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John Keely (1827-1898) war ein amerikanischer Scharlatan, der vorgab, ein [[Perpetuum mobile]] gebaut zu haben.
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[[image:Keely1.jpg|John Keely|thumb]]John Keely (1827-1898) war ein amerikanischer Scharlatan, der vorgab, ein [[Freie Energie|Perpetuum mobile]] gebaut zu haben.
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John Ernst Worrel Keelys Leben wäre sicherlich anders verlaufen, wenn er eine angemessene Schulbildung erfahren hätte. Genau dies blieb ihm jedoch verwehrt. Nachdem seine Eltern früh verstorben waren, wuchs Keely bei seinen Großeltern auf und verließ bereits mit 12 Jahren die Schule, um das Handwerk des Zimmermanns zu lernen. Später verdingte er sich als Eisenbahn-Mechaniker, Maurer, Verkäufer und zeitweise sogar als Musiker. Seine fehlende Bildung kompensierte er mit einer außergewöhnlichen handwerklichen Begabung. Außerdem war er ein begnadeter Selbstdarsteller. Mit diesen Fähigkeiten ausgestattet gelang ihm eine erstaunliche Karriere.
 
John Ernst Worrel Keelys Leben wäre sicherlich anders verlaufen, wenn er eine angemessene Schulbildung erfahren hätte. Genau dies blieb ihm jedoch verwehrt. Nachdem seine Eltern früh verstorben waren, wuchs Keely bei seinen Großeltern auf und verließ bereits mit 12 Jahren die Schule, um das Handwerk des Zimmermanns zu lernen. Später verdingte er sich als Eisenbahn-Mechaniker, Maurer, Verkäufer und zeitweise sogar als Musiker. Seine fehlende Bildung kompensierte er mit einer außergewöhnlichen handwerklichen Begabung. Außerdem war er ein begnadeter Selbstdarsteller. Mit diesen Fähigkeiten ausgestattet gelang ihm eine erstaunliche Karriere.
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[[image:Keely2.jpg|Keelys hydropneumatische pulsierende Vaku-Maschine|thumb]]
    
==Betrüger mit Ausstrahlung==
 
==Betrüger mit Ausstrahlung==
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Der Kugelmotor markierte den Anfang einer langen Reihe von Maschinen, die Keely in den folgenden Jahrzehnten baute. Fast alle davon zeichneten sich dadurch aus, dass sie scheinbar fast ohne Treibstoff eine Antriebskraft entwickelten, die selbst heute noch jeden Hochleistungsmotor in den Schatten stellen würde. Hätte auch nur eines seiner Geräte wirklich funktioniert, dann hätte man damit bis auf den heutigen Tag alle Energieprobleme der Welt lösen können. Der uralte Traum einer nie versiegenden Energiequelle – und damit eines Perpetuum mobile – hätte sich damit erfüllt. Keely sah sich zwar selbst nie als Perpetuum-mobile-Entwickler, doch seine Erfindungen lassen kaum eine andere Einordnung zu.
 
Der Kugelmotor markierte den Anfang einer langen Reihe von Maschinen, die Keely in den folgenden Jahrzehnten baute. Fast alle davon zeichneten sich dadurch aus, dass sie scheinbar fast ohne Treibstoff eine Antriebskraft entwickelten, die selbst heute noch jeden Hochleistungsmotor in den Schatten stellen würde. Hätte auch nur eines seiner Geräte wirklich funktioniert, dann hätte man damit bis auf den heutigen Tag alle Energieprobleme der Welt lösen können. Der uralte Traum einer nie versiegenden Energiequelle – und damit eines Perpetuum mobile – hätte sich damit erfüllt. Keely sah sich zwar selbst nie als Perpetuum-mobile-Entwickler, doch seine Erfindungen lassen kaum eine andere Einordnung zu.
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Mit starken Worten und seiner Fähigkeit zur Selbstdarstellung konnte Keely etwa ein Dutzend Geschäftsleute aus Philadelphia und New York von seinen Plänen überzeugen. 1874 gründete er mit diesen die "Keely Motor Company", um seine Motoren in ein marktfähiges Produkt weiterzuentwickeln. Zunächst zahlten verschiedene Investoren eine Million Dollar ein, später stieg diese Summe sogar auf 5 Millionen. Keely nutzte diesen Geldsegen zu weiteren Experimenten und versäumte es dabei nicht, den weltmännischen und großzügigen Unternehmer zu spielen.
 
Mit starken Worten und seiner Fähigkeit zur Selbstdarstellung konnte Keely etwa ein Dutzend Geschäftsleute aus Philadelphia und New York von seinen Plänen überzeugen. 1874 gründete er mit diesen die "Keely Motor Company", um seine Motoren in ein marktfähiges Produkt weiterzuentwickeln. Zunächst zahlten verschiedene Investoren eine Million Dollar ein, später stieg diese Summe sogar auf 5 Millionen. Keely nutzte diesen Geldsegen zu weiteren Experimenten und versäumte es dabei nicht, den weltmännischen und großzügigen Unternehmer zu spielen.
    
Bis 1875 baute Keely in seiner Werkstatt in Philadelphia sechs unterschiedliche Maschinen. Diese trugen so schöne Namen wie Kugelmotor, hydraulischer Motor, unabhängiges Flugrad, Umwandlungsmaschine, Multiplikator, automatischer Wasserheber und hydropneumatische pulsierende Vaku-Maschine (teilweise hatte dieselbe Maschine mehrere Namen). Alle Geräte hatten gemeinsam, dass sie sich ohne erkennbaren Antrieb bewegten. Noch wohlklingender waren die Erklärungen, die Keely für seine angeblichen Erfindungen parat hatte. Der Kugelmotor, so sagte er, funktioniere, weil er den "Äther gefangen genommen" habe. Als Äther bezeichnete man im 19. Jahrhundert ein angeblich allgegenwärtiges, unsichtbares Material. Heute weiß man, dass dieses Material nicht existiert.
 
Bis 1875 baute Keely in seiner Werkstatt in Philadelphia sechs unterschiedliche Maschinen. Diese trugen so schöne Namen wie Kugelmotor, hydraulischer Motor, unabhängiges Flugrad, Umwandlungsmaschine, Multiplikator, automatischer Wasserheber und hydropneumatische pulsierende Vaku-Maschine (teilweise hatte dieselbe Maschine mehrere Namen). Alle Geräte hatten gemeinsam, dass sie sich ohne erkennbaren Antrieb bewegten. Noch wohlklingender waren die Erklärungen, die Keely für seine angeblichen Erfindungen parat hatte. Der Kugelmotor, so sagte er, funktioniere, weil er den "Äther gefangen genommen" habe. Als Äther bezeichnete man im 19. Jahrhundert ein angeblich allgegenwärtiges, unsichtbares Material. Heute weiß man, dass dieses Material nicht existiert.
Keelys hydropneumatische pulsierende Vaku-Maschine beeindruckte durch ihren Namen und ihr Aussehen. Ihren Zweck konnte sie nie erfüllen. (Bild vergrößern)
      
Die meisten von Keelys frühen Maschinen beruhten auf der "Disintegration von Wasser", die von einem Bauteil namens Liberator durchgeführt wurde. Niemand konnte sich darunter etwas vorstellen. Keelys Einfallsreichtum beim Erfinden neuer Fachbegriffe stand seinen handwerklichen Fähigkeiten kaum nach. So schwadronierte er von einer Theorie der sympathischen Schwingungen, von einer vibrierenden Harmonie des Weltganzen, von einer Physik der Liebe, vom Gesetz der harmonischen Vibrationen und vom Gesetz der chemischen Morphologie. Seine Wortungetüme waren derart unverständlich, dass sogar Keelys Anhänger um die Veröffentlichung eines Glossars baten. Diesem Wunsch kam der Erfinder jedoch nie nach.
 
Die meisten von Keelys frühen Maschinen beruhten auf der "Disintegration von Wasser", die von einem Bauteil namens Liberator durchgeführt wurde. Niemand konnte sich darunter etwas vorstellen. Keelys Einfallsreichtum beim Erfinden neuer Fachbegriffe stand seinen handwerklichen Fähigkeiten kaum nach. So schwadronierte er von einer Theorie der sympathischen Schwingungen, von einer vibrierenden Harmonie des Weltganzen, von einer Physik der Liebe, vom Gesetz der harmonischen Vibrationen und vom Gesetz der chemischen Morphologie. Seine Wortungetüme waren derart unverständlich, dass sogar Keelys Anhänger um die Veröffentlichung eines Glossars baten. Diesem Wunsch kam der Erfinder jedoch nie nach.
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Die heute noch existierende Zeitschrift Scientific American entwickelte sich seinerzeit zum heftigsten Keely-Kritiker und übergoss den vermeintlichen Erfinder immer wieder mit Spott. Schon 1875 bezeichnete das Magazin Keely und seinen Patentanwalt offen als Betrüger, denen es offensichtlich darum ging, "dummen Menschen das Geld aus der Tasche zu ziehen." Auch unter Wissenschaftlern und in der Lokalpresse fanden sich Skeptiker, was die Investoren jedoch zunächst nicht beeindruckte.
 
Die heute noch existierende Zeitschrift Scientific American entwickelte sich seinerzeit zum heftigsten Keely-Kritiker und übergoss den vermeintlichen Erfinder immer wieder mit Spott. Schon 1875 bezeichnete das Magazin Keely und seinen Patentanwalt offen als Betrüger, denen es offensichtlich darum ging, "dummen Menschen das Geld aus der Tasche zu ziehen." Auch unter Wissenschaftlern und in der Lokalpresse fanden sich Skeptiker, was die Investoren jedoch zunächst nicht beeindruckte.
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[[image:Keely3.jpg|Die Aktie der Keely Motor Company erreichte zu Spitzenzeiten das Siebenfache ihres Ausgabewerts|thumb]]
    
Andererseits mussten selbst die glühendsten Verehrer Keelys einräumen, dass dieser nie ein vermarktbares Produkt vorweisen konnte. So wurden die Aktionäre der Keely Motor Company im Laufe der Zeit ungeduldig, zumal das Vermögen des Unternehmens immer mehr zur Neige ging. Der Aktienkurs fiel immer weiter, und 1879 stand die Firma erstmals vor dem Bankrott. Keely fühlte sich ohnehin längst von seinen Investoren behindert und entwickelte daher einige Geräte, die seiner Meinung nach kein Firmenbesitz waren, da sie angeblich auf völlig neuen Ideen basierten. Da ohnehin niemand verstand, nach welchen seltsamen Prinzipien die Keely-Maschinen funktionierten, war diese Ansicht schwer zu widerlegen. Dennoch ließen sich die Investoren nicht so einfach übertölpeln, und so musste Keely 1879 einwilligen, zwei seiner angeblich neuen Entwicklungen (eine Kanone ohne Schießpulver und einen automatischen Wasserheber ohne nennenswerten Treibstoffbedarf) der Firma zu überschreiben. Dafür erklärten sich die Investoren dazu bereit, weiteres Kapital nachzuschießen.
 
Andererseits mussten selbst die glühendsten Verehrer Keelys einräumen, dass dieser nie ein vermarktbares Produkt vorweisen konnte. So wurden die Aktionäre der Keely Motor Company im Laufe der Zeit ungeduldig, zumal das Vermögen des Unternehmens immer mehr zur Neige ging. Der Aktienkurs fiel immer weiter, und 1879 stand die Firma erstmals vor dem Bankrott. Keely fühlte sich ohnehin längst von seinen Investoren behindert und entwickelte daher einige Geräte, die seiner Meinung nach kein Firmenbesitz waren, da sie angeblich auf völlig neuen Ideen basierten. Da ohnehin niemand verstand, nach welchen seltsamen Prinzipien die Keely-Maschinen funktionierten, war diese Ansicht schwer zu widerlegen. Dennoch ließen sich die Investoren nicht so einfach übertölpeln, und so musste Keely 1879 einwilligen, zwei seiner angeblich neuen Entwicklungen (eine Kanone ohne Schießpulver und einen automatischen Wasserheber ohne nennenswerten Treibstoffbedarf) der Firma zu überschreiben. Dafür erklärten sich die Investoren dazu bereit, weiteres Kapital nachzuschießen.
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Keelys Anhänger sahen in der neuen Methode einen Fortschritt. Hatte der vermeintliche Erfinder bis dahin nur Wasser zu Energie verwandelt, so konnte er nun scheinbar aus jeder Art von Materie riesige Energiemengen erzeugen. Keelys Maschinen kamen nun erst recht einem Perpetuum mobile gleich.
 
Keelys Anhänger sahen in der neuen Methode einen Fortschritt. Hatte der vermeintliche Erfinder bis dahin nur Wasser zu Energie verwandelt, so konnte er nun scheinbar aus jeder Art von Materie riesige Energiemengen erzeugen. Keelys Maschinen kamen nun erst recht einem Perpetuum mobile gleich.
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Allerdings verspürten die Teilhaber der Keely Motor Company wenig Lust, Keely in Ruhe zu lassen, nur weil dieser eine neue Energiequelle gefunden zu haben schien. Nach einer gerichtlichen Auseinandersetzung, die er verlor, musste Keely seine Arbeit weiterhin in den Dienst der Firma stellen. Da er nach wie vor nichts Marktreifes vorweisen konnte, blieb ihm nichts anderes übrig, als mit einer erneuten Vorführung den Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen. 1881 lud Keely daher einige Geschäftsleute und andere Interessierte zu einer Demonstration in sein Haus ein. Die Besucher mussten ihr Kommen nicht bereuen. Keely hatte einen beindruckenden Motor aus Stahlkugeln, Röhren und Rädern zusammenmontiert, der schon allein durch seine verspiegelte Oberfläche beeindruckte. Zu den Bauteilen gehörte außerdem eine überdimensionale Stimmgabel sowie eine Walze, in deren Mitte eine Klaviersaite gespannt war. Dieses Gerät trieb einen kaum weniger beeigndruckenden Apparat im Nebenraum an, an dem ein deutlich sichtbares Rad angebracht war.
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Allerdings verspürten die Teilhaber der Keely Motor Company wenig Lust, Keely in Ruhe zu lassen, nur weil dieser eine neue Energiequelle gefunden zu haben schien. Nach einer gerichtlichen Auseinandersetzung, die er verlor, musste Keely seine Arbeit weiterhin in den Dienst der Firma stellen. Da er nach wie vor nichts Marktreifes vorweisen konnte, blieb ihm nichts anderes übrig, als mit einer erneuten Vorführung den Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen. 1881 lud Keely daher einige Geschäftsleute und andere Interessierte zu einer Demonstration in sein Haus ein. Die Besucher mussten ihr Kommen nicht bereuen. Keely hatte einen beindruckenden Motor aus Stahlkugeln, Röhren und Rädern zusammenmontiert, der schon allein durch seine verspiegelte Oberfläche beeindruckte. Zu den Bauteilen gehörte außerdem eine überdimensionale Stimmgabel sowie eine Walze, in deren Mitte eine Klaviersaite gespannt war. Dieses Gerät trieb einen kaum weniger beeindruckenden Apparat im Nebenraum an, an dem ein deutlich sichtbares Rad angebracht war.
    
Zu Beginn seiner Demonstration schraubten Keely und einige Assistenten einige Bestandteile ab, zeigten sie dem Publikum und ließen dieses ins Innere der Maschine blicken, um so zu zeigen, dass weder Elektrizität noch ein gewöhnlicher Motor im Spiel war (von Druckluft war nicht die Rede). Anschließend setzte Keely das Gerät in Gang. Durch das Einbringen von etwas Wasser entfachte der Apparat einen Druck, der mit einem seltsamen Geräusch ein 300 Kilogramm schweres Gewicht in die Luft hob. Dieser Druck wurde in den Nebenraum geleitet, um das dortige Gerät anzutreiben. Das Rad dieses Geräts drehte sich mit etwa 60 Umdrehungen pro Minute, wobei das Gerät ebenfalls einen eigenwilligen Ton verbreitete. Durch ein Umschalten von "positiver zu negativer Energie" (was immer das sein mochte) ließ sich die Richtung ändern. Am Rad war eine einfache Bremse angebracht, mit der selbst zwei der schwersten Männer im Raum unter Einsatz ihres Körpergewichts die Bewegung nicht stoppen konnten. Die Drehgeschwindigkeit ließ sich über die Stimmgabel regulieren. Nach einem dreistündigen Spektakel gingen die Teilnehmer tief beeindruckt nach Hause.
 
Zu Beginn seiner Demonstration schraubten Keely und einige Assistenten einige Bestandteile ab, zeigten sie dem Publikum und ließen dieses ins Innere der Maschine blicken, um so zu zeigen, dass weder Elektrizität noch ein gewöhnlicher Motor im Spiel war (von Druckluft war nicht die Rede). Anschließend setzte Keely das Gerät in Gang. Durch das Einbringen von etwas Wasser entfachte der Apparat einen Druck, der mit einem seltsamen Geräusch ein 300 Kilogramm schweres Gewicht in die Luft hob. Dieser Druck wurde in den Nebenraum geleitet, um das dortige Gerät anzutreiben. Das Rad dieses Geräts drehte sich mit etwa 60 Umdrehungen pro Minute, wobei das Gerät ebenfalls einen eigenwilligen Ton verbreitete. Durch ein Umschalten von "positiver zu negativer Energie" (was immer das sein mochte) ließ sich die Richtung ändern. Am Rad war eine einfache Bremse angebracht, mit der selbst zwei der schwersten Männer im Raum unter Einsatz ihres Körpergewichts die Bewegung nicht stoppen konnten. Die Drehgeschwindigkeit ließ sich über die Stimmgabel regulieren. Nach einem dreistündigen Spektakel gingen die Teilnehmer tief beeindruckt nach Hause.
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Dieser Artikel basiert auf der Arbeit von Klaus Schmeh. Verwendung mit freundlicher Genehmigung des Autors.<ref>http://www.heise.de/tp/r4/artikel/33/33464/1.html</ref>
 
Dieser Artikel basiert auf der Arbeit von Klaus Schmeh. Verwendung mit freundlicher Genehmigung des Autors.<ref>http://www.heise.de/tp/r4/artikel/33/33464/1.html</ref>
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