Rhetorik der Pseudomediziner und Vermarkter zweifelhafter Produkte: Unterschied zwischen den Versionen
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Übertreibungen sollen Zweifel bzw. Angst vor den Methoden der wissenschaftlichen Medizin bei der Zielgruppe erzeugen. Meist werden Nebenwirkungen von Medikamenten und Impfungen (Impfschäden) maßlos übertrieben. Dieser Methode bedienen sich auch Vertreter der [[Antipsychiatrie]] mit dem Slogan „''Psychiatrie tötet''“, Ritalinkritiker mit der Bezeichnung von Methylphenidat als "''Kokain für Kinder''" oder "''Psychodroge''" und nicht zuletzt Anhänger der Germanischen Neuen Medizin mit der Behauptung, Chemotherapie bei Krebserkrankungen würde 95% der Betroffenen töten. | Übertreibungen sollen Zweifel bzw. Angst vor den Methoden der wissenschaftlichen Medizin bei der Zielgruppe erzeugen. Meist werden Nebenwirkungen von Medikamenten und Impfungen (Impfschäden) maßlos übertrieben. Dieser Methode bedienen sich auch Vertreter der [[Antipsychiatrie]] mit dem Slogan „''Psychiatrie tötet''“, Ritalinkritiker mit der Bezeichnung von Methylphenidat als "''Kokain für Kinder''" oder "''Psychodroge''" und nicht zuletzt Anhänger der Germanischen Neuen Medizin mit der Behauptung, Chemotherapie bei Krebserkrankungen würde 95% der Betroffenen töten. | ||
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+ | Übertreibungen finden auch Anwendung bei der Vermarktung von Nahrungsergänzungsmitteln. Hier wird der gesundheitliche Nutzen um ein Vielfaches übertrieben dargestellt, wenn nicht sogar von vorn herin erfunden. | ||
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Version vom 29. Januar 2010, 11:30 Uhr
Aufbau eine Feindbildes
Zu Rhetorik von Impfgegnern und (anderen) Pseudomedizinern gehört ein Feindbild. In der Regel sind dies die Schulmedizin und die Pharmaindustrie. Die Vorwürfe an diese reichen von der angeblichen Unterdrückung von Innovationen bis hin zu diversen Verschwörungen einzelner Gruppen gegen den Rest der Menschheit, die z.B. Ryke Geerd Hamer, der behauptet, die Juden würden ihresgleichen nach der Germanischen Neuen Medizin behandeln, Nichtjuden hingegen mit Chemotherapie töten. Oder Frank Dammasch, der meint, ADHS ist erfunden worden, um Ritalin zu vermarkten. Neben solch offensichtlich kruden Behauptungen kann man meist hören, dass die "Schulmedizin" den Menschen nicht als solchen ganzheitlich wahrnimmt, Krankheiten nicht heilen kann oder aus purer Gewinnsucht handelt.
Beispiele:
- Hans Tolzin über die STIKO, indem er suggeriert, die STIKI wäre korrupt und von der Industrie beeinflusst[1]:
- "Die 17 Mitglieder der STIKO werden vom Bundesgesundheitsminister berufen, um öffentliche Impfempfehlungen auszusprechen. Ein großes Problem stellt die Industrienähe der Mehrheit der STIKO-Mitglieder dar. Insbesondere ihr Vorsitzender Prof. H.J. Schmitt von der Kinderuniklinik Mainz arbeitet im Rahmen von Impfstoffstudien sehr eng mit verschiedenen Herstellern, insbesondere aber mit GlaxoSmithKline (GSK), zusammen."
- Franz Konz hetzt gegen Ärzte:
- "Der Arzt ist schlimmer als die Krankheit. Überhaupt gibt es gar keine Krankheiten, sondern nur Auswirkungen falscher Lebensführung!"
- Reinhard Voß meint in: "Keine Pillen für den Zappelphilipp, rororo 2000", dass ADHS von Medizinern als „neuer Krankheitsbegriff“ geschaffen wurde:
- "Die medizinische Behandlung sozialbedingter Auffälligkeiten im Kindes- und Jugendalter («aggressiv», «hyperaktiv», «unkonzentriert» etc.), die Anpassung auf Rezept, hat in Deutschland schon eine gewisse Tradition. Immer wieder werden von Medizinern für diese sozialbedingten Verhaltensauffälligkeiten neue Krankheitsbegriffe geschaffen, die die Legitimation für Medikamentenverordnungen, i. b. für das Ritalin schaffen."
überhöhte Selbstdarstellung
Zu einem Feindbild gehört die Darstellung der eigenen Methoden als Gegenteil davon, also als etwas „Gutes“. Dabei bedient man sich solcher Worte wie: ganzheitlich, sanft, natürlich, individuell usw. Die beworbenen Mittel sind angeblich „ohne Chemie“, „ohne Nebenwirkungen“ oder basieren auf „altem Wissen“ möglichst exotischer Völker. Nahrungsergänzungsmittel, besonders Superfrüchte werden mit Verweis ihrer exotischen Herkunft und ihrer angeblich jahrtausendelangen Verwendung in der Volksmedizin vermarktet. Auch die Vorsilben „bio-„ und „öko-„ finden eine vielfältige Verwendung.
Oft werden diverse Mittel und Methoden im Zusammenhang mit einer Verschwörungstheorie angepriesen, in der Art, dass die Pharmaindustrie oder die „Schulmedizin“ diese aus Gründen der Gewinnsucht unterdrückt.
Hinterfragt man allerdings diese Worte, entdeckt man, dass es sich um hohle Phrasen handelt, zum einen, weil keinerlei wissenschaftliche Belege für diese Behauptungen existieren oder weil man auf die psychologische Wirkung solcher Begriffe bei der Zielgruppe setzt.
Verunsicherung, Schüren von Ängsten
Eine weitere Taktik ist das Schüren von Ängsten vor der wissenschaftlichen Medizin einschließlich der Medikamente und deren Nebenwirkungen einerseits und vor schweren Erkrankungen andererseits.
Beispiele:
- Helga Rühl, Vorstandsmitglied der deutschen Impfkritiker EFI (AEGIS-IMPULS 3/2000), verlinkt auf Hans Tolzins Seite www.impfkritik.de:
- Impfungen verursachen plötzlichen Kindstod[2]
- "Ritalin – die verkannte Gefahr", unter diesem diesem Slogan veröffentlichten die Psychotherapeutin Judith Barben und der Kinderarzt Andreas Bau einen Artikel auf der Website www.adhs-schweiz.ch [3].
- Andreas Bachmair schreibt auf seiner Internetseite www.impfschaden.info[4]
- "Durch frühes Einbringen von Impfstoffen in den kindlichen Organismus kann es passieren, dass Impfstoffe jetzt nicht als fremd erkannt werden und der Körper nicht darauf reagiert, da das zelluläre Immunsystem noch nicht die nötige Reife entwickelt hat. Diese Fälle nennt man dann Impfversager. Der Körper toleriert jetzt u.U. die eingebrachten Viren als eigen und greift sie nicht an. Die Viren können unbehelligt in Körperzellen weiterleben und später zu Veränderungen an Zellen und Erbgut führen."
- Subtiler geht Steffen Rabe vor, indem er sich nicht direkt äußert, sondern potentielle Gefahren von Impfungen sowie einen angeblichen Nutzen von Infektionskrankheiten lediglich andeutet. Außerdem betont er die Seriosität seiner Aussagen, indem er wissenschaftliche Studien zitiert[5]:
- "Das Durchleben von Mumps vermindert bei Frauen signifikant das Risiko, im Erwachsenenalter an Eierstockkrebs zu erkranken (West 1966, Newhouse 1977)"
- "So haben Erwachsene, die als Kinder Masern erlebten als Erwachsene ein vermindertes Risiko, an Multipler Sklerose zu erkranken ( Albonico 1998)'"
- "Eine hochaktuelle amerikanische Studie zeigt, dass Masernviren die Vermehrung von HIV im Körper hemmen (Margolis 2005)'"
Suggerieren von Eigenverantwortlichkeit
Nach der Verbreitung der oft einseitigen bzw. falschen und als Aufklärung getarnten Desinformation soll die Zielgruppe sich nun eigenverantwortlich für oder gegen eine bestimmte Maßnahme entscheiden können. Das ist von den Pseudomedizinern aller Coleur gerne als Eigenverantwortlichkeit getarnt. Dieses Stilmittel dient, oft als scheinbar positiver Gegenpol zur angeblichen Entmündigung des Patienten durch Ärzte, der eigenen Aufwertung.
Beispiel:
- Steffen Rabe: "Es ist Ihre Entscheidung!" über das Impfen von Kindern
- viele Impfgegner verwenden den Begriff "individuelle Impfentscheidung"
- Ursula Homm auf ihrer Internetseite, auf der sie Diagnosen und Therapien nach der lebensgefährlichen Germanischen Neuen Medizin anbietet[6]:
- "Aber Vorsicht: Wenn Sie lieber Ihre Verantwortung abgeben möchten, sich lieber Dogmen unterwerfen oder wenn Sie ganz und gar der Schulmedizin vertrauen möchten, dann sind Sie hier falsch."
Sie verbindet hier den Apell an die Eigenverantwortlichkeit mit einer subtilen Warnung vor der wissenschaftlichen Medizin, also einer Verunsicherung ihrer Zielgruppe.
persönliche Ansprache
Ein weiteres rhetorisches Mittel ist die persönliche Ansprache der Zielgruppe, um diesen ein Gefühl der individuellen Zuwendung und Empathie zu vermitteln.
Steffen Rabe verwendet hier die persönlichen Ansprache[7]:
- "Für Sie als Eltern ist es ausgesprochen schwierig, sich zum Thema Impfungen umfassend geschweige denn objektiv zu informieren."
Übertreibungen
Übertreibungen sollen Zweifel bzw. Angst vor den Methoden der wissenschaftlichen Medizin bei der Zielgruppe erzeugen. Meist werden Nebenwirkungen von Medikamenten und Impfungen (Impfschäden) maßlos übertrieben. Dieser Methode bedienen sich auch Vertreter der Antipsychiatrie mit dem Slogan „Psychiatrie tötet“, Ritalinkritiker mit der Bezeichnung von Methylphenidat als "Kokain für Kinder" oder "Psychodroge" und nicht zuletzt Anhänger der Germanischen Neuen Medizin mit der Behauptung, Chemotherapie bei Krebserkrankungen würde 95% der Betroffenen töten.
Übertreibungen finden auch Anwendung bei der Vermarktung von Nahrungsergänzungsmitteln. Hier wird der gesundheitliche Nutzen um ein Vielfaches übertrieben dargestellt, wenn nicht sogar von vorn herin erfunden.
Relativierungen
Im Gegensatz zu den Übertreibungen wird der Nutzen der Methoden der wissenschaftlichen Medizin heruntergespielt oder sogar geleugnet. Ein beliebtes Argument bei den Impfgegnern ist z.B. die Behauptung, dass der Nutzen von Impfungen wissenschaftlich nicht gesichert ist, weil kontrollierte Doppelblindstudien fehlen.
Quellenverzeichnis
- ↑ http://www.impfkritik.de/stiko/
- ↑ http://www.impfkritik.de/sids/index.htm
- ↑ http://www.adhs-schweiz.ch/ADHS_3b.htm
- ↑ http://www.impfschaden.info/impfungen-allgemein/kinderimpfungen.html
- ↑ http://www.impf-info.de/index.php?option=com_content&view=article&id=97:er-den-mchen-stellenwert-von-kinderkrankheiten&catid=40:immunsystemkinderkrankheiten&Itemid=345
- ↑ http://www.praxis-homm.de/?page=therapie
- ↑ http://www.impf-info.de/index.php?option=com_content&view=article&id=65:es-ist-ihre-entscheidung&catid=13:impfentscheidung&Itemid=318