Desoxycholsäure: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Psiram
Zur Navigation springen Zur Suche springen
(Die Seite wurde neu angelegt: '''Dexoxycholsäure''' (''Immunvitamin'', DCA - aber nicht zu verwechseln mit Dichloracetat) ist eine meist aus Ochsengalle hergestellte, sekundäre Gallensäure di...)
(kein Unterschied)

Version vom 13. Juni 2008, 13:12 Uhr

Dexoxycholsäure (Immunvitamin, DCA - aber nicht zu verwechseln mit Dichloracetat) ist eine meist aus Ochsengalle hergestellte, sekundäre Gallensäure die in der Alternativmedizin zur Behandlung von AIDS, Krebs u.a. beworben wird. Es gibt keinen seriösen Hinweis auf Wirksamkeit bei den proklamierten Indikationen.

Vom Diplom-Psychologen und Heilpraktiker Radim Vlcek aus dem bayerischen Neumarkt wird die Idee seines 1998 verstorbenen Vaters, dem an der chemischen Fakultät der Karls-Universität in Prag lehrenden B. Vlcek, verbreitet, dass Desoxycholsäure (DCA) ein Wundermittel gegen alle möglichen Erkrankungen sei.

Radim Vlcek bezeichnet die Gallensäure Desoxycholsäure als Immunvitamin DCA und weist ihm diverse wundertätige Funktionen zu, die sein Vater und dessen angebliche Forschergruppe in Prag bewiesen hätten.

Desoxycholsäure gehört zur Gruppe der Gallensäuren und gehört somit zu einer Gruppe von Hormonen, deren Grundgerüst im Cholesterinstoffwechsel der Leber produziert wird. Sie sind essentielle Bestandteile der Gallenflüssigkeit, ihre Salze werden als Cholate bezeichnet. Die beim Menschen vorkommenden wichtigsten Gallensäuren sind die Cholsäure und die Chenodesoxycholsäure. Beide werden in den Leberzellen aus Cholesterol synthetisiert und als primäre Gallensäuren. Daneben gibt es auch die Desoxycholsäure und die Lithocholsäure, die nach Abspaltung der Hydroxylgruppe am C-Atom 7 der primären Gallensäuren durch bakterielle 7a-Dehydroxylasen entstehen und als sekundäre Gallensäuren bezeichnet werden.

Die physiologische Bedeutung der Gallensäuren ist wichtig, denn sie wirken wie Tenside. Sie erleichtern die Löslichmachung und Resorption von Lipiden und fettlöslichen Vitaminen aus dem Darmlumen, die pH-Verschiebung im Dünndarm, die Induktion des Gallenflusses, die Rückkopplungshemmung der Gallensäuresynthese und damit verbunden auch die Modulation der Cholesterolproduktion in der Leber, Transport von Produkten aus dem Leberstoffwechsel in den Intestinaltrakt sowie über die Gallensäureausscheidung auch Elimination von Cholesterol.

Die Gallensäuren, die von der Galle in den Darm abgegeben werden, werden zu ca. 90% aus dem Darm wieder resorbiert und gelangen in die Leberzellen zurück. Sie unterliegen somit einem enterohepatischen Kreislauf. Durch ihre amphiphile Struktur sind die Gallensäuren-Konjugate stark grenzflächenaktiv. Sie spielen eine herausragende Rolle bei der Fettverdauung aufgrund der Emulgierung der Lipide, womit deren Abbau durch Lipasen erleichtert wird.

Die Desoxycholsäure ist in der Lage, mit Fettsäuren und anderen hydrophoben Verbindungen in einem bestimmten Verhältnis wasserlösliche Einschlussverbindungen (sog. Choleinsäuren) zu bilden. Zwei Desoxycholsäure-Moleküle bilden dabei einen 0,28 nm langen Kanal. Auf diese Weise kann beispielsweise ein Molekül Stearinsäure mit einer Länge von ca. 2,4 nm mit acht Molekülen Desoxycholsäure eine derartige Einschlußverbindung bilden. Dieses Verhalten von Desoxycholsäure macht es als Transportmedium für Arzneimittel oder andere Stoffe interessant.

Generell gilt, dass bei Aufnahme fettreicher Nahrung die Sekretion von Gallensäuren gesteigert wird. Die Gallensäuren verbessern auch die Benetzbarkeit von Arzneistoffen erheblich. Durch diese Lösungsvermittlung werden zum einen auch schlecht wasserlösliche Verbindungen in Lösung gebracht, zum anderen erhöht sich durch die Lösung im Nahrungsfett wesentlich die Auflösungsgeschwindigkeit und damit die Resorption lipophiler beziehungsweise schwerlöslicher Wirkstoffe. Bei Medikamenten wie Griseofulvin, Itraconazol, Chloroquin, Mefloquin, Streptomycin, Gentamicin, Cefazolin, Hydrochlorothiazid oder Ciclosporin verbessern die Gallensäuren nachweislich die Resorption. Ist ihre Sekretion vermindert, muss man die Resorption durch zusätzliche Gabe von Gallensäurenpräparaten verbesern. Zur direkten therapeutischen Verwendung kommen vor allem aus Ochsengalle gewonnene Gallensäuren, die einen hohen Anteil an Cholsäure und Desoxycholsäure aufweisen. Bei gestörtem Gallenfluss werden sog. Choleretika (z.B. Cholecysmon) verwendet. Cholelitholytika dienen zur Auflösung kleiner, nicht verkalkter Gallensteine. Weiterhin verwendet man Gallensäuren als Ausgangsprodukte für die Synthese von Steroidhormonen, als Gallensäure- Arzneistoff-Lösungsmittel oder als Hilfsstoff für eine verbesserte Löslichmachung und erleichterte Membrangängigkeit schwer resorbierbarer Wirkstoffe.

Radim Vclek verbreitet Halbwahrheiten und Falschinformationen

Radim Vclek behauptet, dass DCA offiziell noch als harmloser, aber nutzloser 'Irrtum der Natur' oder als sinnloses entwicklungsgeschichtliches Überbleibsel gelten würde. Angesichts der oben geschilderten Einsatzmöglichkeiten von Desoxycholsäure ist diese Behauptung des Heilpraktikers eindeutig an den Haaren herbeigezogen.

Radim Vclek behauptet, dass DCA gegen AIDS wirken würde. Auch dies ist reiner Unfug, denn es konnte bisher nur eine antivirale Wirkung von hochreiner, 99%iger Desoxycholsäure gegen HI-Viren im Zellkulturversuch gezeigt werden (Al-Jabri et al. 2000). Die Autoren gaben hochreine Desoxycholsäure in ein HIV-1 haltiges Prüfmedium und stellten eine Zerstörung der Viren fest. Dieses Resultat hat medizinisch aber keinen Bedeutung, da man die notwendigen Konzentrationen im Serum überhaupt nicht erreichen kann. Man könnte jedoch solche Lösungen zu Desinfektionszwecken z.B. in Krankenhäusern oder auf HIV-Stationen einsetzen, weil Dexoxycholsäure recht hautfreundlich ist. Von einer Option gegen HIV oder gar einer Heilung des durch diesen Virus erzeugten AIDS-Syndroms kann nicht einmal ansatzweise die Rede sein.

Radim Vlcek behauptet, DCA wirke bei Krebs. Dabei beruft er sich auf die einzigen Publikationen seines Vaters aus den Jahren 1967, 1970 und 1971 (Experientia 1967 Dec 15;23(12):1014-5; Experientia 1970;26(7):776-8; Z Naturforsch B 1971 May;26(5):419-24). In der aktuellen wissenschaftlichen Fachliteratur findet sich kein Hinweis auf eine Wirksamkeit von DCA bei Krebs und es gibt auch keine klinische Studie, die eine Wirksamkeit von Dexoxycholsäure bei irgendeiner Krebsart bewiesen hätte. Radim Vlcek verbreitet Behauptungen wie Metastasierende Tumore können durch DCA-Einsatz in gutmütige umgewandelt werden und zeigt damit seine Inkompetenz in onkologischen Fragen. Sowohl maligne als auch benigne Tumoren (letztere allerdings deutlich seltener) können Tochtergeschwülste (Metastasen) absetzen. Die Behauptung, maligne in benigne Tumoren zu überführen, ist einfach nur als lächerlich zu bezeichnen, denn eine Umwandlung wäre (wenn es sie gäbe) leicht nachweisbar, da der genetische Code komplett umprogrammiert würde. Wie dies eine einfache, sekundäre Gallensäure bewerkstelligen soll, die lediglich zwischen Darmlumen und Leber hin- und herzirkuliert, erläutert Vlcek nicht. Das wäre auch schwierig, denn wenn solch ein Prozess Wirklichkeit wäre, würde DCA möglicherweise auch gesunde Zellen angreifen, wäre also selbst ein krebserzeugendes Mittel.

Radim Vlcek behauptet, das Lebenswerk seines Vaters weiterführen und verbreiten zu wollen. Das angebliche Lebenswerk besteht aber gerade einmal aus einem einzigen Buch seines Vaters (DCA. Die Überlebens-Formel ist in unserem Körper), welches in einem einschlägigen Szene Verlag vor längerer Zeit veröffentlicht wurde.

Neues Mittel auf dem Esoterikmarkt ?

Anscheinend versucht Vlcek gerade, ein neues Wundermittel im Esoterikbereich zu plazieren. Desoxycholsäure ist preiswert zu beschaffen und kann an naive Gemüter mit entsprechendem Werbeaufwand für überhöhte Preise verkauft werden. Schädlich ist sein Produkt sicher nicht, denn Desoxycholsäure ist eine körpereigene Substanz, die die Verdauung fettreicher Speisen eher fördert. dem DCA aber wundertätige Wirkungen zu unterstellen, ist schlicht und einfach unseriös.

Schadensfälle: keine bekannt. Fazit: nutzloses Produkt für die angepriesenen Indikationen.

Quellennachweise==

  • Al-Jabria AA, Wiggb MD, Eliasc E, Lambkina R, Millsc CO, Oxforda JS: In vitro anti-HIV-1 virucidal activity of tyrosine-conjugated tri- and dihydroxy bile salt derivatives. J Antimicrob Chemother, 45, 617-621, 2000

Quelle: Paralex