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Die '''Chelattherapie''' ist ein umstrittenes Verfahren, das in den 1980er Jahren aus den USA nach Europa transportiert wurde und das als Heilverfahren für verschiedenste Indikationen angepriesen wird: Alzheimer-Krankheit, Senilität, Schizophrenie, rheumatische Arthritis, Osteoarthritis, Gicht, Nierensteine, schlaganfallbedingtes Koma, Gallensteine, Multiple Sklerose, Osteoporose, chronisches Müdigkeitssyndrom, Krampfadern, Bluthochdruck, Beeinträchtigung des Erinnerungsvermögens, Sklerodermie, Raynaud-Syndrom, Digitalisvergiftung, Claudicatio intermittens (Schaufensterkrankheit), diabetische Geschwüre, Durchblutungsstörungen, Geschwüre an den Beinen, giftige Schlangenbisse, Impotenz, emotionale Schwierigkeiten, Seh- und Hörprobleme (Meyer 1998).
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Die '''Chelattherapie''' ist ein umstrittenes Verfahren, das in den 1980er Jahren aus den USA nach Europa transportiert wurde und das als Heilverfahren für verschiedenste Indikationen angepriesen wird.
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==Beworbene Einsatzgebiete==
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Alzheimer-Krankheit, Senilität, Schizophrenie, rheumatische Arthritis, Osteoarthritis, Gicht, Nierensteine, schlaganfallbedingtes Koma, Gallensteine, Multiple Sklerose, Osteoporose, chronisches Müdigkeitssyndrom, Krampfadern, Bluthochdruck, Beeinträchtigung des Erinnerungsvermögens, Sklerodermie, Raynaud-Syndrom, Digitalisvergiftung, Claudicatio intermittens (Schaufensterkrankheit), diabetische Geschwüre, Durchblutungsstörungen, Geschwüre an den Beinen, giftige Schlangenbisse, Impotenz, emotionale Schwierigkeiten, Seh- und Hörprobleme (Meyer 1998).
    
Bei der Chelattherapie erhalten die Patienten bis zu 70 intravenöse Infusionen mit EDTA (Äthylendiamintetraessigsäure), wobei oft parallel hochdosierte Gaben von Vitaminen, Spurenelementen, Mineralien und anderen Arzneimitteln beigemischt werden. Die Infusionen dauern 3-4 Stunden und werden 1-2mal wöchentlich vorgenommen. Empfehlungen zur gesunden Lebensführung runden die Therapie ab (Meyer 1998).
 
Bei der Chelattherapie erhalten die Patienten bis zu 70 intravenöse Infusionen mit EDTA (Äthylendiamintetraessigsäure), wobei oft parallel hochdosierte Gaben von Vitaminen, Spurenelementen, Mineralien und anderen Arzneimitteln beigemischt werden. Die Infusionen dauern 3-4 Stunden und werden 1-2mal wöchentlich vorgenommen. Empfehlungen zur gesunden Lebensführung runden die Therapie ab (Meyer 1998).
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==behaupteter Wirkmechanismus==
 
Ansatzpunkt der Chelattherapie ist es angeblich, durch die Bindung von Ca2+ Ionen mittels sog. Chelatbildner (EDTA, D-Penicillamin, Deferoxamin) eine Entkalkung atherosklerotischer Plaques zu erreichen und dadurch die Gefäße wieder geschmeidig zu machen, um die Durchblutung zu fördern. Man wollte 'den Kalk aus den Adern rieseln lassen'. Kalk spielt aber bei der Genese der Plaquebildung in den Gefäßen keine wesentliche Rolle.
 
Ansatzpunkt der Chelattherapie ist es angeblich, durch die Bindung von Ca2+ Ionen mittels sog. Chelatbildner (EDTA, D-Penicillamin, Deferoxamin) eine Entkalkung atherosklerotischer Plaques zu erreichen und dadurch die Gefäße wieder geschmeidig zu machen, um die Durchblutung zu fördern. Man wollte 'den Kalk aus den Adern rieseln lassen'. Kalk spielt aber bei der Genese der Plaquebildung in den Gefäßen keine wesentliche Rolle.
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==Zulassungssituation in Deutschland==
 
In den 1980iger Jahren wurde von den Befürwortern der Chelattherapie in Deutschland der Eindruck erweckt, Chelatbildner wie EDTA seien zugelassene Arzneimittel und ihre Therapie somit seriös. So schrieb Martin (1986): 'Wir verfügen in Deutschland über ein beim Bundesgesundheitsamt in Berlin ordnungsgemäß zugelassenes EDTA-Präparat für die Behandlung von Verschlußkrankheiten'. Tatsächlich war das Mittel bereits vor 1976 zugelassen worden war und zwar zu einem Zeitpunkt, wo kein Wirksamkeitsnachweis für eine Arzneimittelzulassung in Deutschland notwendig war. Das entsprechende Präparat hatte damals auch nur eine Zulassung für ganz bestimmte Indikationen (z.B. diagnostischer Bleitest und Therapie akuter, chronischer und latenter Bleivergiftungen, Entfernung von Schwermetallen wie Blei, Cadmium, Kobalt, Kupfer, Nickel, Chrom, Mangan, Quecksilber, Vanadium und Zink) und von Radioisotopen wie Uran). Für Gefäßerkrankungen oder die anderen möglichen Indikationen, die von Chelattherapeuten behauptet wurden, war das Mittel nicht zugelassen (Meyer 1998).
 
In den 1980iger Jahren wurde von den Befürwortern der Chelattherapie in Deutschland der Eindruck erweckt, Chelatbildner wie EDTA seien zugelassene Arzneimittel und ihre Therapie somit seriös. So schrieb Martin (1986): 'Wir verfügen in Deutschland über ein beim Bundesgesundheitsamt in Berlin ordnungsgemäß zugelassenes EDTA-Präparat für die Behandlung von Verschlußkrankheiten'. Tatsächlich war das Mittel bereits vor 1976 zugelassen worden war und zwar zu einem Zeitpunkt, wo kein Wirksamkeitsnachweis für eine Arzneimittelzulassung in Deutschland notwendig war. Das entsprechende Präparat hatte damals auch nur eine Zulassung für ganz bestimmte Indikationen (z.B. diagnostischer Bleitest und Therapie akuter, chronischer und latenter Bleivergiftungen, Entfernung von Schwermetallen wie Blei, Cadmium, Kobalt, Kupfer, Nickel, Chrom, Mangan, Quecksilber, Vanadium und Zink) und von Radioisotopen wie Uran). Für Gefäßerkrankungen oder die anderen möglichen Indikationen, die von Chelattherapeuten behauptet wurden, war das Mittel nicht zugelassen (Meyer 1998).
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==Chelattherapie versagt in klinischen Studien==
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==Studienlage==
Bei klinischen Voruntersuchungen wiesen Guldager et al. (1993) nach, daß die Gabe von EDTA in einem doppelblinden randomisierten placebokontrollierten (Placebo: NaCl 0.9%) Versuch am Menschen keinen Einfluß auf die Serumspiegel von Cholesterin, LDL, HDL und Triglyceriden hatte. In der Folge wurde in einer weiteren randomisierten placebokontrollierten Doppelblindstudie bei 80 Patienten (EDTA) bzw. 79 Patienten (Placebo: NaCl 0.9%) versucht, deren Claudicatio intermittens mittels Chelattherapie erfolgreich zu behandeln. Obwohl alle Patienten instruiert wurden, das Rauchen zu unterlasen, körperliches Training durchzuführen, Diätregeln einzuhalten und das Gewicht zu reduzieren, gab es keine Unterschiede zwischen der EDTA- und Placebotherapie nach 20 Injektionen im Verlauf von 5-9 Wochen (eine Infusion dauerte 3-4 Stunden). Weder die schmerzfrei von den Patienten zurückzulegende Wegstrecke (in Metern), noch die maximale Wegstrecke oder die subjektive Befindlichkeit, einige Laborparameter oder Nebenwirkungen waren zwischen beiden Studienarmen verschieden (Sloth-Nielsen et al. 1991). Van Rij et al. (1994) untersuchten ebenfalls in einem placebokontrolliertem Versuch die Wegstrecke von Claudicatio intermittens-Patienten und fanden heraus, daß es keinen Unterschied zwischen einer EDTA- und Placebo-behandelten Gruppe gab. Pikanterweise verbesserte sich die Wegstrecke sogar um 60% in beiden Studienarmen, was auf einen erheblichen Placeboeffekt solcher Therapieformen schließen läßt. Die Erwartungshaltung der Patienten wird demnach durch eine scheinbar wirksame Behandlung unterstützt und motivationsbedingt erreichen die Patienten längere Wegstrecken. Deshalb wird es immer Patienten geben, die aus einer Chelattherapie Nutzen ziehen, der aber mit EDTA oder dem jeweiligen Chelatbildner in Wirklichkeit nichts zu tun hat, nicht vorhersehbar ist und auch nicht reproduzierbar sein muß (Meyer 1998).
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Bei klinischen Voruntersuchungen wiesen Guldager et al. (1993) nach, daß die Gabe von EDTA in einem doppelblinden randomisierten placebokontrollierten (Placebo: NaCl 0.9%) Versuch am Menschen keinen Einfluß auf die Serumspiegel von Cholesterin, LDL, HDL und Triglyceriden hatte. In der Folge wurde in einer weiteren randomisierten placebokontrollierten Doppelblindstudie bei 80 Patienten (EDTA) bzw. 79 Patienten (Placebo: NaCl 0.9%) versucht, deren Claudicatio intermittens mittels Chelattherapie erfolgreich zu behandeln. Obwohl alle Patienten instruiert wurden, das Rauchen zu unterlassen, körperliches Training durchzuführen, Diätregeln einzuhalten und das Gewicht zu reduzieren, gab es keine Unterschiede zwischen der EDTA- und Placebotherapie nach 20 Injektionen im Verlauf von 5-9 Wochen (eine Infusion dauerte 3-4 Stunden). Weder die schmerzfrei von den Patienten zurückzulegende Wegstrecke (in Metern), noch die maximale Wegstrecke oder die subjektive Befindlichkeit, einige Laborparameter oder Nebenwirkungen waren zwischen beiden Studienarmen verschieden (Sloth-Nielsen et al. 1991). Van Rij et al. (1994) untersuchten ebenfalls in einem placebokontrolliertem Versuch die Wegstrecke von Claudicatio intermittens-Patienten und fanden heraus, daß es keinen Unterschied zwischen einer EDTA- und Placebo-behandelten Gruppe gab. Pikanterweise verbesserte sich die Wegstrecke sogar um 60% in beiden Studienarmen, was auf einen erheblichen [[Placeboeffekt]] solcher Therapieformen schließen lässt. Die Erwartungshaltung der Patienten wird demnach durch eine scheinbar wirksame Behandlung unterstützt und motivationsbedingt erreichen die Patienten längere Wegstrecken. Deshalb wird es immer Patienten geben, die aus einer Chelattherapie Nutzen ziehen, der aber mit EDTA oder dem jeweiligen Chelatbildner in Wirklichkeit nichts zu tun hat, nicht vorhersehbar ist und auch nicht reproduzierbar sein muß (Meyer 1998).
    
==Schwere Nebenwirkungen==
 
==Schwere Nebenwirkungen==
Die Therapie mit Chelatbildnern ist nicht harmlos. So gibt es seit Jahrzehnten immer wieder Berichte über schwere Nebenwirkungen, die in der Fachliteratur beschrieben werden. Peterson (1983) beschrieb einen Fall mit schwerer Vaskulitis (Gefäßentzündung) unter EDTA-Therapie, dessen letaler Ausgang nur mit einer schnellen operativen Intervention verhindert werden konnte. Auch beschrieb dieser Autor einen Fall mit hämolytischer Anämie und konsekutivem Herzinfarkt. Proksch und Kölmel (1985) beschrieben akute psychiatrische Komplikationen (Depression, Gedächtnisstörungen, Verschlechterung einer Demenz) nach EDTA-Therapie, die auf einen massiven EDTA-bedingten Zinkverlust zurückzuführen waren.
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Die Therapie mit Chelatbildnern ist nicht harmlos. So gibt es seit Jahrzehnten immer wieder Berichte über schwere Nebenwirkungen, die in der Fachliteratur beschrieben werden. Peterson (1983) beschrieb einen Fall mit schwerer Vaskulitis (Gefäßentzündung) unter EDTA-Therapie, dessen tödlicher Ausgang nur mit einer schnellen operativen Intervention verhindert werden konnte. Auch beschrieb dieser Autor einen Fall mit hämolytischer Anämie und konsekutivem Herzinfarkt. Proksch und Kölmel (1985) beschrieben akute psychiatrische Komplikationen (Depression, Gedächtnisstörungen, Verschlechterung einer Demenz) nach EDTA-Therapie, die auf einen massiven EDTA-bedingten Zinkverlust zurückzuführen waren.
    
Nissel (1986) beschrieb den dramatischen Verlauf eines 77jährigen Patienten mit seit Jahren zunehmenden arteriosklerotischen Gefäßveränderungen, der über 3 Wochen Chelatbildner-Infusionen erhalten hatte. 7 Stunden nach der letzten Infusion mußte der Mann aufgrund einer hochgradigen Hypokalzämie mit ausgeprägtem Hirnödem in eine Klinik eingeliefert werden, wo er trotz intensivtherapeutischer Maßnahmen verstarb.
 
Nissel (1986) beschrieb den dramatischen Verlauf eines 77jährigen Patienten mit seit Jahren zunehmenden arteriosklerotischen Gefäßveränderungen, der über 3 Wochen Chelatbildner-Infusionen erhalten hatte. 7 Stunden nach der letzten Infusion mußte der Mann aufgrund einer hochgradigen Hypokalzämie mit ausgeprägtem Hirnödem in eine Klinik eingeliefert werden, wo er trotz intensivtherapeutischer Maßnahmen verstarb.
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