Zeile 1: |
Zeile 1: |
− | Die '''Fussreflexzonenmassage''' ist eine [[Alternativmedizin|alternativmedizinische]] Methode. | + | Die '''Fussreflexzonenmassage''' ist eine [[Pseudomedizin|pseudomedizinische]] Behandlungsmetode Methode aus der [[Alternativmedizin]]. |
| | | |
− | Vor etwa 40 Jahren wurde in Europa die angeblich bei den Indianern Mittel- und Nordamerikas praktizierte Behandlungsmethode der Fussreflexzonenmassage (FRZM) von H. Marquardt eingeführt. In den USA wurde sie vom Arzt W. Fitzgerald erstmals schriftlich dokumentiert und zur ''zone therapy'' weiterentwickelt. | + | Vor etwa 40 Jahren wurde in Europa die angeblich bei den Indianern Mittel- und Nordamerikas praktizierte Behandlungsmethode der Fußreflexzonenmassage (FRZM) von H. Marquardt eingeführt. In den USA wurde sie vom Arzt W. Fitzgerald erstmals schriftlich dokumentiert und zur ''zone therapy'' weiterentwickelt. |
| | | |
− | Von Fussreflexzonen-Therapeuten wird behauptet, dass eine Formanalogie zwischen einem sitzenden Menschen und seiner Fussform bestehe. Daraus könne man für das 'Makrosystem Mensch' verschiedene 'Mikrosysteme' ableiten. Ingham (1981) gibt mit der folgenden Abbildung ein Beispiel für die angeblichen Zusammenhänge zwischen verschiedenen Reflexzonen und menschlichen Organen bzw. Körperregionen. | + | Von Fußreflexzonen-Therapeuten wird behauptet, dass eine Formanalogie zwischen einem sitzenden Menschen und seiner Fussform bestehe. Daraus könne man für das "Makrosystem Mensch" verschiedene "Mikrosysteme" ableiten. Ingham (1981) gibt mit der folgenden Abbildung ein Beispiel für die angeblichen Zusammenhänge zwischen verschiedenen Reflexzonen und menschlichen Organen bzw. Körperregionen. |
| | | |
| ==Lokalisation verschiedener Reflexzonen nach Ingham (1981)== | | ==Lokalisation verschiedener Reflexzonen nach Ingham (1981)== |
− | Aus anatomischer Sicht gibt es keinerlei Veranlassung, an die von Ingham angegeben Zusammenhänge zu glauben. Die Meinung, der Druck auf die Fusssohle in Höhe der Zehen würde zu einem Reflex am Herzen führen, ist ebenso richtig wie die Behauptung, der Mond sei auf seiner Rückseite mit gelben Punkten verziert. Es wäre für Fussreflexzonentherapeuten ein leichtes, z.B. mit EKG-Messungen die Behauptung, es gäbe solche Zusammenhänge zu beweisen. Dergleichen Belege gab es bis heute aber nicht, weder für irgendwelche Herzreflexe noch für entsprechend messbare Veränderungen der Lungen- oder Nierenfunktion. | + | Aus anatomischer Sicht gibt es keinerlei Veranlassung, an die von Ingham angegeben Zusammenhänge zu glauben. Die Meinung, der Druck auf die Fußsohle in Höhe der Zehen würde zu einem Reflex am Herzen führen, ist ebenso richtig wie die Behauptung, der Mond sei auf seiner Rückseite mit gelben Punkten verziert. Es wäre für Fussreflexzonentherapeuten ein leichtes, z.B. mit EKG-Messungen die Behauptung, es gäbe solche Zusammenhänge zu beweisen. Dergleichen Belege gab es bis heute aber nicht, weder für irgendwelche Herzreflexe noch für entsprechend messbare Veränderungen der Lungen- oder Nierenfunktion. |
| | | |
| Die FRZM soll für diverse Indikationen sinnvoll sein, wenn man ihren Verfechtern wie Eichelberger (1993) oder Ingham (1981) Glauben schenkt. Entspannung, Steigerung des Wohlbefindens, Schlafförderung, statisch muskuläre Belastungen und Fehlformen, chronische oder akute Erkrankungen am Bewegungsapparat, Schmerzreduktion und Kopfschmerzen verschiedener Art einschließlich Migräne. Daneben soll sie sich bei Funktionsstörungen des Urogenitaltrakts (z.B. Reizblase), prämenstruellem Syndrom oder funktionellen Zyklusstörungen bewährt haben. Wirft man aber einen Blick in die Fachliteratur, sieht es mit dem Beleg dieser Behauptungen eher fraglich aus. Kristof et al. (1998) veröffentlichten eine Literaturübersichtsstudie mit folgenden Ergebnissen: | | Die FRZM soll für diverse Indikationen sinnvoll sein, wenn man ihren Verfechtern wie Eichelberger (1993) oder Ingham (1981) Glauben schenkt. Entspannung, Steigerung des Wohlbefindens, Schlafförderung, statisch muskuläre Belastungen und Fehlformen, chronische oder akute Erkrankungen am Bewegungsapparat, Schmerzreduktion und Kopfschmerzen verschiedener Art einschließlich Migräne. Daneben soll sie sich bei Funktionsstörungen des Urogenitaltrakts (z.B. Reizblase), prämenstruellem Syndrom oder funktionellen Zyklusstörungen bewährt haben. Wirft man aber einen Blick in die Fachliteratur, sieht es mit dem Beleg dieser Behauptungen eher fraglich aus. Kristof et al. (1998) veröffentlichten eine Literaturübersichtsstudie mit folgenden Ergebnissen: |
Zeile 15: |
Zeile 15: |
| Petersen et al. (1992) n=30 Bronchialasthma keine FRZM kein Unterschied | | Petersen et al. (1992) n=30 Bronchialasthma keine FRZM kein Unterschied |
| Eichelberger (1993) n=60 Harnverhalt nach gynäkologischer Operation keine FRZM kein Unterschied in der Nachkatheterisierungsrate | | Eichelberger (1993) n=60 Harnverhalt nach gynäkologischer Operation keine FRZM kein Unterschied in der Nachkatheterisierungsrate |
− | Baerkgaard und Vibe-Hansen (1981) n=30 Schmerz bei Harnleitersteinen FRZM an 'falschen' Zonen signifikante Schmerzlinderung nach FRZM an 'richtigen' Zonen | + | Baerkgaard und Vibe-Hansen (1981) n=30 Schmerz bei Harnleitersteinen FRZM an "falschen" Zonen signifikante Schmerzlinderung nach FRZM an "richtigen" Zonen |
− | Oleson und Flocco (1993) n=50 prämenstruelles Syndrom FRZM an 'falschen' Zonen Symptomenscore signifikant niedriger als bei FRZM an 'richtigen' Zonen | + | Oleson und Flocco (1993) n=50 prämenstruelles Syndrom FRZM an "falschen" Zonen Symptomenscore signifikant niedriger als bei FRZM an "richtigen" Zonen |
| | | |
| Bei Bronchialasthma versagte die FRZM (Petersen et al. 1992). In den Studien von Engquist und Vibe-Hansen (1977) und Lafuente et al. (1993), die insgesamt 46 Patienten repräsentierten, hatte die für die Patienten verblindete Untersuchung keinen Einfluss auf die Schmerzempfindung. | | Bei Bronchialasthma versagte die FRZM (Petersen et al. 1992). In den Studien von Engquist und Vibe-Hansen (1977) und Lafuente et al. (1993), die insgesamt 46 Patienten repräsentierten, hatte die für die Patienten verblindete Untersuchung keinen Einfluss auf die Schmerzempfindung. |
Zeile 24: |
Zeile 24: |
| In der 60 Patienten umfassenden Studie von Eichelberger (1993) erhielten alle Frauen 15 Minuten täglich FRZM und zwar 2-4 Tage vor einer geplanten Entfernung eines Blasenkatheters, der ihnen wegen eines postoperativen Harnverhalts hatte gelegt werden müssen. 30 Frauen erhielten zusätzlich ein die Blasenmuskelspannung anregenes Mittel (Flunarizin), 30 Frauen hingegen Placebo. In beiden Behandlungsgruppen musste gleich häufig nochmals katheterisiert werden, weil nach Entfernung des ersten Katheters die Blasenfunktion nicht einsetzte. | | In der 60 Patienten umfassenden Studie von Eichelberger (1993) erhielten alle Frauen 15 Minuten täglich FRZM und zwar 2-4 Tage vor einer geplanten Entfernung eines Blasenkatheters, der ihnen wegen eines postoperativen Harnverhalts hatte gelegt werden müssen. 30 Frauen erhielten zusätzlich ein die Blasenmuskelspannung anregenes Mittel (Flunarizin), 30 Frauen hingegen Placebo. In beiden Behandlungsgruppen musste gleich häufig nochmals katheterisiert werden, weil nach Entfernung des ersten Katheters die Blasenfunktion nicht einsetzte. |
| | | |
− | Die Patientinnen von Oleson und Flocco (1993), bei denen die Kontrollgruppe an den"falschen FRZM-Zonen stimuliert wurde, schätzten alle die Behandlung als angenehm und entspannend ein. Anhand eines etwas kritikwürdigen Symptomenscores ohne die Verwendung objektiv nachprüfbarer Kriterien kamen die Autoren zur Erkenntnis, dass die korrekt behandelten Frauen subjektiv die Behandlung häufiger als positiv einschätzten als die falsch behandelten Frauen. | + | Die Patientinnen von Oleson und Flocco (1993), bei denen die Kontrollgruppe an den "falschen" FRZM-Zonen stimuliert wurde, schätzten alle die Behandlung als angenehm und entspannend ein. Anhand eines etwas kritikwürdigen Symptomenscores ohne die Verwendung objektiv nachprüfbarer Kriterien kamen die Autoren zur Erkenntnis, dass die korrekt behandelten Frauen subjektiv die Behandlung häufiger als positiv einschätzten als die falsch behandelten Frauen. |
| | | |
| Kristof et al. (1998) sind der Auffassung, dass Ergebnisse von Reflextherapeuten, die als Fachkundige über die Therapieform Bescheid wussten und somit ggf. unbewusst die Patienten in den Studien hätten beeinflussen können, nicht ausgeschlossen werden kann. Diesen Effekt in klinischen Studien zu kontrollieren, dürfte jedoch schwer fallen. Wirklich handfeste gesicherte Daten über die Wirksamkeit der FRZM liegen bis heute nicht vor. | | Kristof et al. (1998) sind der Auffassung, dass Ergebnisse von Reflextherapeuten, die als Fachkundige über die Therapieform Bescheid wussten und somit ggf. unbewusst die Patienten in den Studien hätten beeinflussen können, nicht ausgeschlossen werden kann. Diesen Effekt in klinischen Studien zu kontrollieren, dürfte jedoch schwer fallen. Wirklich handfeste gesicherte Daten über die Wirksamkeit der FRZM liegen bis heute nicht vor. |
Zeile 42: |
Zeile 42: |
| {{Paralex}} | | {{Paralex}} |
| [[category:Therapie in der Pseudomedizin]] | | [[category:Therapie in der Pseudomedizin]] |
− | [[category:Überarbeiten AM zu PM]]
| |