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Quelle: Paralex
 
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Was mit besagtem ´Energiefluß´ gemeint ist, erschließt sich aus Dennisons Bestseller ´Befreite Bahnen´ nur vage: In Anlehnung an die Meridianlehre der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) ist wortreich die Rede von der ´Auflösung energetischer Blockaden´ oder der ´Wiederherstellung eines harmonischen Gleichgewichtes´. Über die Gymnastikübungen hinaus findet sich insofern eine Art Akupressurmassage (´Touch for Health´) im kinesiologischen Verfahrenssortiment, mit der auf irgendwelchen ´Akupunkturpunkten´ der zu behandelnden Kinder herumgedrückt wird. Für jede Störung gibt es eigene ´Meridianpunkte´ (´Buttons´/´Knöpfe´). Werden die Kinder angewiesen, selbst an sich herumzudrücken oder herumzuziehen, firmiert das Ganze unter dem Begriff ´Brain-Gym´. Mit Übungen der folgenden Art sollen ´Lernblockaden´ und gar ´legasthenische Störungen´ abgebaut werden: ´Mit je 2 Fingern den Rand des Schambeins und mit weiteren 2 Fingern die Unterlippe für 30 sec. halten. Dies hilft, besser geerdet zu sein, hält den Körper entspannt und den Geist wach. Es ermöglicht, nach unten zu sehen, ohne daß die Augenenergien abschalten (´Erdnöpfe´, Zentralmeridian); Mit 2 Fingern das Steißbein und mit 2 weiteren Fingern die Oberlippe für 30 sec. halten. Dies verhilft zu einer besseren Raumorientierung und hält dich offen für Informationen von außen (´Raumknöpfe´, Gouverneursmeridian); Dehne und ziehe die Ohren sanft von innen nach außen und von oben nach unten. So kannst Du besser zuhören (´Denkmütze´).[4]
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Das Bayerische Staatsinstitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung, ausnahmsweise einmal Vorreiter in Sachen Esoterikkritik, hat Ende 1997 in einer eigenen Aufklärungsbroschüre Kinesiologie bzw. Edu-Kinestetik (alias: ´Educational Kinesiology´) als ´derartige Versimplifizierung und Verfälschung der Vorgänge des zentralen Nervensystems´ bezeichnet, daß die ´Aufnahme so erklärter diagnostischer und therapeutischer Techniken zum Umgang mit Kindern in hohem Maß beunruhigen muß´. Es handle sich um gänzlich unseriöse Praktiken, die unter dem Deckmantel einer ´praktischen Pädagogik´ unbrauchbares esoterisches Gedankengut verbreiteten. Höchst ´befremdend´ sei es, wie damit ´bei Betroffenen nicht erfüllbare Hoffnungen´ geweckt würden.[5] Der Deutsche Bundesverband Legasthenie wies in einem eigenen Rundschreiben darauf hin, daß die von Dennison und seinen Anhängern behauptete Wirksamkeit kinesiologischer Übungen bis heute ohne jeglichen ernstzunehmenden Nachweis geblieben sei. Die Gemeinde gläubiger Edu-Kinesteten erinnere im übrigen an eine ´sektenähnliche Vereinigung´,[6] eine Einschätzung, die der Schulpsychologe Hermann Meidinger ausdrücklich bestätigt: ´Werden Sekten auch an dem Ausmaß gemessen, mit dem sie ihre Anhänger verführen, so können die Versprechen, mit denen Kinesiologen ihre Jünger ´fangen´, durchaus nahelegen, die Kinesiologie zu diesen Gruppierungen zu zählen´.[7] Weniger umständlich Seminarrektor Wolfgang Hund vom Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverband: ´Edu-Kinestetik ist schlicht ein faules Ei´.[8] Insbesondere das Herumgedrücke oder -geziehe an irgendwelchen Akupunkturpunkten ist absurd: zum einen widerspricht es in seiner simplen Mechanik (zur Behebung eines Problems sei nur ein bestimmter Knopf zu drücken) dem vorgeblich ´ganzheitlichen´ Selbstverständnis der Kinesiologie, zum anderen sind die Meridianbahnen und Akupunkturpunkte der Traditionellen Chinesischen Medizin, auf die ´Touch for Health´ und ´Brain Gym´ abstellen, bestenfalls als Metaphern zu verstehen: tatsächlich existieren diese Bahnen und Punkte nicht.[9]
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Ungeachtet der vorgetragenen Kritik - der Berufsverband Deutscher PsychologeInnen (BDP) etwa warnt Eltern und Schulen, Kinesiologie sei nicht nur unnütz und teuer, sondern auch schädlich, wenn damit wertvolle Zeit für wirkliche Hilfe vertan werde[10] - finden kinesiologische bzw. edu-kinestetische Praktiken zunehmende Verbreitung. Zahllose, pädagogisch in der Regel durch nichts qualifizierte ´Lernberater´ oder ´Lerntherapeuten´ bieten - in privater Ordination - ihre Dienstleistungen an. Vielerorts findet Kinesiologie allerdings auch, mit oder ohne Wissen und/oder Einwilligung der Eltern, im ganz regulären Schulalltag statt: in mehr oder weniger kaschierter Form ist Edu-Kinestetik bis heute Teil der Ausbildung an pädagogischen Hochschulen, in Lehrerfortbildungsseminaren stehen allenthalben ´Brain-Gym´-Übungen auf dem Programm.[11] Vor allem im Bereich der Heil- und Sonderpädagogik greift Kinesiologie - neben einer ganzen Reihe weiterer unhaltbarer Verfahren wie Audio-Psycho-Phonologie, NLP, Qi-Gong und dergleichen[12] - rapide um sich. Es vollziehe sich, wie der österreichische Szenekritiker Heinz Zangerle anmerkt, ein von wirtschaftlichen Interessen angekurbeltes ´roll-back´ zu alten, wissenschaftlich längst überwunden geglaubten´ Konzepten: Unter Rückgriff auf angestaubte Theorien aus den 1950er Jahren würden nahezu alle kindlichen Störungen mit ´mangelndem Zusammenspiel der beiden Hirnhälften´ oder einer ´Blockade des Energieflusses´ erklärt; insofern werde bei der Diagnose wie auch bei der Behandlung ´unter Verzicht auf eine Anamnese vorschnell allein am Kind als dem Symptomträger´ angesetzt. Der werbewirksam eingesetzte Begriff der ´Ganzheitlichkeit´ sei auch vor diesem Hintergrund ´glatter Etikettenschwindel´.[13]
 
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