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==Postuliertes Wirkprinzip und wissenschaftliche Erklärungsversuche==
 
==Postuliertes Wirkprinzip und wissenschaftliche Erklärungsversuche==
Die genaue Übersetzung des Akupunkturpunktes lautet Eingangsstelle zu einer unterirdischen Verbindung. Der Akupunkturpunkt ist ein funktioneller Begriff, der als Projektionsstelle für tiefer im Organismus stattfindende Reaktionen angesehen wird. Der klassische Akupunkturpunkt hat eine Größe von 1-7&nbsp;mm<sup>2</sup>. Es liegen etwa 400&nbsp;Punkte auf 14&nbsp;Hauptlinien (sog. Hauptmeridianen) und weitere 171&nbsp;Punkte außerhalb dieser Linien. In den letzten Jahren wurden weitere 110&nbsp;neue Punkte erfasst. Insgesamt kann man von etwa 1.000&nbsp;Akupunkturpunkten ausgehen. Nur ein Drittel von ihnen liegt in der Nähe oder direkt bei Nervenaus- und -durchtrittstellen der Haut, ein weiteres Drittel befindet sich in der Nähe von Muskel- und Sehnenansätzen oder deren Rändern. Das letzte Drittel findet man in der Nähe des Ohres, der Kopfhaut (Skalp) und anderen Bereichen. Einige Punkte liegen an den gleichen Stellen, die auch in der westlichen Medizin als druckempfindliche Regionen gelten.<ref>Bischko J: Akupunktur - Grundlagen, Indikation und Grenzen. Orthopädische Praxis, 10, 887-890, 1980</ref>
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Die genaue Übersetzung des Akupunkturpunktes lautet Eingangsstelle zu einer unterirdischen Verbindung. Der Akupunkturpunkt ist ein funktioneller Begriff, der als Projektionsstelle für tiefer im Organismus stattfindende Reaktionen angesehen wird. Der klassische Akupunkturpunkt hat eine Größe von 1-7&nbsp;mm<sup>2</sup>. Es liegen etwa 400&nbsp;Punkte auf 14&nbsp;Hauptlinien (sog. Hauptmeridianen) und weitere 171&nbsp;Punkte außerhalb dieser Linien. In den letzten Jahren wurden 110&nbsp;neue Punkte erfasst. Insgesamt kann man von etwa 1.000&nbsp;Akupunkturpunkten ausgehen. Nur ein Drittel von ihnen liegt in der Nähe oder direkt bei Nervenaus- und -durchtrittstellen der Haut, ein weiteres Drittel befindet sich in der Nähe von Muskel- und Sehnenansätzen oder deren Rändern. Das letzte Drittel findet man in der Nähe des Ohres, der Kopfhaut (Skalp) und anderen Bereichen. Einige Punkte liegen an den gleichen Stellen, die auch in der westlichen Medizin als druckempfindliche Regionen gelten.<ref>Bischko J: Akupunktur - Grundlagen, Indikation und Grenzen. Orthopädische Praxis, 10, 887-890, 1980</ref>
    
Nach den chinesischen Vorstellungen der Akupunkturlehre verlaufen jeweils auf der linken und rechten Körperhälfte 12&nbsp;Meridiane (6&nbsp;yang- und 6&nbsp;yin-Meridiane), die einem Organ bzw. Funktionskreis zugeschrieben werden. Die Meridiane steuern angeblich die Zirkulation der Körperenergie (Ch'i/[[Ki]]/Qi) als auch des Blutes. Einen Hinweis oder Nachweis für die Existenz dieser Meridiane hat man bis heute nicht führen können.<ref>Bischko J: Akupunktur - Grundlagen, Indikation und Grenzen. Orthopädische Praxis, 10, 887-890, 1980</ref>
 
Nach den chinesischen Vorstellungen der Akupunkturlehre verlaufen jeweils auf der linken und rechten Körperhälfte 12&nbsp;Meridiane (6&nbsp;yang- und 6&nbsp;yin-Meridiane), die einem Organ bzw. Funktionskreis zugeschrieben werden. Die Meridiane steuern angeblich die Zirkulation der Körperenergie (Ch'i/[[Ki]]/Qi) als auch des Blutes. Einen Hinweis oder Nachweis für die Existenz dieser Meridiane hat man bis heute nicht führen können.<ref>Bischko J: Akupunktur - Grundlagen, Indikation und Grenzen. Orthopädische Praxis, 10, 887-890, 1980</ref>
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Die sog. Gate Control Theory wird gerne als Begründung für die mögliche Wirkung der Akupunktur herangezogen.<ref>Melzack R, Wall PD: Pain mechanism - a new theory. Science, 150, 971-979, 1965</ref> Dabei spielt die Tatsache eine Rolle, dass Schmerzreize auf zwei verschiedenen Wegen wahrgenommen werden. Auf den ersten, 'hellen' Schmerz folgt eine 'dumpfe' Schmerzwahrnehmung. Für den hellen Oberflächenschmerz sind dicke, schnellleitende Nervenfasern verantwortlich, während der dumpfe Schmerz über dünne, langsam leitende Schmerzfasern an das Gehirn gemeldet wird. Die Gate Control Theory postuliert, dass die Akupunktur nur die langsam leitenden Schmerzfasern stimuliert, die dann im Rückenmark die Schaltstelle blockieren sollen, durch die auch die schnellen Schmerzimpulse geleitet werden. Man schließt also das Tor für den Schmerz, wodurch die Schmerzimpulse nicht an das Gehirn gemeldet werden sollen. Einen wirklichen Beweis für diese Theorie gibt es bis heute nicht.
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Die so genannte Gate Control Theory wird häufig als Begründung für die mögliche Wirkung der Akupunktur herangezogen.<ref>Melzack R, Wall PD: Pain mechanism - a new theory. Science, 150, 971-979, 1965</ref> Dabei spielt die Tatsache eine Rolle, dass Schmerzreize auf zwei verschiedenen Wegen wahrgenommen werden. Auf den ersten, 'hellen' Schmerz folgt eine 'dumpfe' Schmerzwahrnehmung. Für den hellen Oberflächenschmerz sind dicke, schnellleitende Nervenfasern verantwortlich, während der dumpfe Schmerz über dünne, langsam leitende Schmerzfasern an das Gehirn gemeldet wird. Die Gate Control Theory postuliert, dass die Akupunktur nur die langsam leitenden Schmerzfasern stimuliere, die dann im Rückenmark die Schaltstelle blockieren sollen, durch die auch die schnellen Schmerzimpulse geleitet werden. Man schließt also das Tor für den Schmerz, wodurch die Schmerzimpulse nicht an das Gehirn gemeldet werden sollen. Einen wirklichen Beweis für diese Theorie gibt es bis heute nicht.
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Die Endorphin-Theorie von Pommeranz (1978<ref>Pommeranz B: Do endorphins mediate acupuncture analgesia? Adv Biochem Psychopharmacol, 18, 351-359, 1978</ref>) geht davon aus, dass die Akupunktur zur Ausschüttung körpereigener Schmerzhemmer aus der Gruppe der Morphine (sog. endogene Dynorphine oder Endorphine) führt. Die Akupunktur stimuliert Nervenfasern im Muskel, die Impulse ans Rückenmark entsenden und die drei Zentren Medulla, Mittelhirn und Hypothalamus-Hypophyse erreichen und und somit eine Analgesie bewirken. Auf spinaler Ebene werden Enkephalin und Dynorphin freigesetzt. Im Mittelhirn wird mit Enkephalin das absteigende Raphesystem aktiviert, das die Schmerzfortleitung im Rückenmark durch synergistische Wirkung der Monoamine Serotonin und Noradrenalin verhindert. Im dritten Zentrum, der Funktionseinheit Hypothalamus-Hypophyse kommt es zur Ausschüttung von ß-Endorphin in den Liquor und ins Blut. Auf welchem Weg das ß-Endorphin von der Hypophyse ins Gehirn gelangt und dort Analgesie verursachen soll, ist jedoch noch nicht genau bekannt.
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Die Endorphin-Theorie von Pommeranz (1978<ref>Pommeranz B: Do endorphins mediate acupuncture analgesia? Adv Biochem Psychopharmacol, 18, 351-359, 1978</ref>) geht davon aus, dass die Akupunktur zur Ausschüttung körpereigener Schmerzhemmer aus der Gruppe der Morphine (so genannte endogene Dynorphine oder Endorphine) führt. Die Akupunktur stimuliere Nervenfasern im Muskel, die Impulse ans Rückenmark entsenden und die drei Zentren Medulla, Mittelhirn und Hypothalamus-Hypophyse erreichen und somit eine Analgesie bewirkten. Auf spinaler Ebene werden Enkephalin und Dynorphin freigesetzt. Im Mittelhirn wird mit Enkephalin das absteigende Raphesystem aktiviert, das die Schmerzfortleitung im Rückenmark durch synergistische Wirkung der Monoamine Serotonin und Noradrenalin verhindert. Im dritten Zentrum, der Funktionseinheit Hypothalamus-Hypophyse, kommt es zur Ausschüttung von ß-Endorphin in den Liquor und ins Blut. Auf welchem Weg das ß-Endorphin von der Hypophyse ins Gehirn gelangt und dort Analgesie verursachen soll, ist jedoch noch nicht genau bekannt.
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Es gibt allerdings etwa&nbsp;10 weitere Theorien, die in ähnlicher Weise eine Wirksamkeit der Akupunktur über biochemische Prozesse erklären wollen. Aus Platzgründen verzichten wir auf deren Darstellung. Übereinstimmend ist jedoch das Faktum, dass keine dieser Theorien bis heute wirklich glaubhaft begründet wurde und es auch ausgesprochen unwahrscheinlich ist, dass die Stimulation peripherer Nervenbündel zu solch dramatischen, gleichzeitig aber auch hochselektiven, Veränderungen im Hormonhaushalt des Menschen führt. Wäre dem der Fall, wäre der menschliche Organismus ein ausgesprochen empfindliches, auf minimale Manipulationen chaotisch reagierendes System mit geringer Überlebenswahrscheinlichkeit.
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Es gibt jedoch etwa&nbsp;10 weitere Theorien, die in ähnlicher Weise eine Wirksamkeit der Akupunktur über biochemische Prozesse erklären wollen. Aus Platzgründen wird auf deren Darstellung verzichtet. Übereinstimmend ist jedoch das Faktum, dass keine dieser Theorien bis heute glaubhaft begründet wurde und es auch ausgesprochen unwahrscheinlich ist, dass die Stimulation peripherer Nervenbündel zu solch dramatischen, gleichzeitig aber auch hochselektiven Veränderungen im Hormonhaushalt des Menschen führt. In diesem Fall wäre der menschliche Organismus ein ausgesprochen empfindliches, auf minimale Manipulationen chaotisch reagierendes System mit geringer Überlebenswahrscheinlichkeit.
    
Was bisher glaubhaft bewiesen werden konnte, ist der Umstand, dass eine Akupunkturnadel am Einstichort zu einer Erhöhung der lokalen Durchblutung führen kann. Da allerdings Kapillaren und Nervenendfasern am Einstichort nirgends im Organismus in direkter Verbindung mit einem Organ oder Organsystem stehen, ist bis heute unbewiesen, wie genau diese geringe, lokale Erwärmung auf den Organismus wirken soll.
 
Was bisher glaubhaft bewiesen werden konnte, ist der Umstand, dass eine Akupunkturnadel am Einstichort zu einer Erhöhung der lokalen Durchblutung führen kann. Da allerdings Kapillaren und Nervenendfasern am Einstichort nirgends im Organismus in direkter Verbindung mit einem Organ oder Organsystem stehen, ist bis heute unbewiesen, wie genau diese geringe, lokale Erwärmung auf den Organismus wirken soll.
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Eine Studie aus dem Jahr 2010 schlägt eine lokale Bedeutung von Adenosin an bestimmten Adenosin-A1-Rezeptoren als möglichen Wirkmechanismus vor. Die Einstiche führten bei Mäusen zu einer Freisetzung von Adenosin. Injektionen von A1-Agonisten imitierten analgetische Akupunktureinstiche und die Hemmung von Adenosin abbauenden Enzymen verstärkten den Effekt zusätzlich.<ref>Nanna Goldman et&nbsp;al, ''Adenosine A1 receptors mediate local anti-nociceptive effects of acupuncture'', nature neuroscience, 2010, doi:10.1038/nn.2562, 16.&nbsp;März 2010</ref> Gleichzeitig wären bei Gültigkeit der Hypothese dann jedoch der TCM-Überbau, das TCM-[[Meridian]]system und die "Lebensenergie" [[Qi]] in Frage gestellt. Eine getrennte Untersuchung der Sticheffekte auf und neben den angenommenen Meridianen (bei der Maus) unterblieb bei dieser Untersuchung.
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Eine Studie aus dem Jahr 2010 schlägt eine lokale Bedeutung von Adenosin an bestimmten Adenosin-A1-Rezeptoren als möglichen Wirkmechanismus vor. Die Einstiche führten bei Mäusen zu einer Freisetzung von Adenosin. Injektionen von A1-Agonisten imitierten analgetische Akupunktureinstiche und die Hemmung von Adenosin abbauenden Enzymen verstärkten den Effekt zusätzlich.<ref>Nanna Goldman et&nbsp;al, ''Adenosine A1 receptors mediate local anti-nociceptive effects of acupuncture'', nature neuroscience, 2010, doi:10.1038/nn.2562, 16.&nbsp;März 2010</ref> Träfe diese Hypothese zu, wäre jedoch damit der TCM-Überbau, das TCM-[[Meridian]]system und die "Lebensenergie" [[Qi]] in Frage gestellt. Eine getrennte Untersuchung der Sticheffekte auf und neben den angenommenen Meridianen (bei der Maus) unterblieb bei dieser Untersuchung.
 
(siehe dazu auch Kommentare: [http://www.theness.com/neurologicablog/?p=2015][http://scienceblogs.com/insolence/2010/06/when_what_an_acupuncture_study_shows_is.php][http://blogs.discovermagazine.com/notrocketscience/2010/05/30/a-biological-basis-for-acupuncture-or-more-evidence-for-a-placebo-effect/][http://www.scienceblogs.de/plazeboalarm/2010/06/warum-die-akupunkturstudie-keine-akupunkturstudie-war.php])
 
(siehe dazu auch Kommentare: [http://www.theness.com/neurologicablog/?p=2015][http://scienceblogs.com/insolence/2010/06/when_what_an_acupuncture_study_shows_is.php][http://blogs.discovermagazine.com/notrocketscience/2010/05/30/a-biological-basis-for-acupuncture-or-more-evidence-for-a-placebo-effect/][http://www.scienceblogs.de/plazeboalarm/2010/06/warum-die-akupunkturstudie-keine-akupunkturstudie-war.php])
  
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