Zeile 1: |
Zeile 1: |
| [[image:Mutaflor.jpg|Mutaflor|thumb|250px]] | | [[image:Mutaflor.jpg|Mutaflor|thumb|250px]] |
− | '''Symbioselenkung''' (auch Darmsanierung oder missverständlich ''mikrobiologische Therapie'') ist im deutschprachigen Raum die Bezeichnung für mehrere [[alternativmedizin]]ische Behandlungsformen, die die Zusammensetzung der physiologischen Darmflora (gemeint sind hier harmlose bzw nützliche Bakterien in Darm) derart verändern sollen, dass es zu positiven Effekten käme. Gemeinsam ist bei den Symbioselenkungs-Methoden die Annahme eines karankeitsauslösenden "gestörten Mischungsverhältnises" verschiedener Bakterienarten im Darm. | + | '''Symbioselenkung''' (auch Darmsanierung oder missverständlich ''mikrobiologische Therapie'') ist im deutschsprachigen Raum die Bezeichnung für mehrere [[alternativmedizin]]ische Behandlungsformen, die die Zusammensetzung der physiologischen Darmflora (gemeint sind hier harmlose bzw nützliche Bakterien in Darm) derart verändern sollen, dass es zu positiven Effekten käme. Gemeinsam ist bei den Symbioselenkungs-Methoden die Annahme eines krankeitsauslösenden "gestörten Mischungsverhältnisses" verschiedener Bakterienarten im Darm. |
| | | |
− | Nicht mit Symbioselenkung gemeint sind Therapien mit chemisch definierten Arzneimitteln wie Antipilzmittel (= Antimykotika) oder Antibiotika, die über ihre Wirkungen auf bestimmte Pilze oder Bakterien positiv auf die physiologische Darmflora Einfluss nehmen. Die Einführung effektiver Antiobitka (Sulfonamide, spätestens aber Penizillin) führte zu einem Niedergang der Symbioselenkungsmethoden, die heute zur Alternativmedizin gezählt wird. Sie spielen in der akademischen Medizin als begleitende oder einzige Maßnahme bei Durchfallerkrankungen eine begrenzte Rolle. | + | Nicht mit Symbioselenkung gemeint sind Therapien mit chemisch definierten Arzneimitteln wie Antipilzmittel (= Antimykotika) oder Antibiotika, die über ihre Wirkungen auf bestimmte Pilze oder Bakterien positiv auf die physiologische Darmflora Einfluss nehmen. Die Einführung effektiver Antibiotika (Sulfonamide, spätestens aber Penizillin) führte zu einem Niedergang der Symbioselenkungsmethoden, die heute zur Alternativmedizin gezählt werden. Sie spielen in der akademischen Medizin als begleitende oder einzige Maßnahme bei Durchfallerkrankungen eine begrenzte Rolle. |
| | | |
− | Die Symbioselenkung bzw mikrobiologische Therapie wird von ihren Befürwortern bei einem sehr großen Spektrum von Erkrankungen (Magen und Darm-Beschwerden, Allergien, Hautkrankheiten, Infekt-Neigung, Kopfschmerzen und rheumatische Erkrankungen) eingesetzt und soll vom Patienten als eine ursächliche, [[Ganzheitlichkeit|"ganzheitliche"]] Therapie verstanden werden, nicht hingegen als eine symptomatische Therapie. Bestandteil von Symbioselenkungsmaßnahmen sind fast immer eine Diät oder eine Veränderung der Ernährungsgewohnheiten, zusätzlich stellt die Einnahme bestimmter Präparate eine Rolle bei der Symbioselenkung. Dazu gehören sowohl Mittel mit anorganischen Substanzen (Magnesiumperoxid, [[Heilerde]]) und organische Substanzen wie Lactulose oder Mannit. | + | Die Symbioselenkung bzw mikrobiologische Therapie wird von ihren Befürwortern bei einem sehr großen Spektrum von Erkrankungen (Magen und Darm-Beschwerden, Allergien, Hautkrankheiten, Infekt-Neigung, Kopfschmerzen und rheumatische Erkrankungen) eingesetzt und soll vom Patienten als eine ursächliche, [[Ganzheitlichkeit|"ganzheitliche"]] Therapie verstanden werden, nicht hingegen als eine symptomatische Therapie. Bestandteil von Symbioselenkungsmaßnahmen sind fast immer eine Diät oder eine Veränderung der Ernährungsgewohnheiten, zusätzlich spielt die Einnahme bestimmter Präparate eine Rolle bei der Symbioselenkung. Dazu gehören sowohl Mittel mit anorganischen Substanzen (Magnesiumperoxid, [[Heilerde]]) als auch organische Substanzen wie Lactulose oder Mannit. |
| | | |
| Unterschieden werden kann in der Symbioselenkung einerseits eine "enterale Therapie" oder "Orale Mikobiologische Therapie", bei der entsprechende Präparate eingenommen werden, und eine "parenterale Therapie", bei der das Präparat gespritzt wird. | | Unterschieden werden kann in der Symbioselenkung einerseits eine "enterale Therapie" oder "Orale Mikobiologische Therapie", bei der entsprechende Präparate eingenommen werden, und eine "parenterale Therapie", bei der das Präparat gespritzt wird. |
Zeile 13: |
Zeile 13: |
| | | |
| ==Verfahren aus dem Spektrum der Methoden der Symbioselenkung== | | ==Verfahren aus dem Spektrum der Methoden der Symbioselenkung== |
− | *'''Fiebertherapie'''. Bei der Fiebertherapie werden mikrobielle Pyrogene (mit fieber-erzeugenden Substanzen) unterschiedlichster Art in eine Vene injiziert, worauf es zu einem starken Fieberanstieg, in der Regel mit Schüttelfrost und anderen zum Teil gravierenden Begleitreaktionen kommt. Derartige Therapie werden meist stationär durchgeführt. Wegen der Nebenwirkungen und Risiken wurden die entsprechenden Präparate Anfang der 1990er Jahre vom deutschen Markt genommen. | + | *'''Fiebertherapie'''. Bei der Fiebertherapie werden mikrobielle Pyrogene (mit fiebererzeugenden Substanzen) unterschiedlichster Art in eine Vene injiziert, worauf es zu einem starken Fieberanstieg, in der Regel mit Schüttelfrost und anderen zum Teil gravierenden Begleitreaktionen kommt. Derartige Therapien werden meist stationär durchgeführt. Wegen der Nebenwirkungen und Risiken wurden die entsprechenden Präparate Anfang der 1990er Jahre vom deutschen Markt genommen. |
− | *'''Autovaccine'''. Darunter sind Präparate zu verstehen, die aus körpereigenen, im Darm zu findenden und inaktivierten Keimen hergestellt werden, die dem Patienten nach Inaktivierung gespritzt werden. Die Keime werden vorher aus Stuhlproben, Urin, Eiter oder Abstrichen gewonnen. Autovaccine werden entweder intracutan (in die Haut) oder subcutan (unter die Haut) gespritzt. Seltener wird die percutane Anwendung angewandt, bei der das Mittel auf die Haut eingerieben wird. Generell wird die Autovaccintherapie in steigender Dosierung durchgeführt, wegen der Gefahr von Zwischenfällen wie dem anaphylaktischem Schock bzw einer allergischen Reaktion. Die Gesamtbehandlungsdauer liegt dabei bei sechs bis acht Wochen oder auch mehr. Trotz der Anwendung in Injektionsform ist das Hauptzielorgan der Darm, aber auch eine [[Alternativmedizinische Immunschwäche|allgemeine Infektanfälligkeit]] gehört zu den Indikationen, genauso wie Allergien, atopische Dematitis (Neurodermitis), Autoimmunerkrankungen und Hauterkrankungen. | + | *'''Autovaccine'''. Darunter sind Präparate zu verstehen, die aus körpereigenen, im Darm zu findenden und inaktivierten Keimen hergestellt werden, die dem Patienten nach Inaktivierung gespritzt werden. Die Keime werden vorher aus Stuhlproben, Urin, Eiter oder Abstrichen gewonnen. Autovaccine werden entweder intracutan (in die Haut) oder subcutan (unter die Haut) gespritzt. Seltener wird die percutane Anwendung angewandt, bei der das Mittel auf die Haut eingerieben wird. Generell wird die Autovaccintherapie in steigender Dosierung durchgeführt, wegen der Gefahr von Zwischenfällen wie dem anaphylaktischem Schock bzw einer allergischen Reaktion. Die Gesamtbehandlungsdauer liegt dabei bei sechs bis acht Wochen oder auch mehr. Trotz der Anwendung in Injektionsform ist das Hauptzielorgan der Darm, aber auch eine [[Alternativmedizinische Immunschwäche|allgemeine Infektanfälligkeit]] gehört zu den Indikationen, genauso wie Allergien, atopische Dermatitis (Neurodermitis), Autoimmunerkrankungen und Hauterkrankungen. |
| *[[Probiotika]] und Prebiotika, Lebensmittel mit lebenden Bakterienkulturen. | | *[[Probiotika]] und Prebiotika, Lebensmittel mit lebenden Bakterienkulturen. |
| *'''Einnahme von Bakterienkulturen''', die im Darm Sauerstoff freisetzen sollen. Dahinter steht die Annahme, dass anaerobe Keime (die auch ohne Sauerstoff überleben können) schädlicher wären als aerobe Keime. Die Gesamtzahl der Keime, die hier eine "gesunde Darmflora" wiederherstellen soll, ist jedoch viel zu gering, um einen bedeutenden Effekt zu erzielen. Zudem müssen die lebenden Bakterien die für sie schädliche Magensäure überstehen. Die Lebensmittelindustrie setzt auf derartige Konzepte mit zahlreichen Produkten. Nach der derzeitigen [[Health Claims]]-Verordnung sind gesundheitsbezogene (Werbe-)Aussagen erlaubt, wenn sie wissenschaftlich untermauert sind und in einer entsprechenden Liste von behauptbaren Aussagen enthalten sind. | | *'''Einnahme von Bakterienkulturen''', die im Darm Sauerstoff freisetzen sollen. Dahinter steht die Annahme, dass anaerobe Keime (die auch ohne Sauerstoff überleben können) schädlicher wären als aerobe Keime. Die Gesamtzahl der Keime, die hier eine "gesunde Darmflora" wiederherstellen soll, ist jedoch viel zu gering, um einen bedeutenden Effekt zu erzielen. Zudem müssen die lebenden Bakterien die für sie schädliche Magensäure überstehen. Die Lebensmittelindustrie setzt auf derartige Konzepte mit zahlreichen Produkten. Nach der derzeitigen [[Health Claims]]-Verordnung sind gesundheitsbezogene (Werbe-)Aussagen erlaubt, wenn sie wissenschaftlich untermauert sind und in einer entsprechenden Liste von behauptbaren Aussagen enthalten sind. |
| *Prosymbioflor und Symbioflor, Präparate mit inaktivierten Bakterien, die nicht aus körpereigener Quelle stammen. Diese Mittel enthalten Bakterienfragmente und werden über den Mund (oral) eingenommen. | | *Prosymbioflor und Symbioflor, Präparate mit inaktivierten Bakterien, die nicht aus körpereigener Quelle stammen. Diese Mittel enthalten Bakterienfragmente und werden über den Mund (oral) eingenommen. |
| *'''Ernährungsempfehlungen'''. Dazu gehören nicht-pasteurisierte Lebensmittel wie Joghurt, Kefir und anderen Sauermilchprodukte, Sauerkraut und [[Kombucha]]. Diese Lebensmittel enthalten neben lebenden Bakterien auch Milchsäure, die eine gesunde Darmflora fördern soll. | | *'''Ernährungsempfehlungen'''. Dazu gehören nicht-pasteurisierte Lebensmittel wie Joghurt, Kefir und anderen Sauermilchprodukte, Sauerkraut und [[Kombucha]]. Diese Lebensmittel enthalten neben lebenden Bakterien auch Milchsäure, die eine gesunde Darmflora fördern soll. |
− | *"'''probiotische" Tampons''' zur Monatshygiene: Diese Tampons enthalten Milchsäurebakterien, welche die Scheidenflora während der Mentruation und das das pH-Millieu stabilisieren sollen<ref>http://www.ellen.de/de/wirkung</ref> | + | *"'''probiotische" Tampons''' zur Monatshygiene: Diese Tampons enthalten Milchsäurebakterien, welche die Scheidenflora während der Menstruation und das pH-Millieu stabilisieren sollen<ref>http://www.ellen.de/de/wirkung</ref> |
| Das [[Effektive Mikroorganismen]] - Konzept nach Higa wird ebenfalls für Zwecke beworben, die denen der Symbioselenkung entsprechen. | | Das [[Effektive Mikroorganismen]] - Konzept nach Higa wird ebenfalls für Zwecke beworben, die denen der Symbioselenkung entsprechen. |
| | | |