Regividerm: Unterschied zwischen den Versionen

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Die Studienlage ist denkbar schlecht, um Regividerm als ein Wundermittel promoten zu können. Bei einer Suche in medizinischen Datenbanken stösst man auf zwei Studien zu Regividerm, beide vom Hersteller finanziert (''Acknowledgement: This investigation was supported by Regeneratio Pharma AG, Wuppertal, Germany'')<ref>http://www.wdr.de/tv/hartaberfair/extra/studien_20091021/studie_der_uni_bochum_2001.pdf</ref> und beide auf dem geringen Level IVa der Validitätskriterien einzuordnen.  
 
Die Studienlage ist denkbar schlecht, um Regividerm als ein Wundermittel promoten zu können. Bei einer Suche in medizinischen Datenbanken stösst man auf zwei Studien zu Regividerm, beide vom Hersteller finanziert (''Acknowledgement: This investigation was supported by Regeneratio Pharma AG, Wuppertal, Germany'')<ref>http://www.wdr.de/tv/hartaberfair/extra/studien_20091021/studie_der_uni_bochum_2001.pdf</ref> und beide auf dem geringen Level IVa der Validitätskriterien einzuordnen.  
  
In der Zeitschrift Dermatology erschien im Jahr 2001 eine Untersuchung an der gerade einmal 13 Patienten mit chronischer Plaquepsoriasis teilnahmen<ref>Stücker M et al: Vitamin B(12) cream containing avocado oil in the therapy of plaque psoriasis. Dermatology. 2001;203(2):141-7</ref> ([http://www.wdr.de/tv/hartaberfair/extra/studien_20091021/studie_der_uni_bochum_2001.pdf Gratis-Volltext-Version beim WDR]). Es handelte sich um eine randomisierte Studie, in der im intraindividuellen Rechts-Links-Vergleich an den Armen die rosafarbene Vitamin-B12-Avocadoöl-Salbe gegen eine weisse Calcipotriol-Salbe über zwölf Wochen getestet worden ist. Das Ergebnis: Die Calcipotriol-Salbe war nach vier Wochen am wirksamsten, dann ließ die Wirkung aber nach. Nach 12 Wochen war kein Unterschied zwischen beiden Mitteln mehr nachweisbar.  
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In der Zeitschrift Dermatology erschien im Jahr 2001 eine Untersuchung an der gerade einmal 13 Patienten mit chronischer Plaquepsoriasis teilnahmen, von denen aber nur 11 berücksichtigt wurden<ref>Stücker M et al: Vitamin B(12) cream containing avocado oil in the therapy of plaque psoriasis. Dermatology. 2001;203(2):141-7</ref> ([http://www.wdr.de/tv/hartaberfair/extra/studien_20091021/studie_der_uni_bochum_2001.pdf Gratis-Volltext-Version beim WDR]). Es handelte sich um eine randomisierte Studie, in der im intraindividuellen Rechts-Links-Vergleich an den Armen die rosafarbene Vitamin-B12-Avocadoöl-Salbe gegen eine weisse Calcipotriol-Salbe über zwölf Wochen getestet worden ist. Das Ergebnis: Die Calcipotriol-Salbe war nach vier Wochen am wirksamsten, dann ließ die Wirkung aber nach. Nach 12 Wochen war kein Unterschied zwischen beiden Mitteln mehr nachweisbar. Der dabei eingetzte PASI-score wurde durch die Salbe nicht besser, als unter der kon­ven­tio­nellen The­rapie.  
An der im British Journal of Dermatology publizierten randomisierten und placebokontrollierten, aber unverblindeten Untersuchung nahmen 49 Neurodermitis-Patienten teil<ref>Stücker M et al: Topical vitamin B12 – a new therapeutic approach in atopic dermatitis-evaluation of efficacy and tolerability in a randomized placebo-controlled multicentre clinical trial. Br J Dermatol 2004; 150 977-983 </ref>. Über einen Zeitraum von 8 Wochen trug jeder Patient morgens und abends auf eine Armseite die Placebo-Salbe, auf die andere die Vitamin-B12-haltige Salbe auf. Die Patienten bewerteten die Vitamin-B12-Salbe besser. Der Erfolg wurde mit dem vom untersuchenden Arzt erhobenen ''modified Six Area Six Sign Atopic Dermatitis score'' gemessen und nicht an objektiveren Kriterien wie Cortisonverbrauch oder Anzahl der Arztbesuche. ''At the con­clu­sion of the study, the inves­ti­gator and pati­ents awarded mostly a 'good' or 'very good' rating to the active drug (58% and 59%, respec­tively) and a 'mode­rate' or 'poor' rating to the pla­cebo (89% and 87%, respectively)''.
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An der im British Journal of Dermatology publizierten randomisierten und placebokontrollierten, aber unverblindeten Untersuchung nahmen 49 Neurodermitis-Patienten teil<ref>Stücker M et al: Topical vitamin B12 – a new therapeutic approach in atopic dermatitis-evaluation of efficacy and tolerability in a randomized placebo-controlled multicentre clinical trial. Br J Dermatol 2004; 150 977-983 </ref>. Über einen Zeitraum von 8 Wochen trug jeder Patient morgens und abends auf eine Armseite die Placebo-Salbe, auf die andere die Vitamin-B12-haltige Salbe auf. Die Patienten bewerteten die Vitamin-B12-Salbe besser. Der Erfolg wurde mit dem vom untersuchenden Arzt erhobenen ''modified Six Area Six Sign Atopic Dermatitis score'' (SSADS) gemessen und nicht an objektiveren Kriterien wie Cortisonverbrauch oder Anzahl der Arztbesuche. Der SSADS gilt als ein score, der vom Untersucher beeinflussbar ist: ''As with many other tested atopic eczema sco­ring indices, the SASSAD index is sub­ject to signi­fi­cant inter­ob­server varia­tion, reflec­ting the dif­fi­cul­ties in reli­ably asses­sing eczema seve­rity objectively.'' (kein Zitat dieser Studie). Das Fazit der Studie: ''At the con­clu­sion of the study, the inves­ti­gator and pati­ents awarded mostly a 'good' or 'very good' rating to the active drug (58% and 59%, respec­tively) and a 'mode­rate' or 'poor' rating to the pla­cebo (89% and 87%, respectively)''.
  
 
Der Erstautor beider Studien, der Dermatologe Markus Stücker von der Ruhr-Universität Bochum, sieht, wie auf den Online-Seiten der Süddeutschen Zeitung zu lesen ist, weiteren Forschungsbedarf. Man habe auch mitnichten "ein Zaubermittel", er sehe das "verhalten" und "die Sicherheit [sei] noch nicht da", man habe bislang viele Medikamente gesehen, die das nicht halten konnten, was sie versprochen haben. <ref>http://www.sueddeutsche.de/wissen/479/491842/text/</ref>. Stücker stellte auch Theorien um eine angebliche Unterdrückung des Mittels in Frage, die die Fernsehdokumentation der ARD suggeriert hatte: ''Ich würde daraus keinen Betrug am Patienten konstruieren.''  
 
Der Erstautor beider Studien, der Dermatologe Markus Stücker von der Ruhr-Universität Bochum, sieht, wie auf den Online-Seiten der Süddeutschen Zeitung zu lesen ist, weiteren Forschungsbedarf. Man habe auch mitnichten "ein Zaubermittel", er sehe das "verhalten" und "die Sicherheit [sei] noch nicht da", man habe bislang viele Medikamente gesehen, die das nicht halten konnten, was sie versprochen haben. <ref>http://www.sueddeutsche.de/wissen/479/491842/text/</ref>. Stücker stellte auch Theorien um eine angebliche Unterdrückung des Mittels in Frage, die die Fernsehdokumentation der ARD suggeriert hatte: ''Ich würde daraus keinen Betrug am Patienten konstruieren.''  

Version vom 23. Oktober 2009, 11:27 Uhr

Regividerm ist der Handelsname eines Vitamin B12 (Cyanocobalamin) und Avocadoöl enthaltendes Medizinproduktes der Klasse IIa gegen die atopische Dermatitis (Neurodermitis) und Psoriasis (Schuppenflechte), das im Oktober 2009 mit rührseliger und innovativer Marketingstrategie für Schlagzeilen sorgte und Thema von Fernsehbeiträgen im öffentlich-rechtlichen TV-Programm ARD war. Für Medizinprodukte ungewöhnlich wurde zu dem Wundermittel Regividerm auch am 19.10.2009 ein pseudokritischer Dokumentarfilm in der ARD gesendet, der dem Zuschauer den Eindruck vermittelte, das Medizinprodukt würde von einflussreichen Pharmaunternehmen unterdrückt und sei gleichzeitig wirksamer als herkömmliche Vergleichsmittel. Der Autor des Films Klaus Martens ist gleichzeitig Autor eines Buches zum Thema (vom WDR als Buch zur Sendung bezeichnet), das im Zusammenhang mit den Fernsehsendungen an prominenter Stelle in der ARD vorgestellt wurde und zeitweilig als Folge des Medienrummels zu einem häufig bestellten Buch wurde.

Regividerm wird von dem Schweizer Pharmaunternehmen Mavena Health Care AG[1] hergestellt und vermarktet. 100 Gramm der Creme kosten 28,85 Euro.

Regividerm

Regividerm3.jpg

Regividerm ist der Handelsname eines Medizinproduktes der Klasse IIa[2] aus B12 und Avocadoöl. Im Gegensatz zu einem Arzneimittel braucht ein Medizinprodukt keinen Wirksamkeitsnachweis[3]. Wolfgang Becker-Brüser, Geschäftsführer der Arzneimittelinformation GmbH, die das "Arznei-Telegramm" herausgibt, wies in einem Gespräch mit dem WDR darauf hin, dass die Creme nicht als Arzneimittel zugelassen sei, sondern nur eine Zertifizierung als Medizinprodukt habe: '"'Eine Zertifizierung sagt nichts über den Nutzen aus, während eine Zulassung als Arzneimittel einen Hinweis auf den Nutzen gibt". Regividerm wurde demnach nicht zugelassen, sondern lediglich für Deutschland und die Schweiz registriert (Klasse IIa: mäßiger Invasivitätsgrad, kurzzeitige Anwendung am Körper).

Die laut Anbieter genaue Zusammensetzung (Stand Herbst 2009) der Original Regividerm® Vitamin B12 Salbe ist:

  • 0,07 Gramm Vit­amin B 12 (Cyanocobalamin)
  • 46 Gramm Avo­kadoöl
  • 45,42 Gramm Wasser
  • 8 Gramm TEGO ® Care PS
  • 0,26 Gramm Kaliumsorbat
  • 0,25 Gramm Zitronensäure

Regividerm® Vit­amin B 12 Salbe ist zugelassen für die Behandlung von Neurodermitis für Kinder ab dem ersten Lebensjahr und der Psoriasis (Schuppenflechte).

Studienlage

Die Studienlage ist denkbar schlecht, um Regividerm als ein Wundermittel promoten zu können. Bei einer Suche in medizinischen Datenbanken stösst man auf zwei Studien zu Regividerm, beide vom Hersteller finanziert (Acknowledgement: This investigation was supported by Regeneratio Pharma AG, Wuppertal, Germany)[4] und beide auf dem geringen Level IVa der Validitätskriterien einzuordnen.

In der Zeitschrift Dermatology erschien im Jahr 2001 eine Untersuchung an der gerade einmal 13 Patienten mit chronischer Plaquepsoriasis teilnahmen, von denen aber nur 11 berücksichtigt wurden[5] (Gratis-Volltext-Version beim WDR). Es handelte sich um eine randomisierte Studie, in der im intraindividuellen Rechts-Links-Vergleich an den Armen die rosafarbene Vitamin-B12-Avocadoöl-Salbe gegen eine weisse Calcipotriol-Salbe über zwölf Wochen getestet worden ist. Das Ergebnis: Die Calcipotriol-Salbe war nach vier Wochen am wirksamsten, dann ließ die Wirkung aber nach. Nach 12 Wochen war kein Unterschied zwischen beiden Mitteln mehr nachweisbar. Der dabei eingetzte PASI-score wurde durch die Salbe nicht besser, als unter der kon­ven­tio­nellen The­rapie. An der im British Journal of Dermatology publizierten randomisierten und placebokontrollierten, aber unverblindeten Untersuchung nahmen 49 Neurodermitis-Patienten teil[6]. Über einen Zeitraum von 8 Wochen trug jeder Patient morgens und abends auf eine Armseite die Placebo-Salbe, auf die andere die Vitamin-B12-haltige Salbe auf. Die Patienten bewerteten die Vitamin-B12-Salbe besser. Der Erfolg wurde mit dem vom untersuchenden Arzt erhobenen modified Six Area Six Sign Atopic Dermatitis score (SSADS) gemessen und nicht an objektiveren Kriterien wie Cortisonverbrauch oder Anzahl der Arztbesuche. Der SSADS gilt als ein score, der vom Untersucher beeinflussbar ist: As with many other tested atopic eczema sco­ring indices, the SASSAD index is sub­ject to signi­fi­cant inter­ob­server varia­tion, reflec­ting the dif­fi­cul­ties in reli­ably asses­sing eczema seve­rity objectively. (kein Zitat dieser Studie). Das Fazit der Studie: At the con­clu­sion of the study, the inves­ti­gator and pati­ents awarded mostly a 'good' or 'very good' rating to the active drug (58% and 59%, respec­tively) and a 'mode­rate' or 'poor' rating to the pla­cebo (89% and 87%, respectively).

Der Erstautor beider Studien, der Dermatologe Markus Stücker von der Ruhr-Universität Bochum, sieht, wie auf den Online-Seiten der Süddeutschen Zeitung zu lesen ist, weiteren Forschungsbedarf. Man habe auch mitnichten "ein Zaubermittel", er sehe das "verhalten" und "die Sicherheit [sei] noch nicht da", man habe bislang viele Medikamente gesehen, die das nicht halten konnten, was sie versprochen haben. [7]. Stücker stellte auch Theorien um eine angebliche Unterdrückung des Mittels in Frage, die die Fernsehdokumentation der ARD suggeriert hatte: Ich würde daraus keinen Betrug am Patienten konstruieren.

Jörg Prinz, Dermatologe und Experte für Schuppenflechte an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität, warnt davor, dies Zahlen aus den Studien überzubewerten. Die Studie zeigt möglicherweise eine Tendenz, die auf die Wirksamkeit des Mittels hindeutet [...] Aber gerade bei Hautkrankheiten haben viele Präparate auch eine psychische Wirkung. Es ist schwer, diese Faktoren auseinanderzuhalten. Prinz äusserte sich auch zum möglichen Wirkprinzip des Cyanocobalamin: Wir wissen, dass Cyanocobalamin Stickoxid-Moleküle neutralisieren kann [...] und Stickoxid spielt bei Entzündungsreaktionen, wie sie bei Schuppenflechte auftreten, eine große Rolle. [...] Das Stickoxid, das durch das Vitamin B12 unschädlich gemacht wird, ist aber eine Folge der Entzündung, nicht deren Ursache. Eine Aussage die eine heilende Wirkung von Regividerm in Frage stellt.

Eine weitere Untersuchung zum Thema B 12 Salbe Regividerm vom August 2009 erfolgte in einer fragwürdigen Publikation (The Journal of Alternative and Complementary Medicine). Der hier berichtende amerikanische Behandler Januchowski ist als D. O., also ein Doctor of Osteopathy ausgewiesen (eine US-amerikanische Spezialität, ein Studium mit verminderten Ansprüchen) hatte lediglich 21 Kinder behandelt.

Nach Ansicht der Deutschen Apotheker Zeitung reichen die beiden auswertbaren Studien keinesfalls aus, um die Rezeptur als Arzneimittel zuzulassen.[8]

Die Erfindung

Als Erfinder von Regividerm gilt der damalige Medizinstudent Karsten Klingelhöfer, der später sein Studium abbrach. Er und sein befreundeter Chemiestudent Thomas Hein rührten in einer Wuppertaler Wohnung Ende der achziger Jahre eine Salbe mit Vitamin B12 zusammen und probierten sie an der Freundin des Studenten, Kerstin Suborg aus. Die Haut sei durch die rosa Creme sofort besser geworden, Nebenwirkungen habe sie keine gespürt, erinnert sie sich laut Buchautor Martens. Die beiden Studenten überreden den Bochumer Dermatologie-Professor Peter Altmeyer, das Mittel in einer Studie zu testen. Klingelhöller lässt sich die Creme weltweit patentieren. Ein Wirtschaftprüfunternehmen schätzt den Wert der einfachen Rezeptur auf 936 Millionen Dollar. Eigentümer der Patente ist mittlerweile die Regeneratio Pharma GmbH in Remscheid, Nachfolger der 2004 insolvent gegangenen Regeneratio Pharma AG.

Noch bevor die Ergebnisse aus den ab dem Jahre 2000 Untersuchungen vorlagen, wurde das Produkt bereits 1998/1999 als ATU Red-Creme vermarktet. Dies zeigt die Auswertung der damaligen Webseiten[9]. Zusammen mit der ATU Red-Creme wurde versucht andere Mittel wie eine ATU-Energy-Creme (mit juvenilisierendem Vitamin E) zu vermarkten. Erfinder Klingelhöller ist also keineswegs als Erfinder eines einzigen Wundermittels anzusehen. In der ARD-Sendung hart aber fair wurde dies völlig anders dargestellt: Buchautor Martens behauptete auf Nachfrage von Moderator Plasberg, was denn den Spinner in der Garage von Erfinder Klingelhöller unterscheide. Sinngemäss antwortete Martens, dieser habe erst klinisch geprüft und dann versucht, zu vermarkten. Er widerspricht damit seinem eigenen Bericht und den im Internet in Minuten zu recherchierenbaren Fakten zu der Geschichte von Regividerm. Aus Martens eigenem Bericht geht hervor, dass die Kleinstudien erst nach 2000 begonnen wurden. Das Patent wurde 1994 erteilt und Klingelhöller hat die Rezeptur - nach dem Martens-Bericht - schon ab 1994 mehreren Firmen angeboten. Zu Vertragsabschlüssen kam es nicht, die Grossproduktion kam vor 2009 nicht in Fahrt. Zur Zeit für Esowatch nicht nachprüfbaren Gerüchten zufolge war eine vom Erfinder geforderte Summe von 15 Millionen Euro zu hoch gewesen, die Ärztezeitung spricht in diesem Zusammenhang soagr von einem möglichen dreistelligen Millionenbetrag[10]. Das Umsatzpotential ist angesichts der grossen Zahl der Betroffenen ebenfalls gross und wird laut Angaben des Herstellers alleine in Deutschland auf 20.000 bis 30.000 Tuben des Präparates geschätzt. Der Düsseldorfer Apotheker Thomas Rasche wird mit der Ansicht zitiert, dass das Marktpotential bei einem angenommenen Verbrauch von 100 Gramm pro Patient und Monat bei knapp 1,4 Milliarden Euro Jahresumsatz liegen könne.

Aber bereits in den 1950er Jahren war mit B12 bei Hauterkrankungen experimentiert worden.[11]

Eine innovative und erfolgreiche Vermarktungsstrategie

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Regividerm wurde mit einer wirksamen und optimal getimten Dreifach-Strategie vermarktet, die auf zwei Erwähnungen im ARD-Fernsehen (19./21.10.2009. Talkshow Sind wir Versuchskaninchen der Pharmaindustrie?)[12] einem unkritisch-werbeähnlichen Dokumentarfilm, der in der ARD zur Prime-time gezeigt wurde (Heilung unerwünscht – Wie Pharmakonzerne ein Medikament verhindern)[13], und einem gleichzeitig veröffentlichten Buch basierte, in dem das Medizinprodukt fälschlich als Medikament bezeichnet wird. Punktgenau zur Markteinführung im November 2009 wurde die öffentlich-rechtlich informierte Zielgruppe der etwa 5 bis 8 Millionen von Neurodermitis und Schuppenflechte Betroffenen von dem angeblich neuen Mittel umsonst vorab informiert und diesem das Buch des Filmautors und Medizinlaien Klaus Martens (WDR: "Er beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Wirtschaftsthemen") zum Thema an prominenter Stelle im Fernsehen und Internet präsentiert. Der Schweizer Tagesanzeiger berichtet über den Zeitpunkt des Erwerbs der Vertriebrechte durch Hersteller Mavena: ..Mavena erwarb erst im September die Vertriebsrechte, wie Klaus Sippel, Verwaltungsratspräsident der Muttergesellschaft Salt of Life International, auf Anfrage von Tagesanzeiger.ch/Newsnetz sagt..[14]. Nur drei Tage nach der ersten ARD-Sendung zu Regividerm präsentierte der Hersteller die fertige Verpackung des Mittels, es erscheint daher sehr zweifelhaft, dass der angeblich ein Jahr lang recherchierende Autor Martens dies nicht wusste. Nichtsdestotrotz äusserte sich Martens nach der Fernsehsendung auf einer Webseite des WDR mit einem offenen Brief: ...Der Eigentümer der Patentrechte versucht jetzt, mit Hilfe eines Geschäftspartners, den er bereits gefunden hat, die B12-Creme unter der Bezeichnung "Regividerm" in eigener Regie auf den Markt zu bringen..

Eine Thematisierung von Regividerm in der Sendung hart aber fair vom 21. Oktober erfolgte auf Wunsch des Moderators Plasberg, ein weiteres Mal konnte Autor Klaus Martens Gratiswerbung für sein Buch machen. Eine gleichermaßen effektive Aufklärung alternativer Mittel oder physikalischer Therapien oder anderer Maßnahmen bei den genannten Erkrankungen unterblieb aus unbekannten Gründen. Der gebührenzahlende Fernsehzuschauer kann sich hier nur über die Gratiswerbung zur besten Sendezeit wundern.

Untermalt waren Sendung und Film von anrührenden Bildern und eine an die Gefühle appellierende Wortwahl. So sagte der WDR-Moderator Frank Plasberg in der Sendung hart aber fair vom 21.10.2009: "Besonders bedrückend ist es, wenn man sieht, wie sehr kleine Menschen unter Neurodermitis leiden" und stellte einen kleinen vorgestellten Neurodermitis-Patienten namens Bastian in den Dienst einer Schleichwerbung für ein gerade auf den Markt geworfenes Mittel, dessen Wirksamkeit bei der genanten Erkrankung nicht zweifelsfrei erwiesen ist.

Passend zu den ARD-Werbesendungen bietet eine Agentur just in time neben einem Interviewtermin mit dem Geschäftsführer die ARD-Sendung auf CD an. PR-Unterlagen zur neuen Salbe können ebenso geordert werden wie ein Muster der Salbe.

Die Folge des Medienrummels war ein Andrang in Apotheken auf der Suche nach dem vermeintlichen Wundermittel[15].

Der ARD-Film Heilung unerwünscht

In dem am 19.10.2009 ausgestrahlten Film Heilung unerwünscht wurde dem Zuschauer suggeriert, dass das Regividerm-Mittel nicht nur allen Patienten mit Neurodermitis und Psoriasis helfe, sondern auch, dass es klinisch geprüft und nebenwirkungsfrei sei. Weiterhin wurde der Eindruck erweckt, dass das Mittel nur deshalb angeblich nicht käuflich zu erwerben sei, weil verschiedene pharmazeutische Unternehmen es trotz seiner "erprobten Wirksamkeit" nicht produzieren wollten, da es teureren Eigenprodukten Marktanteile streitig mache. Es wurde suggeriert, dass diese Firmen den leidenden Patienten das angeblich "nebenwirkungsfreie" Mittel vorenthielten, um ihre eigenen Mittel weiterhin absetzen zu können, die im Film als nebenwirkungsreich bei gleichzeitiger unzureichender Wirksamkeit dargestellt wurden. Dazu wurden in suggestiver Weise Erlebnisberichte von Betroffenen eingespielt, die den Zuschauer von Wirksamkeit und Nebenwirkungsfreiheit überzeugen sollten.

Rezeption der Regividerm-Vermarktung

Die Regividerm-Vermarktungsstrategie stieß auf Kritik. Beda Stadler, Direktor des Instituts für Immunologie an der Universität Bern äusserte sich dazu spontan im deutschen Fernsehen mit den Worten "Ein bisschen Avocadoöl mit etwas Vitaminen drin kann diese schweren Krankheiten nicht kurieren. Das ist Betrug. Neurodermitis und Schuppenflechte können nicht geheilt werden". Den Doku-Film über die Entstehungsgeschichte verurteilt er. "Wenn man anfängt, auf diese Art Wundermittel zu promovieren, spielt man mit den Hoffnungen der Patienten." Siegfried Throm, Geschäftsführer des Verbands forschender Pharmaunternehmen, sprach in der Sendung hart aber fair vom 21.10.2009 von einem "genialen Marketing-Coup".

Am 22.10.09 meldete sich auch Thomas Schwennesen der erste Vorsitzender des Deutschen Neurodermitis Bundes mit einer Pressemeldung Wirbel um Regividerm zum Thema. In der Stellungnahme sprach Schwennesen im Zusammenhang mit der ARD von einer "völlig kritiklosen PR-Aktionen", und "Es ist eine Schande und blanker Zynismus, dass die PR-Einführung eines normalen Hautpflege-Produktes sich der Pharmaschelte als Aufhänger für eigene Geschäfte bedient [...] Beide Erkrankungen haben verschiedene medizinische Therapieansätze sind aber nicht heilbar. Die dargestellte Produktmischung soll nun das alles auch noch ohne Nebenwirkungen schaffen. Pharmakologisch ist die Äußerung unhaltbar, dass ein Produkt wirkt ohne jegliche Nebenwirkung. Die ARD hat mit diesem Beitrag den etwa fünf Millionen Neurodermitikern einen Bärendienst erwiesen und sich selbst journalistisch ins Abseits gestellt."[16]

Auch der Deutscher Psoriasis Bund e.V. (Geschäftsführer Hans-Detlev Kunz) äußerte sich kritisch zu Regividerm. In der Stellungnahme Falsche Hoffnungen bei Schuppenflechtekranken geweckt – gebotene Sorgfall verletzt? fordert der Deutsche Psoriasis Bund e. V. einen Nachweis der Wirksamkeit der Salbe und kritisiert die – Zitat – "Verschwörungstheorie", dass die Pharmaindustrie die Produktion eines so einfachen und preisgünstigen Arzneimittels verhindere, um ihre eigenen teuren Medikamente in den Markt zu drücken. Thomas Rosenbach, Sprecher des Wissenschaftlichen Beirats des Deutschen Psoriasis Bundes e. V., wurde deutlicher: "Dieser ARD-Bericht ist barer Unsinn, [...] Die Psoriasis ist wissenschaftlich unbestritten eine multigenetische chronische System-Erkrankung. Nach dem derzeitig weltweit verfügbaren medizinischen Wissen ist eine Psoriasis nicht heilbar. Es gibt auch keinen medizinischen Goldstandard zur äußerlichen Kortison-Behandlung einer Psoriasis, wie der Autor behauptet." Nach Ansicht des Deutscher Psoriasis Bund e.V. habe die ARD "gegen den Pressekodex verstoßen" und der Film habe den "Anschein redaktioneller Werbung" gegeben. "Es drängt sich der Verdacht auf, dass das öffentlich-rechtliche Fernsehen zu Marketingzwecken missbraucht wurde, da mit der Berichterstattung zeitnah ein Buch des Autors zum Thema erscheint und das Kosmetikum Anfang November in den deutschen Markt eingeführt wird. (Verstoß gegen Pressekodex Ziffer 7 - Trennung von Werbung und Redaktion). Der Deutsche Psoriasis Bund e.V. erwartet von der ARD auf Basis der Regeln der „Guten Klinischen Praxis“ (Good Clinical Practice, GCP) den validen Nachweis der versprochenen lindernden oder gar heilenden Wirkung und der Sicherheit der Substanzenkombination."[17][18]

Patente zu Regividerm

Weblinks


Quellennachweise

  1. Mavena Health Care AG, Haselstrasse 1, 5401 Baden, Schweiz
  2. Regividerm B12 Salbe, PZN 5523487, Lauer-Taxe
  3. http://www.mig.tu-berlin.de/fileadmin/a38331600/2008.lectures/Berlin_2008.08.25_rb_MDS-Medizinprodukte.pdf
  4. http://www.wdr.de/tv/hartaberfair/extra/studien_20091021/studie_der_uni_bochum_2001.pdf
  5. Stücker M et al: Vitamin B(12) cream containing avocado oil in the therapy of plaque psoriasis. Dermatology. 2001;203(2):141-7
  6. Stücker M et al: Topical vitamin B12 – a new therapeutic approach in atopic dermatitis-evaluation of efficacy and tolerability in a randomized placebo-controlled multicentre clinical trial. Br J Dermatol 2004; 150 977-983
  7. http://www.sueddeutsche.de/wissen/479/491842/text/
  8. http://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/pharmazie/news/2009/10/22/heilung-unerwuenscht-alles-zufall-oder-nur-profitgier.html
  9. http://web.archive.org/web/19991012124727/http://regividerm.de/ http://web.archive.org/web/20000604165121/regividerm.de/body_bestell.html
  10. http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/haut-krankheiten/article/571661/geld-zaehlte-verantwortung.html?sh=7&h=2086331490
  11. Experience with vitamin B12 in the treatment of dermatoses, particularly of seborroic origin. Med Klin (Munich). 1954 Aug 13;49(33):1293-4.
  12. Sendung 'hart aber fair, Talkshow mit dem Titel: "Sind wir Versuchskaninchen der Pharmaindustrie?", ARD 21.10.09
  13. Dokumentarfilm Heilung unerwünscht – Wie Pharmakonzerne ein Medikament verhindern, gesendet in der ARD am 19.10.2009 um 21.00 Uhr. Geplante weitere Aussendungen bei Phoenix am 23.10.09 um 22.00 Uhr und am 24.10.09 um 10.00 Uhr und 1Extra am 24.10.09 um 17.00 Uhr und am 04.11.2009 um 20.15 Uhr eine Ein­stun­den­ver­sion des Films. Der Film wird am 30. November 2009 um 22.00 Uhr im WDR Fernsehen in der Reihe "die story" wiederholt.
  14. Tagesanzeiger vom 22.10.2009 [1]
  15. http://www.derwesten.de/nachrichten/2009/10/21/news-137845373/detail.html
  16. Deutscher Neurodermitis Bund e.V., Thomas Schwennesen, 1. Vorsitzender, Baumkamp 18, 22299 Hamburg. www.neurodermitis-bund.de. Veröffentlicht von pressrelations: [2]
  17. Stellungnahme Deutscher Psoriasis Bund e.V., Hamburg, 22.10.2009
  18. http://www.psoriasis-bund.de/ARD-Beitrag___Heilung_une.827.0.html