opacplus.bsb-muenchen.de/InfoGuideClient/singleHit.do?methodToCall=showHit&curPos=1&identifier=-1_FT_819599294 (Freie Suche = Bartolocci 1675)
  
 
Transitus Fluvii: google, Agrippa
 
Transitus Fluvii: google, Agrippa
 
 
 
 
 
==Quellen==
 
<references />
 

Aktuelle Version vom 25. Juli 2011, 07:01 Uhr

Die Verschlüsselung von Informationen durch Übertragung in einen nur wenigen Eingeweihten bekannten Zeichensatz, eine Geheimschrift, lässt sich erstmals im ägyptischen Alten Reich des dritten Jahrtausends v. Chr. nachweisen. Ihre Geschichte ist eng verflochten mit der Entwicklung mystischer Erklärungssysteme und hermetischer, okkult-esoterischer Offenbarungslehren. Von Anfang an stand die Verwendung von Geheimschriften unter einem Machtaspekt und geschah stets entweder zu dem Zweck, sich vor Machthabern zu schützen, oder als Mittel zur Erlangung und Sicherung von Macht[1]. Nicht zu verwechseln sind sie mit den Siegeln der Alchemie oder der Astrologie: Diesen wurden/ werden geheimnisvolle Kräfte zugesprochen, während bei Geheimschriften der Hauptaspekt in der Informationsübermittlung liegt. Wahrscheinlich die meisten okkulten Schriften entstammten kabbalistischen Quellen und lehnten sich an das hebräische Alphabet an, einige wenige wurden aus der griechischen Schrift entwickelt. Parallelen zum lateinischen Alphabet sind oft durch Übertragung von ursprünglich aus dem Hebräischen entwickelten Sätzen entstanden. In moderner Terminologie ausgedrückt, gehören Geheimschriften zu den polyalphabetischen Ersetzungschiffren.


Geschichte

Über die Existenz von Geheimschriften aus der Zeit vor Beginn des 16. Jahrhunderts ist wenig bekannt. In den letzten Jahren der vorhergehenden Jahrhunderts begann der Aufstieg des Buchdruckergewerbes, im Zuge der Reformation, die eine starke Nachfrage nach landessprachlichen Bibelausgaben erzeugte, stiegen die Auflagenhöhen steil an. Aus dieser Zeit sind die ersten Zeugnisse wissenschaftlicher Beschäftigung mit okkulten Schriften auf uns gekommen.[2] Unter ihnen ist das 1538 in Paris erschienene Linguarum duodecim characteribus differentium alphabetum[3] von Guillaume Postel (1510 - 1581) zu nennen.

Beispiele

Heutige Verwendung

Quellen

  1. Antiquissimos sapientes, quos Graeco sermone Philosophos appellamus, si quae Naturae vel Artis reperissent Arcana, ne in pravorum notitiam devenirent variis modis atque figuris occultabant. - "Wenn immer die Weisen der alten Zeit, die wir griechisch 'Philosophen' nennen, etwas Geheimnisvolles entdeckt hatten, sei es in der Natur oder in Menschenwerk, haben sie es für gewöhnlich auf verschiede Arten und unter Bildern verborgen - damit es nicht den Falschen bekannt würde."
    Croll, Oswald: Tractatus de Signaturis internis Rerum, seu de vera et viva Anatomia maioris et minoris Mundi. 1609 (Editio princeps), S. 77 (S. 134 bei books.google.com).
  2. Allerdings ist der Rückschluss, dass es vor dieser Zeit keine Geheimschriften gegeben hätte, nicht zulässig. Die steigenden Auflagenhöhen ermöglichten es vielmehr den Verlegern, auch Werke zu produzieren, deren Absatz nicht von vornherein gesichert schien. Andererseits wirkte sich die Reformation positiv auf den Bildungsstand der Bevölkerung aus, wofür die calvinistischen Bestrebungen, die Schulbildung auf die gesamte Bevölkerung auszudehnen, nur ein, wenngleich das anschaulichste Beispiel ist. Von daher war das Risiko für einen Verleger überschaubarer geworden.
  3. Postel, Guillaume: Linguarum duodecim characteribus differentium alphabetum. Paris, 1538. http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k54507r/f2.image.r=postel+linguarum.langEN


Weblinks

Gettings, Fred: Dictionary of Occult, Hermetic and Alchemical Sigils. London: Routledge & Kegan Paul, 1981.

Christian, Pierre: Histoire de la magie du monde surnaturel et de la fatalité à travers le temps et les peuples. Paris, 1870. http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k2029696/f1.image

Vigenère, Blaise de: Traicté des chiffres, où secretes manieres d'ecrire. Paris, 1586. http://www.apprendre-en-ligne.net/crypto/bibliotheque/vigenere/chif_htm.htm#titre

Sommerhoff, Johann Christoph: Lexicon pharmaceutico-chymicum latino-germanicum et germanico-latinum. Nürnberg, 1701. http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10213842_00001.html

Agrippa von Nettesheim, Heinrich Cornelius: De occulta philosophia libri II+III. Paris, 1551. Digitalisiert in der Bayerischen Staatsbibliothek, S. 145ff (online: 319ff., 2. u. 3. Buch zusammengefasst, 1. Buch Paris 1531)


http://www.omniglot.com/writing/malachim.htm (auch bei Agrippa)

http://symboldictionary.net/?p=2632 (angeblich auch bei Blavatsky: Isis unveiled)

Bartolozzi 1675 = https://opacplus.bsb-muenchen.de/InfoGuideClient/singleHit.do?methodToCall=showHit&curPos=1&identifier=-1_FT_819599294 (Freie Suche = Bartolocci 1675)

Transitus Fluvii: google, Agrippa