Warburg-Hypothese: Unterschied zwischen den Versionen

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==Literatur==
 
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Version vom 18. August 2016, 21:41 Uhr

Otto Warburg
Veröffentlichung 1924

Die Warburg-Hypothese geht auf den Biochemiker, Arzt und Nobelpreisträger Otto Heinrich Warburg (1883–1970) zurück und beschreibt eine Hypothese aus den 1920er Jahren (1924) zum Wachstum bereits bestehender Krebszellen [1]. Warburg war überzeugt, damit auch eine der Ursachen der Krebserkrankungen gefunden zu haben. Als Warburg-Effekt wird in diesem Zusammenhang ein unterschiedlicher Stoffwechsel zwischen gesunden Körperzellen und Tumorzellen bezeichnet. Der hier gemeinte Unterschied bezieht sich auf die aerobe oder anaerobe Verwertung von Traubenzucker, also die Verstoffwechselung mit oder ohne Sauerstoffverbrauch. Zellen von Tieren gewinnen ihre Energie sowohl in den Mitochondrien durch die Verbrennung von Traubenzucker bei Anwesenheit von Sauerstoff, andererseits aber auch durch anaerobe Glykolyse (Vergärung), bei der Traubenzucker in Abwesenheit oder ohne Beteiligung von Sauerstoff vergoren wird. Nach Warburg wäre die anaerobe Verstoffwechselung Ausgangspunkt für ein unterschiedliches Wachstum von Krebszellen. Das spezifische Krebswachstum sei demnach durch eine Dysfunktion der Mitochondrien bedingt. Mitochondrien sind intrazelluläre Organellen, die eine entscheidene Rolle bei der aeroben Energieumwandlung der Zelle spielen.

Bei seinen Beobachtungen an Krebszellen stellte Warburg ungewöhnlich hohe Laktatwerte (Milchsäure) fest. Milchsäure ist ein typisches Gärungsprodukt, also einer anaeroben Glukoseverwertung. Warburgs Untersuchungen wurden von der damaligen Rockefeller-Foundation ermöglicht.

Warburg und seine Ko-Autoren veröffentlichten seine Hypothese 1924 [2].

1966 griff Warburg seine Hypothese auf einer Nobelpreisträger-Tagung erneut auf und warf der Wissenschaft vor, seine Ansichten zu ignorieren und damit mitverantwortlich am Tode von Krebskranken zu sein. Wörtlich sagt er dabei: "Sauerstoffgas, Energiespender in Pflanzen und Tieren, ist entthront bei Krebs und durch eine andere Form der Energiegewinnung, nämlich die Fermentation der Glukose, ersetzt. [...] Aber niemand kann heute behaupten, daß man nicht sagen kann, was Krebs ist und was seine primäre Ursache. Im Gegenteil, es gibt keine Krankheit, deren Ursache besser bekannt ist. Unwissenheit kann heute nicht länger als Entschuldigung dafür dienen, daß man nicht mehr für die Prävention tut. Daß die Prävention gegen Krebs kommen wird, daran gibt es keinen Zweifel, da die Menschen überleben wollen. Aber wie lange die Prävention versäumt wird, hängt davon ab, wie lange die Propheten des Agnostizismus fortfahren werden, die Anwendung der wissenschaftlichen Erkenntnisse auf dem Gebiet der Krebsforschung zu verhindern. In der Zwischenzeit müssen Millionen Menschen unnötigerweise am Krebs sterben."

Anaerobe Glykolyse und Zellatmung

Im menschlichen Körper können bei hohem Energiebedarf und mangelnder Sauerstoffzufuhr vorübergehend gewisse Gewebe, wie das Muskelgewebe, anaerob arbeiten. Dies stellt keinen pathologischen Zustand dar. Die Glykolysereaktionen bis zum Pyruvat werden sowohl unter aeroben als auch unter anaeroben Bedingungen durchlaufen. Bei der anaeroben Glykolyse wird die Brenztraubensäure (Pyruvat) nicht über den Citronensäurezyklus weiter verstoffwechselt, sondern es kommt hierbei zur Bildung von Milchsäure. Im Vergleich zur aeroben Zellatmung ist bei der anaeroben Glykolyse der Energiegewinn gering. Aus einem Molekül Traubenzucker werden nur zwei ATP-Moleküle gewonnen. Die Bereitstellung erforderlicher ATP-Moleküle erfolgt bei der anaeroben Glykolyse jedoch sekundenschnell. Die entstehende Milchsäure senkt den pH-Wert ab, was wiederum die ATP-Bildung begrenzt. In den Mitochondrien können aus den beiden gleichzeitig entstehenden Molekülen Pyruvat aerob (bei Sauerstoffverbrauch) maximal weitere 34 Moleküle ATP gewonnen werden (also insgesamt 36 Moleküle ATP). Somit ist die Zellatmung mit Sauerstoffverbrauch viel effektiver. Anaerobe Glykolyse und Zellatmung können auch im menschlichen Körper gleichzeitig ablaufen. Die roten Blutkörperchen besitzen keine Mitochondrien und können daher nur den anaeroben Weg zur Verbrennung von Traubenzucker verwenden. Einige Tumorzelllinien verwenden die anaerobe Glykolyse paradoxerweise auch bei Anwesenheit von Sauerstoff.

Warburg-Effekt und Warburg-Hypothese in der Alternativmedizin

In der Alternativmedizin sind Anwendungen, die auf den Hypothesen von Warburg aufbauen, an der Tagesordung und gelten in den entsprechenden Kreisen als etabliert. Eine typische Anwendung findet sich bei Johanna Budwig und ihrer Öl-Eiweißkost sowie den Trittbrettfahrern dieser Methode wie der Cellsymbiosistherapie nach Kremer (siehe auch: Dichloracetat.[3]

Heutige Bedeutung der Warburg-Hypothese in der Medizin

Aus heutiger Sicht der wissenschaftlichen Medizin werden unterschiedliche Formen der Energiegewinnung von Zellen hauptsächlich auf das spezifische Milieu bzw. einen gesteigerten Glukosebedarf bei nicht ausreichender Sauerstoffverfügbarkeit zurückgeführt. Für das schnelle Wachstum benötigen Tumorzellen Energie. Die Geschwindigkeit des Wachstums hängt dabei vom Stoffwechsel dieser Zellen sowie einem optimalen Milieu für ihr Wachstum ab. Die anaerobe Vergärung von Traubenzucker wird auch bei gesunden Körperzellen beobachtet.

Bei einer Reihe von Tumorarten (aber nicht allen) konnte wissenschaftlich ein gesteigerter anaerober Stoffwechsel beobachtet werden, ohne dass die genauen Hintergründe sicher bekannt wären. Substanzen und Medikamente, die die Glykolyse der Tumorzellen hemmen, sind daher seit Jahren im Blickfeld der Forschung.

Ab 2007 lief an der Frauenklinik des Universitätsklinikum Würzburg eine Studie mit dem Titel Ketogene Ernährung bei Tumorpatienten, die die möglichen Auswirkungen einer ketogenen (also stark kohlenhydrat-armen) Ernährung bei Krebspatienten untersuchte.[4] Die Studie wurde jedoch vor Fertigstellung abgebrochen. Als Grund wurden Stellenstreichungen genannt.[5]

Es gibt zur Zeit (2008) jedoch keine anerkannte praktische Anwendung der Warburg-Hypothese zur Krebsbehandlung. Lediglich tierexperimentelle positive Studienergebnisse liegen derzeit für eine bestimmte Tumorart (Dickdarmkrebs) bei Ratten vor. Ob diese Ergebnisse auch für den menschlichen Organismus relevant sind, ist unbekannt.

Das in klinischen Studien befindliche Tumormedikament Karal(R) (Karal besteht im Wesentlichen aus Hydroxymethylfurfural) könnte zukünftig in der Krebstherapie ein Rolle spielen.

Als Pasteur-Effekt wird die bevorzugte Verstoffwechselung von Traubenzucker bei Anwesenheit von Sauerstoff bezeichnet. Die aerobe Synthese von ATP ist bioenergetisch effektiver als die anaerobe Glykolyse (Vergärung).

siehe auch

Literatur

  • Warburg O, Posener K, Negelein E: Über den Stoffwechsel der Carzinomzelle, 1924 KWI für Biologie Berlin-Dahlem. [2]
  • M. A. Kiebish, X. Han, H. Cheng, J. H. Chuang, T. N. Seyfried (2008). Cardiolipin and electron transport chain abnormalities in mouse brain tumor mitochondria: lipidomic evidence supporting the Warburg theory of cancer The Journal of Lipid Research, 49 (12), 2545-2556
  • López-Lázaro M: The warburg effect: why and how do cancer cells activate glycolysis in the presence of oxygen? Anticancer Agents Med Chem. 2008 Apr;8(3)
  • Chen Z, Lu W, Garcia-Prieto C, Huang P.: The Warburg effect and its cancer therapeutic implications. J Bioenerg Biomembr. 2007 Jun;39(3):267-74.
  • Tim J. Schulz, René Thierbach, Anja Voigt, Gunnar Drewes, Brun Mietzner, Pablo Steinberg, Andreas F. H. Pfeiffer und Michael Ristow: „Induction of Oxidative Metabolism by Mitochondrial Frataxin Inhibts Cancer Growth: Otto Warburg Revisited", Journal of Biological Chemistry, Vol. 281, Nr. 2, 13.01.2006, Seiten 977–981. [3]
  • René Thierbach, Tim J. Schulz, Frank Isken, Anja Voigt, Brun Mietzner, Gunnar Drewes, Jürgen-Christoph von Kleist-Retzow, Rudolf J. Wiesner, Mark A. Magnuson, Hélène Puccio, Andreas F.H. Pfeiffer, Pablo Steinberg und Michael Ristow: „Targeted Disruption of Hepatic Frataxin Expression Causes Impaired Mitochondrial Function, Decreased Life Span and Tumor Growth in Mice", Human Molecular Genetics, Vol. 14, Nr. 24, 15.12.2005, Seiten 3857–3864.
  • Coy, S. Langbein et al.: „Frataxin Inhibts Cancer Growth: Otto Warburg Revisited", British Journal of Cancer, Vol. 94: Seiten 578–85.
  • Miles KA, Williams RE: Warburg revisited: imaging tumour blood flow and metabolism, Cancer Imaging. März 2008r 25;8:81-6

Weblinks

Quellennachweise

  1. Warburg O, Posener K, Negelein E: Über den Stoffwechsel der Carzinomzelle, 1924 KWI für Biologie Berlin-Dahlem.
  2. *Warburg O, Posener K, Negelein E: Über den Stoffwechsel der Carzinomzelle, 1924 KWI für Biologie Berlin-Dahlem. [1]
  3. Bonnet S, Archer S, Allalunis-Turner J, Haromy A, Beaulieu C, Thompson R, Lee C, Lopaschuk G, Puttagunta L, Bonnet S, Harry G, Hashimoto K, Porter C, Andrade M, Thebaud B, Michelakis E (2007). "A mitochondria-K+ channel axis is suppressed in cancer and its normalization promotes apoptosis and inhibits cancer growth". Cancer Cell 11 (1), Seiten 37–51.)
  4. http://www.frauenklinik.uni-wuerzburg.de/forschung/ketogene_diaet.htm
  5. http://www.frauenklinik.uni-wuerzburg.de/forschung/ketogene_diaet.htm ...Die Studie „ketogene Ernährung bei Tumorpatienten“ musste leider vorzeitig wegen Wegfall der Personalstellen eingestellt werden...