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| Während dieser Demonstration war lediglich die Straße des 17. Juni von der Siegessäule in Richtung Brandenburger Tor gesperrt. Dieser kurze Abschnitt war nicht ansatzweise durch Menschenmassen gefüllt. Zahlreiche der rund 20.000 Teilnehmer hielten sich nicht an Hygienevorschriften. Trotz Hinweisen der Polizei waren kaum Menschen mit Mund-Nasen-Schutz zu sehen. Demonstranten riefen „Masken weg“. Die Polizei löste die Abschlusskundgebung daher vorzeitig auf. Erschwerend für die Beurteilung der Teilnehmerzahl kommt hinzu, dass auch Spaziergänger, Neugierige, Fotografen, Journalisten und Gegendemonstranten mitgezählt werden. Zudem war gleichzeitig in der Nähe eine andere Kundgebung zur Gleichberechtigung von Menschen mit Behinderung angemeldet worden. | | Während dieser Demonstration war lediglich die Straße des 17. Juni von der Siegessäule in Richtung Brandenburger Tor gesperrt. Dieser kurze Abschnitt war nicht ansatzweise durch Menschenmassen gefüllt. Zahlreiche der rund 20.000 Teilnehmer hielten sich nicht an Hygienevorschriften. Trotz Hinweisen der Polizei waren kaum Menschen mit Mund-Nasen-Schutz zu sehen. Demonstranten riefen „Masken weg“. Die Polizei löste die Abschlusskundgebung daher vorzeitig auf. Erschwerend für die Beurteilung der Teilnehmerzahl kommt hinzu, dass auch Spaziergänger, Neugierige, Fotografen, Journalisten und Gegendemonstranten mitgezählt werden. Zudem war gleichzeitig in der Nähe eine andere Kundgebung zur Gleichberechtigung von Menschen mit Behinderung angemeldet worden. |
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− | Auch zu einer geplanten, aber später verbotenen Demonstration am 28/29. August werden von den Organisatoren Phantasiezahlen genannt. Das rechtsradikale, und AfD-nahe [[Compact]]-Magazin von [[Jürgen Elsässer]] zitiert den Initiator von "Querdenken-711" mit der Aussage: ''"Die größte Demonstration in der Geschichte"''. Die Veranstalter gingen demnach von "zehn Millionen Teilnehmern aus", was einem Achtel des Bundesbevölkerung entsprechen würde. Eine völlige Phantasiezahl, da zu diesem Zeitpunkt rund 88% der Bundesbürger laut Umfrage mit den Infektionsschutzmaßnahmen der Regierung zufrieden sind, und darüber hinaus Bundesbürger für noch strengere Maßnahmen eintreten.<ref>Umfrage in 14 Ländern: Mehrheit zufrieden mit Corona-Maßnahmen, FAZ, 26.08.2020-17:12</ref> Tatsächlich haben die Anmelder eine Kundgebung auf der Straße des 17. Juni angemeldet, nur für den Bereich zwischen dem Großen Stern und der Yitzhak-Rabin-Straße, auf der keine zehn Millionen Menschen sich aufhalten können. Für diese Kundgebung seien laut Polizei etwa 22.500 Teilnehmer angemeldet worden.<ref>https://www.bz-berlin.de/berlin/mitte/corona-grossdemo-in-berlin-29-august-22-500-teilnehmer-angemeldet</ref><ref>https://www.tagesschau.de/faktenfinder/corona-demo-berlin-117.html</ref> Tatsächlich erschienen statt der erhofften zehn Millionen Teilnehmer rund 38.000 bis 50.000.<ref>https://www.spiegel.de/politik/deutschland/zehntausende-menschen-bei-kundgebung-an-siegessaeule-a-4238778c-9e90-4914-8680-2084c6773a4d</ref> Offenbar rechnete man vor der Demonstration damit dass viele Teilnehmer ohne Schutzmaske erscheinen. So will der Anmelder eine unübliche Zusicherung des Gesundheitsamts, für "Folgeschäden" des Maskentragens. So heißt es im Hygieneplan: | + | Auch zu einer geplanten, aber später verbotenen Demonstration am 28/29. August werden von den Organisatoren Phantasiezahlen genannt. Das rechtsradikale, und AfD-nahe [[Compact]]-Magazin von [[Jürgen Elsässer]] (verboten 2024) zitiert den Initiator von "Querdenken-711" mit der Aussage: ''"Die größte Demonstration in der Geschichte"''. Die Veranstalter gingen demnach von "zehn Millionen Teilnehmern aus", was einem Achtel des Bundesbevölkerung entsprechen würde. Eine völlige Phantasiezahl, da zu diesem Zeitpunkt rund 88% der Bundesbürger laut Umfrage mit den Infektionsschutzmaßnahmen der Regierung zufrieden sind, und darüber hinaus Bundesbürger für noch strengere Maßnahmen eintreten.<ref>Umfrage in 14 Ländern: Mehrheit zufrieden mit Corona-Maßnahmen, FAZ, 26.08.2020-17:12</ref> Tatsächlich haben die Anmelder eine Kundgebung auf der Straße des 17. Juni angemeldet, nur für den Bereich zwischen dem Großen Stern und der Yitzhak-Rabin-Straße, auf der keine zehn Millionen Menschen sich aufhalten können. Für diese Kundgebung seien laut Polizei etwa 22.500 Teilnehmer angemeldet worden.<ref>https://www.bz-berlin.de/berlin/mitte/corona-grossdemo-in-berlin-29-august-22-500-teilnehmer-angemeldet</ref><ref>https://www.tagesschau.de/faktenfinder/corona-demo-berlin-117.html</ref> Tatsächlich erschienen statt der erhofften zehn Millionen Teilnehmer rund 38.000 bis 50.000.<ref>https://www.spiegel.de/politik/deutschland/zehntausende-menschen-bei-kundgebung-an-siegessaeule-a-4238778c-9e90-4914-8680-2084c6773a4d</ref> Offenbar rechnete man vor der Demonstration damit dass viele Teilnehmer ohne Schutzmaske erscheinen. So will der Anmelder eine unübliche Zusicherung des Gesundheitsamts, für "Folgeschäden" des Maskentragens. So heißt es im Hygieneplan: |
| :''..Wir empfehlen den Verzicht auf Mund-Nase-Bedeckungen Unser Hygienekonzept sieht das Tragen von Mund-Nase-Bedeckungen nicht vor, da Experten bei Nutzen-Risiko-Bewertung von Mund-Nase-Bedeckungen abraten. Soweit das Gesundheitsamt für Folgeschäden und somit auch für mögliche Regressforderungen gegen die Stadt Berlin die Verantwortung übernimmt, ist dies im Rahmen des Versammlungsbescheids vorzunehmen. Das Risiko für ernsthafte Erkranken durch Mund-Nase-Bedeckungen kann nicht durch den Versammlungsleiter übernommen werden...''<ref>https://www.psiram.com/de/images/6/68/20200826-querdenken-Hygienekonzept-Demo-202008.pdf</ref> | | :''..Wir empfehlen den Verzicht auf Mund-Nase-Bedeckungen Unser Hygienekonzept sieht das Tragen von Mund-Nase-Bedeckungen nicht vor, da Experten bei Nutzen-Risiko-Bewertung von Mund-Nase-Bedeckungen abraten. Soweit das Gesundheitsamt für Folgeschäden und somit auch für mögliche Regressforderungen gegen die Stadt Berlin die Verantwortung übernimmt, ist dies im Rahmen des Versammlungsbescheids vorzunehmen. Das Risiko für ernsthafte Erkranken durch Mund-Nase-Bedeckungen kann nicht durch den Versammlungsleiter übernommen werden...''<ref>https://www.psiram.com/de/images/6/68/20200826-querdenken-Hygienekonzept-Demo-202008.pdf</ref> |
| Im Hygieneplan zur Demonstration bezieht man sich auf Stuttgart und eine Teilnehmerzahl von maximal 25.000. Laut letztem Hygieneplan war geplant pro Teilnehmer von einer Fläche von 8 qm auszugehen, bei einer Gesamtfläche von 180.000 qm. (Ergebnis: 22.500 Teilnehmer) | | Im Hygieneplan zur Demonstration bezieht man sich auf Stuttgart und eine Teilnehmerzahl von maximal 25.000. Laut letztem Hygieneplan war geplant pro Teilnehmer von einer Fläche von 8 qm auszugehen, bei einer Gesamtfläche von 180.000 qm. (Ergebnis: 22.500 Teilnehmer) |
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| Tatsächlich erschienen zahlreiche Versammlungsteilnehmer, die der rechten Szene, den [[Reichsbürger]]n, oder der rechtsoffenen [[Truther]]szene zuzuordnen sind.<ref>https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-08/corona-demonstration-berlin-rechte-ausschreitungen-reportage</ref> Es kann hier eine Tendez beobachtet werden: ausgehend von den ersten [[Hygienedemo]]s von [[Anselm Lenz]] lässt sich eine Zunahme von Reichsbürgern und Rechtsxtremen auf diesen Demonstrationen erkennen. Es erschienen am 29. August 2020 auch vorbestrafte Neonazis und Holocaustleugner in Berlin. Etwa 3000 Personen aus diesem Spektrum trafen sich vor der russischen Botschaft und bewarfen die Polizei mit Flaschen. Es kam dabei zu rund 200 Festnahmen.<br>Insgesamt stellte dieses Spektrum jedoch nicht die Mehrheit der rund 30.000-38.000 Demonstranten. Weder Organisatoren noch andere Demonstrationsteilnehmer schienen sich an der Anwesenheit der rechten Szene zu stören.<ref>https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-08/corona-demonstration-berlin-rechte-ausschreitungen-reportage</ref> | | Tatsächlich erschienen zahlreiche Versammlungsteilnehmer, die der rechten Szene, den [[Reichsbürger]]n, oder der rechtsoffenen [[Truther]]szene zuzuordnen sind.<ref>https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-08/corona-demonstration-berlin-rechte-ausschreitungen-reportage</ref> Es kann hier eine Tendez beobachtet werden: ausgehend von den ersten [[Hygienedemo]]s von [[Anselm Lenz]] lässt sich eine Zunahme von Reichsbürgern und Rechtsxtremen auf diesen Demonstrationen erkennen. Es erschienen am 29. August 2020 auch vorbestrafte Neonazis und Holocaustleugner in Berlin. Etwa 3000 Personen aus diesem Spektrum trafen sich vor der russischen Botschaft und bewarfen die Polizei mit Flaschen. Es kam dabei zu rund 200 Festnahmen.<br>Insgesamt stellte dieses Spektrum jedoch nicht die Mehrheit der rund 30.000-38.000 Demonstranten. Weder Organisatoren noch andere Demonstrationsteilnehmer schienen sich an der Anwesenheit der rechten Szene zu stören.<ref>https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-08/corona-demonstration-berlin-rechte-ausschreitungen-reportage</ref> |
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− | Während der Demonstration wurden Falschnachrichten verbreitet. So sei US Präsident Donald Trump heimlich nach Berlin gekommen und befinde sich in der US-Botschaft nahe dem Brandenburger Tor. Das [[Compact Magazin]] verbreitete eine Falschnachricht nach der das Bundesverfassungsgericht einem von der Polizei angehaltenen Aufzug erlaubt habe weiter zu gehen. In sozialen Medien machte die Fake News die Runde nach der eine schwangere Frau von der Polizei so erheblich verletzt worden sei, dass ihr ungeborenes Kind gestorben sei. Der Politologe Josef Holnburger<ref>https://twitter.com/holnburger</ref> analysierte die Falschnachrichten und stellte fest dass sie unter anderem von IKB (Info Kanal Berlin), [[Oliver Janich]], [[Heiko Schrang]], [[Thorsten Schulte]] und [[Nikolai Nerling]] verbreitet wurden. | + | Während der Demonstration wurden Falschnachrichten verbreitet. So sei US Präsident Donald Trump heimlich nach Berlin gekommen und befinde sich in der US-Botschaft nahe dem Brandenburger Tor. Das rechtsextreme, und 2024 verbotene [[Compact Magazin]] verbreitete eine Falschnachricht nach der das Bundesverfassungsgericht einem von der Polizei angehaltenen Aufzug erlaubt habe weiter zu gehen. In sozialen Medien machte die Fake News die Runde nach der eine schwangere Frau von der Polizei so erheblich verletzt worden sei, dass ihr ungeborenes Kind gestorben sei. Der Politologe Josef Holnburger<ref>https://twitter.com/holnburger</ref> analysierte die Falschnachrichten und stellte fest dass sie unter anderem von IKB (Info Kanal Berlin), [[Oliver Janich]], [[Heiko Schrang]], [[Thorsten Schulte]] und [[Nikolai Nerling]] verbreitet wurden. |
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| Bilder von Aufrufen zu einer "Querdenken"-Demonstration am 28./29. August 2020 nach Berlin zu kommen. Angemeldet wurden mit dem Motto „Berlin invites Europe – Celebrating freedom and peace“ 22.500 Demonstranten. Die Berliner Polizei untersagte diese Demonstration wegen zu erwartenden Verstößen gegen das Infektionsschutzgesetz. Das Verbot wurde später vom Oberverwaltungsgericht aufgehoben. | | Bilder von Aufrufen zu einer "Querdenken"-Demonstration am 28./29. August 2020 nach Berlin zu kommen. Angemeldet wurden mit dem Motto „Berlin invites Europe – Celebrating freedom and peace“ 22.500 Demonstranten. Die Berliner Polizei untersagte diese Demonstration wegen zu erwartenden Verstößen gegen das Infektionsschutzgesetz. Das Verbot wurde später vom Oberverwaltungsgericht aufgehoben. |
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− | Zur Demonstration riefen auf: das rechte [[Compact Magazin]] von Jürgen Elsässer, der neurechte Verleger [[Götz Kubitschek]], der Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung Martin Sellner, [[Ken Jebsen]], Chris Ares (eigentlich Christoph Zloch), die AfD-Politiker Björn Höcke, Tino Chrupalla, Alice Weidel, Stephan Brandner, der Ex-AfD-Mann André Poggenburg sowie neonazistische Organisationen wie die NPD und die Kleinstpartei Der III. Weg, ebenso der Sänger [[Xavier Naidoo]] und der Koch [[Attila Hildmann]]. Hildmann wurde später bei der Demonstration festgenommen. | + | Zur Demonstration riefen auf: das rechte [[Compact Magazin]] von Jürgen Elsässer (verboten 2024), der neurechte Verleger [[Götz Kubitschek]], der Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung Martin Sellner, [[Ken Jebsen]], Chris Ares (eigentlich Christoph Zloch), die AfD-Politiker Björn Höcke, Tino Chrupalla, Alice Weidel, Stephan Brandner, der Ex-AfD-Mann André Poggenburg sowie neonazistische Organisationen wie die NPD und die Kleinstpartei Der III. Weg, ebenso der Sänger [[Xavier Naidoo]] und der Koch [[Attila Hildmann]]. Hildmann wurde später bei der Demonstration festgenommen. |
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| image:Hygienedemo AfD 2020 Aug.jpg|Demo-Aufruf der AfD (August 2020) | | image:Hygienedemo AfD 2020 Aug.jpg|Demo-Aufruf der AfD (August 2020) |